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In diesem Interviewband präsentiert der Berliner Filmemacher Thomas Grimm eine Auswahl ungewöhnlicher linker Lebensläufe, die das 20. Jahrhundert zwischen Kaiserreich, Weimarer Republik, Naziherrschaft, Exil, Remigration und Kaltem Krieg bis zur Wiedervereinigung und dem Niedergang der Sowjetunion hervorgebracht hat. Mitglieder des "Gegner"-Kreises, unter ihnen Robert Jungk, erinnern sich an ihren Kampf gegen den Faschismus, Rotfrontkämpfer an Saalschlachten mit der SA. Die Deutsch-Amerikanerin Erica Glaser-Wallach erzählt ihre Erlebnisse als vermeintliche Spionin in den Fängen der Stasi, des…mehr

Produktbeschreibung
In diesem Interviewband präsentiert der Berliner Filmemacher Thomas Grimm eine Auswahl ungewöhnlicher linker Lebensläufe, die das 20. Jahrhundert zwischen Kaiserreich, Weimarer Republik, Naziherrschaft, Exil, Remigration und Kaltem Krieg bis zur Wiedervereinigung und dem Niedergang der Sowjetunion hervorgebracht hat. Mitglieder des "Gegner"-Kreises, unter ihnen Robert Jungk, erinnern sich an ihren Kampf gegen den Faschismus, Rotfrontkämpfer an Saalschlachten mit der SA. Die Deutsch-Amerikanerin Erica Glaser-Wallach erzählt ihre Erlebnisse als vermeintliche Spionin in den Fängen der Stasi, des KGB und der CIA. Auch der Schweizer Buchhändler Theo Pinkus gerät ins Visier der Geheimdienste und hält doch an seinen Idealen fest. Hans Mayer, Leo Kofler und Rudolf Schottlaender erinnern sich an den Kalten Krieg in beiden deutschen Staaten. Rudolf Bahro benennt Standpunkte und Irrtümer seiner ökologischen Philosophie. Heiner Müller gibt Auskunft über seine Stasi-Kontakte. Günter Gaus, Peter Bender, Hans Heinz Holz und Klaus Staeck geben Einblicke in ihre Auseinandersetzungen mit restaurativen Kräften in der jungen BRD. Walter Markov debattiert mit Karl-Heinz Roth über den Sinn des bewaffneten Kampfes. Der Wirtschaftshistoriker Thomas Kuczynski erläutert warum die Zwangsarbeiter des "Dritten Reiches" Anrecht auf 180 Milliarden DM Entschädigung haben. Und Pfarrer Uwe Holmer erzählt, warum er den Honeckers Kirchenasyl gab.
Man muss sich nicht mit jedem identifizieren, aber einen Einblick zu gewinnen in jene Vielfalt eigenständigen Denkens und ungerader Lebenswege lohnt allemal.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2004

Phantomschmerzen

DDR. Nur wenige Zeitgenossen sprechen druckreife Prosa. Die schriftliche Wiedergabe von Dahergeredetem offenbart das gnadenlos. So auch die im vorliegenden Band nachlesbaren Fernsehinterviews mit Erfahrungsträgern des vergangenen Jahrhunderts. Das Verbindende der hier als Zwangsgemeinschaft hinter einem roten Buchdeckel zusammengepreßten Zeitgeister besteht im wesentlichen darin, daß sie dem Herausgeber Thomas Grimm ins Weltbild passen und ihm außerdem irgendwann einmal vor der Kamera Rede und Antwort gestanden haben. Immerhin belegen einige der Interview-Abschriften beachtliche Volten und Kehrtwenden. Was Günter Gaus oder etwa Klaus Staeck nach der Niederlage des Staatssozialismus so alles gegen dieses System einzuwenden haben, ist es ebenso wert, festgehalten zu werden, wie die Diagnosen Peter Benders, der das eigentliche Problem der Wiedervereinigung darin zu erkennen meint, "daß die Ostdeutschen durch die Westdeutschen überwältigt wurden, daß die Reichen, Stärkeren, Zahlreicheren überlegen waren". Es ist schon unglaublich, wie sich linkes Besserwissen im Wind des Zeitgeists hin und her beugen läßt. Völlig auf dem falschen Fuß erwischt wurde freilich der Stückeschreiber Heiner Müller in seiner Rolle als Zeitzeuge. Müller begründet sein besonderes Beziehungsverhältnis zu dem Staatssicherheitsdienst damit, daß es in den letzten Jahren der DDR nicht mehr möglich gewesen sei, mit einem SED-Funktionär vernünftig zu reden, wohl aber mit einem Stasi-Offizier, "weil der mehr Informationen hatte, mehr wußte über die wirkliche Lage als ein Parteifunktionär". Darüber hinaus windet sich Müller die Erklärung ab, er habe sich aus fürsorglichen Erwägungen mit dem Staatssicherheitsdienst ins Gerede begeben, um "zu beraten und Einfluß zu nehmen". Doch so etwas könne der "Presse- und Mediensumpf, in dem wir uns jetzt bewegen", überhaupt nicht nachvollziehen, denn hier gehe es nur noch "um die Auslöschung von DDR-Geschichte" und "ich war und bin ein Stück DDR-Geschichte". Dieser Unterton klingt übrigens in vielen der von Grimm eingesammelten Zeitzeugenklagen an. Seine "linken Vaterlandsgesellen", ob Philosophen, Literaturwissenschaftler oder ehemalige Rotfrontkämpfer, leiden offenbar alle unter Phantomschmerzen über das Scheitern des marxistischen Menschenexperiments. (Thomas Grimm : Linke Vaterlandsgesellen. Sozialisten, Anarchisten, Kommunisten, Raufbolde und andere Unangepaßte. Parthas Verlag, edition zeitzeugen, Berlin 2003. 363 Seiten, 34,- [Euro].)

JOCHEN STAADT

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Jochen Staadt kann diesen gedruckten Fernsehinterviews mit Zeitzeugen der DDR nicht viel abgewinnen und watscht sie als "schriftliche Wiedergabe von Dahergeredetem" ab. Der Rezensent kann keinen Zusammenhang erkennen, außer dass die Befragten dem Herausgeber Thomas Grimm ins Weltbild passen und zufällig mal vor seiner Kamera gestanden haben. "Immerhin", so Staadt, "belegen einige der Interview-Abschriften beachtliche Volten und Kehrtwenden". Auch seien es die Interviews mit Günter Grass oder Klaus Staeck nach dem Zusammenbruch der DDR wert, festgehalten zu werden. Zu den Problemanalysen der Wiedervereinigung Peter Benders als Überwältigung der DDR durch die BRD, fällt dem Rezensenten nur ein: "Es ist schon unglaublich, wie sich linkes Besserwissen im Winde des Zeitgeistes hin und her beugen lässt" und resümiert über die Interviewten, dass sie alle "offenbar alle unter Phantomschmerzen über das Scheitern des marxistischen Menschenexperiments" leiden.

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