Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 18,34 €
  • Broschiertes Buch

Die gemeinsame Mahlzeit zählt zu den wichtigsten Alltagsritualen in Familien. Im Rahmen einer pädagogischen Ethnographie wird in diesem Buch zum einen verdeutlicht, wodurch sich die soziale Situation bei Tisch von Gewohnheiten oder Routinen abhebt und mit der Kategorie »Ritual« sinnvoll untersucht werden kann. Zum anderen zeigt die umfangreiche empirische Analyse, wie sich bei Tisch die Konstitution der Familie im Hinblick auf die Anerkennung von Autorität vollzieht. In Anlehnung an Pierre Bourdieus Konzept der sozialen Magie wird der Zusammenhang von symbolischer Praxis, pädagogischen…mehr

Produktbeschreibung
Die gemeinsame Mahlzeit zählt zu den wichtigsten Alltagsritualen in Familien. Im Rahmen einer pädagogischen Ethnographie wird in diesem Buch zum einen verdeutlicht, wodurch sich die soziale Situation bei Tisch von Gewohnheiten oder Routinen abhebt und mit der Kategorie »Ritual« sinnvoll untersucht werden kann. Zum anderen zeigt die umfangreiche empirische Analyse, wie sich bei Tisch die Konstitution der Familie im Hinblick auf die Anerkennung von Autorität vollzieht. In Anlehnung an Pierre Bourdieus Konzept der sozialen Magie wird der Zusammenhang von symbolischer Praxis, pädagogischen Interaktionen und Autoritätsstrukturen rekonstruiert. Das Tischritual erweist sich als ein Mittel der familialen Differenzbearbeitung, dessen pädagogisches Potential bislang unterschätzt wurde.Die Studie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Analyse von Familienritualen und ist wegweisend für die Erforschung pädagogischer Interaktionsformen.
Autorenporträt
Audehm, KathrinKathrin Audehm (Prof. Dr.), geb. 1968, lehrt Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Bildung und Heterogenität am Department Erziehungs- und Sozialwissenschaften der Universität zu Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte sind ethnographische Bildungs- und Sozialisationsforschung, pädagogische Anthropologie, performative Praktiken und Machtverhältnisse im pädagogischen Feld, interdisziplinäre Ritual-, Gesten- und Geschlechterforschung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.12.2007

Im Zeichen der Kanne
Alltagsrituale: Wie Familien beim Essen zusammenfinden
Die Mutter und der Vater haben gemeinsam den Tisch gedeckt und nach den Kindern gerufen, das Frühstück soll um Punkt Viertel nach sieben beginnen. Wie immer hat der Vater Kaffee gekocht, nun trägt er die Kanne in das Esszimmer und stellt sie in die Mitte des Tisches. Er stellt sie aber nicht einfach ab, er justiert zuvor noch mit einer raschen Bewegung die exakte Position, die der Kannenuntersetzer einzunehmen hat.
Das flüchtige Schieben des Vaters am Untersetzer ist keine beliebige Bewegung unter vielen anderen. In Kathrin Audehms Studie „Erziehung bei Tisch. Zur sozialen Magie eines Familienrituals” stellt es nicht weniger als ein magisches Zeichen dar, das keine profane Mahlzeit, sondern ein Ritual einleitet. Dieses gilt Audehm in Anlehnung an Konzepte des französischen Soziologen Pierre Bourdieu als „Transzendenzprothese”, die „Heiliges vom Profanen der Alltagswelt trennt”. In Familienritualen wie Weihnachten, dem gemeinsamen „Tatort”-Konsum am Sonntagabend oder eben auch regelmäßig zusammen eingenommenen Mahlzeiten schaffen Familien sich abgegrenzte Sozialräume, in denen sie ihren kollektiven Zusammenhalt festigen, aber auch wechselseitige Differenzen ausdrücken können.
Als Ethnologin des Alltags hat die Autorin insgesamt drei Familien bei zahlreichen Mahlzeiten beobachtet und protokolliert. In Reflexionen und Einordnungen der einzelnen Tischgeschehnisse zeigt sie wieder und wieder, welche Erkenntnisse eine Feldforschung zeitigen kann, die sich kleinster Zusammenhänge annimmt. Jenes rasche Zurechtrücken des Untersetzers durch den Hausvater etwa gilt in der betreffenden Familie einem zentral aufgeladenen Artefakt ihres Tischrituals. Dem Trinken von Kaffee kommt große Bedeutung zu, da nur Vater und Mutter ihn trinken dürfen. Die Kaffeekanne ist so in Audehms Interpretation das verdichtete Zeichen von Generationendifferenz, die in der betreffenden Familie jedoch von den putzmunteren Kindern gerne auch thematisiert und kritisiert wird: Sie wollen auch Kaffee trinken. Audehms Einführung in die Analyse von Familienritualen macht so deutlich, wie schützenswert und pädagogisch produktiv gemeinsam zelebrierte Tischrituale in Familien im besten Fall sein können. Die traurigste Fußnote findet sich da nur am Rande: Immerhin ein Fünftel aller bundesdeutschen Familien nimmt gar keine gemeinsamen Mahlzeiten mehr ein. FLORIAN KESSLER
KATHRIN AUDEHM: Erziehung bei Tisch. Zur sozialen Magie eines Familienrituals. transcript Verlag, Bielefeld 2007. 224 Seiten, 24,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Lobend äußert sich Rezensent Florian Kessler über diese Analyse von Familienritualen, die Kathrin Audehm vorgelegt hat. Wie er berichtet, hat die Autorin als "Ethnologin des Alltags" anknüpfend an Konzepte des Soziologen Pierre Bourdieu mehrere Familien bei zahlreichen Mahlzeiten beobachtet und protokolliert. Deutlich wird für ihn, welch Erkenntnisgewinn in der Beobachtung von kleinsten Zusammenhängen bedeuten kann. Audehns Studie über Familienrituale führt seines Erachtens vor Augen, "wie schützenswert und pädagogisch produktiv gemeinsam zelebrierte Tischrituale in Familien im besten Fall sein können". Deprimierend scheint ihm in diesem Zusammenhang, dass gut ein Fünftel der bundesdeutschen Familien keine gemeinsamen Mahlzeiten einnimmt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Audehm schafft es durch ihre genauen Fallbeschreibungen, die vielschichtigen und sich überlappenden Handlungsfelder herauszuarbeiten und liefert somit vorzügliches Grundmaterial für eine Theorie der Praxis.« Nikolai Wojtko, journal culinaire, 5 (2007) »Audehms Einführung in die Analyse von Familienritualen macht [...] deutlich, wie schützenswert und pädagogisch produktiv gemeinsam zelebrierte Tischrituale in Familien im besten Fall sein können.« Florian Kessler, Süddeutsche Zeitung, 11.12.2007 »Ein wesentliches Verdienst der Forschungsarbeit dürfte [...] sein, Formen und die Praxis von Tischritualen 'nicht als erstarrte, stereotype Vollzugspraxen festgefrorener Gemeinschaften (darzustellen), sondern als flexible und anpassungsfähige kollektive Handlungskomplexe, in denen die Familien ihre Differenzen aufführen' - und zu bewältigen versuchen. Das Buch ist deshalb nicht nur für die anthropologische und Ritualforschung von Bedeutung, sondern auch für die erziehungswissenschaftliche, wie auch für die pädagogische Praxis in der familiären und institutionellen Erziehung.« Jos Schnurer, www.socialnet.de, 12 (2007) »Das Buch von Kathrin Audehm ist sicher nicht nur für Bourdieu-Interessierte lesenswert.« Christiane Deibl, Erziehungswissenschaftliche Revue, 2 (2009) »Obwohl die Probandenzahl gering ist und der Feldzugang eine homogene Untersuchungsgruppe erwarten ließ, bietet die Studie interessantes Material, das den Alltagsbegriff hinsichtlich der täglichen Wiederbegegnung mit eingeschliffenen Bahnen ernst nimmt.« Thorsten Benkel, Soziologische Revue, 34 (2011) Besprochen in: IAKE.Mitteilungen, 16 (2008), Andrea Fenner Eichstätter Familien-Prisma, Winter 2008/2009, Elena Reinhard-Kovaleva www.liturgieundalltag.de, 07.09.2009 DGE info, 2 (2010) Schultheater, 49 (2022)…mehr