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Produktdetails
  • Verlag: Das Neue Berlin
  • Seitenzahl: 203
  • Deutsch
  • Abmessung: 200mm
  • Gewicht: 238g
  • ISBN-13: 9783897930230
  • ISBN-10: 3897930234
  • Artikelnr.: 24779381
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2000

Anhaltender Trommelwirbel
Jochen Gerz gibt der modernen Kunst den Takt vor

Dass der Künstler bilden, nicht reden solle, ist insofern heikel, als es Kunst auf Anschauung festzulegen scheint. Wer dagegenhält, dass (sei es immer schon, sei es seit der Frühromantik) die Reflexion ein Moment von Kunst ist, wird dem Künstler das Reden schlecht verwehren können. Nur hat diese Rede einen seltsamen Zwischenstatus. Als reine Theorie wird sie nicht gelten können, da sie auf die künstlerische Arbeit bezogen ist, mit der Kunst gleichgesetzt kann sie indes auch nicht werden, da sie im künstlerischen Produktionsprozess Verwandlungen erfährt. Weder können wir den Künstler einfach als Theoretiker nehmen, noch lässt sich seine Theorie einfach als Interpretation seiner Kunst benutzen.

Für sich genommen sind Jochen Gerz' "Reden an Studenten" ein wirres Sammelsurium modischer Philosopheme zu Kontextualität, Schrift, Beschleunigung, neuen Medien, verständlich wohl nur für die Eingeweihten (aber was heißt dann verstehen?). Im Kern geht es vermutlich darum, dass jede Äußerung in einem Kontext erfolgt und unaufhebbar auf diesen Kontext bezogen ist. Schrift und Werk sind Versuche, dieser raum-zeitlichen Begrenztheit von Äußerungen sterblicher Wesen zu entfliehen. Die Beschleunigung des Informationsflusses durch die neuen Medien hat die Scheinhaftigkeit einer solchen Ewigkeit sichtbar gemacht. Dadurch, dass, was auch immer wir äußern, jederzeit überall zur Kenntnis gebracht werden kann, wird uns die raum-zeitliche Begrenztheit dieser Äußerung bewusst. Die Kunst ist so gehalten, sich von Abbild und Werk zu verabschieden und sich als Äußerung-im-Kontext zu reformieren.

Der Fehler dieses Gedankens ist recht einfach zu sehen. Auch Schrift und Werk stehen in einem Kontext - deshalb brauchen wir ja die Hermeneutik. Umgekehrt muss sich jede Äußerung, um überhaupt Äußerung zu sein, einen Sinn zu geben, auf ein Allgemeines beziehen, das heißt, sich aus ihrem Kontext loslösen. Eine Performance, eine Installation von Jochen Gerz mag ein begrenztes Ereignis sein, auf Fotos ist sie aufbewahrt und vor allem: Sie ist auf den Fotos zu erkennen, man kann auf sie zeigen, man kann von ihr sagen, das daran ist die Kunst. Performances und Installationen sind Werke. Sie haben deklariertermaßen eine ganz traditionelle Aufgabe, nämlich ihre, durch die neuen Medien geprägte Zeit zum Selbstbewusstsein zu bringen. Und auch ihr Gehalt, ihre Erfahrung mit der Gegenwart, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als etwas recht Vertrautes, die Vergänglichkeit alles Irdischen.

Die Kritik des Werkbegriffes war Getrommel, um ein neues Material einzuführen. Dieses Getrommel mag sich gegen einen schlechten Schein von Ewigkeit gewandt haben. Aber nun wird auch schon eine ganze Weile getrommelt. Demgegenüber festzustellen, dass auch Installationen und Performances Werke sind, heißt darauf zu bestehen, dass sie sich als Werke legitimieren müssen, nicht schon durch ihr Material legitimiert sind. Und da mag sich denn finden, dass über Zeit in der Zeitenthobenheit des perspektivisch geordneten Bildraums schon mit gründlicheren Ergebnissen nachgedacht wurde.

GUSTAV FALKE

Jochen Gerz: "Drinnen vor der Tür". Reden an Studenten. Schriftenreihe der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, Band 10. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 1999. 94 S., 8 S/W-Abb., br., 19,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Schlicht mit F.A.Z. unterschrieben ist dieser Text über ein Buch, das sich mit den Arbeitsbedingungen von Westjournalisten in der ehemaligen DDR befasst. Sechs Zeitzeugen erinnern sich in Interviewform - drei Zeitungskorrespondenten (von der FAZ, der FR und der Westfälischen Rundschau) und die DDR-Beamten, die sie damals betreut haben. Anschaulich, findet die FAZ, sei hier alles beschrieben und dokumentiert. Sichtlich angetan ist man von der Nachdenklichkeit und Selbstkritik der Ex-Pressefunktionäre der DDR. Sogar ein historisches Dokument werde hier erstmals und vollständig im Dokumentenanhang abgedruckt: Der Befehl Nr. 17/74 des Stasiministers Mielke über den Umgang mit Westkorrespondenten.

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