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Die Reihe Studies on Modern Orient wurde als Studien zum Modernen Orient im Klaus Schwarz Verlag begründet. Die Bände sind religiösen, politischen und sozialen Phänomenen in muslimischen Gesellschaften der Moderne und Gegenwart gewidmet. Das Spektrum der Reihe ist dabei nicht auf den Nahen und Mittleren Osten beschränkt, sondern berücksichtigt auch relevante Themen in mehrheitlich nicht-muslmischen Regionen, beispielsweise in Europa oder Amerika.

Produktbeschreibung
Die Reihe Studies on Modern Orient wurde als Studien zum Modernen Orient im Klaus Schwarz Verlag begründet. Die Bände sind religiösen, politischen und sozialen Phänomenen in muslimischen Gesellschaften der Moderne und Gegenwart gewidmet. Das Spektrum der Reihe ist dabei nicht auf den Nahen und Mittleren Osten beschränkt, sondern berücksichtigt auch relevante Themen in mehrheitlich nicht-muslmischen Regionen, beispielsweise in Europa oder Amerika.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.02.2011

Quer durch alle Diktaturen
Der kommunistische Oppositionelle Fawzi Habashi beschreibt seinen langen Weg durch ägyptische Gefängnisse

In Ägypten hatten schon 1952 Militäroffiziere die Macht ergriffen. 1966 schrieb als erster arabischer Schriftsteller Sunallah Ibrahim über das Thema politische Gefangenschaft, mit dem sich später noch weitere Romanciers befassten, zuletzt auch oppositionelle Aktivisten. Zu diesen zählt der Kommunist Fawzi Habashi, dessen soeben in Berlin in englischer Übersetzung erschienene Autobiographie innerhalb des Genres der arabischen "Gefängnisliteratur" (adab alsudschun) zu verorten ist. Er saß zwischen 1947 und 1987 insgesamt zehn Jahre immer wieder in ägyptischen Gefängnissen, erst unter König Faruk und zuletzt in der Mubarak-Zeit.

Der 1924 in der Provinzhauptstadt Al-Minya geborene Christ, der zum Bauingenieurstudium nach Kairo ging, begeisterte sich wie viele seiner Generationsgenossen für den ägyptischen Patriotismus. In den vierziger Jahren war dieser bei den jungen Ägyptern mit einer stark antikolonialistischen Haltung verbunden - und eine solche vertrat, in Opposition zur Herrschaft des probritischen Königs Faruk, auch die kommunistische Bewegung Ägyptens, der sich Habashi schon bald anschloss. Im Sommer 1947 wurde er wegen des Verteilens von Flugblättern zum ersten Mal verhaftet. Ein Jahr später wurde er erneut inhaftiert und saß mehr als ein Jahr im Gefängnis Huckstep.

Huckstep wies ein für Ägyptens Gefängnisse typisches Merkmal auf: Die Aufteilung der Gefangenen entsprechend ihrer politischen Gesinnung. So wurden Kommunisten immer zusammen und strikt getrennt von politisch anders Orientierten untergebracht. In Huckstep erfolgte zudem eine interne Trennung zwischen "Ägyptern" und "Juden", die bis zum Exodus der ägyptischen Juden nach 1948 eine wichtige Rolle in der kommunistischen Bewegung des Landes spielten. Gewalt wurde dort gegen die Häftlinge nur in Ausnahmefällen eingesetzt.

Habashi, der im Februar 1950 im Rahmen einer Generalamnestie freikam, wurde nur wenige Jahre später von den Folgen der Juli-Revolution der "Freien Offiziere" von 1952 eingeholt. General Gamal Abdel Nasser und seine Weggefährten installierten eine Militärdiktatur, unter der die Haftanstalten schnell zu einem brutalen Unterdrückungsapparat wurden. 1954 wurde Habashi, der in einer unter falschem Namen angemieteten Wohnung Publikationen seiner Partei "Roter Stern" gedruckt hatte, erneut verhaftet und vorübergehend in einen unterirdischen Kerker des Kairoer Al-Istinaf-Gefängnisses in Einzelhaft gesperrt. Dort wurde er Zeuge, wie zahlreiche vom Revolutionsgericht zum Tode verurteilte Mitglieder der Muslimbruderschaft zur Hinrichtung abgeholt wurden.

Erst im Oktober 1955 wurde er von einem Militärgericht mangels Beweisen freigesprochen und aus der Haft entlassen. Die nächsten Jahre waren von wachsenden Spannungen zwischen dem Regime und der ägyptischen Linken geprägt, die Nasser - wie etwa im Sinai-Krieg 1956 - zwar unterstützte, seinem panarabischen Einigungsprojekt mit Syrien ("Vereinigte Arabische Republik", 1958-1961) jedoch kritisch gegenüberstand. Anfang Januar 1959 wurden die Kommunisten im Land erneut von einer Verhaftungswelle heimgesucht. Habashi tauchte für mehrere Monate unter und stellte sich schließlich in der Hoffnung, verschont zu werden, selbst der Polizei. Die Folge waren fünf Jahre Haft, die er in verschiedenen Strafanstalten verbrachte.

Im hundert Kilometer südlich von Kairo gelegenen Al-Azaab-Gefängnis hatten es die verfolgten Kommunisten mit dem Gefängnispersonal von Anfang an schwer. Zum Intellektuellenhass der Schergen und ihrer Abneigung gegen politische Gefangene kam ein rigides Strafsystem. So war in den sehr kurzen Waschzeiten jegliches Sprechen ebenso verboten wie einfaches Kopfnicken, das als subversiver politischer Kommunikationsakt ausgelegt und sofort mit Peitschenhieben geahndet wurde. Auch die Essensrationen waren äußerst dürftig, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet war, dass das korrupte Personal einen erheblichen Teil des Verpflegungsbudgets in die eigenen Taschen fließen ließ. Wer über Unterernährung und dadurch verursachte Krankheit klagte, wurde gnadenlos ausgepeitscht.

Später wurde Habashi mit anderen Gefangenen in das in der Südwüste gelegene Al-Wahat-Gefängnis verlegt. Der Bau war relativ neu, in getrennten Flügeln waren jeweils Muslimbrüder, verurteilte und noch auf ihren Prozess wartende Kommunisten untergebracht. Die verordnete Zwangsarbeit, die aus dem völlig sinnlosen Ausheben eines Kanals in der offenen Wüste bestand, wurde nach heftigen Protesten der Gefangenen bald eingestellt. Offenbar gestattete die isolierte geographische Lage dem Gefängnisdirektor einigen Spielraum. Die Gefangenen konnten nun relativ frei kulturelle Aktivitäten entfalten, und der Bauingenieur Habashi fasste bald den Plan, auf dem riesigen Gefängnishof ein kleines Theater zu errichten. Zwar waren eines Tages einige tausend der für das Projekt selbst hergestellten Ziegelsteine über Nacht verschwunden, die der Anstaltsdirektor zur Errichtung einer Mauer um seine Villa hatte konfiszieren lassen. Das Theater wurde dennoch gebaut, seine von Gefängnisinsassen inszenierten Aufführungen zogen bald auch von außerhalb kommende Besucher aus Polizeikreisen an.

1964 kam Habashi schließlich frei. Unter Nassers Nachfolger Anwar al Sadat wurde er 1975, 1979 und 1981 insgesamt etwa eineinhalb Jahre interniert. In der Mubarak-Zeit verbrachte er 1987 zwei Monate in Haft, über deren Umstände der Autor nichts berichtet - oder vielmehr nicht berichten durfte.

JOSEPH CROITORU

Fawzi Habashi: "Prisoner of All Generations". My Life in the Homeland Egypt.

Studien zum Modernen Orient 13. Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2011. 293 S., br., 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Joseph Croitoru stellt die gerade in Berlin auf Englisch erschienene Autobiografie des ägyptischen Kommunisten und Bauingenieurs Fawzi Habashi vor, die maßgeblich eine Rekapitulation seiner verschiedenen Gefängnisaufenthalte als politischer Gefangener zwischen 1947 und 1981 darstellt. Der Rezensent geht, Gefängnis nach Gefängnis, die unterschiedlichen Bedingungen der politischen Gefangenen unter wechselnden Machthabern durch. Am Ende merkt Croitoru noch an, dass Habashi von seinem letzten Gefängnisaufenthalt 1987 unter Mubarak in seiner Autobiografie nicht schreiben durfte.

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