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Volker Reinhardt, der beste Kenner der Geschichte des frühneuzeitlichen Rom, entfaltet hier mit großer Sprachkunst ein überbordendes Panorama der ewigen Stadt im Barock. Die Päpste, Kardinäle und Gesandten der europäischen Könige statteten sie mit überwältigender Pracht aus. Keine Stadt hatte eine vergleichbare Dichte an Künstlern, keine aber beherbergte in ihren mauern so viele Prostituierte. Glanzvolle Feste wechselten mit Hungersnöten und Überschwemmungen - Pracht, Elend und Gewalt wohnten hier besonders eng beieinander. Volker Reinhardt vermisst die ganze Spannweite dieser Metropole und…mehr

Produktbeschreibung
Volker Reinhardt, der beste Kenner der Geschichte des frühneuzeitlichen Rom, entfaltet hier mit großer Sprachkunst ein überbordendes Panorama der ewigen Stadt im Barock. Die Päpste, Kardinäle und Gesandten der europäischen Könige statteten sie mit überwältigender Pracht aus. Keine Stadt hatte eine vergleichbare Dichte an Künstlern, keine aber beherbergte in ihren mauern so viele Prostituierte. Glanzvolle Feste wechselten mit Hungersnöten und Überschwemmungen - Pracht, Elend und Gewalt wohnten hier besonders eng beieinander. Volker Reinhardt vermisst die ganze Spannweite dieser Metropole und richtet seinen Blick auf die Höhepunkte wie den Alltag: Von den Ehrenhändeln bis zur Heiligsprechung, von der Brotversorgung bis zur Inquisition, vom Konklave bis zum Kurtisanenwesen, von der Kunstproduktion bis zu den glänzenden Festen werden alle Aspekte anschaulich, faszinierend erzählt und auf der Basis jahrelanger Quellenstudien vor Ort.
Autorenporträt
Volker Reinhard ist seit 1992 Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte der Neuzeit an der Universität Freiburg. Seine Expertise der italienischen Renaissance durchdringt seine Publikationen: von »Leonardo da Vinci. Das Auge der Welt« (2019) bis zu »Blutiger Karneval. Der Sacco di Roma 1527« (2. Aufl. 2009). Für seine Machiavelli-Biografie erhielt er den »Golo-Mann-Preis für Geschichtsschreibung«.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.01.2012

Die päpstliche Schule des Nepotismus
Hannover? Wer etwas vom Klientelwesen verstehen will, muss mit Volker Reinhardt ins barocke Rom schauen
Wir haben in letzter Zeit einiges über Nepotismus und Klientelwesen vernommen. Wie immer man aber Phänomene wie das „System Hannover“ bewertet, es kann kein Zweifel bestehen, dass die Kulturtechnik der Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme im päpstlichen Rom des 17. Jahrhunderts zu unübertroffener Meisterschaft gebracht wurde.
Die üppige Versorgung der Familie des jeweils amtierenden Papstes – wobei die „Familie“ auch allerlei Sekretäre, Künstler, Diener und Klienten umfasste – war ein zentrales Anliegen der Häuser Borghese, Ludovisi, Barberini, Pamphili und Chigi. Und so ist es auch kein Zufall, dass die Raffgier und die Prunksucht dieser Familien die bis heute sichtbarsten Spuren im Stadtbild Roms hinterlassen haben – abgesehen von den antiken Monumenten und den Bauten Mussolinis.
Zu dieser Szenerie des barocken Roms gehören Inschriften, Kirchen, Plätze, Brunnen, Paläste und Grabmäler; sowie außerhalb der Stadt Landsitze und ganze Landstriche des Kirchenstaates, welche den zu Kardinälen erhobenen Nepoten der Päpste zur Ausbeutung überlassen wurden. Man musste sich beeilen, möglichst viel zusammenraffen, solange der „eigene“ Papst am Leben und damit im Amt war. Die Familien ließen sich das nicht zweimal sagen, waren sie doch in den meisten Fällen Aufsteiger, keine alten Adelsfamilien aus der ersten Reihe.
So wurden aus Parvenüs in kürzester Zeit Superreiche. Ihre Lebensform nahm mit dem dazugehörigen Versorgungs- und Repräsentationssystem höfische Dimensionen an. Zwar konnte die Sphäre der Nepoten noch etwas schamloser agieren als der Nachfolger Petri selbst – der Heilige Stuhl musste nach den tridentinischen Kirchenreformen, die auf die protestantische Reformation reagiert hatten, noch gewisse Glaubwürdigkeitsfassaden wahren. Doch letztlich waren der Hof des Pontifex maximus und die Paläste, waren Papst, Stadt und Klientel untrennbar miteinander verknüpft. So ließen sich Prunk, Schlemmerei und Machtanspruch auf geradezu magische Weise mit dem katholischen Glauben vereinen. Durch virtuose Legitimationsstrategien, zu denen nicht zuletzt eine raumgreifende Bildproduktion zählte, wurde das ganze Treiben als Ausdruck des göttlichen Heilsgeschehens verkauft und vielfach auch empfunden.
Der im schweizerischen Fribourg lehrende Historiker Volker Reinhardt hat, so fühlt es sich an, etwa so viele Bücher über die römische und italienische Geschichte geschrieben und herausgegeben, wie es in Rom Brunnen und Paläste gibt. Zwischen der jüngsten Publikation über die Borgias und seiner angekündigten Macchiavelli-Biographie ist nun sein Buch über das barocke Rom anzuzeigen. Es bietet ein sehr anschauliches kulturelles und politisches Panorama der seit der Renaissance mächtig ausgebauten und ausgeschmückten Stadt, in dessen Zentrum eben die Mechanismen der päpstlichen Vetternwirtschaft stehen.
Volker Reinhardt kann dafür auf frühere Studien zurückgreifen, seine Habilitationsschrift von 1989 über die Getreideversorgung und seine Dissertation von 1981 über Kardinal Scipione Borghese, den Schöpfer der Villa und Galleria Borghese. Das jetzige Buch ist gefällig, publikumsfreundlich und in leichte Portionen gegliedert, ohne in der Sache weniger Substanz zu haben.
Man lernt viel darüber, was für eine erfolgreiche Papstfamilie alles dazugehörte: die Kungelei im Konklave; die Treue und Verschwiegenheit der Klienten; die Straßenspektakel, die Rom zur Theaterbühne machten; die Baupolitik. Das vor Tugenden überquellende Deckenfresko von Pietro da Cortona im Palazzo Barberini – unser Bild – wird dabei kurz ausgeleuchtet als ein Denkmal nicht nur der neureichen Familie des maßlosen Papstes Urban VIII., sondern des Nepotismus an sich. Die neben all der fürstlichen Pracht gleichzeitig betriebene „spirituelle Aufrüstung“ im 17. Jahrhundert durch die Bürokratisierung von Heiligsprechungen, durch Heilige Jahre, durch die Inquisition – der berühmteste Fall war Galileo Galilei – oder die Förderung des Jesuitenordens sah man in Rom nicht als widersprüchlich an. Reinhardt schildert all diese Dinge genau so saftig und genau so nüchtern, wie es ihnen angemessen ist.
Entscheidende, unausweichliche Voraussetzung für das in der ganzen Christenheit wirksame päpstliche Machtsystem, für außenpolitische Allianzen, Konfessionspolitik und für die Akzeptanz des ostentativen Reichtums war die Versorgung der stadtrömischen Bevölkerung. Und zwar nicht bloß mit Bildern und Gebeten, sondern vor allem mit sauberem Wasser und billigem Brot. Genauer: Weißbrot, wie heute. Gewährleisteten die Päpste dies nicht, wegen schlechter Ernten oder warum auch immer, drohten Aufstände. Neben den Ausgaben für Bauten, Mission und Propaganda standen die Ausgaben für Subventionen an die Armen.
So machten die Päpste des 17. Jahrhunderts trotz (oder wegen) aller Bereicherungsmöglichkeiten hohe Schulden. Dank der Ausnahmestellung des Heiligen Stuhls bekam Rom aber immer ein AAA-Rating, die Anleihezinsen wurden konsequent gezahlt. Dennoch war das nepotistische System, das uns das ausladende barocke Rom geschenkt hat, am Ende des Jahrhunderts überdehnt, erschöpft. Es folgten Austeritätsprogramme. Auch das kennen wir aus dem heutigen Rom. Das Buch von Volker Reinhardt kann also Haushaltspolitikern, Korruptionsbekämpfern und Rom-Besuchern gleichermaßen wärmstens empfohlen werden.
JOHAN SCHLOEMANN
VOLKER REINHARDT: Im Schatten von Sankt Peter. Die Geschichte des barocken Rom. Primus Verlag, Darmstadt 2011. 270 Seiten, 24,90 Euro. 
Dank der Ausnahmestellung
des Heiligen Stuhls bekam
Rom immer ein Triple-A-Rating
Auf dem Deckenfresko, das Pietro da Cortona im Stadtpalast der Papstfamilie Barberini in Rom 1639 vollendete, triumphiert das nepotistische System als Werk der göttlichen Vorsehung. Da schwirren die Bienen aus dem Familienwappen der Barberini herum, zusammen mit lauter personifizierten Tugenden sowie den Insignien „ihres“ Papstes Urban VIII., der als Nachfolger Petri die Schlüssel zum Himmelreich besaß. Foto: www.scalarchives.com
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein Buch für Romreisende und Haushaltspolitiker gleichermaßen hat Johan Schloemann anzuzeigen. Der viel schreibende Historiker Volker Reinhardt rekurriert zwar intensiv auf seine eigenen Arbeiten, um diese Buchdeckel zu füllen, aber wer derart substanziell und zugleich publikumsgefällig schreibt, darf das gerne tun, findet Schloemann. Vor seinen Augen entsteht unterdessen sehr plastisch das barocke Rom mit seinem Prunk, den gierigen Papstfamilien, Vetternwirtschaft en gros. Dafür dass der Nepotismus auch heute noch so in Mode ist, findet der Rezensent hier manchen einleuchtenden Grund.

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