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Die deutsche Erstübersetzung des amerikanischen Klassikers The Mountains of California ist auch die Entdeckung eines hierzulande unbekannten literarischen Genres, des Nature writing, zu dessen bedeutendsten Vertretern neben R. W. Emerson und H. D. Thoreau zweifelsohne John Muir zählt. Durch einen Unfall kurzzeitig erblindet, fürchtete er, die Schönheit der Welt nie wieder erblicken zu können. Nach seiner Genesung befasste er sich mit den Auswirkungen der Kolonisierung auf die Natur und entwickelte eine Vielzahl ökologischer Ideen. So wurde er zum 'Vater der Nationalparks' ; auf ihn sind unter…mehr

Produktbeschreibung
Die deutsche Erstübersetzung des amerikanischen Klassikers The Mountains of California ist auch die Entdeckung eines hierzulande unbekannten literarischen Genres, des Nature writing, zu dessen bedeutendsten Vertretern neben R. W. Emerson und H. D. Thoreau zweifelsohne John Muir zählt. Durch einen Unfall kurzzeitig erblindet, fürchtete er, die Schönheit der Welt nie wieder erblicken zu können. Nach seiner Genesung befasste er sich mit den Auswirkungen der Kolonisierung auf die Natur und entwickelte eine Vielzahl ökologischer Ideen. So wurde er zum 'Vater der Nationalparks' ; auf ihn sind unter anderem die Naturschutzorganisation Sierra Club und der Yosemite-Nationalpark zurückzuführen. John Muirs hier vorgestelltes Hauptwerk The Mountains of California aus dem Jahr 1894 verbindet geologische und botanische Studien mit philosophischen Reflexionen und bettet sie in eine Erzählung ein, deren grandiose Naturbeschreibung eine Welt wiedererwecken, die zu Muirs Lebzeiten bereits im Untergang begriffen war. In Die Berge Kaliforniens, der brillanten deutschen Übersetzung von Jürgen Brôcan, begegnen wir einer unberührten, wilden und gleichzeitig auch schutzbedürftigen Natur.
Autorenporträt
Muir, John§John Muir, 1838 in Dunbar, Schottland geboren, studierte Biologie und Geologie, betätigte sich als Erfinder, Schäfer und Schriftsteller. Der schottisch-US-amerikanische Universalgelehrte gilt als einer der frühesten Anwälte der Nationalparkidee und entwickelte sich im Laufe seines Lebens mehr und mehr vom Naturforscher zum Naturschützer. Eine Campingtour mit Theodore Roosevelt durch den von ihm geliebten Yosemite veranlassten den Präsidenten zur Gründung des Yosemite Nationalparks. Muir starb 1914 in Los Angeles.

Brôcan, Jürgen§Jürgen Brôcan, 1965 geboren, ist Autor, Kritiker und Übersetzer aus dem Englischen, Französischen und Altgriechischen, u. a. von Walt Whitman, Nathaniel Hawthorne und René Char. Er veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände und Essays, für sein Werk erhielt er u. a. den Paul-Scheerbart-Preis und den Literaturpreis Ruhr. Zuletzt erschien bei Matthes & Seitz Berlin seine Übersetzung von John Muirs Die Berge Kaliforniens und Bäume vernichten kann jeder Narr. Er lebt in Dortmund.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hansjörg Küster bedankt sich bei Judith Schalansky für ihre Reihe "Naturkunden", viel zu lange sei hierzulande die Natur nur Gegenstand (populär-)wissenschaftlicher Werke und von Lyrik gewesen. John Muirs "Die Berge Kaliforniens", einer der ersten Bände der Reihe, ist ein Paradebeispiel für "die kulturelle Sicht auf Natur", die der Rezensent so sehr vermisst hat. Das Buch aus dem Jahr 1894 ist in den Vereinigten Staaten ein Klassiker, wo das Genre des "nature writing" eine lange Tradition hat, erklärt der Rezensent. Muirs zentrales Thema ist Dynamik, Wandel, berichtet Küster. Waren Kaliforniens Berge einstmals noch "vergletschert und baumlos", hat sich inzwischen Landschaft aus Bergseen und Wäldern entwickelt, deren Bäume zum Teil mehr als tausend Jahre alt sind. Der Autor war auch einer der ersten Naturschützer, weiß der Rezensent. Allerdings ging es ihm nicht um den unbedingten Erhalt ihres gegenwärtigen Zustands, sondern um das Erkennen und Ermöglichen von Entwicklungen, ein Konzept, das auch in unserer Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit verdiente, findet Küster.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.08.2013

Seht nur, wie die alte Zuckerkiefer sich hält!

Wiederbelebung der Naturgeschichte: Die ersten Bände der Reihe "Naturkunden" bieten überzeugende Beispiele des genauen Blicks auf eine Natur, die von Kultur nicht zu scheiden ist.

Im englischen Sprachraum gibt es eine Tradition des "nature writing". Dabei wird Natur nicht nur für Spezialisten, sondern auch ein allgemeines Publikum dargestellt. Im neunzehnten Jahrhundert entstanden in Deutschland ebenfalls Bücher dieser Art von Naturgeschichte, aber später wurde dieses Gebiet vernachlässigt. Viele meinen, es reiche aus, wenn es Bestimmungsbücher und (populär-)wissenschaftliche Werke gibt. Doch muss man sich mit Natur aus zahlreichen Blickwinkeln auseinandersetzen: Judith Schalansky gibt eine neue Buchreihe mit dem Titel "Naturkunden" heraus, um genau dies zu demonstrieren.

Unter den ersten drei Bänden der Serie ist ein Klassiker des "nature writing" aus den Vereinigten Staaten, John Muirs grandiose Beschreibung der Berge Kaliforniens aus dem Jahr 1894. Muir stammte aus Schottland und kam als Kind in die Neue Welt. Er war kein Wissenschaftler, eher ein Abenteurer, aber mit damals neuen wissenschaftlichen Resultaten sehr gut vertraut: Er wusste, dass viele hohe Gebirge in den Eiszeiten von Gletschern bedeckt gewesen waren, und auch, dass sich die Vegetation in der Nacheiszeit von Grund auf verändert hatte. Kaliforniens Berge waren einst vergletschert und baumlos gewesen; später bildeten sich Bergseen und Wälder, die zu den eindrucksvollsten der Welt gehören.

Muir stellte diese Landschaft nicht nur so dar, wie sie ihm entgegentrat, sondern bedachte den tiefgreifenden Wandel, der von einer Kältesteppe zu Wäldern mit Mammutbäumen und Borstenkiefern geführt hatte. Beide Pflanzen erreichen ein sehr hohes Alter; ihre Stämme können mehrere tausend Jahresringe aufweisen. Das Bild der Landschaft, das vor den Augen der Leser entsteht, ist nicht nur schön, sondern auch von erheblicher Dynamik geprägt. Nichts ist nur einfach "da": Berge kommen und gehen, Schnee fällt und schmilzt, das Wetter ändert sich, Seen entstehen und verschwinden, Bäume breiten sich aus und werden von anderen verdrängt. Der Wind "reißt ein Blatt oder einen Ast ab, falls dies erforderlich ist, oder schafft einen ganzen Baum oder Hain beiseite, mal durch die Zweige flüsternd und krähend wie ein schläfriges Kind, mal brüllend wie der Ozean; der Wind segnet den Wald, der Wald den Wind, mit unbeschreiblicher Schönheit und Harmonie als unfehlbarem Resultat."

Muir setzte sich für die Bewahrung der kalifornischen Bergwelt ein; er gehörte zu den ersten Naturschützern. Die zu schützende Natur ist für ihn genauso wenig starr wie die beschriebene Natur. Eine Bewahrung der Kräfte von Natur, eine Bewahrung der Dynamik, ist viel wichtiger als der Schutz einzelner Seen, Pflanzen- oder Tierarten. Es geht vor allem darum, Entwicklungen zu erkennen und sie zu ermöglichen. Solche Gedanken sind etlichen Naturschützern nicht fremd, aber es ist wichtig, dass ein Schutz von Naturkräften, wie er John Muir vorschwebte, in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Denn es muss immer wieder von neuem entschieden werden: Welche Natur wollen wir schützen, und welchen Naturschutz wollen wir? Und "wir", das sind wirklich wir alle, nicht nur "die Experten".

Natur als etwas Lebendiges und daher Dynamisches stellt auch Cord Riechelmann im ersten Band der "Naturkunden" dar, und zwar am Beispiel der Krähen. Diese Singvögel, die nach allgemeiner Meinung nicht singen können, lassen sich Tag für Tag neu erkennen. Dazu regt das Buch an: Riechelmann geht es darum, durch Beobachten ein kulturelles Verständnis für eine Tierart zu entwickeln. Wer das Buch gelesen hat, ist von den Tieren fasziniert. Man möchte die Beobachtungen sofort überprüfen, ergänzen, ausbauen.

Jürgen Goldstein hat eine Geistesgeschichte des Entdeckens geschrieben; er befasst sich mit Menschen, die wagemutig in exotische Welten vorstießen. Zu antiker Zeit meinte man: Kein Mensch könne jenseits der Meerenge von Gibraltar leben, wo man die Säulen des Herkules zu sehen glaubte. Doch Entdeckungsreisende begaben sich auf den Ozean und fanden Neuland. Andere Entdecker stiegen in die Höhen der Gebirge, mit und ohne Alpinistenausrüstung: Francesco Petrarca erfasste vom Mont Ventoux aus, dass das unter ihm ausgebreitete Land eine Landschaft war. Jean-Henri Fabre steuerte Jahrhunderte später das gleiche Ziel an und befasste sich dort mit dem Mikrokosmos der Insekten.

Petrarca und Fabre waren am gleichen Ort, aber sie machten dabei unterschiedliche Erfahrungen. Neues Land entdeckte nicht nur Christoph Kolumbus, sondern auch Georg Christoph Lichtenberg auf der Überfahrt nach Helgoland. Georg Forster entdeckte "edle Wilde" auf Tahiti, Claude Lévi-Strauss fand sie am Amazonas nicht mehr: Wie sehr hatte sich die Welt in gut anderthalb Jahrhunderten verändert. Nicht nur wurde vielerorts Wildnis durch Zivilisation verdrängt, sondern es verschwand auch das Faszinosum, das von dem Wilden ausging; es wich einer Resignation darüber, dass jede Entdeckung einen Verlust einschließt.

Goldstein lässt die Entdecker der Welt oft selbst zu Wort kommen; in die Texte sind zahlreiche Zitate eingebaut. Wörtliche Zitate werden durch Druck in einem anderen Farbton kenntlich gemacht. Das soll dem Lesefluss dienen, aber man braucht gute Augen und eine gute Lichtquelle. Ganz glücklich ist man darüber als Leser nicht.

In allen drei Büchern der neuen Buchserie wird deutlich: Natur ist nicht nur ein Objekt von Wissenschaft oder Naturlyrik. Sie muss sowohl korrekt als auch anschaulich dargestellt werden. "Von allen immergrünen Bäumen der Sierra erscheint eine alte Zuckerkiefer höchst originell und unabhängig", schreiben John Muir und sein Übersetzer Jürgen Brôcan. Sie sagen nicht, dass die Zuckerkiefer originell und unabhängig ist, womit sie den Baum vermenschlicht hätten. Auf solche Feinheiten kommt es an, wenn man ein zutreffendes Bild von Natur entwerfen will, und die damit verbundene Kultur gilt es zu fördern.

Viele Bereiche von Kultur und Kulturgeschichte finden in Buchhandlungen und bei Lesern die Beachtung, die ihnen gebührt. Aber wie ist es mit der Naturgeschichte? Bücher dazu müssten dort anders präsentiert werden als derzeit: Sie passen nicht in die Sparten Reise oder Garten, sie sind weder Bestimmungsbücher noch wissenschaftliche Werke, sondern sie repräsentieren einen eigenen Bereich von Kultur. Wir brauchen die kulturelle Sicht auf Natur, wie sie von den "Naturkunden" vermittelt wird. Zum Beobachten der Natur gehört nicht nur das Objekt, sondern auch der Beobachtende. Bei der Beschreibung muss man um die Worte, um die Metaphern ringen. Weder natürliche Parameter, etwa diejenigen des Klimas, noch die auf sie bauenden Weltbilder sind etwas Starres, sondern immerwährendem Wandel unterworfen. Alle drei "Naturkunden" zeigen dies in eindrucksvoller Weise.

HANSJÖRG KÜSTER

John Muir:

"Die Berge

Kaliforniens".

Aus dem Amerikanischen von Jürgen Brôcan. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2013. 352 S., Abb., br., 34,- [Euro].

Cord Riechelmann: "Krähen". Ein Portrait.

Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2013. 156 S., Abb., br., 18,- [Euro].

Jürgen Goldstein: "Die Entdeckung der Natur".

Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2013. 310 S., Abb., br., 38,- [Euro].

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