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Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was Schriftstellern beim Lesen der Bücher ihrer Kollegen durch den Kopf geht? Über solche 'Lyrischen Momente' gibt die Autorin Silke Scheuermann in ihrem neuen Buch Auskunft. Kritisch und leidenschaftlich erzählt sie von Büchern und Gedichten, die sie beeindruckt und inspiriert haben. Mit Scharfsinn, Witz und Einfühlungsvermögen denkt sie nach über das Schreiben als Entwurf eines anderen Körpers, als Zugang zu etwas Magischem und Geheimnisvollem. Sie nimmt aber auch die Entstehungsbedingungen von Texten und das Leben ihrer Autoren in den Blick.Der Band…mehr

Produktbeschreibung
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was Schriftstellern beim Lesen der Bücher ihrer Kollegen durch den Kopf geht? Über solche 'Lyrischen Momente' gibt die Autorin Silke Scheuermann in ihrem neuen Buch Auskunft. Kritisch und leidenschaftlich erzählt sie von Büchern und Gedichten, die sie beeindruckt und inspiriert haben. Mit Scharfsinn, Witz und Einfühlungsvermögen denkt sie nach über das Schreiben als Entwurf eines anderen Körpers, als Zugang zu etwas Magischem und Geheimnisvollem. Sie nimmt aber auch die Entstehungsbedingungen von Texten und das Leben ihrer Autoren in den Blick.Der Band versammelt Silke Scheuermanns poetologisches Schaffen: Neben ihrer Wiesbadener Poetikvorlesung sind dies ihre für die von Marcel Reich-Ranicki begründete Frankfurter Anthologie verfassten Gedichtinterpretationen sowie Rezensionen, Radiobeiträge, Essays und Reden. Die Texte aus den Jahren 2007 bis 2015 sind nach den Geburtsjahren der behandelten Dichter und Autoren angeordnet. Von der deutschen Romantik bis hin zu internationalen zeitgenössischen Dichtern lassen sie sich als persönliche Literaturgeschichte lesen.
Autorenporträt
Silke Scheuermann, geboren 1973 in Karlsruhe, lebt bei Frankfurt am Main. Für ihre Gedichte, Erzählungen und Romane erhielt sie zahlreiche Stipendien und Preise, unter anderem das Stipendium der Villa Massimo in Rom (2009) sowie den Hölty-Preis für Lyrik der Landeshauptstadt und der Sparkasse Hannover (2014). Im Wintersemester 2012/13 hatte sie die Poetikdozentur in Wiesbaden inne. Zuletzt wurde sie mit dem Bertolt-Brecht-Preis 2016, dem Robert Gernhardt Preis 2016 und dem Georg-Christoph-Lichtenberg-Preis 2017 ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Kai Sina begibt sich mit Silke Scheuermann auf die Spuren einer Literatur der poetischen Artefakte, der sperrigen Effekte und amplifizierten Gefühle. Die Herangehensweise der Autorin, unterschiedlich abstrakt, unsystematisch, als Artikel, Rede, Poetikvorlesung oder Essay, scheint Sina zu überzeugen. Und wenn Scheuermann bei all dem eng an der Literaturgeschichte in ihrer ganzen Breite bleibt und nicht nur aus der eigenen Werkstatt und dem Privatkanon schöpft und berichtet, fühlt sich Sina gut bedient und angeregt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.12.2015

Jedes Leben ist irgendwo auch ein Gleichnis
„Und ich fragte den Vogel“ – Silke Scheuermann schreibt über Gedichte, Dichterinnen und sich selbst
Was versteht ein Vogel schon von Ornithologie? Wer so fragt, meint damit, dass Dichter am allerwenigsten über Dichtung reden können (oder sollten). Diese Behauptung will Silke Scheuermann nicht auf sich beruhen lassen; sie tritt an, um zu beweisen, dass speziell Lyriker (sie hat mehrere Gedichtbände vorgelegt) durchaus nicht nur singen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, sondern solchen Gesang auch zu reflektieren vermögen. Sie spricht von ihrer eigenen Poesie und Poetik, von den Einflüssen, die sie geprägt haben, und von anderen Dichtern (besonders Dichterinnen), die sie schätzt.
  34 Einzelstücke, davon etwa die Hälfte aus der „Frankfurter Anthologie“ in der FAZ, hat sie versammelt. Die verdienstvolle Frankfurter Anthologie hat ihren Reiz darin, Gedichte und Dichter, die nur wenige Leute kennen, vorzustellen und in einen Kontext zu bringen; mehr kann und soll sie nicht leisten. In einem ganzen Buch über Lyrik aber hat das den Nachteil, dass die Autorin, kaum ist sie gestartet, auch schon wieder landen muss; manchmal reicht es da gerade noch für die Anekdote. Über den Schriftsteller Ernst Jünger ist relativ wenig gesagt, wenn man schildert, wie sich das Partygeplauder bei einem Marbacher Empfang fasziniert um den „Afterhaarpinsel“ dreht, den Jünger brauchte, um bei Käfern das Geschlecht festzustellen.
  Bei Dichterinnen tendiert Scheuermann sehr dazu, sie als Opfer darzustellen. „Die junge Frau zerbrach an ihren zu hoch gesteckten Idealen“ (gemeint ist Scheuermanns großes Vorbild Sylvia Plath) – das ist dann doch ziemlicher Geniekitsch. Und wenn sie schreibt: „Ja, es war nötig, dass Sylvia Plath sich umbrachte, um ihre letzten Gedichte zu schreiben“, so hat der Leser das dunkle Gefühl, dass hier etwas an der Reihenfolge nicht stimmt.
  Es fällt nicht leicht, ein Gedicht so zu loben, dass man es mit keinem anderen verwechselt; auch Scheuermann macht das Probleme. Über Virginia Woolf und Emily Dickinson weiß sie zu melden: „Viele ihrer Bücher müssen magisch sein, da so viele Leser etwas in ihnen finden können“. Nach diesem Maßstab wären Susanna Tamaro und Paulo Coelho die größten aller Dichter. „Doris Runge hat einmal gesagt: ‚Jedes Leben ist irgendwo auch ein Gleichnis.’“ Braucht man Doris Runge, um einen Satz wie diesen zu beglaubigen? Und stimmt es denn, dass Gedichte „betretbare Bilder“ wären? Etliches von dem, was Scheuermann mitteilt, ist nicht verkehrt, hilft aber im konkreten Fall nicht viel weiter. „Es ist schwer, herausragende Gedichte zu schreiben – man kann sich unmöglich immer in Grenzsituationen aufhalten, man würde ja wahnsinnig.“ Wem sagt sie das.
  Der Band hätte Scheuermann die Gelegenheit geboten, so etwas wie einen privaten Lyrik-Kanon zu begründen, ein Urteil durch Auswahl zu fällen. Stattdessen erlebt man einigermaßen verwundert, dass die guten und die schlechten Dichter hier ziemlich ungeordnet durcheinanderlaufen und dass neben Gertrud Kolmar und Anne Sexton Namen wie Karin Kiwus oder Volker Sielaff stehen, als wäre das so ungefähr dasselbe. Herauszuheben ist freilich das lange Stück über Helga M. Novak: Die liebt sie wirklich.
  Scheuermann spricht gern und oft von Grenzsituationen, Obsession und Opfer. Wie sie sich selbst im lyrischen Kosmos verortet, dürfte allerdings eher das krachbunte Porträtfoto verraten, mit dem sie sich über dem Klappentext verewigt hat: Ungefähr elf ist sie darauf und lächelt einen von Kopf bis Fuß tätowierten Mann mit Gitarre an, der neben ihr auf einem Omasofa sitzt, vor dem Hintergrund einer grauenvollen Blümchentapete. Recht neckisch das Ganze.
BURKHARD MÜLLER
Silke Scheuermann: Und ich fragte den Vogel. Lyrische Momente. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2015. 247 Seiten, 19,95 Euro
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.03.2016

Merkst du, was ich merke?
Das Gedicht als Verstärker: Silke Scheuermanns gesammelte Schriften zur Poetik und Literatur

Tätowierungen bilden den Anfang und das Ende des neuen Buches von Silke Scheuermann: eingangs in Form eines längeren Grundlagenessays, der die Tätigkeit des Tätowierens als Metapher eines existential-authentischen und zugleich handwerklich begriffenen Dichtungsverständnisses begreift (und in ein Stück poetologische Lyrik mündet); ausgangs im Medium eines in den Buchumschlag gedruckten Fotos, das die Autorin lächelnd neben einem volltätowierten, Gitarre spielenden Mann mit ernster Miene zeigt. Die Pointe ist nicht besonders subtil, aber umso effektiver: Das bisweilen etwas überspannte Nachdenken über das Wesen der Kunst zu Beginn, in dem, Bezug nehmend auf Francis Bacon, gar von einer "Art Religion" die Rede ist, relativiert sich in der bildmedialen Autorinszenierung am Schluss. Kult und Komik werden ins Gleichgewicht gebracht.

In unterschiedlichen Perspektiven und mit wechselndem Abstraktionsgrad fragt Scheuermann in den hier versammelten Texten - Poetikvorlesungen, Beiträgen zur "Frankfurter Anthologie", Zeitungsartikeln, Reden und Essays - nach den ersten und letzten Dingen der Literatur: nach Möglichkeiten der persönlichen Metamorphose im Erschaffen von Lyrik ("ein Eintauchen in eine Figur, ein Sichanverwandeln in ein fremdes Ich"); nach der romantischen Vorstellung, sich als Künstler für die Kunst aufzureiben, ja ein bedeutsames Opfer bringen zu müssen; nach Bedingungen und Potentialen einer utopischen und darin zugleich gesellschaftskritischen Literatur (im Anschluss an Nicolas Born ist die Rede von "beunruhigend schönen Vorstellungen"); schließlich und eher implizit: nach Konstellationen einer weiblichen Dichtung.

Bei all dem orientiert sich Scheuermann eng an der Literaturgeschichte, ja sie entwickelt ihre Poetik vornehmlich mit Bezug auf andere Autoren, zunächst um sie und ihre Werke zu verstehen, dann um von ihnen aus weiterzudenken, auch in Bezug auf das eigene literarische Tun. In Zeiten der allgegenwärtigen Poetikdozenturen nimmt dieses Buch, das in zentralen Abschnitten ebenfalls aus diesem Format hervorgegangen ist, eine erfreuliche Sonderstellung ein: Statt nur aus der persönlichen Werkstatt, dem eigenen, mehr oder weniger umfangreichen Privatkanon zu schöpfen (um sich ihm unter der Hand selbst einzugliedern), nimmt Scheuermann die Literatur der vergangenen anderthalb Jahrhunderte in ihrer ganzen Breite in den Blick, von Storm über Benn bis zu Friederike Mayröcker. Von bestimmten Autorinnen ist in den persönlich, zugleich klar und mitunter lakonisch geschriebenen Texten allerdings immer wieder die Rede: Sylvia Plath ist besonders wichtig, auch Anne Sexton und Helga M. Novak, deren gesammelte Liebesgedichte Scheuermann vor einigen Jahren selbst herausgegeben hat.

"Wieso", fragt Scheuermann an einer Stelle, "verlieren die Menschen so leicht den Blick auf die wirklich wichtigen Dinge, sind besessen von unwichtigen Regeln, die sie so lange zusammenpuzzeln, bis sie ein System über das Große und Ganze gezogen haben und so den Blick auf alles verstellen". Vor dem Hintergrund dieser tiefempfundenen, wenn auch erklärtermaßen "pubertären" Skepsis erweist sich die Form des Bandes als zeichenhaft: Ohne das Interesse an gewissen Allgemeinzusammenhängen der Literatur gänzlich aufzugeben, konzentriert Scheuermann ihre Blicke auf die wertvollen Einzelheiten, auf die poetischen Artefakte in ihrer je eigenen Schönheit, Fremdheit, Sperrigkeit. Es ist ein betont nichtsystematisches Vorgehen, das an den rational kaum erklärlichen Effekten der Literatur interessiert ist, allen voran: der Amplifikation der Empfindung. Denn genau das wollen für Scheuermann die Dichter seit Urzeiten schon: "brennend und lebendig machen". Jeder Text berichtet von einem anderen ihrer mannigfachen Zündwerkzeuge.

KAI SINA

Silke Scheuermann: "Und ich fragte den Vogel". Lyrische Momente.

Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2015. 200 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Silke Scheuermann konzentriert ihre Blicke auf die wertvollen Einzelheiten, auf die poetischen Artefakte in ihrer je eigenen Schönheit, Fremdheit, Sperrigkeit.« Kai Sina, Frankfurter Allgemeine Zeitung »Ein luzider Essayband.« Björn Hayer, Zeit online »Wir haben es mit einer Entdeckerin des wahrhaftigen Tons, einer Verfechterin der Schönheit zu tun (...).« Björn Hayer, Am Erker