19,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

Im Juni 1799 brach Alexander von Humboldt zu seiner legendären Forschungsreise auf, die ihn quer durch Süd- und Mittelamerika führte. Es war die Verwirklichung eines lang gehegten Traums - und zugleich eine Expedition, die Geschichte schrieb. Rund zweihundert Jahre später folgte der Autor Werner Biermann Humboldts Route. Genau wie die damalige Expedition passierte er die gefährlichen Katarakte am Orinoko, durchquerte den Dschungel und bestieg die Gipfel der Anden. Auf der Grundlage eigener Erlebnisse und historischer, zum Teil wenig bekannter Quellen zeichnet er Humboldts epochale Reise nach -…mehr

Produktbeschreibung
Im Juni 1799 brach Alexander von Humboldt zu seiner legendären Forschungsreise auf, die ihn quer durch Süd- und Mittelamerika führte. Es war die Verwirklichung eines lang gehegten Traums - und zugleich eine Expedition, die Geschichte schrieb. Rund zweihundert Jahre später folgte der Autor Werner Biermann Humboldts Route. Genau wie die damalige Expedition passierte er die gefährlichen Katarakte am Orinoko, durchquerte den Dschungel und bestieg die Gipfel der Anden. Auf der Grundlage eigener Erlebnisse und historischer, zum Teil wenig bekannter Quellen zeichnet er Humboldts epochale Reise nach - seine abenteuerlichen Begegnungen ebenso wie seine atemberaubenden Entdeckungen. Eine glänzend geschriebene historische Reportage und das imposante Charakterbild einer Weltfigur, die uns bis heute in ihren Bann schlägt.
Autorenporträt
Werner Biermann (1945-2016) war Autor und Filmemacher und realisierte etwa fünfzig lange Dokumentarfilme, darunter 'Am Abgrund. Anatomie der Kubakrise' (2002) und 'Der Erste Weltkrieg - Alptraum Verdun' (2004). Für seine Arbeiten wurde er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a. 'Strauß. Aufstieg und Fall einer Familie' (2006, Neuausgabe 2015) und 'Der Traum meines ganzen Lebens. Humboldts amerikanische Reise' (2008).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Carlos Widmann ist nicht so wahnsinnig gesprächig, was das Buch betrifft. Werner Biermann hat ein "spannendes" Buch verfasst, das seinen Versuch dokumentiert, mittels heutiger Verkehrsmittel den Spuren Alexander von Humboldts um den Globus zu folgen. So weit so gut. Den unüberbrückbaren Hiat der Zeit kann Widmann auf jeder Seite spüren, jede Menge Zitate eröffnen ihm eine "populäre" Perspektive. Besser als den ganzen Humboldt lesen zu müssen, ist das allemal, gibt Widmann zu verstehen. Was den Autor noch beschäftigt, Humboldts sexuelle Vorlieben zum Beispiel, findet Widmann dagegen weniger interessant.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.07.2008

Ein Anfall von Fernweh
Werner Biermann folgt der Route Alexander von Humboldts durch Südamerika
Kaum war Christoph Kolumbus am 12. Oktober 1492 am Strand von Guanahaní an Land gegangen, ließ er in den Boden der Bahamas das Kreuz der Christenheit rammen. Alexander von Humboldt, der den neuen Erdteil am 16. Juli 1799 in Venezuela erreichte, artikulierte seine Begeisterung anders. Er fiel auf die Knie, steckte ein Thermometer in den Sand und notierte: 37 Grad.
Das waren die Tropen, von denen er während seiner Jugend geträumt hatte. Die zentrifugale Krankheit, die den 29-jährigen Berliner zu einer fünfjährigen Forschungsreise nach Süd- und Nordamerika trieb, erfüllte ihn mit einer heute kaum nachvollziehbaren Euphorie. Wohin die Fliehkraft ihn führte, alles trug den Stempel des Fremdartigen: die Welt frisch und vielfältig, der Mensch eine noch seltene Spezies, nirgends die Öde gläserner Termitentürme und der Horror fauchender Asphaltpisten. Mexikos Hauptstadt, damals – und jetzt wieder – die größte Metropole Amerikas, hatte bei Humboldts Besuch 150 000 Einwohner. Heute, zwölf Generationen später, zählt sie 25 Millionen.
Mit Buschpiloten, Geländewagen und Motorbooten hat der Autor und Dokumentarfilmer Werner Biermann die Expedition Alexander von Humboldts nachzuholen versucht. Nur kann der vergleichende Blick auf unveränderte Sehenswürdigkeiten – den Chimborazo-Gipfel, die tiefste Andengrotte, den höchsten Wasserfall, die nacktesten Indios – den Abgrund der Zeit nicht überbrücken. Gleichwohl ist „Der Traum meines ganzen Lebens – Humboldts amerikanische Reise” eine lohnende, spannende, an Zitaten reiche Lektüre, zum populären Augenöffner geeignet.
Menschen vom Kaliber Alexander von Humboldts werden heute nicht mehr gemacht, und wer kann schon die 34 Bände durchforsten, in denen er die wissenschaftliche Ernte seiner Amerika-Expedition auf Französisch ausbreitete? (Die deutsche Kurzfassung umfasst sieben Bände.) Dazu die Tagebücher von 3000 Kilometern Orinoco-Fahrt, von 5000 Kilometern Flusstour und „Bergwanderung” über die Kordillerenkette – vom karibischen Cartagena bis Lima – , und als Nachtisch sein Standardwerk über das koloniale Kuba.
Vorausgegangen waren unzählige, eilig verfasste Briefe und Berichte, oft mühsam mit insektenzerstochener Hand gekritzelt, die praktisch der Flaschenpost überantwortet werden mussten: Einmal haben Humboldt und sein einziger europäischer Begleiter, der Botaniker Aimée Bonpland, über das von Raubgesindel wimmelnde Meer zwei Jahre lang keine einzige Antwort erhalten. Sie schickten ihre eloquenten Berichte in ein stummes Vakuum hinein. Aber das meiste ging nicht verloren, es wurde gelesen und gedruckt, es beschäftigte die aufgeklärtesten Geister, und noch im Lauf der Reise begriff der junge Deutsche, dass er den heiß erstrebten Weltruhm erlangt hatte. Auf der letzten Etappe, in Washington, hat Präsident Thomas Jefferson den Baron de Humboldt zum Verweilen eingeladen und sich zwei Wochen lang mit ihm unterhalten.
Gänge ins Bordell
„Aus heutiger Sicht” ist eine erwünschte Perspektive, die ihre Tücken hat. Biermann zeigt tiefes Mitgefühl für den kleinen Alexander, der wie sein Bruder Wilhelm auf Schloss Langweil von Privatlehrern unterrichtet wird und sich ständig gemisshandelt fühlt. Der Vater hatte vom preußischen König das Zahlenlotto-Monopol gepachtet, es gab auf Schloss Tegel reichlich Taler, und Berlins gelehrteste Universitätsdozenten dienten den beiden Knaben als Schulmeister. Wilhelm von Humboldt vertrug die Überdosis an Geist der Aufklärung bestens, er „begriff sich als Kunstwerk”, an dessen Vervollkommnung er ständig arbeitete, und hat es dann auch ziemlich weit gebracht.
Alexander dagegen lernte und litt, hasste die Gefangenschaft, verabscheute den märkischen Sand und bekam mit 18, beim ersten Anblick des Ärmelkanals, einen krisenhaften Anfall von Fernweh; letzteres hat sich dann als nachhaltig und fruchtbar erwiesen. Bei solcher preußischen Erziehung von „geistiger Enge” zu reden, erscheint angesichts des Ergebnisses übertrieben anti-elitär.
Noch eine aktuelle Frage lässt dem Autor keine Ruhe: „Der große Forscher Humboldt – schwul?” Biermann unterstellt den bisherigen Biographen „verzweifelte Suche nach erotisch-sexuellen Beziehungen zu Frauen in Alexanders Leben” und zieht es vor, die Männerfreundschaften mit ihrer zunächst schwärmerischen Komponente zu emphatisieren. Das bringt allerdings auch nichts. Humboldts Privatsphäre ist nur während eines langen Aufenthalts in Quito von einem frömmelnden Kollegen kritisch beobachtet worden: der Deutsche ging, wie die liederlichen Señoritos der Oberschicht, furchtbar gerne ins Bordell. Für den Rest seines Lebens war er, wenn es nur irgend ging, in Paris, und blieb nachweislich Junggeselle. Ohne triftige neue Erkenntnisse sollte von einer Eingemeindung aufgrund der sexuellen Präferenz abgesehen werden.
Das ererbte Vermögen hatte Humboldt seiner wahren Leidenschaft, den Reisen und Forschungen geopfert; als Greis war er mittellos, konnte manchmal seinen Diener nicht bezahlen. Also wandte er sich an den König von Preußen mit der Bitte, seine Schulden beim Bankhaus Mendelssohn – 6726 Taler – zu übernehmen. Friedrich Wilhelm IV. erwiderte prompt und mit vollendetem Stil: „Ich hätte nicht ruhig schlafen können in der Besorgnis, es möchte mir jemand zuvorkommen.” CARLOS WIDMANN
WERNER BIERMANN: „Der Traum meines ganzen Lebens”. Humboldts amerikanische Reise. Rowohlt Berlin, Berlin 2008. 363 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr
Ein Anfall von Fernweh

Werner Biermann folgt der Route Alexander von Humboldts durch Südamerika

Kaum war Christoph Kolumbus am 12. Oktober 1492 am Strand von Guanahaní an Land gegangen, ließ er in den Boden der Bahamas das Kreuz der Christenheit rammen. Alexander von Humboldt, der den neuen Erdteil am 16. Juli 1799 in Venezuela erreichte, artikulierte seine Begeisterung anders. Er fiel auf die Knie, steckte ein Thermometer in den Sand und notierte: 37 Grad.

Das waren die Tropen, von denen er während seiner Jugend geträumt hatte. Die zentrifugale Krankheit, die den 29-jährigen Berliner zu einer fünfjährigen Forschungsreise nach Süd- und Nordamerika trieb, erfüllte ihn mit einer heute kaum nachvollziehbaren Euphorie. Wohin die Fliehkraft ihn führte, alles trug den Stempel des Fremdartigen: die Welt frisch und vielfältig, der Mensch eine noch seltene Spezies, nirgends die Öde gläserner Termitentürme und der Horror fauchender Asphaltpisten. Mexikos Hauptstadt, damals – und jetzt wieder – die größte Metropole Amerikas, hatte bei Humboldts Besuch 150 000 Einwohner. Heute, zwölf Generationen später, zählt sie 25 Millionen.

Mit Buschpiloten, Geländewagen und Motorbooten hat der Autor und Dokumentarfilmer Werner Biermann die Expedition Alexander von Humboldts nachzuholen versucht. Nur kann der vergleichende Blick auf unveränderte Sehenswürdigkeiten – den Chimborazo-Gipfel, die tiefste Andengrotte, den höchsten Wasserfall, die nacktesten Indios – den Abgrund der Zeit nicht überbrücken. Gleichwohl ist „Der Traum meines ganzen Lebens – Humboldts amerikanische Reise” eine lohnende, spannende, an Zitaten reiche Lektüre, zum populären Augenöffner geeignet.

Menschen vom Kaliber Alexander von Humboldts werden heute nicht mehr gemacht, und wer kann schon die 34 Bände durchforsten, in denen er die wissenschaftliche Ernte seiner Amerika-Expedition auf Französisch ausbreitete? (Die deutsche Kurzfassung umfasst sieben Bände.) Dazu die Tagebücher von 3000 Kilometern Orinoco-Fahrt, von 5000 Kilometern Flusstour und „Bergwanderung” über die Kordillerenkette – vom karibischen Cartagena bis Lima – , und als Nachtisch sein Standardwerk über das koloniale Kuba.

Vorausgegangen waren unzählige, eilig verfasste Briefe und Berichte, oft mühsam mit insektenzerstochener Hand gekritzelt, die praktisch der Flaschenpost überantwortet werden mussten: Einmal haben Humboldt und sein einziger europäischer Begleiter, der Botaniker Aimée Bonpland, über das von Raubgesindel wimmelnde Meer zwei Jahre lang keine einzige Antwort erhalten. Sie schickten ihre eloquenten Berichte in ein stummes Vakuum hinein. Aber das meiste ging nicht verloren, es wurde gelesen und gedruckt, es beschäftigte die aufgeklärtesten Geister, und noch im Lauf der Reise begriff der junge Deutsche, dass er den heiß erstrebten Weltruhm erlangt hatte. Auf der letzten Etappe, in Washington, hat Präsident Thomas Jefferson den Baron de Humboldt zum Verweilen eingeladen und sich zwei Wochen lang mit ihm unterhalten.

Gänge ins Bordell

„Aus heutiger Sicht” ist eine erwünschte Perspektive, die ihre Tücken hat. Biermann zeigt tiefes Mitgefühl für den kleinen Alexander, der wie sein Bruder Wilhelm auf Schloss Langweil von Privatlehrern unterrichtet wird und sich ständig gemisshandelt fühlt. Der Vater hatte vom preußischen König das Zahlenlotto-Monopol gepachtet, es gab auf Schloss Tegel reichlich Taler, und Berlins gelehrteste Universitätsdozenten dienten den beiden Knaben als Schulmeister. Wilhelm von Humboldt vertrug die Überdosis an Geist der Aufklärung bestens, er „begriff sich als Kunstwerk”, an dessen Vervollkommnung er ständig arbeitete, und hat es dann auch ziemlich weit gebracht.

Alexander dagegen lernte und litt, hasste die Gefangenschaft, verabscheute den märkischen Sand und bekam mit 18, beim ersten Anblick des Ärmelkanals, einen krisenhaften Anfall von Fernweh; letzteres hat sich dann als nachhaltig und fruchtbar erwiesen. Bei solcher preußischen Erziehung von „geistiger Enge” zu reden, erscheint angesichts des Ergebnisses übertrieben anti-elitär.

Noch eine aktuelle Frage lässt dem Autor keine Ruhe: „Der große Forscher Humboldt – schwul?” Biermann unterstellt den bisherigen Biographen „verzweifelte Suche nach erotisch-sexuellen Beziehungen zu Frauen in Alexanders Leben” und zieht es vor, die Männerfreundschaften mit ihrer zunächst schwärmerischen Komponente zu emphatisieren. Das bringt allerdings auch nichts. Humboldts Privatsphäre ist nur während eines langen Aufenthalts in Quito von einem frömmelnden Kollegen kritisch beobachtet worden: der Deutsche ging, wie die liederlichen Señoritos der Oberschicht, furchtbar gerne ins Bordell. Für den Rest seines Lebens war er, wenn es nur irgend ging, in Paris, und blieb nachweislich Junggeselle. Ohne triftige neue Erkenntnisse sollte von einer Eingemeindung aufgrund der sexuellen Präferenz abgesehen werden.

Das ererbte Vermögen hatte Humboldt seiner wahren Leidenschaft, den Reisen und Forschungen geopfert; als Greis war er mittellos, konnte manchmal seinen Diener nicht bezahlen. Also wandte er sich an den König von Preußen mit der Bitte, seine Schulden beim Bankhaus Mendelssohn – 6726 Taler – zu übernehmen. Friedrich Wilhelm IV. erwiderte prompt und mit vollendetem Stil: „Ich hätte nicht ruhig schlafen können in der Besorgnis, es möchte mir jemand zuvorkommen.” CARLOS WIDMANN

WERNER BIERMANN: „Der Traum meines ganzen Lebens”. Humboldts amerikanische Reise. Rowohlt Berlin, Berlin 2008. 363 Seiten, 19,90 Euro.

SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH

…mehr