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München, 27. März 1952, später Nachmittag. Im Keller des Polizeipräsidiums explodiert eine Bombe, die in einem an Bundeskanzler Adenauer adressierten Paket versteckt war. Der Sprengmeister kommt beim Öffnen der Sendung ums Leben. Am nächsten Morgen nimmt eine eilig zusammengestellte Sonderkommission die Ermittlungen auf. Sie fahndet nach einem etwa 30-jährigen Mann, der am Münchener Hauptbahnhof zwei Jungen gebeten hatte, ein Paket für ihn zur Post zu bringen. Er habe es eilig und müsse zum Zug. Botenlohn: drei Mark. Die Buben waren begeistert - und bekamen Angst, als der Fremde ihnen folgte.…mehr

Produktbeschreibung
München, 27. März 1952, später Nachmittag.
Im Keller des Polizeipräsidiums explodiert eine Bombe, die in einem an Bundeskanzler Adenauer adressierten Paket versteckt war. Der Sprengmeister kommt beim Öffnen der Sendung ums Leben. Am nächsten Morgen nimmt eine eilig zusammengestellte Sonderkommission die Ermittlungen auf. Sie fahndet nach einem etwa 30-jährigen Mann, der am Münchener Hauptbahnhof zwei Jungen gebeten hatte, ein Paket für ihn zur Post zu bringen. Er habe es eilig und müsse zum Zug. Botenlohn: drei Mark.
Die Buben waren begeistert - und bekamen Angst, als der Fremde ihnen folgte. Er hatte also Zeit. Sie schöpften Verdacht und gaben das Paket bei der Polizei ab.
Der Anschlag auf Bundeskanzler Adenauer findet im In- und Ausland große Beachtung. Die Zeitungen berichten täglich. Aus der Bevölkerung gehen Tausende von Hinweisen ein.
Vier Tage später kommt eine zweite Bombe per Post. Empfänger ist diesmal der Leiter der deutschen Kommission bei den Wiedergutmachungsverhandlungen mit Israel in Den Haag.
Eine »Organisation jüdischer Partisanen« bekennt sich zu dem Anschlag. Die Hinweise verdichten sich, dass jüdische Täter Adenauers Annäherungen an Israel sabotieren wollen. Doch von einem Tag auf den anderen gibt die Sonderkommission nichts mehr bekannt. Auch die Presse stellt die Berichterstattung ein. 1978 wird das Verfahren eingestellt, zu einem Prozess kommt es nicht.
Wer steckte tatsächlich hinter den Anschlägen? Dieses Buch rekonstruiert erstmals anhand bislang geheimer Dokumente die Geschichte dieses politischen Anschlags.
Autorenporträt
Hennig Sietz lebt und arbeitet als Reisejournalist in Hamburg.
Rezensionen
literaturtest.de

Der Kleine Brockhaus als Bombe

Der Anschlag liegt über 50 Jahre zurück. Das an den Bundeskanzler adressierte Paket mit Sprengstoff tötete nicht Konrad Adenauer, sondern einen Sprengmeister der Münchner Feuerwehr, der das verdächtige Paket überprüfen sollte. Die Bombe steckte in einem Kleine Brockhaus. Über den oder die Täter gab es nur Vermutungen. Erst 1978 wurden die Ermittlungen offiziell eingestellt.

Drahtzieher in Israel

Der Journalist Hennig Sietz ging noch einmal auf Spurensuche, forschte nach Hintergründen und politischen Motiven des versuchten Attentats vom 27. März 1952. Als gesichert gilt, dass nicht alte Nazis oder SS-Männer dahinter steckten und aus Trotz gegen Adenauers Politik oder aus Hass gegen die Juden in Aktion traten. Verantwortlich für die Tat war offensichtlich ein jüdischer Personenkreis, der entschiedenen Widerstand gegen die Wiedergutmachungsverhandlungen zwischen der Bundesrepublik und dem Staat Israel leistete. Diese Theorie wird erhärtet durch einen weiteren Anschlagsversuch, der den Leiter der deutschen Kommission bei den Wiedergutmachungsverhandlungen in Den Haag treffen sollte; zu ihm bekannte sich eine "Organisation jüdischer Partisanen". Beide Attentate wurden aus Paris gesteuert, die mutmaßlichen Drahtzieher saßen in Israel.

Die Welt in den 50ern

Die Ermittler hatten in jahrelanger Arbeit die Spuren der Verdächtigen aufgenommen. Sie führten vor allem nach Israel. Doch Adenauer wollte die zarte Pflanze der Annäherung zwischen Bonn und Tel Aviv nicht zerstören. Sietz schlussfolgert, dass der damalige Kanzler "jeden Versuch einer Auslieferung und der Vorbereitung eines Prozesses verhindert hätte". Der Autor zeichnet mit seinen Recherchen zugleich ein treffliches Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse in den 50er Jahren, was manche Entscheidung, damals getroffen, heute in einem anderen Licht erscheinen lässt.
(Mathias Voigt)

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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2003

Details und Fragen

ADENAUER. "Höllenmaschine für Adenauer explodiert", lautete die Schlagzeile der Münchener "Abendzeitung" am 27. März 1952. Noch ehe das Entsetzen über den Anschlag auf den Bundeskanzler gewichen war, wurde die junge Republik von einem weiteren Attentat erschüttert. Am 31. März entdeckte ein Angestellter der Deutschen Botschaft in Den Haag bei der Sortierung der Post zwei Briefbomben. Ihr Adressat: die deutsche Delegation der Wiedergutmachungsverhandlungen mit Israel im nahen Wassenaar. Niemals, so hieß es in einem Bekennerschreiben der "Organisation Jüdischer Partisanen", werde das jüdische Volk dem deutschen die Rückkehr in die Gemeinschaft der Völker erlauben. Besorgt um den Erfolg der deutsch-israelischen Annäherung, erklärte Adenauer den Mordanschlag von München zum Werk eines verrückten Einzeltäters. Den akribischen Recherchen von Henning Sietz zufolge waren die zwei Hauptverdächtigen indes weder verrückt, noch agierten sie allein. Beide waren Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und standen über Jahre in enger Verbindung zur Organisation "Irgun Zwai Leumi", die sich nach dem Zweiten Weltkrieg dem Terror gegen die britische Mandatsmacht in Palästina verschrieben und ihren Kampf nach der Auflösung 1948 an der "zweiten Front" in Europa fortgeführt hatte. Menachim Begin, ehedem Chef des Irgun und mittlerweile Führer der Cheruth-Partei im israelischen Parlament, brandmarkte den Bundeskanzler im Zuge der Wiedergutmachungsverhandlungen als "Mörder". Je deutlicher sich die politische Brisanz des Attentats gegen Adenauer abzeichnete, desto spärlicher flossen die Informationen der unter Federführung des Bundeskriminalamts eingerichteten Sonderkommission. Im April 1952 verhängte sie eine Nachrichtensperre; vier Monate später stellte die Soko ihre Ermittlungen ein. 1953 wurde die Fahndung vom neugegründeten bayerischen Landeskriminalamt wiederaufgenommen. Doch zu einer Anklage gegen die mutmaßlichen Täter kam es nie. 1978 ließ die Staatsanwaltschaft München die Akte schließen. 50 Jahre nach dem Attentat hat Sietz den Versuch unternommen, Hintergründe und Motive mit Hilfe bislang geheimer Dokumente zu erhellen. Am Ende seiner detailüberfrachteten Geschichte bleiben, wie er selbst einräumt, "Fragen über Fragen". (Henning Sietz: Attentat auf Adenauer. Die geheime Geschichte eines politischen Anschlags. Siedler Verlag, Berlin 2003. 335 Seiten, 19,90 Euro.)

ULRICH LAPPENKÜPER

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Am 27. März 1952 explodiert im Münchner Polizeipräsidium ein Paket, das an den damaligen Bundeskanzler Adenauer adressiert war, berichtet Daniel Koerfer. Die Hauptverdächtigen, so der Rezensent, sind zwei Juden, Opfer des Naziregimes, die Kontakte zur verbotenen israelischen Terrororganisation Irgun aufgenommen hatten. Trotz professioneller Ermittlungen wird keine Anklage erhoben, da die verdächtigen Brüder in Israel abtauchen und nicht ausgeliefert werden können, weiß Koerfer. An sich hält er dieses Thema für ausgesprochen brisant, zumal das Wiedergutmachungsabkommen mit Israel damals äußerst umstritten gewesen sei, wie Äußerungen von Golda Meir und Menachem Begin zeigten, die alle Deutsche als Nazis und Mörder bezeichnet hätten. Mit der Behandlung durch Henning Sietz ist Koerfer jedoch sehr unzufrieden. Er entdeckt von der "vom Verlag vollmundig angekündigten 'Sensation' keine Spur". Herausgekommen sei nur eine "schwer genießbare, schier endlose Melange", jedoch keine neuen Erkenntnisse.

© Perlentaucher Medien GmbH