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Die Korrespondenz aus den Jahren 1918-1925 ist ein Zeugnis von Freundschaft und Leidenschaft. Sie spiegelt Leben und Wirken zweier Menschen, deren Werk heute Literaturgeschichte ist.Die Korrespondenz zwischen Rainer Maria Rilke und Claire Goll wird zum ersten Mal aus den Handschriften veröffentlicht. Der Briefwechsel beginnt 1918, kurz nach der ersten Begegnung Claire Golls und Rilkes in München. Aus der frühen Zeit der Beziehung sind nur Rilkes Briefe erhalten. Trotz ihrer Verhaltenheit zeigen sie, daß es bald nicht mehr bei einer Dichterfreundschaft zwischen dem 43jährigen und der 28jährigen…mehr

Produktbeschreibung
Die Korrespondenz aus den Jahren 1918-1925 ist ein Zeugnis von Freundschaft und Leidenschaft. Sie spiegelt Leben und Wirken zweier Menschen, deren Werk heute Literaturgeschichte ist.Die Korrespondenz zwischen Rainer Maria Rilke und Claire Goll wird zum ersten Mal aus den Handschriften veröffentlicht. Der Briefwechsel beginnt 1918, kurz nach der ersten Begegnung Claire Golls und Rilkes in München. Aus der frühen Zeit der Beziehung sind nur Rilkes Briefe erhalten. Trotz ihrer Verhaltenheit zeigen sie, daß es bald nicht mehr bei einer Dichterfreundschaft zwischen dem 43jährigen und der 28jährigen blieb. Von 1920 bis 1923 tritt in der Korrespondenz eine Pause ein, und erst im Februar 1925 sehen sich die beiden wieder. Es existieren keine unmittelbaren schriftlichen Äußerungen über diese Begegnung, doch spricht Claire Golls Brief vom April 1925 eine sehr deutliche Sprache: 'Ist man doch so beschenkt, wenn man Dich nur ansieht, geschweige wenn man Dich hört ... Du weißt ja, daß ich seit acht Jahren noch nicht wagte zu erfahren, ob Du es bist oder der liebe Gott.'Rainer Maria Rilke stirbt 1926, 51jährig, an Leukämie. 50 Jahre später, am 30. Mai 1977, stirbt Claire Goll in Paris. Die Briefe Rilkes bewahrte sie zeitlebens in ihrer Nähe auf und rettete sie über ihr New Yorker Exil zurück nach Frankreich. Der Band enthält neben den Briefen 7 Gedichte Rilkes in französischer Sprache, die er im Februar 1924 als kleines handgebundenes Buch an Claire Goll gesandt hatte und die 1926 unter dem Titel 'Vergers' in der 'Nouvelle Revue Française' gedruckt wurden, ebenso das bisher unveröffentlichte und lange verschollen geglaubte Manuskript 'Gefühle'. Verse von Claire Studer.
Autorenporträt
Die Herausgeberin:Barbara Glauert-Hesse arbeitete als Rundfunk-Redakteurin und Verlagslektorin. Sie katalogisierte im Auftrag der Deutschen Schillergesellschaft von 1969 an den Nachlaß von Yvan und Claire Goll gemeinsam mit Claire Goll in Paris. Nach deren Tod 1977 setzte sie die Arbeit am Goll-Nachlaß im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar und in Saint-Dié-des-Vosges, Frankreich, fort. Seit 1988 ediert sie die Gesamtwerke beider Autoren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.12.2000

Der Vertraute des weiblichen Kniefalls
Rainer Maria Rilkes Briefwechsel mit Claire Goll und Magda von Hattingberg · Von Christoph König

Bewundern, Klagen, Rühmen, Gedenken gehören zu den Gesten, mit denen Rilke den Alltag dichterisch überhöht. "Ich glaube, daß man nie gerechter ist, als wenn man mit aller Hingabe bewundert." Rilke erweitert rühmend seine sprachlichen Möglichkeiten und schützt, in der sakralen Emphase, das Neue seiner Dichtung. Weil Rilke ihren mühsamen Alltag anerkannte, fühlten sich seine Leser befreit. Überschwenglich schrieben sie ihm, doch Rilkes Art zu rühmen verdankt sich einer Kontrolle, die er, seine Leser erziehend, auch in ihren Reaktionen erwartete. Schreiben ihm Frauen, so wird die Hitze, die in den gewechselten Briefen aufsteigt, nach seinen Gedanken formuliert. Gern gibt er den Frauen auch neue Namen: Claire Studer, die seit 1917 mit Yvan Goll lebt und ihn 1921 heiratet, nennt Rilke "Liliane", Magda von Hattingberg ist seine "Benvenuta". Weil Rilke nach den Bedingungen einer Liebe sucht, die dem Geliebten die Freiheit beläßt, handeln die Briefe bald vom Schmerz der Frauen, die sich zurückhalten müssen. "Aber Du willst nun einmal nicht von meiner Liebe Gebrauch machen!" schreibt ihm Liliane.

Rilkes Frauen gehen in eine Falle. Seine Gedichte haben ihre Gefühle geweckt. Magda von Hattingberg wendet sich Ende Januar 1914 an ihn: "Ich habe bis jetzt nie gewünscht, auch nur für eine Weile ein anderer Mensch zu sein, bis vor ganz kurzem als die Geschichten vom lieben Gott in meine Hände kamen." Claire Studer will sich schon als Mädchen von Rilke erkannt gesehen haben. Im Nekrolog von 1927 mit dem Titel "Rilke et les femmes" erinnert sie sich: "Wir traten, wenn wir von der Schule kamen, in alle offenen Kirchen ein, um uns verliebt Jesus Christus zu Füßen zu werfen. Und siehe da, der Zufall enthüllte uns (in Rilke) einen Vertrauten, der unser Bedürfnis des Fußfalls verstand, diese wollüstige Beugung des Knies und somit zum Vermittler wurde zwischen Himmel und Erde."

Wenn sie die Initiative ergreifen und sich an Rilke wenden, kommen sie nicht mit leeren Händen. Sie haben sich von ihrer Herkunft befreit und etwas aus sich gemacht. Magda von Hattingberg, die Konzertpianistin und Schülerin Ferruccio Busonis, bezwingt ein privates Unglück und möchte Rilke mit ihrer Freude heilen. "Freude" wird zu einem programmatischen Begriff wie "Abgrund". Sie schreibt ihm erstmals Ende Januar 1914. Claire schickt 1918 ihren im Aktionsverlag eben erschienenen Gedichtband "Mitwelt". Was die Frauen mitbringen, wird Teil des Liebesspiels. Als Rilke Magda in Berlin besucht, läßt man ein Klavier ins Zimmer stellen. Und Claire, ausgebildete Tänzerin, tanzt öfter für Rilke. In den feministischen Gedichten, die sie 1919 unter dem Titel "Gefühle" zusammenstellt und Rilke schickt, wittert er vor allem das Körperliche: "Ich habe heute Deine Gedichte gelesen, die aus Begeisterung hervorgehen, alle, aus einer Begeisterung Deines ganzen Körpers und Daseins, wirklich aus dem Körpergefühl; in einem, aus jeder Stelle des Leibs miterbauten Bewußtsein kommen sie zu sich, und von den schönsten darf man sagen, daß sie dort eine freie, durchsichtige Wohnung haben." Der Überschwang verfängt sich in dem "Bewußtsein", das allein Rilke als Geschenk annimmt, so daß die Frauen, die ihren Befreier lieben, das Gefälle zum Therapeuten erst akzeptieren müssen, um ihre Freiheit wiederzuerlangen.

Im April 1920 bricht die Korrespondenz zwischen Claire Goll und Rilke ab. Drei Jahre später setzt sie unter neuen Bedingungen wieder ein. Rilke ist nun, wie in der Mädchenzeit, ihr "Gott", dessen Rat ihr helfen soll, sich nach dem Tod des Vaters wiederaufzurichten. Rilkes Antwort ist ein Muster an Psychologie, die das Gespräch unter der sakralen Redeoberfläche prägt. Den moribunden Lebensmythos der Moderne gießt er ins Psychologische um. "Eingeführt in's Ganze, eingeweiht, begehst Du das ernste Fest Deiner Selbständigwerdung." Claires Ziel müsse sein, sich selbst zu finden. Er halte sich zurück, denn die Arbeit bleibe allein dem Patienten überlassen, doch rate er ihr, nicht zu verdrängen und der Wahrheit, daß der Tod Teil des Lebens ist, ins Auge zu sehen.

Rilke schärft den Gedanken, auf den jene stoßen, die ihn lieben, in seinen Affären. Die Affären gehören zu seiner Arbeit. Für die Briefe an Magda von Hattingberg nimmt er nicht das Briefpapier, sondern seine Arbeitsblätter. Er sucht in einer andauernden Selbstanalyse, wie er es bei Lou Andreas-Salomé gelernt hat, nach dem Grund für seine Schaffenskrise nach der ersten Duineser Elegie (1912/13). In der Elegie selbst ist von der Liebe die Rede, die vom "Auftrag" der Sterne ablenkt; derselbe Gedanke prägt seine Lektüre von Marcel Prousts "Du côté de chez Swann" 1914. Benvenuta gesteht er: An die Stelle der Liebe, die bei Proust der Ort ist, wo die Kindheitsangst sich erneuert, trete bei ihm die Arbeit, in der die Angst wiederkehrt, nicht lieben zu können, weil Arbeit und Liebe sich ausschlössen. Auch auf Schloß Berg am Irchel von 1920 auf 1921 scheitert er mit seiner Absicht, in neuer äußerer Sicherheit und mit neuer Liebe die Elegien zu vollenden. Als Analyse des Scheiterns entsteht 1921, ein Jahrzehnt mindestens an Reflexionen bündelnd, "Das Testament".

Rilke rechtet darin mit den Mächten, die in ihm sind und Vokabeln seiner Sprache wurden: mit der Liebe, der Arbeit, der Einsamkeit, der irdischen Religiosität. Von der priesterlichen Einsamkeit des Künstlers geht er aus, doch weil er die Einsamkeit ästhetisch begründet, kann Fremdes eindringen und das Eigene samt seiner besonderen "Schwere" irritieren. Die Einsamkeit des Künstlers, sein Medium, wird nicht gestört, solange die Gegenliebe ausbleibt und die Dinge stumm oder passiv bleiben. Rilke mag daher nur rühmen, was keine Macht über ihn hat. Oder anders gesagt: Er darf es riskieren, die ganze Welt in sich aufzunehmen, wenn er im Rühmen darüber verfügen kann. Doch gerade die persönliche Liebe kennt solchen Verzicht nicht. Zwischen poetischer Arbeit und Liebe läßt sich - auf dieser Stufe der Reflexion - kaum mehr vermitteln.

Also will Rilke diese Liebe in den Raum der Kunst einbringen, die dann ganz diese Liebe sei: "daß ich diesen Zwiespalt nicht länger einen zwischen Arbeit und Liebe aufgesprungenen nenne, er klafft in meiner Liebe selbst, da ja, wie ich nun ein für alle Mal erfuhr meine Arbeit Liebe ist. Welche Vereinfachung! Und nun ist dies, in der Tat, soweit ich sehe, der einzige Konflikt meines Lebens. Alles andere sind Aufgaben." Als er Baladine Kossowska liebt (sie schreiben sich zwischen 1919 und 1926), fühlt er sich imstande, dieser Theorie gemäß zu leben, weil er seine Arbeit selbst als Liebe in der Tiefe begreift. Nicht mystisch, als ob es eine universelle Liebe gäbe. Sondern weil seine Arbeit über die Kunst hinausgehe und das Leben miteinbeziehe. Das kennt man aus den Briefen: "Liliane -, ob ich gleich kein weißes Blatt vor mich legen kann, ohne daß Dein Feuerschein drüberfällt. Hab ich denn so Helles in Dir angefacht? Solchen Herz-Brand? Liebes Kind, und fühlst nun zu mir zurück." Auch die Religiosität des einsamen Künstlers entsteht durch diesen Lebensbezug: Seine Liebe erweckt die Welt als Ganzes zur Liebe, ohne daß sie Ansprüche an ihn erhöbe. So unterscheidet Rilke nur scheinbar zwischen kleiner und großer Liebe, die beide zur künstlerischen Einsamkeit zurücklenken. Rilke erneuert die Bedeutung der Wörter "Liebe" und "Arbeit", ihr Zusammenhang ist ihm schließlich unabweisbar.

Im "Testament" wie in den Briefen verlieren die Worte allmählich - zugunsten poetischer Klarheit - ihren alltäglichen Sinn. Das Argumentieren selbst ist die Technik, den Überschwang zu meistern und in allen Dingen eine "Liebe ohne Gegenliebe" zu formen. Idiomatisch ist diese Redensart, doch sie läßt sich leicht mißverstehen. Weil sie diskret ist und auf das Konkrete verzichtet, kann ihren präzisen neuen Sinn nur bestimmen, wer auf Rilkes Syntax der Argumente achtet. Doch das ist mühsam. Lieber deutet man sich die Vokabeln privatim aus. Nichts ist so kulturell wie das unmittelbar Private. Ein Einverständnis entsteht, das über eine bestimmte Epoche nicht hinausreicht. Rilke spricht in seiner Sprache auch die Sprache seiner Leser, die nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, die meist psychisch-neurotischen Dinge beim Namen zu nennen.

In seinen Gedichten setzt sich eine Rationalität durch, die mehr enthält als nur die in eine sakrale Aura gehüllten Werte seiner Zeit. Sie ist eine kathartische Leistung, die Rilke sich innerhalb seiner höheren Schwärmerei abgerungen hat. Die Gedanken in den Briefen gehen über das hinaus, was er als Dichter schafft. Solange die Leser in den Gedanken leben, bleiben sie hinter den Gedichten zurück. Oft meinen die Geliebten irrtümlich, in den Gedichten sei von ihnen die Rede, verkennend, daß zum Überschwang und zur idiomatischen Redeweise das Handwerk hinzutritt. Von "Métier, Sicherheit, Erfahrung, Haltung, mit einem Wort: Können" spricht Rilke 1922 in einem seiner "Briefe an eine junge Frau". Gemeint ist seine intuitive Fähigkeit, die Einfälle, die er zu einzelnen Gegenständen hat und um die er sich nicht sorgen muß, innerhalb und gegen die eigene Redeweise zu entfalten. "Das Entscheidende der Kunst, was die Leute lange ,Eingebung' nannten, ist freilich nicht uns in die Macht gegeben (. . .) es hat mich nie beunruhigt, ich habe nie das mindeste Mittel angewandt, es heraufzureizen."

Wenn Rilkes Frauen ihn rühmen, fassen sie ihre Lektüre zusammen. Sie können gerecht und anmaßend zugleich sein. Gerecht, wenn sie das Besondere und die Poesie seiner Gedichte anerkennen - anmaßend, wenn sie für ihre Gaben ein Recht fordern, ohne es ästhetisch einzulösen. Sie mißbrauchen dann, um ihr Interesse zu verbergen, den Sprechstil, zu dem Rilke sie gebracht hat. So unternimmt Claire Goll, die später den von ihr bewunderten Paul Celan verleumden sollte, weil er ihre Übersetzung der Gedichte Yvan Golls abgelehnt hatte, den vulgären Versuch, mittels Rilke ihre eigene Bedeutung zu steigern. "Darf ich Dir alle Gedichte schenken? Deinen leuchtenden Namen ihnen allen voransetzen?" Die Schlußformel in ihrem Brief: "Ach Seligkeit, daß Du bist!" erhält so einen andern Sinn. Rilke weist diese Aneignung präzise mit einem Hinweis auf ihre Gedichte zurück, deren Geste sich in der Widmung wiederholen würde: "Auch sagen mir die, die, aufrufhaft, etwas wirken wollen, weniger zu."

"Ich sehne mich sehr nach Deinen blauen Briefen". Briefwechsel zwischen Rainer Maria Rilke und Claire Goll. Herausgegeben von Barbara Glaubert-Hesse. Wallstein Verlag, Göttingen 2000. 213 S., geb., 38,- DM.

Rainer Maria Rilke: "Briefwechsel mit Magda von Hattingberg". Herausgegeben von Ingeborg Schnack und Renate Scharffenberg. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig. 240 S., geb., 44,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Am vierten Dezember jährt sich der Geburtstag Rainer Maria Rilkes zum 125. Mal. Hansjörg Graf begrüßt das Erscheinen eines Tagebuches sowie zweier Bände mit Korrespondenzen, die Einblick geben in Entscheidungen Rilkes seine Kunst und sein Leben betreffend.
1) Rainer Maria Rilke/Magda von Hattingberg: "Benvenuta. Briefwechsel"
Was eignet sich besser als Kommentar zum Thema "Rilke und die Frauen" als seine Briefe an Frauen, fragt Graf, schließlich seien sie ein authentischer Kommentar. Wer sie liest und interpretiert, müsse jedoch in jedem Fall auch die Entstehungsbedingungen berücksichtigen - schließlich lebte und liebte es sich damals nicht immer einfach. Als "eine Geschichte der schönen Verzögerungen" bezeichnet Graf den Briefwechsel Rilkes mit der Wiener Konzertpianistin Magda von Hattingberg, der von Ängsten seinerseits und Ungestüm ihrerseits geprägt war. Ein Treffen verschoben die beiden immer wieder, als es dann stattfand, so Graf, begann sich auch die Beziehung zu normalisieren und das Ende der Korrespondenz einzuläuten. Literarisch seien die Briefe gleichbedeutend mit denen, die Rilke mit Lou Andreas-Salomé oder Marie von Thurn und Taxis wechselte, behauptet der Rezensent.
2) Rainer Maria Rilke/Claire Goll: "Ich sehne mich sehr nach deinen blauen Briefen". Briefwechsel.
Eher den "Charakter eines Nachspiels" trage hingegen der Briefwechsel Rilkes mit Claire Goll, behauptet Graf; die Briefe aus den sechs Jahren ihrer (Brief-)Freundschaft bezeugen weniger künstlerische Überlegungen, sondern geben Auskunft über Leben und Freunde des Dichters, informiert uns der Rezensent. Die Herausgeberin Barbara Glauert-Hesse habe die Briefe gehaltvoll kommentiert - manchmal ist im Kommentar gar mehr Gehalt als in den Briefen, gesteht Graf. Lobenswerterweise enthält der Band am Ende den Nachruf Claire Golls auf den 1926 verstorbenen Dichter, in dem sie auch sein Verhältnis zu Frauen beleuchtete. Graf zitiert: "... unfähig zu verlassen, hoffte er immer verlassen zu werden."
3) Rainer Maria Rilke: "Tagebuch Westerwede Paris. 1902". Taschenbuch Nr. 1
Ein Taschenkalender diente Rilke im Jahr 1902 zur Aufzeichnung seiner Notizen - daher der Untertitel "Taschenbuch". Ein Dokument, so Graf, das wichtige Weichenstellungen und viele krisenhafte Momente in Rilkes Leben einfängt. Graf zählt auf: das Scheitern der Ehe mit Clara Westerhoff, der Umzug von Westerwede nach Paris, Rilkes Beobachtungen in Paris, die man laut Graf sowohl Jahre später im "Malte Laurids Brigge" oder in Rilkes Rodin-Monografie wiederfinden kann. Die bibliophile Gestaltung des erstmals veröffentlichten Tagebuchs, bei der die Übereinstimmung von Form und Inhalt den Ausschlag gibt, findet großes Lob des Rezensenten. Ein schönes Geburtstagsgeschenk.

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"Eine Liebe in Briefen. Man muss nur hineinblättern, um die Entfernung zu spüren, aus der die Leidenschaft, der beiden Dichter in die heutige Zeit hinüberweht. (...) Das Buch ist auch eine großartige editorische Leistung von Barbara Glauert-Hesse - mit ausführlichem Kommentar und einem kenntnisreichen Nachwort. Geheimnis, Klarsicht und Überschwang, Pathos und Kitsch: Alles durchdringt sich hier wie oft bei Rilke. Und wenn er für "Liliane" dichtet: "Sur le soupir de l`amie/toute la nuit se souleve", will man glatt mitseufzen, auf dass die Nacht sich verliert." (Gregor Dotzauer, Der Tagesspiegel)

"Dieses sorgfältige Buch erinnert daran, zu Rainer Maria Rilke und Claire Goll ist noch nicht alles gesagt." (Jürgen Verdofsky, NDR Radio 3)

"Die Anmerkungen und das Nachwort erschließen in Ihrer Genauigkeit weiterführende Zusammenhänge. Was bei der Herausgabe des Briefwechsels Ivan Golls und seiner Geliebten Paula Ludwig (Limes 1993) von Glauert-Hesse gesäumt wurde, ist hiervor züglich erarbeitet." (Jürgen Verdofsky, Badische Zeitung)

"Wir, die Nachwelt, blicken über die Schulter zurück, in eine Korrespondenz, die in ihren dramatischen Höhepunkten eine Dichte erreicht, in welchen die Begriffe für menschliche Beziehungen neu formuliert werden. Nicht immer in Güte und nie dem Glück verpflichtet, sondern aus der radikalen Einsicht heraus, dass das Glück, besonders das Liebesglück nur "der voreilige Vorteil des nahen Verlusts" sein kann, wie es am Anfang der 9. Elegie heißt. Dass bereits die Liebesbriefe aus dieser Einsicht heraus geschrieben sind, macht ihre Zwiespältigkeit aus, die sich geschlechterlogisch zwar kritisieren, aber nicht neutralisieren lässt." (Basler Zeitung)…mehr