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Als er zufällig eine Anzeige im Spectator liest, erkennt Stephen Glennard darin den Weg, ein neues Leben zu beginnen und die Hand der schönen Alexa Trent zu gewinnen. In seinem Besitz befindet sich etwas von höchstem Wert: Briefe, die ihm die große verstorbene Autorin Margaret Aubyn vor Jahren geschrieben hat. Alles, was er tun muß, ist sein schlechtes Gewissen beruhigen und ihre Briefe gegen einen hohen Vorschuß einem Verlag anbieten.
Die Publikation von "Mrs Aubyns Briefen" wird ein großer Erfolg, das Buch ein Bestseller und der Gesprächsstoff der gehobenen New Yorker Gesellschaft, zu der
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Produktbeschreibung
Als er zufällig eine Anzeige im Spectator liest, erkennt Stephen Glennard darin den Weg, ein neues Leben zu beginnen und die Hand der schönen Alexa Trent zu gewinnen. In seinem Besitz befindet sich etwas von höchstem Wert: Briefe, die ihm die große verstorbene Autorin Margaret Aubyn vor Jahren geschrieben hat. Alles, was er tun muß, ist sein schlechtes Gewissen beruhigen und ihre Briefe gegen einen hohen Vorschuß einem Verlag anbieten.

Die Publikation von "Mrs Aubyns Briefen" wird ein großer Erfolg, das Buch ein Bestseller und der Gesprächsstoff der gehobenen New Yorker Gesellschaft, zu der Glennards neu erworbener Reichtum ihm nun Zutritt verschafft. Die Faszination der Leser liegt in der Anonymität des Mannes, den Aubyn so geliebt hat.
Autorenporträt
Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.

Manfred Allié, geb. 1955 in Marburg a. d. L., übersetzt Literatur, u.a. Scott Bradfield, Ralph Ellison, Richard Powers, Yann, Martel und Michael Innes. Er lebt in der Eifel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2004

Die mißbrauchten Liebesbriefe
Als noch niemand ans Online-Banking dachte: Edith Whartons raffinierte Spekulation an der Börse der Gefühle

Weil sie sich für zu arm halten, kommen die beiden nicht zusammen. Und weil die Liebe nun bereits zwei Jahre währt, ohne daß sich die Aussicht auf eine Ehe einstellen mag, wird das schon nicht mehr gar so junge Paar allmählich unruhig. Stephen Glennard, der kleine Advokat, und seine so ungesund vernünftige Alexa Trent sind sich einig, daß jeder von ihnen zunächst einmal aus den bedrückend ärmlichen Verhältnissen herauskommen muß. Auch wenn die Liebe dabei auf der Strecke bleibt.

Ein paar Monate später sind sie miteinander verheiratet und leben in einem schmucken Haus vor den Toren New Yorks. Das plötzliche Glück, zu dem auch ein paar akkurat gepflanzte Blumenbeete und ein niemals schreiendes Baby gehören, ist allerdings teuer erkauft: Glennard hat heimlich die Briefe der berühmten, mittlerweile verstorbenen Schriftstellerin Margaret Aubyn publiziert, die sie ihm jahrelang geschrieben hatte. Denn Aubyn war in ihn verliebt, und Glennard, der sich in der Zuneigung der brillanten Frau sonnte, ohne diese Liebe zu erwidern, nutzte die Briefe nun nach einigem Zögern, um mit ihrem Erlös sein Eheglück zu finanzieren.

Es gehört zur bösen Raffinesse von Edith Whartons im Jahr 1900 erschienener Erzählung "Der Prüfstein", daß Geld und Liebe einander nicht nur bedingen, sondern auch metaphorisch aufs engste miteinander verknüpft sind: Entscheidungen für den anderen sind Investitionen, die sich rechnen müssen (wenn nämlich mit gleicher Münze zurückgezahlt wird), und die komplizierten emotionalen Verwerfungen zwischen dem mediokren Glennard und der nervösen Schriftstellerin Aubyn stellen sich aus der Rückschau wie eine Börsenspekulation dar. Wenn die Liebe endet, meint der Erzähler, komme es nur äußerst selten vor, "daß beide Partner zum gleichen Zeitpunkt ihr Kapital neu investieren können; und nach und nach begriff Glennard, daß er das Objekt war, auf das Mrs. Aubyn auf Dauer alles gesetzt hatte, was sie besaß".

Der Anwalt jedenfalls, der es sich als Unvermögen anrechnet, daß er die überall bewunderte geistreiche Erfolgsautorin nicht lieben kann, muß in dieser sonderbaren Beziehung nicht draufzahlen: "Nicht daß Mrs. Aubyn sich gestattet hätte, als Nutznießerin von seinen Dividenden zu leben. Er wußte sehr gut, daß sie nicht vorhatte, sich mit dem Kleingeld der Gefühle zu begnügen; sie nahm einfach vom Kapital ihrer eigenen Leidenschaften, und der Überfluß, in dem sie das tat, gab ihm selbst damals schon eine Ahnung davon, daß sie, eine Zauberin, das Geheimnis eines unerschöpflichen Reichtums kannte."

Der Briefwechsel, der aus diesem Verhältnis erwächst, ist der Falke in dieser Novelle, und für das New Yorker Lesepublikum ist er buchstäblich sein Geld wert, auch wenn er das große Ungleichgewicht zwischen den Briefpartnern nicht verleugnen kann: "Wunderbare Zeilen", "tragische Liebesschwüre", "Zerknirschung" und "Flehen um Verzeihung" auf der einen Seite, "knappe Erwiderungen" auf der anderen.

Daß er sein Glück schon allein dadurch gemacht hat, daß er als wenig berührter Adressat für Aubyns Briefe zur Verfügung stand (und so bei einem minimalen Einsatz an Kapital die größtmögliche Verzinsung genießt), ist Glennard rasch klar: Angesichts der Briefe kommt "er sich vor wie ein Alchemist, vor dessen Augen sich Papier in Gold verwandelt" - und es ist an dieser frühen Stelle der Erzählung noch wunderbar unklar, ob der Anwalt damit den geistigen und emotionalen Reichtum dieser Zeilen meint, der ihm endlich aufgeht, oder den finanziellen Gewinn, den er aus den Blättern ziehen wird.

Edith Wharton ist als Autorin mit ihren ausgefeilten Ehegeschichten bekannt geworden, und die Darstellung dessen, was zwischen Eheleuten gesagt - und verschwiegen - wird, ist ihr eigentliches Feld. Da genügen im Roman "Zeit der Unschuld" einige Andeutungen der stillen Verlobten des Helden, um dessen Verhältnis mit einer anderen Frau zu beenden, ohne daß bis ins letzte klar würde, was die Verlobte tatsächlich weiß; da ist die meisterliche Gespenstergeschichte "Später" ganz um das allzu idealistische Bild aufgebaut, das sich eine Frau von ihrem Mann macht, weil sie wesentliche Dinge erst nach seinem mysteriösen Verschwinden erfährt, und da ist in "Der Prüfstein" das Gewicht, daß Wharton auf die Bemühungen Glennards legt, seiner Frau die Quelle seines plötzlichen Wohlstands gleichzeitig zu verbergen und zu enthüllen.

Daß die Ehe dabei Schaden nimmt, läßt sich denken, daß die kluge Alexa ihren Mann längst durchschaut, natürlich auch, daß aber Glennard in dieser Situation endlich die richtige Investition tätigt, um den drohenden Bankrott noch abzuwenden, ist einigermaßen erstaunlich. Und es bleibt Alexa vorbehalten, am Ende eine Bilanz zu ziehen, die mit allerlei Buchungstricks der angeschlagenen Gemeinschaft ein gutes Ergebnis beschert - nicht zuletzt auf Kosten ihrer Vorgängerin.

Die allerdings kommt im gesamten Roman gar nicht zu Wort. Denn Whartons beste unter vielen äußerst erfreulichen literarischen Weichenstellungen für "Der Prüfstein" ist, daß sie der Schriftstellerin, deren Briefe alle lesen wollen, ihre Würde läßt, indem sie kein Sterbenswörtchen aus diesen Briefen zitiert. Wir erfahren nur indirekt, welch ungeheure Wirkung von diesen Zeilen ausgeht, welche Brillanz ihrem Stil zu eigen ist. Das müssen wir der Autorin glauben, nachprüfen können wir es nicht. Und es ist tröstlich, daß sich so die aufrichtigsten Gefühlsäußerungen dieser Novelle einer Taxierung entziehen.

Edith Wharton: "Der Prüfstein". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Manfred Allié. Dörlemann Verlag, Zürich 2004. 179 S., geb., 16,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Der Dämon des Papiers verlangt nach Blut
Wiederbelebung einer alten, bösen Geschichte: Edith Whartons „Prüfstein”, eine dem Leben abgeschaute Antwort auf Dracula
Früher, in den alten Zeiten, hatten die Dämonen noch ein Gesicht, kamen in furchterregender Ungestalt daher, fuhren furios und leibhaftig hinein in die erzählte Welt, waren Stoff von ihrem Stoff. Später, in dem modernen Zeiten, mochten die Dämonen noch so sehr auf ihrer Ungestalt beharren, irgendwann nahmen sie doch etwas Kalkiges, Blutloses an. Die Ausbreitung des Prosaischen vertrugen sie nicht recht, und auch die Literatur, die doch so viel zu ihrem Ruhm beigetragen hatte, erwies sich als zweifelhafte Verbündete: irgendwann waren die Dämonen nicht mehr aus dem Stoff, aus dem die Welt gemacht war, sondern aus dem Stoff, auf dem die Literatur gedruckt wurde: papieren.
So kam am Ende des 19. Jahrhunderts Dracula in die prosaische Welt, 1897 publiziert, ein moderner Dämon, papiergeboren und süchtig nach Blut, ein Bucherfolg mit großer Kinozukunft. Drei Jahre später erschien in„Scribners Magazine” in New York die Novelle „The Touchstone” der amerikanischen Schriftstellerin Edith Wharton (1862-1937). Diese abgründige, hinreißend kühl geschriebene Novelle ist ein Gegenstück zu „Dracula”. Sie handelt davon, wie das Leben die Literatur auszusaugen versucht und darob von den modernen, papierenen Dämonen verfolgt wird. Ein junger Mann sitzt in seinem Club in New York, blickt melancholisch auf die glänzenden Fifth Avenue, seine materielle Lage ist nicht so, dass es mit seinen Heiratsabsichten vorangeht.
Das erste Wort in dieser Novelle aber hat nicht der Erzähler, der den jungen Mann vorstellt. Edith Wharton war sehr klug, und so tritt sie das erste Wort an das Medium ab, das die Herren im Club lesen, an die Zeitung, und zitiert in voller Länge eine Anzeige aus dem „Spectator”, in der ein Professor, der an eine Biographie der Schriftstellerin Mrs. Aubyn arbeitet, um die Überlassung von Briefen der verstorbenen Autorin bittet.
Wenig später wird einer der Herren im Club zum x-ten Mal die Geschichte des Patents zum besten geben, das ihn unfehlbar zum reichen Mann machen wird. Aber Glennard, so heißt der junge Mann, wird diese Geschichte nicht schon wieder hören wollen, in ihm rumort die Zeitungsanzeige, so wie einst in den jungen Männern das Angebot eines zwielichtigen Unbekannten rumoren mochte, ihnen ihren Schatten abzukaufen. Denn Glennard besitzt Brief von Mrs. Aubyn. Viele Briefe, Liebesbriefe. Die berühmte Autorin hat ihn, er hat sie nicht geliebt. Niemand weiß von diesen Briefen. Er wird sie verkaufen, anonym, ohne seiner künftigen Frau das Patent zu verraten, dem er sein Geld verdankt.
Mit großer Eleganz zeichnet Edith Wharton in diesen Grundriss drei Dreiecksgeschichten ein. Die erste handelt von dem jungen Paar und der toten Autorin, deren Briefen (und deren Liebe zu Glennard) es seine Ehe verdankt. Die zweite handelt von dem jungen Paar und dem literarischen Mittelsmann, dem Glennard die sensationell erfolgreiche Publikation der Briefe verdankt.
Die dritte handelt davon, wie das Leben aller Protagonisten den beiden Dämonen der Novelle - dem Papier und dem Geld - tributpflichtig wird. Wie früher die alchemistische Goldmacherei, so ist hier die Verwandlung der Liebe in einen lukrativen Nachlass ein riskantes Unterfangen. Zu den bösen Pointen der Erzählung Edith Whartons gehört, dass sie gut ausgeht.
LOTHAR MÜLLER
EDITH WHARTON: Der Prüfstein. Novelle. Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié. Dörlemann Verlag, Zürich 2004. 179 Seiten, 16,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Lothar Müller ist begeistert: Eine "abgründige, hinreißend kühl geschriebene Novelle" einer klugen Autorin, die das Abhängigkeitsverhältnis der Protagonisten, in ihrer Mitte ein junges Paar, von Dämonen entwirft. Dämonen aus Papier: die Literatur und das Geld. Einem jungen Mann fehlen die finanziellen Mittel zum Heiraten, doch er besitzt unbekannte Briefe einer berühmten Autorin, in Liebe an ihn gerichtet. Er wird sie verkaufen und seine Ehe auf diesem Fundament errichten. Doch "die Verwandlung der Liebe in einen lukrativen Nachlass" birgt Risiken, ist ein Geschäft mit dem Teufel. "Zu den bösen Pointen der Erzählung Edith Whartons gehört, dass sie gut ausgeht", schreibt Müller. Gerne hätte man von ihm noch erfahren, ob die Novelle nach einem Jahrhundert erstmals in Deutsche übersetzt wurde.

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