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Auf anrührende und humorvolle Weise erzählt Josef Tal seine Lebensgeschichte, die ihn als Sohn eines Rabbiners von Berlin auf den Weg in die Emigration nach Palästina führte. Es ist ein Stück Kulturgeschichte: hier die 20er Jahre in Berlin, mit den ersten Kinos und den kuriosen Erfahrungen des gläubigen Vaters mit der modernen Psychoanalyse, einem Besuch von Franz Kafka und den Erlebnissen mit Paul Hindemith, Franz Schreker und Max Saal. Dann der Abschied in der mächtigen Halle des Anhalter Bahnhofs im Klangrausch der "Hatikwah". Und dort: Aufbauarbeiten und die kriegerischen Situationen im…mehr

Produktbeschreibung
Auf anrührende und humorvolle Weise erzählt Josef Tal seine Lebensgeschichte, die ihn als Sohn eines Rabbiners von Berlin auf den Weg in die Emigration nach Palästina führte. Es ist ein Stück Kulturgeschichte: hier die 20er Jahre in Berlin, mit den ersten Kinos und den kuriosen Erfahrungen des gläubigen Vaters mit der modernen Psychoanalyse, einem Besuch von Franz Kafka und den Erlebnissen mit Paul Hindemith, Franz Schreker und Max Saal. Dann der Abschied in der mächtigen Halle des Anhalter Bahnhofs im Klangrausch der "Hatikwah". Und dort: Aufbauarbeiten und die kriegerischen Situationen im sich entwickelnden Staat Israel, die Begegnung mit einer alten Frau, die sich später als berühmte Dichterin herausstellt, der tragische Tod des geliebten Sohnes und zwischen allem "Abu Musica", wie ihn die Araber liebevoll nannten. Der Kreis schließt sich durch den Weg zurück, die Besuche und Begegnungen in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.09.2005

Turm der Tonwelt
Lebensbericht: Der israelische Komponist Josef Tal wird 95
Ein Schicksal im 20. Jahrhundert: Geburt 1910 bei Posen, Kindheit und Jugend in Berlin, Emigration 1934 nach Palästina. Josef Tal wird israelischer Staatsbürger, lehrt in Jerusalem Klavier und Komposition, leitet das Studio für Elektronische Musik. Lebt noch immer in Jerusalem. Soeben ist seine Autobiografie erschienen. Das Buch endet mit der Erinnerung an eine Reise nach Kyoto in den sechziger Jahren, an eine Gebetszeremonie shintoistischer Mönche, wo das musikalische Element nichts als ein lang gezogener Ton auf einer einzigen Saite war. „Würde heute jemand fragen”, schreibt er, „bei wem ich Komposition studiert habe, so würde ich antworten: Bei fünf japanischen Mönchen während einer Stunde, die auf keiner Uhr notiert ist.”
 Josef Tal war Schüler von Paul Hindemith, Franz Schreker und Heinz Tiessen im Berlin der Zwanziger. Als Student lernte er viele Instrumente, sogar die Harfe, und war dann doch Stammgast in den Berliner „Arbeitsvermittlungsbüros”. Als Stummfilmpianist erzielte er fantastische Resultate: „Mit wachsender Sicherheit spielte sich auf dem Klavier mehr Kino ab als im Film.” Der Nazi-Terror schwoll an, Tal brach mit seiner jungen Familie zur großen Reise auf - über München, Triest, Brindisi nach Israel. Der Einwanderer landet im Kibbuz, wird Musik- und Kompositionslehrer, bereist als Dirigent eines Akademieorchesters die Kibbuzim des Landes.
     In Israel lässt er sich in ein Kunstmusik-Problem hineinziehen. Es soll einen genuin israelischen Musikstil geben, und das Kulturministerium weiß wie: „Dur-Moll-Tonalität sei zu vermeiden, weil sie West- und Osteuropa in der Musik repräsentiere”, erinnert sich Tal. „Man griff zurück auf die längst vergessenen und von der Entwicklung überholten prätonalen Kirchentonarten. Mit dorischem oder phrygischem Modus wurde das Aroma einer neuen Musik des Mittelmeeres zubereitet.” Tals Kompositionen in frei atonaler oder gebunden serieller Harmonik führen zu Kontroversen.
Erste Reisen ins Ausland, Einladungen nach London und Zürich folgen, zu den Festen Neuer Musik. Rolf Liebermann von der Hamburger Staatsoper bestellt bei ihm eine Oper, es entsteht „Ashmedai”. Für München komponiert Tal „Die Versuchung”, er schreibt für das Israel Festival die Oper „Massada”, für Berlin „Der Turm”. Sechs Symphonien, viele Solistenkonzerte, Vokal-, Klavier- und Kammermusik entstehen.
   Heute ist Tal einer der ältesten lebenden Komponisten auf der Welt, neben dem Amerikaner Elliott Carter oder dem Franzosen Henri Dutilleux. Tal lässt am Ende seines Buchs noch einmal die Entwicklung der neuen Musik bis hin zum Computer Revue passieren, er erklärt dem Leser den „Turm der Tonwelt”. „Ich musste mehrere Male eine neue Sprache der Musik erlernen.” Am Sonntag wird er 95.
WOLFGANG SCHREIBER
JOSEF TAL: Tonspur. Auf der Suche nach dem Klang des Lebens. Autobiografie. Henschel Verlag, Berlin 2005. 272 Seiten, 24,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Rezensent Wolfgang Schreiber ist beeindruckt von dieser Autobiografie einer der ältesten lebenden Komponisten, der dieser Tage 95 wird und dessen wechselhafte Lebensgeschichte "ein Schicksal im 20. Jahrhundert? ist. Tal wanderte während der Nazi-Herrschaft nach Israel aus. In Deutschland hatte er zuvor als Stummfilmpianist gearbeitet. In Israel komponierte er dann moderne Klassik, was der damaligen Kulturpolitik teils entgegen stand: Tals Kompositionen in "frei atonaler oder gebunden serieller Harmonik" sorgten für Aufruhr. Trotzdem wurde er zu einem musikalischen Aushängeschild des Landes und bereiste die Welt. Seine beeindruckendste und lehrreichste musikalische Erfahrung, mit der das Buch auch endet, hatte er in den Sechziger Jahren bei japanischen Mönchen, wo er Musik kennenlernte, die nichts anderes war als "ein lang gezogener Ton auf einer einzigen Saite".

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