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»Ich kenn einen Mann, der Märchen ersinnt und schon ganz früh morgens zu schreiben beginnt. Er schreibt Märchen von Hexen, von Elfen und Feen von sechs Uhr fünfzehn bis dreizehn Uhr zehn.«Diese Gedichte erzählen Geschichten. Drum nennen wir sie Reimgeschichten. Da geht es zum Beispiel um Heinrich Hahn aus Limburg/Lahn. Der vergaß den Wasserhahn... Oder um Isabella Caramella, die hat ein Krokodil: Karl-Klaus! Das frisst lästige Besucher auf ... Oder Tante Lil aus Amsterdam, auf deren Kanapee ein Hirsch sitzt, mitsamt Geweih!Solche Gedichtgeschichten bereiten Freude - beim Vorlesen und beim…mehr

Produktbeschreibung
»Ich kenn einen Mann, der Märchen ersinnt und schon ganz früh morgens zu schreiben beginnt. Er schreibt Märchen von Hexen, von Elfen und Feen von sechs Uhr fünfzehn bis dreizehn Uhr zehn.«Diese Gedichte erzählen Geschichten. Drum nennen wir sie Reimgeschichten. Da geht es zum Beispiel um Heinrich Hahn aus Limburg/Lahn. Der vergaß den Wasserhahn... Oder um Isabella Caramella, die hat ein Krokodil: Karl-Klaus! Das frisst lästige Besucher auf ... Oder Tante Lil aus Amsterdam, auf deren Kanapee ein Hirsch sitzt, mitsamt Geweih!Solche Gedichtgeschichten bereiten Freude - beim Vorlesen und beim Zuhören. In den Niederlanden sind sie Klassiker, bei uns dürfen sie noch entdeckt werden.Sieb Posthumas Bilder fügen den Texten eine versponnene, leicht nostalgische Note hinzu und machen aus der Sammlung auch noch einen Augenschmaus.
Autorenporträt
Sieb Posthuma ist einer der vielfältigsten Buchkünstler der Niederlande. Er arbeitet seit vielen Jahren als Cartoonist, hat Cover für Belletristik entworfen, Trickfilme gezeichnet, 2001 erschien sein erstes Bilderbuch. Im Februar 2008 hatte das von ihm ausgestattete Ballett Coppelia in der Amsterdamer Oper Premiere, das fulminante Kritiken erhielt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Endlich liegt zumindest ein Band mit Kindergedichten Annie M. G. Schmidts auf Deutsch vor, freut sich Eva-Maria Magel. Höchste Zeit, findet die Kritikerin, denn die 1995 verstorbene niederländische Kinderbuchautorin, die in ihrem Heimatland wie Astrid Lindgren verehrt wurde, weiß mit so viel Leichtigkeit, Witz, Verrücktheit und Poesie zu erzählen, dass Magel versichert: Kinder und Erwachsene werden bei der Lektüre der Leierkastenreime gleichermaßen viel Spaß haben. Und so taucht die hingerissene Rezensentin in diesen "Teich voll mit Tinte", in dem sie etwa dem Krokodil Karl-Klaus begegnet, das sich von Spielverderbern und Spaßbremsen ernährt, und lernt ganz nebenbei, wie befreiend es ist, nicht zu gehorchen. Dass es dem Psychiater, Tänzer und Übersetzer Christian Golusda gelingt, die "funkelnden" Geschichten in ein Deutsch zu übertragen, das die Farben und das Schräge des Originals bewahrt, stimmt die Kritikerin vollends glücklich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.09.2016

Frisst lästige Besucher auf
Die Gedichte von Annie M. G. Schmidt sind herrlich unsauber
und lesen sich wie ein auf den Kopf gestellter Struwwelpeter
VON NICO BLEUTGE
Gibt es etwas Schöneres, als morgens aus dem Bad zu kommen, frisch geduscht, die Ohren noch feucht? Die Sonne scheint, und aus der Küche riecht es nach Kaffee und Brötchen. Seltsam nur, wenn auf einmal ein Hirsch durch die Wohnung läuft und es sich auch noch auf dem Kanapee gemütlich macht: „Er saß beim Radio, ganz still, / und ach, die arme Tante Lil / kam fürchterlich ins Schwitzen, / denn Fischbesteck und Zeterei / störn weder Hirsch noch sein Geweih.“
  Tante Lils frecher Hirsch ist nicht das einzige selbstbewusste Tier in Annie G. Schmidts Geschichtenbuch. Hier können Otter Fahrrad fahren und Kamele liegen mit im Ehebett. Und sollte einmal ein Besucher allzu anstrengend werden – einfach nach Karl-Klaus rufen: „Denn das Krokodil Karl-Klaus / frisst lästige Besucher auf, / schnapp und schnapp und happ und happ, mitsamt den Haaren drauf!“
  Annie M. G. Schmidt, die von 1911 bis 1995 lebte, war eine der bekanntesten Kinderbuchautorinnen der Niederlande. Mehr als 100 Kinderbücher hat sie geschrieben, dazu Texte für die Bühne, das Radio und das Fernsehen. Wahrscheinlich müssen wir sie uns wie jenen „Märchenschreiber“ vorstellen, den sie in einem Gedicht besungen hat. Dieser Märchenschreiber hat einen Teich im Garten, der ganz mit Tinte gefüllt ist: „Er schreibt Märchen von Rittern und Räubern und Dieben / von Viertel nach eins bis Viertel vor sieben. // Dann schläft er und früh, wenn noch Tau auf dem Gras, / schreibt er weiter. Schnell leert sich sein Tintenfass.“
  Wie man sieht, schrieb Annie G. M. Schmidt nicht einfach nur Märchen, aus ihrem Tintenteich zauberte sie ganze Gedichte hervor, voller Bilder, Klänge und Reime. Dabei muss es, zu unserem Leseglück, nicht immer sauber zugehen. Nicht nur, dass wir auf dreckige Wege und „Modderpfützen“ stoßen. Auch die Reime sind manchmal wunderbar unsauber, ganz egal, ob sich das nun dem niederländischen Original verdankt oder zu den vielen schönen Ideen des Übersetzers Christian Golusda gehört. Hier reimt sich „feucht“ auf „vielleicht“, „Pol“ auf „toll“ oder „pssst“ auf „ist“. Manche Geschichten lesen sich wie ein auf den Kopf gestellter Struwwelpeter, als kleiner Einspruch gegen allzu rigide gesellschaftliche Vorstellungen (Annie M. G. Schmidt schrieb die Gedichte Ende der 70er-Jahre). In diesem Buch igelt sich keiner in den eigenen vier Wänden ein, sondern man geht auf Reisen, entdeckt andere Länder und Menschen, ja, sogar Elfen schweben durch die Verse.
  Sieb Posthuma hat die Reimgeschichten mit schönen Zeichnungen versehen. Er schreibt die Märchen auf seine Weise fort, indem er sie in Bilder übersetzt und Ideen dazu erfindet. Besonders raffiniert sind die Tintenkleckse, die er gleich auf der ersten Seite hinterlässt – und die sich wie ein Leitmotiv durch das Buch ziehen, hier verwandelt in Blätter, dort in Pusteblumen. Tante Lil hätten sie bestimmt gefallen. Sie verliebt sich in alles, sogar in ihren Besucher: „War eben noch der Hirsch verpönt, / sie hat sich rasch an ihn gewöhnt, / jetzt kann sie nicht mehr ohne ihn.“
Annie M. G. Schmidt: Ein Teich voll mit Tinte. Reimgeschichten. Mit Illustrationen von Sieb Posthuma. Aus dem Niederländischen von Christian Golusda. Moritz 2016. 54 Seiten, 15,95 Euro.
Illustration aus Annie M. G. Schmidt: Ein Teich voll mit Tinte
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2016

Mit Karl-Klaus ist nicht zu spaßen

In den Niederlanden sind Annie M. G. Schmidts Kindergedichte Klassiker - auf Deutsch gab es sie bislang nicht. Nun ist "Ein Teich voll mit Tinte" als wundervoll illustrierter Band voller Reimgeschichten erschienen.

Isabella Caramella hat es faustdick hinter ihren kleinen Ohren. Oder nein, doch nicht sie. Sie badet ja nur ihren kleinen Fratz. Wer wissen will, was eigentlich aus Fräulein Siebenzehn geworden ist, die keine Kinder mag, oder aus Herrn Achterbacke mit der fiesen Karojacke, der sollte mal besser Karl-Klaus fragen. Karl-Klaus ist Isabellas Krokodil. Und er scheint großen Appetit auf Spielverderber, Spaßbremsen und Erwachsene im Allgemeinen zu haben. Dass aber Isabella Caramella durchaus zu nutzen weiß, welcher Vorliebe Karl-Klaus frönt, verrät allein der kokett-wissende Augenaufschlag, den Sieb Posthuma der Göre ins Gesicht gezeichnet hat: ihre Augenbraue nicht weniger spitz als die Zahnreihen des fröhlichen Ungetüms, in denen sich Frau Direktor Dickmadam verklemmt hat.

Obwohl - wer den Leierkastenreimen folgt, die von Isabellas Puppenbad und Blümchen in der Hand erzählen, weiß durchaus, was dieses Kind im Schilde führt. Es ist eine helle Schar von funkelnden Geschichten in Reimform, die "Ein Teich voll mit Tinte" versammelt. Es könnte beinahe sein, dass sie jener Mann ersonnen hat, der im Eröffnungsgedicht einen Tintenteich im Garten hat, aus dem er sich bedient, um Hunderte Jahre lang Geschichten zu erfinden.

Die wahre Autorin dieser oft subversiven Geschichten allerdings, die stets in Reimen verfasst sind, ist Annie M. G. Schmidt (1911 bis 1995). Kinder, die sich manchmal nicht waschen wollen, und solche, die vielleicht noch nicht wissen, dass nicht gehorchen auch sehr befreiend sein kann, finden hilfreiche Anleitungen - genau wie jene, die von einer Villa im Eichenbaum träumen und davon, vielleicht doch einmal Elfen zu begegnen. Die sich ausmalen, wie es den sieben Eskimos wohl geht, die der Eismann von Helgoland bei sich wohnen lässt. Oder den Gespenstern bei der Wäsche zusehen.

Dass Schmidt nie die Erwachsenen ganz außer Acht gelassen haben mag, die ja die Kinderbücher kaufen, vorlesen und so verbreiten, hat aus der Pastorentochter, die stets ein wenig anders war als die anderen, eine der berühmtesten Schriftstellerinnen der Niederlande werden lassen. "Annie", wie sie in den Jahren vor ihrem Selbstmord in hohem Alter von der Nation genannt wurde wie eine Art Königin, die das Volk mit Musicals, Fernsehserien und vor allem mit Kindererzählungen und Reimen versorgte, gilt in den Niederlanden gerade so viel wie Astrid Lindgren überall sonst. Aus deren Händen durfte sie 1988 den Hans-Christian-Andersen-Preis entgegennehmen, die höchste Auszeichnung für Kinderliteratur. Das ist schön. Noch schöner allerdings ist es, dass man nun endlich einmal auf Deutsch erleben kann, wie wundervoll leicht und stets ein wenig verrückt Schmidts Reimgeschichten sind, nah am Alltag und von dort direkt, mit trockenem Witz und Poesie, in das Tintenreich führend.

Annie M. G. Schmidt ist nicht die einzige berühmte Autorin, die trotz hoher Ehren außerhalb ihres eigenen Landes kaum bekannt ist. "Pluck mit dem Kranwagen", einer ihrer Klassiker, und "Die geheimnisvolle Minusch", die auch verfilmt worden ist, sind schon fast alles, was auf Deutsch zu beschaffen ist. Dabei kichern bis heute die Kinder und wundern, amüsieren und begeistern sich, Erwachsene schwanken zwischen diskretem Grinsen und schallendem Lachen, wenn sie die Reimgeschichten hören, die Schmidt scheinbar im Viertelstundentakt aus der Schreibmaschine geflossen sind, handlich portioniert zum Vorlesen und bald gemeinsam Auswendigsprechen. Das funktioniert geradeso wie vor fast 50 Jahren, was unbedingt für die Qualität dieser Gedichte spricht.

Und es spricht auch für die Übersetzung, die Christian Golusda den Gedichten hat angedeihen lassen, die in den siebziger Jahren als Sammlung erschienen und 2011, von Posthuma illustriert, in den Niederlanden neu aufgelegt worden sind. Der 1948 geborene Frankfurter hat als Psychiater gearbeitet und parallel dazu in der freien Szene als Tänzer gearbeitet, zeitgenössisches Musiktheater konzipiert und aufgeführt, er arbeitet als Übersetzer, Autor und Dichter, auch von Kinderlyrik. Sein Gedicht "Flattertag", über eine Auseinandersetzung zwischen Hummeln und Kohlweißlingen, eine Fabel über Rassismus und Toleranz, ist unter anderem zu einem preisgekrönten Kindertanztheater entwickelt worden.

Golusda, der einst in den Niederlanden lebte, hat sich über die merkwürdige Lücke in der Schmidt-Rezeption gewundert und Abhilfe geschaffen. Schmidts Sprache sei so "urniederländisch", dass in der Übersetzung jede Farbe verlorengehe, befand einst ihre Biographin Annejet van der Zijl. Das hat Golusda schlicht und lakonisch widerlegt, mit Reimen, die nur beim ersten Hören knitteln, das Versonnene im Deutschen aufnehmen und das Schräge. "Isabella Caramella" übrigens gehört im Original längst zu den bekannten modernen Kinderliedern, wie man auch im Internet nachhören kann. Und es steht außer Frage: Ihr Krokodil Petijn ist auch als Karl-Klaus, in der deutschen Fassung, zur selben Melodie wunderbar zum Mitsingen geeignet.

EVA-MARIA MAGEL

Annie M. G. Schmidt: "Ein Teich voll mit Tinte". Reimgeschichten.

Mit Bildern von Sieb Posthuma. Aus dem Niederländischen von Christian Golusda. Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2016. 56 S., geb., 15,95 [Euro]. Ab 5 J.

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