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Köln ist für seinen "Klüngel" nicht erst seit der neuesten Affäre um die SPD und die Müllverbrennungsanlage berühmt. Werner Rügemer zeigt das ganze Spektrum der "legalisierten Korruption". Seine Liste Prominenter, die in das "Filz"-Geschäft verwickelt sind, reicht bis in die Gegenwart. Der "Kölner Klüngel" ist eine folkloristische Verharmlosung einer systemischen Erscheinung - Korruption in der deutschen Kommune.

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Produktbeschreibung
Köln ist für seinen "Klüngel" nicht erst seit der neuesten Affäre um die SPD und die Müllverbrennungsanlage berühmt.
Werner Rügemer zeigt das ganze Spektrum der "legalisierten Korruption". Seine Liste Prominenter, die in das "Filz"-Geschäft verwickelt sind, reicht bis in die Gegenwart. Der "Kölner Klüngel" ist eine folkloristische Verharmlosung einer systemischen Erscheinung - Korruption in der deutschen Kommune.
Autorenporträt
Werner Rügemer, geboren 1941, Philosoph und Publizist, Mitglied von Transparency International (TI), Business Crime Control (BCC) und des Deutschen Schriftstellerverbandes (DVS). Rundfunk- und Fernsehsendungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.08.2002

Kölsche Jungs und fremdes Geld
Die Korruption in der Domstadt funktioniert nach einem ausgetüftelten System, und die Verantwortlichen bleiben im Dunkeln
WERNER RÜGEMER: Colonia Corrupta. Globalisierung, Privatisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2002. 157 Seiten, 15,30 Euro.
Die Spitze der Kölner SPD, so war vor wenigen Wochen zu vernehmen, unterhielt über Jahrzehnte hinweg ein illegales System aus schwarzen Kassen und „Dankeschönspenden”. Das Prozedere der Geldbeschaffung folgte immer dem gleichen Muster: Um den Verdacht der Korruption zu vermeiden, trat die Politik bei größeren Bauprojekten erst nach Auftragserteilung mit einer Spendenbitte an die Unternehmen heran. So geschah es auch bei der umstrittenen Kölner Müllverbrennungsanlage, deren Bau 1994 dem Gummersbacher Anlagenbauer Steinmüller zugeschlagen wurde; ein Jahr später, erzählte der inzwischen zurückgetretene Kölner SPD-Fraktionschef Norbert Rüther im März dem Staatsanwalt, wurden ihm in der Schweiz von Steinmüller für dieses eine Projekt rund 75 000 Euro übergeben.
Dubiose Spendenpraxis
Die Medien berichteten über diesen Skandal, der nach wie vor nicht vollständig aufgeklärt ist; vor allem stürzten sie sich auf die vielen fingierten Spendenbescheinigungen, mit denen die SPD das Geld zu waschen versuchte. Häufig werden die Strukturen, die hinter dem Filz stehen, mit dem beliebten Begriff des „Kölner Klüngels” verniedlicht. Es ist dies indes die folkloristisch anmutende Verharmlosung eines stabilen Systems, in dem trotz der Enthüllung des Spendenskandals die eigentlich Verantwortlichen im Dunkeln blieben.
Diese beim Namen zu nennen und das System des Kölner Skandals deutlich zu machen – darauf zielt das Buch „Colonia Corrupta” des Publizisten Werner Rügemer. Es beleuchtet daher nicht allein die dubiose Spendenpraxis, sondern es untersucht auch die verschiedenen Interessen, die hinter umstrittenen Projekten wie der Müllverbrennungsanlage oder auch der „KölnArena” stehen.
Rügemer bleibt nicht theoretisch, er befasst sich mit den Protagonisten. Etwa mit dem ehemaligen Kölner Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes, wahlweise „mediengeilster Politiker Nordrhein-Westfalens” ( Kölner Stadtanzeiger) oder „Highlander vom Rhein” (Express). Ihn beschreibt Rügemer als typischen Akteur eines solchen Systems. Antwerpes habe „als langjähriger Vorsitzender der energiepolitischen Kommission im Landesvorstand der SPD eine Art Verbindungsoffizier zu RWE gespielt”; er konnte unter anderem als Regierungspräsident Einfluss nehmen auf den Braunkohletagebau Garzweiler, der von der RWE-Tochter Rheinbraun betrieben wurde und wird. Als der mächtige Konzern, „die heimlich-unheimliche Nebenregierung des Bundeslandes” (Rügemer), 1990 in das Entsorgungsgeschäft einstieg, habe Antwerpes, so der Autor, dafür gesorgt, dass die geplanten Müllmengen im Abfall-Entsorgungsplan der Bezirksregierung „möglichst hoch ausfielen”. Diese waren Basis für den Bau jener Müllverbrennungsanlage in Köln, die angesichts der mangelnden Auslastung überdimensioniert ist.
Antwerpes empfahl übrigens 1992 dem Kölner Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier, beim Bau jener Anlage, „besonders die Firma Steinmüller aus Gummersbach zu berücksichtigen” – mit Erfolg, wie man weiß. Auch Ruschmeier taucht des öfteren in Rügemers Publikation auf, so auch im Kapitel über das Prestigeobjekt und kommunale Millionengrab „KölnArena”.
Er war es, der zusammen mit der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim das Konzept des Mischprojektes Arena/Rathaus entwickelte. Der geschlossene Immobilienfonds, der zwecks Finanzierung eingerichtet wurde, gründet sich auf einem Mietvertrag mit 30 Jahren Laufzeit. Nahezu alle Kosten und Reparaturen werden darin auf den Mieter abgewälzt; der verstorbene Oberbürgermeister Harry Blum (CDU) nannte ihn den „vermieterfreundlichsten Vertrag in ganz Köln”.
Die 77 Kommanditisten des Fonds lesen sich wie eine Einladungsliste für die die high society der Stadt, dazu gehören unter anderem der Zeitungsmonopolist Dumont, diverse Bankiers Oppenheims sowie Manager des Kölner Versicherers Gerling. Unterzeichnet hat den Vertrag seinerzeit Oberstadtdirektor Ruschmeier, der am 22. Mai 1998 aus diesem Amt ausschied. Einen Tag später trat er als gleichberechtigter Geschäftsführer bei der Oppenheim-Esch Holding ein. Dieser fliegende Wechsel zu einem Unternehmen, mit dem er just einen Vertrag geschlossen hatte, wird ihm laut Kölner Express mit einer Million Euro jährlich vergütet.
All das wird in diesem ausgezeichnet recherchierten Buch verhandelt. Gerade weil die Beispiele korruptiven Verhaltens hier so konkret sind, ist ein Buch wie dieses überaus wichtig.
ERICH EGGERS
Der Rezensent ist Journalist in Köln.
Zu viel Müllverbrennungsanlage für zu wenig Müll: Köln und sein Abfall sind ein Dauerbrenner.
Foto: Christoph
Papsch
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Rheinische Frohnaturen
Mit Colonia Corrupta ist Köln gemeint, das seinen Namen aus der römischen Colonia Claudia Ara Agrippinensum herleitet. Aber, so der Autor, es könnte auch jede andere deutsche Stadt so tituliert werden, "die von global operierenden Großinvestoren belagert und mit Hilfe von Politikern und öffentlichen Bediensteten kolonisiert wird". Erwischt beim Mauscheln wurde im März dieses Jahres die Führungsspitze der Kölner SPD, weil beim Bau der Müllverbrennungsanlage seit 1994 Schmiergelder geflossen waren.
Müllofen-Skandal
Das Buch ist eine Sammlung von Artikeln, die sich über einen Zeitraum von zehn Jahren kritisch mit Politik, Wirtschaft, Publizistik und ihren Verflechtungen in der Metropole rheinischen Frohsinns befassen. Und da sei der Skandal um den Müllofen nur das jüngste Beispiel für Korruption, Filz und moralische Verdorbenheit. So reibt sich der Verfasser an einigen Prominenten, darunter ein langjähriger Oberbürgermeister, ein ehemaliger Regierungspräsident, ein Verleger, ein bekannter Industrieller, der einstige Schatzmeister einer Volkspartei, Investoren und Initiatoren. Finanziell anfällig sind und waren offensichtlich viele in Köln.
Adenauers schwarze Kassen
Das habe sich schon gezeigt, als Konrad Adenauer Oberbürgermeister am Rhein war (1917-1933), so schreibt Werner Rügemer mit Verweis auf Dokumente in Archiven in Köln und Berlin. Der konservative Zentrumspolitiker legte schwarze Kassen an, aus denen er sich, seine Familie und Freunde bediente, ließ sich, obwohl er im eigenen Haus wohnte, jährlich 43.000 Mark Wohngeld zahlen und war am Insiderhandel mit Glanzstoff-Aktien in Millionen-Höhe beteiligt. Adenauer wurde CDU-Vorsitzender und 1949 der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erich Eggers kann das Buch des Publizisten Werner Rügemer über den "Kölner Klüngel" gar nicht genug loben. "Ausgezeichnet" habe der Autor die Hintergründe dieses Skandals recherchiert. Und was sich da auftut, so der Rezensent, hat mit dem eher "folkloristisch anmutenden" und "verharmlosenden" Begriff nichts mehr gemein. Rügemer nennt alle beim Namen, die an der "dubiosen Spendenpraxis" beteiligt waren und, lobt Eggers, er zeigt auch die spezifischen Interessen der in den Skandal verwickelten Akteure auf. Besonders gut gefallen hat Eggers dabei, dass der Autor sein Thema nicht theoretisch angeht, sondern sich ganz praktisch mit den Menschen auseinandersetzt, die in diesem komplexen und weitreichenden System von Politik und Korruption die Strippen gezogen haben. Gerade diese Konkretheit sei die Stärke dieses Buches, das Eggers allein schon zur exemplarischen Veranschaulichung von korruptem Verhalten für "überaus wichtig" hält.

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