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Die elementare Natur der SpracheIn seinem literaturwissenschaftlichen Hauptwerk unternimmt Walter Höllerer den Versuch, "den Dichtungen, die zwischen Goethes Tod und Heines Tod in Deutschland entstanden sind, näher zu rücken". Seine Untersuchungen setzen bei der dichterischen Gestaltung von Lachen und Weinen in Werken von Autoren wie Grabbe, Heine, Büchner, Gutzkow, Immermann, Grillparzer und Mörike an. Autoren, die - so Höllerer - die Sprache "in ungewohntem Sinn konkret" nahmen, "das heißt, sie haben sich auf ihre elementare Laut-, Gebärden- und Vorstellungsnatur einlassen müssen". Damit…mehr

Produktbeschreibung
Die elementare Natur der SpracheIn seinem literaturwissenschaftlichen Hauptwerk unternimmt Walter Höllerer den Versuch, "den Dichtungen, die zwischen Goethes Tod und Heines Tod in Deutschland entstanden sind, näher zu rücken". Seine Untersuchungen setzen bei der dichterischen Gestaltung von Lachen und Weinen in Werken von Autoren wie Grabbe, Heine, Büchner, Gutzkow, Immermann, Grillparzer und Mörike an. Autoren, die - so Höllerer - die Sprache "in ungewohntem Sinn konkret" nahmen, "das heißt, sie haben sich auf ihre elementare Laut-, Gebärden- und Vorstellungsnatur einlassen müssen". Damit reißt Höllerer eine grandiose Perspektive auf: Die vermeintlich "altfränkische" (Erich Auerbach) Literatur der sogenannten Biedermeierzeit als Wegbereiterin der Moderne.

Höllerers Buch ist 1958 zum ersten Mal erschienen, aber es hat bis heute grundlegende Bedeutung. Deshalb legen wir es in einer Neuausgabe vor - als Band 1 unserer neuen komparatistischen Reihe "Wort Kunst Werk". Der Neudruck möge zugleich das Andenken des im Mai 2003 verstorbenen Autors, Literaturwissenschaftlers und unermüdlichen Debatten-Anregers ehren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2005

Im Übergang
Neuausgabe von Walter Höllerers "Zwischen Klassik und Moderne"

Walter Höllerers Buch "Zwischen Klassik und Moderne. Lachen und Weinen in der Dichtung einer Übergangszeit" erschien im Jahre 1958 und war als literaturwissenschaftliches Werk selbst das Dokument einer Übergangszeit. In der Germanistik stießen eine strukturanalytische und eine "immanente" Interpretation auf die letzten Bastionen der geistes- und ideengeschichtlichen Forschung. Spürbar waren allenfalls die Vorbeben einer Explosion ideologiekritischer, sozialgeschichtlicher und materialistischer Schulen, die das Vokabular der marxistischen Forschung in der DDR noch zu übertrumpfen versuchten. Noch konnten in Deutschland die Magie einer - vor allem in Frankreich - hochentwickelten, aber im eigenen Saft schmorenden Literaturtheorie und die Verheißungen der kulturwissenschaftlichen Methoden nicht wirken.

In einen Zwischenbereich begab sich Höllerer auch mit seiner Anlehnung an die Untersuchung von "Lachen und Weinen" als "Grenzen menschlichen Verhaltens". Ihr Autor war Helmuth Plessner, der große Vermittler zwischen Philosophie, Anthropologie und Kultursoziologie. Über die Grenzen der Nationalliteraturen stieß Höllerer vor, indem er Ernst machte mit der Erkenntnis, daß die Geburtsstätte des modernen Romans und der modernen Lyrik in Frankreich liegt. Leitfiguren waren ihm emigrierte Romanisten, Erich Auerbach mit seinem wegweisenden Buch "Mimesis" und Leo Spitzer mit seinen genauen Sprachanalysen (nicht Hugo Friedrich mit seinen Negativbegriffen zur Erklärung der "Struktur der modernen Lyrik").

Höllerer interessierten in der Literatur zwischen Klassik und Moderne jene Autoren, die in Roman, Drama und Lyrik Gegengewichte setzten zur Erstarrung der Sprache bei den Epigonen der klassisch-romantischen Dichtung und dabei nicht ohne die Mittel der Desillusion und der "Entschleierung" auskamen (Grabbe, Heine, Büchner, Nestroy), bei denen ein "Neuklang im Nachklang" hörbar wird (Immermann, Grillparzer) oder die nach individuellen Positionen auf der Grenzscheide zwischen dem "Darnach" und dem "Anfang" suchten (Droste-Hülshoff, Mörike, Stifter).

Was macht eine Neuausgabe dieses Buches so sinnvoll? Exemplarisch ist die Offenheit der Literaturanalyse Höllerers für literarische Wechselbeziehungen, exemplarisch sind die Absagen an methodische Dogmen wie an das "Überspringen des historischen Fragens" und der Blick auf die Formen literarischer Welterschließung, wobei weder die Bedingungen der Real-, der Sozial- und der Geistesgeschichte noch die der Stil- und Sprachgeschichte übersehen werden, exemplarisch vor allem die Zentrierung der Analyse auf den Wortkunst-Charakter des literarischen Werks. Der Vorwurf, ein untheoretischer Kopf gewesen zu sein, kann Höllerer nicht treffen. Seine zwei Bände zur Theorie der modernen Lyrik sind beredte Gegenzeugen.

Bestimmend aber bleibt, worauf die Herausgeber nachdrücklich hinweisen, "ein musisches Verhältnis" zur Dichtung. Schließlich war Höllerer Lyriker und Prosaautor, bald auch der große Anreger der Literatur, der Schriftsteller der Welt im "Literarischen Colloquium Berlin" zusammenführte. Eingeleitet wird die Neuausgabe durch das überaus treffende lyrische Höllerer-Porträt des Freundes Günter Grass, der die Wiederveröffentlichung generös unterstützte. Zu würdigen sind aber auch die Verdienste von Raimund Neuß' SH-Verlag, der sich in einem kritischen Stadium der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter" annahm und die Reihe "Wort Kunst Werk" herausbringt, deren erster Band Höllerers bedeutende Studie ist.

WALTER HINCK

Walter Höllerer: "Zwischen Klassik und Moderne". Lachen und Weinen in der Dichtung einer Übergangszeit. Durchgesehene Neuausgabe. SH-Verlag, Köln 2005. 450 S., geb., 49,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Immer noch "bedeutend" findet Rezensent Walter Hinck Walter Höllerers Studie von 1958 und lobt den Kölner SH-Verlag für die Wiederauflage des Buches. Bedeutend ist das literaturwissenschaftliche Werk für Hinck deshalb, weil er Höllerers darin zum Ausdruck kommende "Offenheit für literarische Wechselbeziehungen" ebenso wie seine "Absage an methodische Dogmen" und seine historischer Blick auf die Bedingungen für die Entstehung von Literatur immer noch relevant und inspirierend findet. Auch das "überaus treffende lyrische Höllerer-Porträt des Freundes Günter Grass" hat den Rezensenten sehr erfreut, der zudem Grass' generöse Unterstützung des Projektes beeindruckt hervorhebt.

© Perlentaucher Medien GmbH