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Politikberatung - in Form der Beratung von Politikern wie auch der öffentlichkeitswirksamen Politikberatung - hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Dies äußert sich sowohl in der Inanspruchnahme von Beratung, wie auch in der Bereitschaft zur Umsetzung von Beratung. Gleichwohl ist dieser Prozess kritisch zu begleiten. Zum einen unter dem Aspekt der theoretischen und methodischen Ansprüche und Grenzen der Politikberatung, zum anderen in Bezug auf die Wahrnehmung durch die Betroffenen. Der Sammelband beinhaltet Beiträge von Wissenschaftlern, die sich aus unterschiedlichen Positionen…mehr

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Produktbeschreibung
Politikberatung - in Form der Beratung von Politikern wie auch der öffentlichkeitswirksamen Politikberatung - hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Dies äußert sich sowohl in der Inanspruchnahme von Beratung, wie auch in der Bereitschaft zur Umsetzung von Beratung. Gleichwohl ist dieser Prozess kritisch zu begleiten. Zum einen unter dem Aspekt der theoretischen und methodischen Ansprüche und Grenzen der Politikberatung, zum anderen in Bezug auf die Wahrnehmung durch die Betroffenen. Der Sammelband beinhaltet Beiträge von Wissenschaftlern, die sich aus unterschiedlichen Positionen und Funktionen mit den Möglichkeiten und Grenzen der Politikberatung beschäftigen: als Politiker, als Vertreter von Ministerialbürokratie oder Universitäten und in der Beratung tätigen Forschungsinstituten. InhaltSusanne Cassel (Bundesministerim für Wirtschaft und Arbeit)Politikberatung und Politikerberatung - welche Fortschritte bringt die Wissenschaft? Roland Döhrn (RWI Essen)Politikberatung
durch wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute Michael Hüther (Institut der deutschen Wirtschaft, Köln)Politiker - Berater - Journalisten: Ein schwieriges Dreiecksverhältnis Uwe Jens (Honorarprof., MdB a.D.)Wenn der Politikberatung die konzeptionelle Grundlage fehlt! Norbert Lammert (MdB, Vizepräs. des Deutschen Bundestages)Die Bedeutung der Politikwissenschaft für die praktische Politik Christian Lindner (Geschäftsführer der FDP in NRW)Politik- und Politikerberatung aus Sicht der Beratenen - Chancen, Grenzen, Anforderungen Peter Petrak (Dortmund)Politikberatung als wissenschaftlich begründete Verbindung von Ethik und Sozialwissenschaft Dieter Rehfeld (Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen)Unterschiedliche Zeithorizonte in der Politikberatung Peter Rölke (TU Braunschweig)Zur (Ir-)Relevanz methodologischer Reflexionen in der Politikberatung Hajo Romahn (Ruhr-Uni-Bochum)Überwindet der konstitutionenökonomische Ansatz tatsächlich Grenzen der Politikberatung? Werner Schönig (Kath. FH Köln)Beratende Sozialökonomik im aktivierenden Sozialstaat - Anmerkungen aus kommunalpolitischer Sicht Gert Wagner (DIW Berlin und TU Berlin)Über den "Actus der Urteilskraft" in der Politikberatung Paul J.J. Welfens (Berg. Univ. Wuppertal)Politikberatung als Problem in Deutschland: Institutionelle Fragen und Aspekte der Neuen Politischen Ökonomie Wendelin Wilhelm (Ministerialdir. a.D., Bonn)Zur Problematik der Politikberatung durch Kommissionen und Beratungsunternehmen unter Berücksichtigung der Effizienz
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2006

In des Politikers Gehörgang
Das mühsame Geschäft der wissenschaftlichen Beratung

Es ist noch nicht allzulange her, da ging ein Protestgeheul durch die Ökonomenzunft. Der Auslöser war Alfred Tacke, seinerzeit Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Die wissenschaftliche Politikberatung sei zu langsam, hatte er geklagt, zu theoretisch und vor allem zu uneinheitlich. Wenn die Bundesregierung konkrete Lösungen haben wolle, wende sie sich besser an Beratungsunternehmen. Die neue Regierung mag da etwas aufgeschlossener sein - für jene seltenen Ökonomen aber, die den Elfenbeinturm verlassen und sich in die Niederungen der Politikberatung begeben wollen, steht die Frage im Raum, wie sie ihren Empfehlungen wohl Gehör verschaffen sollen. Gilt es ordnungspolitische Grundsatzpositionen zu präzisieren, auf daß Politik und Öffentlichkeit verläßliche Richtschnüre für ihr Handeln bekommen? Ist Radikalität erlaubt? Oder gilt es, sich so weit in das politische Spiel hineinzuversetzen, daß man nur Vorschläge macht, die in der gegebenen Machtkonstellation tatsächliche Realisierungschancen haben? Ist es besser, den Rat an die Politik oder an die Öffentlichkeit zu richten? Nähert man sich Politikern besser in Gremien oder im Einzelgespräch? Gleich drei aktuelle Bücher sind diesen und anderen Fragen gewidmet.

Auch wenn der Titel dies kaum erwarten läßt, ist das von Wolf Schäfer (Universität der Bundeswehr Hamburg) herausgegebene, ausgesprochen lesenswerte Buch über die "Institutionellen Grundlagen effizienter Wirtschaftspolitik" einer vertieften Analyse der Ursachen der wachsenden "Kluft zwischen ökonomischer Akademia und angewandter Wirtschaftspolitik" gewidmet; es ist das wissenschaftlichste der drei Bücher. Immer weniger Studenten interessierten sich für die Ökonomie, die Politik suche sich Rat außerhalb der Wissenschaft, und die Medien als Scharnier zur Öffentlichkeit seien an volkswirtschaftlichen Erörterungen wenig interessiert, konstatiert Schäfer und warnt vor Schäden für die Gesellschaft. Auch Uwe Jens (Universität Bochum) sieht die Politik in punktuellen Interventionismus abgleiten, wenn sie nicht den akademischen Rat sucht - "mit verheerenden Langzeitfolgen", wie er in der Einleitung zum zweiten Buch schreibt, das er mit Hajo Romahn herausgegeben hat (ebenfalls Universität Bochum).

Gegenüber der Öffentlichkeit habe die Wissenschaft eine Bringschuld, mahnt Schäfer in Anlehnung an eine klassische Formulierung von Herbert Giersch, dem nunmehr 85jährigen früheren Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und Gründungsmitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Giersch selbst betont, eine "rationale Ordnung des Beratungswesens" verlange stets ein Abwägen beim "Übergang vom Ärgernis zur Therapie". Es gelte sich zu fragen: "Wo ist neues Wissen am dringlichsten?" Wirtschaften sei ein Wählen und Werten in Eile. "Wie lange bleibt ein Zeitfenster offen? Wieviel Geduld kann man der Bevölkerung noch zumuten?" Die Bringschuld der Ökonomen bringe es mit sich, daß "wir Ökonomen eine Sprache finden müssen, die geeignet ist, die Botschaft bis zum Empfänger zu transportieren". Dabei müßten die Lösungsvorschläge in der Tat praktikabel sein. "Aber der Ökonom muß es sich versagen, das politische Kräftespiel in seiner Eigenart voll zu berücksichtigen. Davon versteht er zu wenig." Damit widerspricht Giersch den Forderungen Christian Lindners in dem von Jens und Romahn herausgegebenen Buch. Der FDP-Abgeordnete im Landtag Nordrhein-Westfalens verlangt eine parteipolitische Anschlußfähigkeit der Empfehlungen, Vorschläge mit "Alleinstellungscharakter oder Nachrichtenwert" sowie eine Bescheidung mit kleinen, "inkrementellen" Reformschritten.

Daß Ökonomen überhaupt nie viel ausrichten können, widerlegt Claudia Kriehn (Ifo-Institut Dresden) in dem dritten, von Birger Priddat und Theresia Theurl herausgegebenen Tagungsband, mit Verweis auf die Deregulierung im amerikanischen Schienengüterverkehr. Zwar hätten Ökonomen oft wenig Einfluß auf den exakten Zeitpunkt der Deregulierung, bei deren inhaltlicher Gestaltung spielten sie jedoch oftmals eine wesentliche Rolle.

Wissenschaftlich besonders spannend sind zwei Beiträge in dem von Wolf Schäfer herausgegebenen Band, in denen Bernhard Herz und Lukas Vogel (Universität Bayreuth) sowie Hans Pitlik (Universität Hohenheim) mit Hilfe des Economic-Freedom-Index des kanadischen Fraser Institute zu ergründen suchen, unter welchen Bedingungen liberale Reformen die besten Verwirklichungschancen haben. Die These, daß eine Krise nur schlimm genug sein muß, um die Regierenden zum marktorientierten Handeln zu bewegen, können Herz und Vogel empirisch nicht stützen. Hingegen spielt offenbar eine Rolle, wie freiheitlich ein Gemeinwesen von vornherein verfaßt ist. Uneins sind sich Herz und Vogel mit Pitlik hingegen, wie sich Handlungsbeschränkungen für die Politik auswirken. Während Herz und Vogel darin ein Reformhemmnis sehen, schreibt Pitlik: "Es spricht wenig für die immer wieder geäußerte Vermutung, daß es zur Überwindung von Reformwiderständen der harten Hand eines autoritären Regimes oder einer durch politische Mitsprache- und Vetorechte unbeschränkten Führung bedarf."

Der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrats Wolfgang Wiegard (Universität Regensburg) wirft schließlich noch einen Blick auf die "Politikberatung im internationalen Vergleich" und kommt zu dem Ergebnis, daß es kein Modell gebe, "das so offensichtliche Vorzüge hat, daß es den Sachverständigenrat ersetzen oder ergänzen sollte". Das solle aber nicht heißen, daß der Rat nicht verbesserungsfähig sei. So empfiehlt Wiegard, das (ohnehin längst ausgehebelte) gesetzliche Verbot konkreter Politikempfehlungen aufzuheben sowie die Ernennung von zwei Mitgliedern auf Geheiß von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden abzuschaffen. Eine Beschränkung des mittlerweile auf rund 700 Seiten ausgeuferten Umfangs der Gutachten indes lehnt er ab.

KAREN HORN.

Wolf Schäfer (Herausgeber): Institutionelle Grundlagen effizienter Wirtschaftspolitik. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2005, 187 Seiten, 64 Euro.

Uwe Jens/Hajo Romahn (Herausgeber): Glanz und Elend der Politikberatung. Metropolis-Verlag, Marburg 2005, 272 Seiten, 24,80 Euro.

Birger P. Priddat/Theresia Theurl (Herausgeber): Risiken der Politikberatung. Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2005, 221 Seiten, 29 Euro.

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