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Der kurze Roman entfaltet einen ganzen Erzählkosmos: eine Familiengeschichte im Schatten weltgeschichtlicher Ereignisse. Im Zentrum von "Tsubame" (Die Schwalben) steht das grausame Schicksal koreanischer Immigranten in Japan, der Makel des Fremdseins, der Schmerz der Erinnerung.

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Produktbeschreibung
Der kurze Roman entfaltet einen ganzen Erzählkosmos: eine Familiengeschichte im Schatten weltgeschichtlicher Ereignisse. Im Zentrum von "Tsubame" (Die Schwalben) steht das grausame Schicksal koreanischer Immigranten in Japan, der Makel des Fremdseins, der Schmerz der Erinnerung.
Autorenporträt
Aki Shimazaki, geboren 1954 in Japan, lebt seit über 20 Jahren in Kanada.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2004

Bambusschweigen
Schwaches Beben: Aki Shimazakis koreanische Emigrantenschicksale

Die Idee, eine Familiensaga koreanischer Emigranten über vier Generationen im gerne homogen gedachten Japan zu schreiben, ist an sich ehrenwert. Nach der japanischen Annexion Koreas 1910 kamen Tausende Koreaner zur Arbeitssuche nach Japan, wo sie meist unterbezahlte Tätigkeiten verrichteten. Als sich infolge des Kantô-Erdbebens 1923 in Tokio eine Feuersbrunst ausbreitete, wurden Koreaner des Feuerlegens verdächtigt. Bei den folgenden Pogromen kamen über sechstausend von ihnen ums Leben.

Mitten im Inferno setzt der schmale Roman "Tsubame", zu deutsch "Die Schwalben", der französisch schreibenden Japanokanadierin Aki Shimazaki ein. Nach der Flucht aus der bebenden und brennenden Stadt wächst ein koreanisches Mädchen getrennt von der verschollenen Mutter im Schutz eines christlichen Waisenheimes auf, wo es einen japanischen Namen erhält. Vom gefälschten Familienregister bis zur Einheirat in einen japanischen Haushalt erzählt das Buch Marikos Emigrantenschicksal als Geschichte der Assimilierung und Identitätsverleugnung sogar vor der eigenen Familie.

Die Autorin, die bereits im Vorgängerroman "Tsubaki" (Kamelie) an das sensible Genre der Atombombenliteratur der sechziger Jahre anknüpfte, scheint in den Krisen und Katastrophen des Jahrhunderts ein belletristisches Betätigungsfeld zu entdecken, um moralische oder soziale Themen wie beispielsweise die Minderheitenproblematik zu diskutieren. Doch jenseits des Betroffenheitsgestus werden die beruflichen und rechtlichen Probleme der über 600000 heute in Japan lebenden Koreaner hier nur am Rand erwähnt, werden die Mechanismen der Ausgrenzung und die kolonialgeschichtlichen Wurzeln der Diskriminierung nur oberflächlich beleuchtet.

Die Sprache wird der Reichweite des Stoffes und der Macht der Elemente bei der Beschreibung des Bebens selten gerecht. Das leitmotivische Spiel mit dem Schweigen, Verschweigen und Identitätsverlust schlägt sich in einer schmucklosen Sprache und einer knappen Psychologisierung der Figuren nieder, die sich als ebenso schal entpuppen wie die wohl als exotisch verstandene Symbolsprache der Blüten oder Bambuswälder.

Die vielversprechende Strategie, den Gedächtnisverlust und die Lebenslüge Marikos durch unbedarfte Fragen der Nichte, also der unbeteiligten dritten Generation, aufzulösen, wird nicht ausgereizt. Auch wenn sich das Buch gegen Ende stilistisch und inhaltlich etwas steigert in einer retrospektiven Entwirrung der historischen Ereignisse und Identitäten, so fällt es immer wieder ins Melodramatische zurück, wenn etwa Mariko das Tagebuch der verschollenen Mutter als einziger Vertrauter ihres Lebenstraumas verbrennt.

STEFFEN GNAM.

Aki Shimazaki: "Tsubame". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Bernd Wilczek. Verlag Antje Kunstmann, München 2004. 120 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Nein, es tut der Literatur nicht immer gut, so sehr "auf der Seite des allzu Guten, gar des moralpolitisch Korrekten" zu stehen, meint der mit "L.L." zeichnende Rezensent. Dann komme es schon mal zu einer Art "literarischem Parasitismus", oder anders gesagt zu "literarischem Katastrophentourismus". Wie hier, bei dem neuen Roman der französisch schreibenden Japan-Kanadierin Aki Shimazaki. Das Bändchen ist, so "Ll", nicht nur "schmal", sondern es irritiert durch den Versuch, "über Geschichts- und Naturkatastrophen zu Statur und Dimension zu kommen", nämlich über das große Erdbeben von Tokio im Jahr 1923. Damit auch nichts fehle, "grummele" im Hintergrund die atomare Bedrohung, und werde ein Massengrab von (im Zuge des japanischen Kolonialismus) ermordeten Koreanern ausgehoben. Gerade Letzteres findet der Rezensent wichtig, weil eine wirklich Auseinandersetzung bislang in Japan fehlt, aber: "Ein literarisches Leichtgewicht, gespeist aus Klischees, kann keine angemessene Form der Auseinandersetzung sein."

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