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Mit Camping geht Thomas Palzers Bestandsaufnahme der Gegenwart in die dritte Runde. Die kleine Form als Antwort auf die Tatsache, daß das Ganze das Falsche ist.Nach 'Hosenträger - Nachrichten aus der Welt von Gestern' (Juli 1991-August 1994) und 'Ab hier FKK erlaubt - 50 Schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre' (August 1994 - Oktober 1995) ist 'Camping' der dritte Band, der zwischen Solidarität und Dissens changiert, der alltagskulturelle Phänomene ebenso aufgreift, wie er den Temperamentwechsel feiert, den Zufall und den politischen Einspruch. SHELL und das literarische Quartett,…mehr

Produktbeschreibung
Mit Camping geht Thomas Palzers Bestandsaufnahme der Gegenwart in die dritte Runde. Die kleine Form als Antwort auf die Tatsache, daß das Ganze das Falsche ist.Nach 'Hosenträger - Nachrichten aus der Welt von Gestern' (Juli 1991-August 1994) und 'Ab hier FKK erlaubt - 50 Schnelle Seitenblicke auf die neunziger Jahre' (August 1994 - Oktober 1995) ist 'Camping' der dritte Band, der zwischen Solidarität und Dissens changiert, der alltagskulturelle Phänomene ebenso aufgreift, wie er den Temperamentwechsel feiert, den Zufall und den politischen Einspruch. SHELL und das literarische Quartett, Politik, Kannibalismus und eMail, Kunst am Bau und das Wissen als Macht, die Farbe des Stroms und das Quiz, Gentechnologie und Überwachung, Bücher und Alkohol, Architektur, die Zukunft des Getränkemarkts, die ermüdete Moderne und BBQ - um all das geht es, und um einiges mehr.'Camping - Rituale des Diversen' ist ein eigensinniges Stück Literatur, ein Journal, das den Zeitraum zwischen November 1995
und Oktober 2001 begleitet - kulturdiagnostisch und kulturkritisch - von dem Anspruch getragen, sich weder von der Macht der anderen dumm machen zu lassen noch von der eigenen Ohnmacht (und darin wiederum Adornos 'Minima Moralia' treu und untreu zugleich).'Camping' ist das Dokument eines Straßenintellektuellen, eine Textsammlung jenseits von Sittenpolizei, der Arroganz der Theorie und der von dieser erzwungenen Zustimmung. Disparate Prosastücke, die sich zu mobiler Schönheit fügen, launisch und leidenschaftlich, prosaisch und provisorisch, poetisch und pointillistisch.
Autorenporträt
Thomas Palzer, geboren 1956, studierte Philosophie und Neuere deutsche Literatur in München und Wien. Er arbeitet als Hörfunk- und Fernsehautor und lebt in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2003

Gegen Gemeinplätze und Lebenslügen
Thomas Palzer schießt mit grobem Schrot in den Wald, den man vor lauter Bäumen längst nicht mehr sieht, und trifft Rituale des Diversen
Erst eins, dann zwei, dann drei... mit einer Hartnäckigkeit, die man dem gewesenen Dandy nicht zutraut, mit einem langen Atem, den sonst nur Berufene, Getriebene entwickeln – und zu denen zählt er gewiss nicht –, mit einer also erstaunlichen Regelmäßigkeit legt der philosophierende Journalist, der schriftstellernde Filmemacher Thomas Palzer neue Bücher vor, mal kurze Essays, mal eine Erzählung, diskursive Einwürfe ins tagtägliche Plappern, intellektuelle Störgeräusche im Grundrauschen der Verblödung, und das nun seit zwanzig Jahren.
Er war in den achtziger Jahren kein Zeitgeistschreiber und in den Neunzigern kein Pop-Literat: So wird man in keine Talkshow geladen. Er war und er ist ein Alleinunterhalter, eben einer, der sich mit sich selber unterhält. Dafür hat er bestimmte Formen entwickelt und publizistische Kanäle aufgetan: ein dem Paradoxon verpflichtetes, waldgängerisches Grummeln. Gelegentlich aufgenommen für den Hörfunk. Nachzulesen im Internet. Oder eingestreut in ein Buch wie „Camping”. Auf ein, zwei Seiten meldet sich der Gedankengenerator Palzer zu Wort, denkt laut nach über Astronautennahrung und Organtransplantation; er horcht einem Wort nach, nimmt es wörtlich, lässt es klingen. Er biegt sich die Argumente zurecht, wie er sie gerade brauchen kann am Ereignishorizont seines Schwarzen Loches Text, wo die Argumentationskaskaden rotieren. Er schießt mit grobem Schrot in den Wald, den man vor lauter Bäumen schon lange nicht mehr gesehen hat, und freut sich über die waidwunden Gemeinplätze und Lebenslügen, die sich im Unterholz der Grammatik vor ihm zu verbergen suchen. Und dann erzählt er Geschichten von dieser Jagd durch Wald und Flur und Galaxis.
Was Thomas Palzer nicht tut: Er belehrt uns nicht. Da wird zwar mit Verve eine Meinung vertreten, ein Strauß ausgefochten, doch zwei Kapitelchen weiter ertappt man den Autor, wie er frohgemut das Gegenteil von eben vertritt. Da sagt uns einer die Meinung. Doch die kann und muss wechseln. Da bläst uns einer den Marsch. Aber er gerät nicht in Tritt. Da lacht einer über sich und uns. Noch öfter weint er. Aber er erhebt sich nicht: zum Experten, zum Besserwisser, zum Weltundwirtschaftsweisen.
Der Text zum Anschlag auf World Trade Center und Pentagon etwa gehört zum Tiefsten, was zu diesem Thema geäußert worden ist – wie da Thomas Pynchon und Thomas Hobbes in die argumentative Pflicht genommen werden: Da fällt auch der gelegentlich überhand nehmende, wenn auch unterhaltsame Sophismus vom Autor ab und lässt die Humanitas zu ihrem Recht kommen. Das Büchlein schließt mit einer kurzen Erzählung, die wie ihre Protagonisten am Bahnhof zuerst nicht recht weiß, wann sie wo hin soll – meint man. Doch dann hört man das Ich des Erzählers am Schluss ein „Ich liebe dich” sprechen. Und verzeiht. Und ist berührt.
KARL BRUCKMAIER
THOMAS PALZER: Camping. Rituale des Diversen. Belleville Verlag, München 2003. 246 Seiten, 17 Euro.
Waldgängerisches Grummeln.
Abb. aus dem besprochenen Band
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Karl Bruckmaier beschreibt den Autor Thomas Palzer als "Alleinunterhalter", wobei er damit jemanden verstanden wissen will, der sich "mit sich selbst unterhält". Er zeigt sich in seiner kurzen Besprechung des Bandes mit Essays und Prosatexten ziemlich angetan von den "dem Paradoxon verpflichteten" Texten, wobei er es besonders zu schätzen weiß, dass der Autor ohne erhobenen Zeigefinder schreibt und es Palzer zudem überhaupt nicht stört, Thesen zu vertreten, von denen er ein paar Seiten später schon wieder das Gegenteil behauptet. Den Text über den Anschlag vom 11. September preist der Rezensent überwältigt als das "Tiefste", das über dieses Thema geschrieben worden ist und deshalb verzeiht er Palzer auch den mitunter "überhand nehmenden Sophismus" seiner Prosatexte.

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