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Die Sauwaldprosa von Uwe Dick - »unübersetzbar wie Kraus und Joyce, Sprache pur, die wahre Lust« (Gerald Stieg) erschien erstmals 1976 und wuchs mit sechs Fortschriften ins Legendäre. Ihre Erfolgsgeschichte kennt nur eine Heldin, die Sprache.Das Wortwurzelwerk des poetischen Rebellen wider alle Hierarchien - Dichtung des Zorns und Lachstaunen, Grobiansidiotikon und subtile Wortkunst - speist eine Waldkabbala ohnegleichen: Magischer Surrealismus weitet das Innviertel zum Inniversum. Uwe Dick steht für Sprache, nicht für Schreibe. Er glaubt an die Optimierung des Denkens durch Witz...»Ich bin Monarchist. Es lebe der Zaunkönig!«…mehr

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Produktbeschreibung
Die Sauwaldprosa von Uwe Dick - »unübersetzbar wie Kraus und Joyce, Sprache pur, die wahre Lust« (Gerald Stieg) erschien erstmals 1976 und wuchs mit sechs Fortschriften ins Legendäre. Ihre Erfolgsgeschichte kennt nur eine Heldin, die Sprache.Das Wortwurzelwerk des poetischen Rebellen wider alle Hierarchien - Dichtung des Zorns und Lachstaunen, Grobiansidiotikon und subtile Wortkunst - speist eine Waldkabbala ohnegleichen: Magischer Surrealismus weitet das Innviertel zum Inniversum. Uwe Dick steht für Sprache, nicht für Schreibe. Er glaubt an die Optimierung des Denkens durch Witz...»Ich bin Monarchist. Es lebe der Zaunkönig!«
Autorenporträt
Uwe Dick, Jahrgang 1942, lebt im Dreiländereck am Böhmerwald. Seit 1969 sind alle seine Satzwerke - Prosa, Gedichte, Theater-Partituren - unvergleichliche Aggregate sprachlicher Energie. 2007 wurde er mit dem Jean-Paul-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit viel Lob hat Hannes Hintermeier diese von Michael Lentz inszenierte Hörspielfassung von Uwe Dicks Roman "Sauwaldprosa" von 1976 aufgenommen. Er schätzt den wenig bekannten Autor als literarischen Solitär und genialisches "Sprachchamäleon", das sich aus dem Literaturbetrieb schon lang zurückgezogen hat. "Wo ist das Land der Panzerpratzenkrebse?", beginnt das Großgedicht, das der Rezensent in einem künstlerischen Kontext zwischen Ezra Pound und John Coltrane ansiedelt. Dass der Bayerische Rundfunk den Dichter jetzt mit einer gelungenen Hörspielbearbeitung des "Sauwalds" würdigt, kann Hintermeier nur begrüßen. Zumal die Hörspielfassung, an der u.a. Größen wie Hanns Zischler und Eisi Gulp als Sprecher mitgewirkt haben, nicht nur einen ersten Zugang zum Werk ermöglichen, sondern für Hintermeier auch die vielen textlichen Ebenen und funkelnden Sprachspiele erschließen. Zu seiner Freude liest Uwe Dick lange Passagen dieser Produktion selbst. Denn Dick ist seiner Ansicht nach der "beste, nicht zu übertreffende Vortragende". Bleibt für den Rezensenten die Hoffnung, dass die nun vorliegende Hörspielfassung der "Sauwaldprosa" auf zwölf CDs dazu beiträgt, Dick und sein faszinierendes Werk bekannter zu machen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2022

IndoEuroBairischer Triumph

Bindemittel in diesem Buch ist der kategorische Imperativ genauer Sprache: Uwe Dicks legendäre "Sauwaldprosa" in ihrer letztgültigen Fassung.

Das Werk des Dichters Uwe Dick ist in der deutschsprachigen Literatur von solitärem Rang. Seine Gedichte, Prosa und szenischen Monologe, vorliegend in einer Vielzahl von Büchern und Tonträgern, sind Gedanken- und Sprachkunst gleichermaßen, komplex in ihrer ästhetischen Erscheinungsweise, von sinnlicher Schönheit und formalem Raffinement. Aphoristik und epigrammatische Kürze sind für seine Spracharbeiten ebenso charakteristisch wie lyrische Groß- und prosaische Mischformen. Stellvertretend seien hier genannt "des blickes tagnacht. gedichte 1969- 2001", "Pochwasser - Eine Biographie ohne Ich" und die Einmann-Theaterstücke "Der Öd" und "Monolog eines Radfahrers". In Uwe Dicks thematischen und motivischen Kompositionen, deren intertextuelles Netz Jahrhunderte und Kontinente umspannt, finden die Dichtungen Bella Achmadulinas, Jean Pauls, Andrea Zanzottos oder der russischen Moderne ebenso Nachhall wie die Vorstellungswelten von Schamanismus und Volksglauben oder zum Beispiel die Mythen und Sagen Asiens und des Mittleren Ostens: Historisches Bewusstsein heißt für Uwe Dick, die eurozentrische Perspektive zu öffnen.

Seine Dichtung ist sprachanalytisch, Sprachkritik ist für ihn immer auch Gesellschaftskritik: "Wir sind, wie wir sprechen." Dabei lässt sich die Frage nach dem Ich für Uwe Dick nur im gesamtgesellschaftlichen und historischen Zusammenhang stellen.

Seine Kunst metaphorischer Sinnstiftung, des poetischen Bildes, der Reflexion und des Fabulierens, aber auch der engagierten, anspielungsreichen Philippika gipfelt in einem Buch, das zur Weltliteratur im mehrfachen Sinne des Wortes gehört: der "Sauwaldprosa", die welthaltig ist und zugleich auch ästhetisch von internationaler Relevanz. Ihre Vielsprachigkeit, Uwe Dick nennt sie "IndoEuroBairisch", macht die "Sauwaldprosa" als Klangkörper erfahrbar - sie speist sich unter anderem aus dem Alemannischen, Bairischen, Berlinerischen, Hoch-, Mittel- und Spätmittelhochdeutschen, Niederdeutschen und Schwäbischen sowie aus dem Englischen, Griechischen, Lateinischen und dem Sanskrit. Onomatopoetische Wortneuschöpfungen schließen semantische Lücken.

Mit der 1976 veröffentlichten "ersten Sauwaldiana" beginnt dieses Lebensprojekt; nach 46 Jahren erscheint das work in progress nun, wenige Monate vor Dicks achtzigstem Geburtstag, im Wallstein Verlag als siebte Fortschrift in seiner finalen Fassung - ein literarisches Ereignis.

"Drobm überm unterm Inn, südlich der Nibelungenstraße also, nördlich der Sonnentore, dort ist mein Arkadien, der Sauwald", zeichnet der mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs seiende Ich-Erzähler den topographischen Grundriss einer Gegend zwischen Passau, Kopfing und Schärding im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet, deren sprichwörtliche Erfahrung sich "kraft innerer Gesichte" alsbald zur "Sauwald-Odyssee" steigert, dem "Sauwaldspuk am hellichten Tage": Der "Sauwald", den, wenn man nach ihm fragt, niemand kennt, auch die nicht, die doch - topographisch gesichert - von ihm umgeben sind, ist immer "woanders". Die "Odyssee" gipfelt in der "großen Passauer Sauwaldkadenz" eines "Solisten" am Biergarten-Nebentisch, dessen "Sauwald"-Vision deutliche Affinitäten zu den Prophezeiungen des Mühlhiasls, eines aus dem niederbayerischen Wald stammenden Sehers, und dem Weltengericht im Muspilli aufweist: Dieser "Sauwald", für den so klangvolle, real existierende Ortschaften wie Frauentodling, Höll, Muckenwinkl, Flohleitn oder Kobeln stehen, weitet und verwandelt sich, quasi-dialektisch, zu "Seelen-Landschaften", das "seltsam traumhafte Spiel der sogenannten Wirklichkeit" vermischt sich - erzählstrategisch durch eine Überblendtechnik zum Ausdruck kommend - mit den Realitäten des Vorgestellten, Erinnerten.

"Dem 'Leben als Betrieb' entflohen, trenne ich längst nicht mehr zwischen Drinnen und Draußen", bekennt der Ich-Erzähler als "Sauwaldläufer". Seine Maxime ist es, ganz dem Augenblick zu leben, denn so kulminiert "das ganze Werden in mir", "einem Kollektiv von Personen verschiedenster Jahrhunderte". Landschaftsskizzierungen sind eng verbunden mit einer Genealogie verwandter Seelen, deren Porträts zugleich Hommage an ihre Lebenshaltung sind. Der Leser begegnet zum Beispiel dem "Sprachkünstler" Richard Billinger, "nicht totzuschweigender Dichter des Inn", der dem Erzähler "eine Enzyklopädie Innviertler Lebens" erschloss; er lernt den listigen Gustl von Töging und "Sepp Selbertinger zu Selberting" kennen, den Erfinder des "Faulwasserkopfreaktors"; er sieht lesend die Bilder von Rudi Englberger und Toni Waim und erlebt, wie der "Sauwald"-Münchhausen "Wusch" frei "die Bilder seines Lebens" reiht.

Aufschlussreich für die andere Seite, die innere Dimension des "Sauwalds", ist der Bericht des Erzählers von seinem Besuch im Kubin-Haus. Ausgelöst von der "Dramatik des Verborgenen" der Bilder Kubins, des "Magiers von Zwickledt" und "Visionärs der Traumstadt Perle", folgt der Leser dem Abtauchen in den "Traumsee", Bilderstürze bedrohen das Erzählen: Dieses "Sauwald"-Arkadien, das Kubin'sche (Schatten-)Reich der Phantasie, zeigt sich schließlich als (er-)lebbare Gegenwelt zum "bilderlosen Dasein". So ist die "Sauwaldprosa" das "Fahrtenbuch" eines Erzählers, "der den Sauwald gerade erst staunend entdeckt", auch in sich und anderen, ein ethnographisch-poetischer Kompass nicht nur für den janusköpfigen "Sauwald", sondern für die zivilisatorische Conditio humana.

Ein Selbstporträt des Erzählers beziehungsweise Autors findet sich im langen "Pochwasser"-Finale der "Sauwaldprosa": "Verwandlungen! Ihnen lebt er: Holzhacker, Archaischer Surrealist, Seelsorger, Kleinbauer, Arroganzheitsdenker, Staatsfeind . . ." In Vorbereitung eines anderntags stattfindenden Soloauftritts gerät er über dem abendlichen Studium einer Speisekarte ("Schlachtschüssel", "Kesselfleisch", "Schwaaß", "Metzelsuppe") in eine assoziative Drift innerer Hall- und Sehräume, die ihm unbewusste, aber auch hellwache Erinnerungen an die Kindheit und Schulzeit im Internat sowie Albträume beschert. In diesem Buch im Buch ist auch eine lebenspragmatische und literarische Programmatik formuliert: "Wechseln - zwischen den Schreib- und Redeweisen. Auf der Suche nach einer Moderne des Unversöhnlichen. Auf der Suche nach einer unmöglichen Literatur."

Formal gesehen ist die "Sauwaldprosa" ein Hybrid aus Prosa, Gedichten, Szenischem, Märchen, Aphorismen, Essayistischem, Briefen, Reisebuch, Reportagen, Traumnotaten und Fußnoten. Sie ist Prosa und kommentierende Prosa der Prosa, Poesie und reflektierende Poesie der Poesie, insofern also eine die Gattungen vermischende Dichtung im Sinne der romantischen Ästhetik von Novalis und Friedrich Schlegel. Ihr Realitätsgehalt erreicht einen Sättigungsgrad, von dem manche realistische Fiktion nur träumen kann. Nicht zuletzt kann die "Sauwaldprosa" auch als Anthologie gelesen werden, versammelt sie doch, thematisch und motivisch eingebunden, nicht nur Zitate etwa von Johann Fischart, Ilse Aichinger oder Alexander Wwedenskij, sondern neben eigenen Gedichten Uwe Dicks auch solche unter anderem von Melvin B. Tolson oder Ezra Pound, dessen Usura-Canto XLV die "Sauwaldprosa" in der Übersetzung ins Deutsche von Eva Hesse und ins Pusterische, den Dialekt des Südtiroler Pustatals, von Pounds Enkel Siegfried de Rachewiltz präsentiert. Neben dem Programm der "Deckung von Sprache und Leben" - "Bin ich eins: Wort und Wesen? Dann wäre ich meiner Weltformel nahe und lebte, indem ich schreibe, was ich lebe" - ist der Pound'sche Usura-Komplex für die "Sauwaldprosa" von zentraler Bedeutung, die eine Kampfschrift ist gegen Selbstbetrug, Dummheit und Dünkel, gegen bigotten Katholizismus, Tierquälerei, Naturzerstörung und "wirtschaftsfaschistischen" Wucher.

Wie hat Uwe Dick diese 666 (!) Doppelspalten-Seiten der sauwaldlichen Letztfassung bei aller Vielfalt ihrer Gattungen und Schreibweisen formal und inhaltlich managen können? Durch eine stete Entsprechung von Form und Inhalt. Dem ABCdarius als Makroordnung sekundiert eine rhizomatische Ordnungsstruktur mit ihren assoziativ-gedanklichen Verbindungen der vielen von Dick in der "Sauwaldprosa" behandelten Gebiete und Themen, thematische Stichworte in der Kopfzeile einer jeden Seite firmieren als Headline oder Slogan, senkrecht gestellte Jahreszahlen am Seitenrand orientieren über das Entstehungsjahr der Passage. Bindemittel ist der kategorische Imperativ genauer Sprache.

Der finalen Fassung der "Sauwaldprosa", vom Wallstein Verlag buchkünstlerisch aufs Feinste orchestriert - als großformatige Textpartitur in lesbarer Schriftgröße auf bestem Papier und mit Lesezeichen -, sind viele virtuose Leser zu wünschen: Sie läsen ein immer wieder neu zu lesendes Lebensbuch voller tiefem Ernst und hoher Komik. MICHAEL LENTZ

Uwe Dick: "Sauwaldprosa".

Wallstein Verlag. Göttingen 2022. 666 S., geb., 50,- Euro.

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