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Die in den lithograhischen Plattenkalken von Solnhofen gefundenen 10 Skelettexemplare und die Feder des Urvogels Archaeopteryx gehören zu den bedeutendsten Fossilien. Es handelt sich bis heute um den erdgeschichtlich ältesten bekannten Vogel. Als das klassische »Missing Link« zwischen Dinosauriern und Vögeln ist Archaeopteryx ein Kronzeuge für die Abstammungslehre von Charles Darwin.
Die Geschichte und die Geschichten um die Solnhofener Archaeopteryx-Funde sind Gegenstand dieses Buches. Ausgehend von einem historischen Exkurs zum Ort Solnhofen, seiner Steinindustrie, der Geologie und der
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Produktbeschreibung
Die in den lithograhischen Plattenkalken von Solnhofen gefundenen 10 Skelettexemplare und die Feder des Urvogels Archaeopteryx gehören zu den bedeutendsten Fossilien. Es handelt sich bis heute um den erdgeschichtlich ältesten bekannten Vogel. Als das klassische »Missing Link« zwischen Dinosauriern und Vögeln ist Archaeopteryx ein Kronzeuge für die Abstammungslehre von Charles Darwin.

Die Geschichte und die Geschichten um die Solnhofener Archaeopteryx-Funde sind Gegenstand dieses Buches. Ausgehend von einem historischen Exkurs zum Ort Solnhofen, seiner Steinindustrie, der Geologie und der fossilen Lebewelt der Solnhofener Plattenkalke, werden die einzelnen Archaeopteryx-Exemplare eingehend beschrieben, illustriert und analysiert. Archaeopteryx wird als biologische Art untersucht, im Einzelnen seine Skelettanatomie, Befiederung, Physiologie, Lebensweise und sein ehemaliger Lebensraum, ergänzt durchzahlreiche Rekonstruktionen. Die weiteren Kapitel behandeln die wissenschaftliche Bedeutung von Archaeopteryx als Zwischenglied in der Evolution von Dinosauriern zu den Vögeln sowie die widersprüchlich diskutierten Hypothesen zur Entstehung des Vogelfluges und zum Ursprung der Vogelfeder. Auch auf die aktuellen Funde »befiederter« Dinosaurier aus China wird eingegangen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.2008

Federn allein machen noch keinen Vogel
Peter Wellnhofer dokumentiert auf brillante Weise den Fall Archaeopteryx

Der Urvogel Archaeopteryx war primär ein Läufer, der auf dem Boden und nicht in der Luft nach Nahrung suchte.

Forschung kann spannend wie ein Krimi sein. Das lässt sich kaum besser belegen als mit jener spektakulären Geschichte, die im Jahr 1861 im bayerischen Solnhofen im Altmühltal begonnen hat und bis heute fortgeschrieben wird. Im Steinbruch dieser Ortschaft wurde damals beim Abbau der in der Lithographie begehrten Kalkplatten aus dem Oberjura die Spur einer 150 Millionen Jahre alten "Leiche" entdeckt. Sie sorgte bald für Aufregung, denn bei dem Fund handelte es sich offensichtlich um eine versteinerte Feder. Federn sind ein Merkmal von Vögeln, und somit bedurfte es keines besonders kriminalistischen Scharfsinns, in dem Fossil einen Hinweis auf die Existenz eines Vogels zu sehen. Genau dieses Indiz musste aber für Zündstoff sorgen und wäre vor einem aus Paläontologen bestehenden Gericht wohl in Zweifel gezogen worden, denn die zeitliche Einordnung schien nicht zu passen.

Schließlich war der Oberjura als Tummelplatz für Saurier bekannt. Handelte es sich bei dem dunklen Abdruck auf dem hellen lithographischen Schiefer tatsächlich um die Versteinerung einer echten Vogelfeder? Wenn ja, hielte man den ersten Nachweis für einen Vogel aus dem Jura in Händen. Und die Vogelnatur der Feder trat tatsächlich derart überzeugend zutage, dass der Frankfurter Paläontologe Hermann von Meyer den zugehörigen ominösen Gefiederten aus dem Jura umgehend mit einem wissenschaftlichen Namen bedachte: Archaeopteryx lithographica, was so viel bedeutet wie "Alte Feder aus dem lithographischen Schiefer".

Wie kaum ein anderer fossiler Zeuge hat der Urvogel die Phantasie der Forscher beflügelt, markiert er doch den Beginn einer Entwicklung, in deren Verlauf die Vögel auf der Bühne der Evolution von Statisten zu Hauptdarstellern wurden und den Luftraum eroberten. Mit fast 10 000 Arten sind sie heute vertreten, von den Tropen bis in die Polargebiete, und die Formenvielfalt ist enorm.

Seit der Entdeckung des ersten Fossils in Solnhofen hat Archaeopteryx unzählige Forscher in seinen Bann gezogen. Vom Urvogel-Virus befallen wurde auch Peter Wellnhofer von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in München. Zum Glück, muss man sagen, denn Wellnhofer hat jetzt eine brillante Dokumentation über Archaeopteryx vorgelegt. Sie beeindruckt nicht nur durch die Fülle der Fakten, sondern auch durch eine lebendige und verständliche Sprache, wie sie nur bei Wissenschaftlern zu finden ist, die souverän über ihrem Fach stehen. Das tröstet den Leser des reichillustrierten Bandes darüber hinweg, dass ihm die Lektüre durch die kleine, serifenlose Schrift unnötig erschwert wird.

Hatte schon die versteinerte Feder für Zündstoff gesorgt, so entzweite ein weiterer Fund, über den im selben Jahr berichtet wurde, die Gelehrten noch mehr. Dieses Mal handelte es sich um ein Archaeopteryx-Skelett mit deutlich erkennbaren Flügel- und Schwanzfedern. Das Fossil wurde zum Stachel im Fleisch jener Wissenschaftler, die den kurz zuvor - im November 1859 - von Charles Darwin veröffentlichten Überlegungen zum Ursprung der Arten ablehnend gegenüberstanden.

Sie hatten immer wieder Belege für "fehlende Zwischenglieder" gefordert, und der neue Fund schien nun ein solches "missing link" zu sein: einerseits der lange Echsenschwanz, die bezahnten Kiefer und die mit Krallen bestückten Finger als Erbstücke reptilischer Vorfahren, andereseits ein Federkleid als Merkmal "moderner" Vögel. Der Fund hätte für die Anhänger Darwins zu keinem günstigeren Zeitpunkt kommen können, wie es im Buch heißt. Er erschien wie bestellt, was manche Forscher misstrauisch machte und an eine Fälschung denken ließ. Aber der Zeuge der Vogelevolution war nicht gekauft.

Der Verdacht, das 1861 beschriebene Archaeopteryx-Skelett sei getürkt, sorgte nicht nur seinerzeit für Zwietracht unter Gelehrten. Vielmehr entbrannte der Streit im März 1985 aufs Neue. Sir Fred Hoyle, ein britischer Astronom, der hohes Ansehen genoss, behauptete, die Federnabdrücke seien künstlich zugefügt worden. Wissenschaftler des Naturhistorischen Museums in London, wo sich das Fossil seit 1862 befindet, haben die Behauptung widerlegen können.

Zu den beiden Funden des Jahres 1861 hatten sich in der Folge neun weitere gesellt, der erste von ihnen 1876 und der letzte erst 2005. Sie stammen ausnahmslos aus den Plattenkalken des bayerischen Oberjura im Gebiet um Solnhofen, Eichstätt, Riedenburg und Daiting. Zum Leidwesen der Paläontologen ist einer dieser Vögel aber "entflogen": Das 1956 entdeckte und von da an in Privatbesitz befindliche Archaeopteryx-Skelett, das "Maxberg-Exemplar", wurde 1991 als verschollen gemeldet. Ein Fahndungsaufruf an die einschlägigen internationalen Fachzeitschriften blieb ohne Erfolg.

Wie Wellnhofer erläutert, lebte Archaeopteryx zu einer Zeit, als das heutige Süddeutschland zum Teil noch von einem tropischen Flachmeer mit Lagunen, Riffen und Inseln bedeckt war. Dort tummelten sich Flugsaurier, Dinosaurier - und eben auch Urvögel. Die Frage, wie die Tiere umgekommen und in die Lagunenbecken gelangt sind, hat zu vielen Spekulationen geführt. "Tod durch Ertrinken" ist eine davon. Diese hält auch Wellnhofer für die richtige rechtsmedizinische Diagnose, wobei er einräumt, dass sein Erklärungsversuch für den "Tathergang" ebenfalls spekulativ bleiben muss: Archaeopteryx scheint kein typischer Strandvogel gewesen zu sein, sondern dürfte in küstenferneren Gebieten gelebt haben. Einige Tiere seien dann entweder schon tot in die Lagunen gespült oder im Flug durch Stürme über das Meer verfrachtet und auf das Wasser niedergedrückt worden.

Am wahrscheinlichsten ist für Wellnhofer, dass der Urvogel, der etwa die Größe einer Krähe besaß, primär ein Läufer war, der auf dem Boden nach Nahrung suchte. Bei Gefahr dürfte er in die Lüfte gestiegen sein. Dass Archaeopteryx aktiv fliegen konnte, wird praktisch nicht mehr bezweifelt. Aber dem Skelettbau nach muss er ein recht ungeschickter Flieger gewesen sein. Der Start dürfte vor allem aus dem Lauf heraus oder von Bäumen herab erfolgt sein.

Neu aufgerollt wurde der Fall "Archaeopteryx" Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Damals wurden Fossilien aus China präsentiert, die dem bayerischen Urvogel ernsthafte Konkurrenz zu machen schienen. Die als Confuciusornis sanctus ("Heiliger Vogel des Konfuzius") bezeichnete Art existierte angeblich ebenfalls schon im Jura. Bald stellte sich aber heraus, dass sie jüngeren Datums ist, nämlich aus der Zeit vor rund 125 Millionen Jahren stammt.

Vor wenigen Wochen aber ist, wieder aus China, über noch ältere Überreste von Vögeln berichtet worden. Die Tiere der als Eoconfuciusornis bezeichneten Gattung lebten vor 131 Millionen Jahren, so dass die Lücke hin zum Archaeopteryx etwas kleiner geworden ist. Die ersten Kapitel in der Entwicklungsgeschichte der Vögel werfen nach wie vor etliche Fragen auf. Immerhin haben die fossilen Zeugen, unter ihnen die Überreste der gefiederten, aber wohl flugunfähigen Dinosaurier Protarchaeopteryx und Caudipteryx, zwei wichtige Erkenntnisse untermauert: zum einen, dass Vögel zweifelsfrei mit Dinosauriern verwandt sind, und zum anderen, dass Federn allein noch keinen Vogel machen. Archaeopteryx jedenfalls war kein Saurier mehr, sondern schon ein Vogel, einer, um den sich Mythen rankten und wohl auch weiter ranken werden.

REINHARD WANDTNER

Peter Wellnhofer: "Archaeopteryx. Der Urvogel von Solnhofen". Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München 2008. 256 S., 510 Abb., geb., 78,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit hohem Lob bedenkt Reinhard Wandtner dieses Buch über die Solnhofener Archaeopteryx-Funde, das der Paläontologe Peter Wellnhofer vorgelegt hat. Er schätzt das Buch als "brillante" Dokumentation dieser Funde. Gespannt folgt er dem Autor, der nicht nur die diversen Archaeopteryx-Exemplare beschreibt, sondern auch die Geschichte der Erforschung der Funde und die zahlreichen widersprüchlichen Thesen der Forschung darstellt und würdigt. Beeindruckend findet Wandtner die Fülle von Fakten, Informationen und Illustrationen, mit denen der Autor aufwartet. Zudem freut er sich über die anschauliche Sprache und die gut verständliche Darstellung. Einziger Wermutstropfen ist für ihn die kleine, serifenlose Schrift, die die Lektüre des Bandes "unnötig erschwert".

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