Als Georg Büchner vor 165 Jahren dreiundzwanzigjährig starb, war er als Dichter beinahe unbekannt. Erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der lange Verkannte ein großer Name der Literatur: Dichter von Gottfried Benn bis Elfriede Jelinek beschwören Büchners Aktualität und Gegenwart. Zur Zeit wird Büchner auf vielen Theaterbühnen gespielt.
Büchner war Materialist und Republikaner, vertraut mit den Theorien des utopischen Sozialismus. Er hatte verstanden, daß die Revolution von 1830 den Massen des Volkes keine Freiheit und materielle Wohlfahrt, dem herrschenden Bürgertum aber schnell neuen Reichtum gebracht hatte. Als Student in Straßburg konnte er die blutigen Straßenkämpfe verfolgen, mit denen das bürgerliche Frankreich 1831/32 die Aufstände der Arbeiter von Paris und der Seidenweber von Lyon niederwarf. Von daher rührte Büchners Mißtrauen gegen die besitzende Klasse und ihre liberale Rhetorik, gegen alle Versuche, zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen, zwischen Reich und Arm zu vermitteln. Büchners Werk markiert die Bruchstelle mit den überkommenen Vorstellungen und Normen der idealistischen Epoche. Eben das begründet seine Modernität.
Hanjo Kesting, geb. 1943, Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur in Köln, Tübingen und Hamburg. Seit 1969 beim Norddeutschen Rundfunk. Dort seit 1973. Leiter der Redaktion Kulturelles Wort. Gründete 1977 die Reihe Autoren lesen, 1981 das Kulturjournal Texte und Zeichen. Zuletzt erschienene Bücher: "Theodor Fontane. Bürgerlichkeit und Lebensmusik", Göttingen 1998 und "Nachlese. Essays zur Literatur", Göttingen 2000.
Büchner war Materialist und Republikaner, vertraut mit den Theorien des utopischen Sozialismus. Er hatte verstanden, daß die Revolution von 1830 den Massen des Volkes keine Freiheit und materielle Wohlfahrt, dem herrschenden Bürgertum aber schnell neuen Reichtum gebracht hatte. Als Student in Straßburg konnte er die blutigen Straßenkämpfe verfolgen, mit denen das bürgerliche Frankreich 1831/32 die Aufstände der Arbeiter von Paris und der Seidenweber von Lyon niederwarf. Von daher rührte Büchners Mißtrauen gegen die besitzende Klasse und ihre liberale Rhetorik, gegen alle Versuche, zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen, zwischen Reich und Arm zu vermitteln. Büchners Werk markiert die Bruchstelle mit den überkommenen Vorstellungen und Normen der idealistischen Epoche. Eben das begründet seine Modernität.
Hanjo Kesting, geb. 1943, Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur in Köln, Tübingen und Hamburg. Seit 1969 beim Norddeutschen Rundfunk. Dort seit 1973. Leiter der Redaktion Kulturelles Wort. Gründete 1977 die Reihe Autoren lesen, 1981 das Kulturjournal Texte und Zeichen. Zuletzt erschienene Bücher: "Theodor Fontane. Bürgerlichkeit und Lebensmusik", Göttingen 1998 und "Nachlese. Essays zur Literatur", Göttingen 2000.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die neue Ausgabe der Büchner-Briefe findet Rezensent Martin Krumbholz sehr gelungen. Er weist auch explizit auf die Kommentierung durch den Herausgeber hin. Das Briefwerk Büchners beschreibe diesen als einen durch extreme Widersprüche und Spannungen gezeichneten Menschen, und er findet es bemerkenswert, dass diese ihn nicht zerrissen haben. Die Briefe ermöglichen einen Blick auf die Geisteshaltung eines Mannes, der auf der einen Seite Aufklärer, Mediziner und Agitator, auf der anderen Verfasser eines "grandiosen, hastig zusammengeschrieben Werkes" war. Büchner sei alles andere als ein Zyniker gewesen, fasst Krumbholz zusammen, vielmehr zeichne sein Werk sich durch "abgrundtiefen Pessimismus" aus. Auf jeden Fall beginne mit Büchner das moderne, neuzeitliche Denken in der Literatur, fasst Krumbholz abschließend zusammen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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