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1919: Major Brendan Archer, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aus der englischen Armee entlassen, reist an die irische Ostküste, um seine Verlobte zu heiraten. Das Wiedersehen mit der Tochter des Besitzers des Hotels Majestic verläuft allerdings gänzlich anders als erhofft, zumal die Verlobte bald darauf verstirbt. In der Zwischenzeit aber hat sich der Major bereits auf die verbliebene Schar von Katzen, skurrilen Dienern und Bewohnern eingelassen und wird immer tiefer in den Sog des Verfalls des riesigen ehemaligen Prachthotels und seines polternden Besitzers Edward Spencer hineingezogen.…mehr

Produktbeschreibung
1919: Major Brendan Archer, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aus der englischen Armee entlassen, reist an die irische Ostküste, um seine Verlobte zu heiraten. Das Wiedersehen mit der Tochter des Besitzers des Hotels Majestic verläuft allerdings gänzlich anders als erhofft, zumal die Verlobte bald darauf verstirbt. In der Zwischenzeit aber hat sich der Major bereits auf die verbliebene Schar von Katzen, skurrilen Dienern und Bewohnern eingelassen und wird immer tiefer in den Sog des Verfalls des riesigen ehemaligen Prachthotels und seines polternden Besitzers Edward Spencer hineingezogen. Die brillante, von absurdem Humor durchzogene Erzählung spielt vor dem Hintergrund der entscheidenden Jahre Irlands auf dem Weg, zur Teilung des Landes. Die unerschöpflichen Facetten dieses jahrhundertealten Konflikts spiegeln sich wider in den verschiedenen Standpunkten der sehr lebensnah gezeichneten Figuren. Posthum mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet, bietet sich nun auch dem deutschen Leser die Gelegenheit zur Begegnung mit einem vollendeten Stilisten und großen Erzähler.
Autorenporträt
>Empire Trilogy< den Niedergang des Britischen Imperiums. Die Trilogie gilt als sein Hauptwerk, in dem er heftige Kritik an Kolonialismus und Ausbeutung übte. 1973 nutzte Farrell seine Preisrede zum Man Booker Prize, um diese Kritik gegenüber dem Sponsor des Preises, der Booker Group, erneut zu formulieren. 1979 ertrank er, als er beim Angeln ins Wasser stürzte.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Werner von Koppenfels reibt sich vor Freude die Hände über diesen Roman, der nachträglich mit dem (damals nicht vergebenen) Booker Preis des Jahres 1970 ausgezeichnet wurde. J.G. Farrell erzählt von der Zeit der irisch-englischen Teilung nach dem ausgesprochen harten Krieg zwischen  IRA und britischer Macht 1919. Farrell tut dies sehr präzise, zum Teil recht grausig, aber vor allem, meint Koppenfels, unglaublich komisch. Im Mittelpunkt des Romans steht ein aus der Zeit gefallenes Hotel in der Grafschaft Wexford und seine herrlich spleenigen Bewohner, darunter ein gerade aus den Schützengräber heimgekehrter Weltkriegsoffizier und der Ferkel züchtende Hausherr. Bitter, komisch und tragisch zugleich nennt der Rezensent das Buch und feiert seinen Autor als einen "Charakterschöpfer erster Güte".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2013

Bitterer Tee
James Gordon Farrell hat in den Siebzigerjahren in einer großen Roman-Trilogie vom Niedergang des
britischen Empire erzählt – der erste Band „Troubles“ ist nun endlich auf Deutsch erschienen
VON ULRICH BARON
Am Ende hat das Zahnschema bestätigen müssen, dass es sich bei dem, was ein Bauer am 13. September 1979 in der Bantry Bay nahe dem irischen Castletownbere zwischen Seegras treibend entdeckt hatte, um die sterblichen Überreste des Schriftstellers James Gordon Farrell handelte, der am 11. August beim Angeln unweit seines Hauses von einer Welle ins Meer gerissen worden war.
  In England war der 1935 in Liverpool geborene Farrell spätestens seit 1973 ein bekannter Autor, als „The Siege of Krishnapur“, der zweite Teil seiner „Empire Trilogy“, den Booker Prize erhalten hatte. Als 2010 die für 1970 erschienenen Romane nicht erfolgte Verleihung des Booker Prize nachgeholt und der Startband der Trilogie „Troubles“ ausgezeichnet wurde, rückte Farrell noch einmal ins rechte Licht.
  In „Troubles“ beweist Farrell seinen Sinn für das Komisch-Groteske, in das sich das Tragische hüllen muss, wenn es ihm am rechten Stoff mangelt. Und was wäre tragischer als der Untergang eines weltumspannenden Königreichs, dem der Stoff, aus dem man Heldensagen macht, fadenscheinig geworden ist, während nicht nur im fernen Indien, sondern vor der eigenen Haustür Aufstände toben?
  Äußerlich vom Krieg unversehrt, doch innerlich zerrüttet sieht sich der englische Major Brendan Archer 1919 in ein moribundes Weltreich entlassen. Vage erinnert er sich an die Verlobung mit der Tochter des anglo-irischen Hotelbesitzers Edward Spencer, und so führt ihn sein Weg auf die grüne Insel, wo die „Troubles“ seit dem irischen Osteraufstand 1916 nicht abreißen. Obwohl dort Anhänger der Sinn Féin für Ärger sorgen, scheint der Major an der irischen See sein Gegenstück zu Hans Castorps Zauberberg gefunden zu haben: „Damals stand das Majestic in Kilnalough noch, ganz am Ende einer schmalen Landzunge, auf der die dürren Kiefern kreuz und quer in alle Richtungen ragten.“
  Mit diesem Satz beginnend, umreißt der Roman die Geschichte des Majestic zunächst im Schnelldurchlauf. In der viktorianischen Zeit war die riesige Anlage Schauplatz mondäner Bälle und Segelregatten. In den frühen Zwanzigerjahren sind nur noch verkohlte Überreste vorhanden. Und schon beim Eintreffen des Majors befindet sich das Majestic in einem beklagenswerten Zustand. Von der Pracht, die sein Gastgeber nach der Rückkehr aus Indien gekauft zu haben meinte, ist nur ein schwacher Abglanz erhalten, der auf eine kleine Schar betagter weiblicher Stammgäste fällt. Die halten hartnäckig an „ihren“ Zimmern fest – „selbst als schon ganze Flügel und Bereiche davon tot waren und verfielen, gab es hier auf dieser Etage oder auf jener immer noch eine lebendige Zelle, die versorgt sein wollte“.
  Vergeblich hat Edward Spencer versucht, dem Palast mittels eines Generators der Marke „Do More“ neues Leben einzuhauchen. Im Lichte der neuen Zeit wird der Verfall nur noch deutlicher. Butler Murphy ist senil. Spencers Zwillingstöchter Faith und Charity machen ihren Namen keine Ehre, und die Natur hat in Gestalt eines wuchernden Palmengartens, von Rattenschwärmen und Katzenhorden begonnen, ihr Terrain zurückzuerobern.
  1966 hatte Farrell in den Ruinen des neuenglischen Ocean View Hotels das Vorbild seines Majestic entdeckt, und auch dessen elektrischer Lebensspender hat einen autobiografischen Aspekt. Nach einer Polio-Infektion hatte Farrell endlose Tage in einer „eisernen Lunge“ verbringen müssen. Schon in seinem zweiten Roman „The Lung“ (1965) hatte er diese Erfahrung verarbeitet. „Etwas Müdes, Bitteres lag in seinem Blick“, heißt es nun über den Major, der aus den Schützengräben in ein Spital und aus dem Spital in die Obhut einer ältlichen Tante entlassen worden war. Als die Tante ein paar junge Damen zum Tee einlädt, bringt er sie durch die hungrige Art in Verlegenheit, mit der er ihre Köpfe, Arme und Beine ansieht: „,Wie fest und solide sie aussehen‘, dachte er, ,aber wie leicht lösen sie sich vom Körper!‘“
  Archer wird zum Zeugen der Agonie jahrhundertelanger anglo-irischer Herrschaft. Erzählt wird mit einem Humor, der – wie die Mächte des Wassers, des Feuers und des Alters– die Fassaden des Majestic und seiner Bewohner angreift. Bei der Verlobung des Majors mit Angela Spencer handelt es sich womöglich um ein Missverständnis. Beim ersten und einzigen Kuss hatte Archer sich versehentlich auf einem Kaktus abgestützt: „Es hatte dermaßen wehgetan, dass er nur noch fortwollte. Doch der erstickte Schmerzensschrei hatte vielleicht einen falschen Eindruck von seinen Gefühlen gegeben.“ Der Griff in den Kaktus pointiert das Absurde dieser über die Kriegsjahre nur brieflich aufrechterhaltenen Beziehung, über die der Erzähler einmal sagt: „Angela hatte vielleicht geglaubt, dass auch sie inmitten von all dem Patriotismus etwas ganz Persönliches haben müsse, das sie verlieren konnte, und der Major, dass er doch wenigstens einen einzigen Grund zum Überleben brauchte.“
  Nachdem Farrell den Krieg und die Liebe ihres Pathos beraubt hat, fällt es ihm leicht, Angela aus Roman und Leben zu entlassen und den Major in eine aussichtslose Beziehung mit der maliziösen Irin Sarah zu verstricken. Angelas Aufgabe hat sich darin erschöpft, ihn brieflich in die Familienverhältnisse und ins Majestic einzuführen. Verschwiegen aber hatte sie ihren Bruder Ripon, den der Major für einen Dienstboten hält, als er ihn mit dem Pferdewagen abholt. Ripon hatte auf eine Kriegsteilnahme verzichtet und unterdessen die Tochter des reichsten Mannes im nahe gelegenen Dorf geschwängert – was je nach Blickwinkel auf eine Mesalliance oder auf eine friedliche Vereinigung von Irlands Katholiken und Protestanten hinauslaufen könnte.
  Nicht so im Majestic. Als der Vater der Braut dort vorstellig wird, hält ihn der gerade gärtnernde Spencer wegen seiner Neigung zu uniformähnlichen Kleidungsstücken für einen ältlichen Telegrammboten. Vom vermeintlichen Gärtner ins Hotel verwiesen, dessen Rezeption verwaist ist, irrt der Gast durch Flure und Treppenhäuser, die ein Piranesi entworfen haben könnte, während Spencer dort nach dem verschwundenen Telegrammboten sucht. So bewegen sich der absteigende protestantische und der aufsteigende katholische Mittelstand suchend aufeinander zu, doch sie finden sich nicht, weil sie sich nie auf derselben Ebene bewegen.
  Das Abschreiten des Schauplatzes, die Autopsie des maroden Gebäudes macht in „Troubles“ einen Großteil der Handlung aus, und am Ende beschwört das Majestic den strahlenden Glanz einer pompösen Epoche noch einmal herauf – indem es abbrennt. Außer einer Marmorstatue und einer vagen Sehnsucht nach Sarah wird der Major nichts aus jener Welt von gestern heimbringen. So tragikomisch wie in „Troubles“ ist diese Welt nirgendwo sonst verabschiedet worden. Ganz ruhig sei James Gordon Farrell nach seinem Sturz ins Meer gewesen, er habe nicht um Hilfe gerufen und sei einfach untergegangen, erinnerte sich eine Augenzeugin an den Ertrinkenden.
James Gordon Farrell: Troubles. Roman. Aus dem Englischen von Manfred Allié. Mit einem Nachwort von John Banville. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2013. 540 Seiten, 24,90 Euro.
Im generatorbetriebenen Licht
der neuen Zeit wird der Verfall des
noblen Hotels umso sichtbarer
Auftakt der „Troubles“ von 1919-1921: Zerstörte Häuser nach dem Osteraufstand in Dublin, 1916.
FOTO: SZ, SCHERL
James Gordon Farrell, 1935 in Liverpool geboren, gestorben 1979, beschrieb in seiner
Roman-Trilogie „Troubles“, „The Siege of Krishnapur“ und „The Singapore Grip“ den Niedergang des britischen Imperiums. FOTO: OH
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