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Eine Geschichte zwischen Hauptstadt-Euphorie, großer Pop-Blase, Wirtschaftskrise und Provinz-Tristesse. Gärtner ist 30 Jahre alt geworden und lebt wieder im Ex-Kinderzimmer bei seinen Eltern. In den Neunzigern war er nach Berlin gezogen, um vom Boom der Musikindustrie zu profitieren. Seine steile Karriere als Youngster bei einem großen Plattenlabel wurde durch die wirtschaftliche Krise der Branche jäh unterbrochen. Wieder zum Schauplatz seiner Kindheit und Jugend zurückgekehrt, einem Vorort von Frankfurt, muss er beim Abendbrot Fragen nach seinen Zukunftsplänen ausweichen. Mit seinem Roman…mehr

Produktbeschreibung
Eine Geschichte zwischen Hauptstadt-Euphorie, großer Pop-Blase, Wirtschaftskrise und Provinz-Tristesse. Gärtner ist 30 Jahre alt geworden und lebt wieder im Ex-Kinderzimmer bei seinen Eltern. In den Neunzigern war er nach Berlin gezogen, um vom Boom der Musikindustrie zu profitieren. Seine steile Karriere als Youngster bei einem großen Plattenlabel wurde durch die wirtschaftliche Krise der Branche jäh unterbrochen. Wieder zum Schauplatz seiner Kindheit und Jugend zurückgekehrt, einem Vorort von Frankfurt, muss er beim Abendbrot Fragen nach seinen Zukunftsplänen ausweichen. Mit seinem Roman entwirft Linus Volkmann ein Stimmungsbild der jüngsten Gegenwart, das sich durch ebenso viel Humor und Anteilnahme wie durch ernüchternde Beobachtungsgabe auszeichnet. Das Leben zwischen schwindsüchtiger Ich-AG am heimischen Telefontisch, Drogen und unausgegorenen Beziehungen gibt die prekäre, orientierungslose Situation der heute 20- bis 40-Jährigen präzise wieder - rücksichtslos, aber auch mit einem Augenzwinkern, wie es die Leser bereits aus Volkmanns früheren Texten kennen. "Anke" ist ein Pop-Roman, der sich nicht an der Oberfläche aufhält, sondern auch die existenziellen Sorgen benennt, die das "Lebensmodell Pop" so schwierig machen.
Autorenporträt
Linus Volkmann ist Redakteur der Intro und Redakteur diverser Popromane und Hörbücher.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2007

Last Exit Hattersheim
Linus Volkmann, sein Roman "Anke" und die "Re-Kleinbürgerisierung" am Main

Gelbe Fahrradhelme leuchten im Kölner Stadtgarten. Kinder flitzen halsbrecherisch auf ihren Rädern über die Gehwege, müde blickende Rentner führen ihre Hunde aus. Linus Volkmann sitzt auf einer Parkbank und redet übers Älterwerden. Ausgerechnet. Der 34 Jahre alte Musikjournalist hat einen Roman über frühes Scheitern und zerplatzende Selbstentwürfe geschrieben. "Anke" heißt er und ist kein Selbsterfahrungsbericht. Denn eigentlich ist Linus Volkmann ganz gut im Geschäft. Bis zu seinem Arbeitsplatz, einem nicht übermäßig chaotischen Büro mit kleineren CD-Türmen auf dem Schreibtisch, sind es nur ein paar Minuten zu Fuß. Für das Musikmagazin "Intro" kocht er mit Scooter, Bright Eyes oder Sarah Kuttner und schreibt darüber. Er rezensiert Marilyn Mansons neues Album ("Travis mit Presslufthammer und Geisterbahn") oder notiert betont ironisch, wie es war, als er beim "Melt"-Festival ein bisschen weinen musste. Einmal im Monat liegt das Ergebnis dieser Erlebnisse und Gedanken in der neuen "Intro" kostenlos in Plattenläden und Cafés. Buchautor ist Volkmann nur nebenbei. "Wenn ich nur alle drei Jahre etwas herausbrächte, würde ich verrückt werden."

Vielleicht ist die Dosierung auch ganz angemessen. In "Anke", seinem vierten Roman, den der Mainzer Ventil Verlag herausgebracht hat, schildert Linus Volkmann die Geschichte eines Zukurzgekommenen. Gärtner, gerade dreißig geworden, hat die erste Etappe seiner Karriere bei einem großen Hamburger Plattenlabel mit einem Bauchklatscher beendet. Als Gescheiterter kehrt er heim und streckt die Beine wieder unter den Tisch der Eltern in Hattersheim. Schmach und Schande könnten größer kaum sein. Die "Re-Kleinbürgerisierung" im Frankfurter Großstadtvorfeld, das Scheitern der mühevollen Abnabelung und der unvermeidbare Rückfall in die Kind-Rolle nach dem triumphalen Abschied nagen an Gärtners Ego. So zugerichtet, begegnet ihm auch noch seine strahlende Ex-Freundin Anke, die er damals, als alles noch geradeaus lief, mit markigen Kommentaren verlassen hatte. Jetzt haben sich die Rollen verkehrt. Anke, die den Lesern in parallel gebauten Kapiteln begegnet, bis sich die Wege der Protagonisten kreuzen, ist mittlerweile recht erfolgreich als Kulturjournalistin tätig. Gärtners Aufenthalt in Hattersheim gerät ihm zur Farce, seine Bemühungen, einigermaßen stilvoll eine Ein-Mann-Agentur zu gründen, scheitern daran, dass die Mutter ständig ans Telefon geht. "Das war doch nicht professionell, das war Stückwerk."

Sich die Heimkehr zur eigenen Mutter auszumalen, die heute in Eschborn lebt, ist für Linus Volkmann lustvolle Quälerei. "Als total zelebrierte Niederlage kann ich mir das sogar vorstellen." Sein privates Hattersheim ist Maintal bei Hanau. Dort wuchs er auf, dort wurde er sozialisiert. Nach dem Abitur ist er "durch Südhessen getaumelt". Er zog nach Darmstadt, schrieb von dort aus für verschiedene Fan-Magazine. Drei, vier Jahre studierte er Germanistik und erzählt noch immer gern verschiedene Versionen darüber, ob er das Studium nun abgeschlossen hat oder nicht. Ende der Neunziger kam er als Autor zur "Intro", seit sieben Jahren ist er Redakteur. Das unstete Lebensgefühl Gärtners ist ihm vertraut. "Eine typische, ungerade Biographie als Synonym für eine Generation, die dem Prekariat nahesteht. Er schwimmt, um nicht unterzugehen." An den meisten Romanfiguren störe ihn, dass sie "Checker" seien. "Ich wollte eine gebrochene Identität."

Durch "Anke" hindurch schimmert die Literaturliste des Autors. Mit "schnöseliger Popliteratur" habe er sich ausgiebig beschäftigt, sagt Volkmann. Benjamin von Stuckrad-Barre, Christian Kracht und Jan Off zählt er dazu, der knappe, reservierte Erzählton erinnert an Elke Naters, der Humor an Heinz Strunk. Von Kracht übernimmt er das Stilmittel, Markennamen zu verwenden. Die Kleidung ist etikettiert: Mal trägt Anke einen "marmorierten Zara-Schal", mal schlüpft eine Nebenfigur in einen bonbonfarbenen Mantel von Issey Miyake. Eine "gediegene Reminiszenz" nennt Volkmann diese Schwundstufe jener Technik, die Kracht einst in die Popliteratur eingeführt hat. Ohne Scham lehnt Volkmann sich an und leiht aus. "Alle wollen sich überall abgrenzen. Das finde ich eitel."

Es war Volkmann "zu trist", die eigenen Kindheitsorte im Roman aufzusuchen. Trotzdem spielt "Anke" in einer Welt, die ausdrücklich Frankfurter Züge trägt. Das Buch ist gespickt mit halb realen, halb fiktiven Orten und mit Beobachtungen, die auf die Finanzmetropole zutreffen. In der B-Ebene der Konstablerwache versorgt Anke sich mit "Asia-Fettfood", fährt sie Rad, pfeift der Wind zwischen den Hochhäusern wie durch ein enges Ventil und beschleunigt ihre Fahrt so sehr, "dass man sofort zu treten aufhören kann und durch die herumstehenden bagelkauenden Banker prescht". Anke und Gärtner begegnen sich im Gallusviertel wieder: "Arbeitslosigkeit, Müllfahrerstreik, miese Launen - dagegen erschien Sozialer Brennpunkt Rödelheim wie die Schlossallee. Die Straßenbahnlinie 21 trug den Namen Junkie-Express." Das Detektivspiel mit den Spuren der Wirklichkeit hat allerdings auch Grenzen. Die literarische Frankfurt-Schablone ist nicht vollkommen deckungsgleich mit der Realität. Ein paar U-Bahnen oder Parks liegen nicht dort, wo sie sich dem Roman nach befinden. Ein "neuer Club von Sven Fäth" an der Hanauer Landstraße und andere reale Party-Orte aus den Neunzigern tauchen ebenso auf wie das fiktive "Juz H" in Hattersheim. Die Gegenüberstellungen von Großstadt und Provinz, Hamburg und Hattersheim verdichtet sich in einem originellen Wortspiel: Im Namen von Ankes Arbeitgeberin, der fiktiven Zeitschrift "Hessische Vogue", prallen Weltläufigkeit und Bodenständigkeit amüsant aufeinander.

Vom perfekten Roman ist "Anke" weit entfernt. Ein Unterkapitel beginnt mit einem plumpen Zeitsprung: "Dieselbe WG im Westend, wenige Monate zuvor." Die Dialoge tendieren so deutlich zum Slang, dass dem Autor auch ein gewisser Mut zum Trash unterstellt werden muss: "Du brauchst mit mir nicht reden wie mit einem Arsch." Immerhin wurde ein namhafter Verlag auf Volkmanns Roman aufmerksam. Nach anfänglichem Interesse sagte Kiepenheuer & Witsch jedoch wieder ab. Die Kritik: Es gebe keine Entwicklung, der Roman verharre auf der Stelle. Eine Deutung, mit der der Autor durchaus einverstanden ist: "Gärtner ist strenggenommen kein Held. Er reift nicht und muss am Ende wieder zurück auf Los." Es gibt eben kein Jenseits von Hattersheim.

RAINER SCHULZE

- Linus Volkmanns Roman "Anke" erschien 2006 beim Mainzer Ventil Verlag und kostet 14,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Der Rezensent Julian Weber zeigt sich enttäuscht von diesem vierten Buch des Popjournalisten Linus Volkmann, seiner ersten Geschichte mit menschlichem Personal. Das bedeutet zu Webers Bedauern nicht, dass dadurch eine größere emotionale Komplexität in Volksmanns fiktionale Welt Einzug gehalten hat - im Gegenteil. Dank der "knetfigurenhaften Überzeichnung" in seinen früheren Büchern vermochte Volkamnn offenbar auch komplexere emotionale Gemengelagen darzustellen. Das gelinge ihm hier leider nicht, bedauert Weber: "Wenn es zu Dialoggefechten kommt, ringen eher die Stakkatosätze miteinander als die Menschen". Die angestrebte Misanthropie komme zudem nicht an Irvine Welsh heran. "Schade", das alles.

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