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Eine junge Frau verliebt sich in einen nicht mehr jungen Mann - daraus folgt, heftige Funken sprühend, der Zusammenstoß zweier Welten und Wahrnehmungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie ist voller Phantasie, die das Leben verklärt, doch das ändert nichts an ihrer Einsamkeit. Und daran, dass sie Sozialhilfe empfängt. Er hat als Sachbearbeiter im Sozialamt eine Überdosis Wirklichkeit abbekommen. Privat läuft nichts mehr, zweimal getrennt, Tochter und Sohn sieht er sporadisch, nie wieder will er eine Beziehung eingehen. Als sie ihren Sachbearbeiter zum ersten Mal sieht, steht…mehr

Produktbeschreibung
Eine junge Frau verliebt sich in einen nicht mehr jungen Mann - daraus folgt, heftige Funken sprühend, der Zusammenstoß zweier Welten und Wahrnehmungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie ist voller Phantasie, die das Leben verklärt, doch das ändert nichts an ihrer Einsamkeit. Und daran, dass sie Sozialhilfe empfängt. Er hat als Sachbearbeiter im Sozialamt eine Überdosis Wirklichkeit abbekommen. Privat läuft nichts mehr, zweimal getrennt, Tochter und Sohn sieht er sporadisch, nie wieder will er eine Beziehung eingehen. Als sie ihren Sachbearbeiter zum ersten Mal sieht, steht fest: er ist ihr Mann. Er will von seinem Glück nichts wissen - und lässt sich dennoch auf sie ein. Für ihn eine rein sexuelle Angelegenheit, glaubt er. Für sie die Erfüllung, der erste Schritt zur lang ersehnten Familie. Je weniger er von ihr lassen kann - die körperliche Anziehung zwischen beiden ist gewaltig -, desto mehr wiegt sie sich in Sicherheit. Natürlich droht eine Katastrophe, denn si
Autorenporträt
Kirsten Fuchs, 1977 in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) geboren, absolvierte eine Ausbildung zur Tischlerin. Sie ist Mitglied verschiedener Berliner Lesebühnen und schreibt regelmäßig für die "taz". 2003 gewann Kirsten Fuchs den renommierten Berliner Literaturwettbewerb "Open Mike".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2005

Das Mädchen und der Wolf
Tadellose Handarbeit: Kirsten Fuchs’ fulminanter und sehr vergnüglicher Roman „Die Titanic und Herr Berg”
Von Volker Breidecker
Prosafreuden, deren wir in diesem Sommer entbehrten, werden uns nun durch einen Debütroman zuteil, dessen Autorin von keiner Schreibhochschule verdorben ist. Schräg wie sein Titel ist der Roman „Die Titanic und Herr Berg” von Kirsten Fuchs: Es ist die Geschichte einer amour fou, wie sie dreister und romantischer, komischer und bukolischer, realer und surrealer, alltäglicher und allnächtlicher schon lange nicht mehr erzählt wurde. Ein unbeschriebenes Blatt ist die 28-jährige Autorin allerdings nicht: Seit Jahren bedient Kirsten Fuchs eine Kolumne in der taz, in Berlin ist sie auf diversen Lesebühnen präsent, mit Auszügen aus ihrem entstehenden Roman hat sie vor zwei Jahren den Lesepreis „Open Mike” gewonnen.
Die „Titanic”, das ist Tanja Janssen, die man sich wie eine Pipi Langstrumpf zu Beginn ihrer Twen-Jahre oder wie einen Schlemihl der Hartz IV-Ära vorstellen muss: Ein sexbesessener, liebestoller Wirbelwind, der schon morgens gute Laune hat, die im Tagesverlauf anschwillt, gleich der Hitze im Maschinenraum eines fahrenden Ozeandampfers. Diese Heldin ist entschiedener als ihre Vorgängerin Anna Karina, die in einer vergleichbar entzückenden Sternstunde der Filmgeschichte - in Jean-Luc Godards „Pierrot le fou” - mit dem Refrain „Was soll ich bloß machen? Ich weiß nicht, was ich tun soll!” auf den Lippen am Ufer des Mittelmeers entlang schlendert, ihre Arme weit von sich werfend.
Tanja hingegen weiß schon etwas anzufangen, vor allem mit ihren Händen: Und so beginnt der Roman mit der glorreichsten und amüsantesten Masturbationsszene der neueren Literaturgeschichte: „Frauen, die Dildos benutzen”, kommentiert die Ich-Erzählerin ihr autogenes Training, „verstehe ich nicht. Frauen, die Mohrrüben benutzen, verstehe ich nicht. Frauen, die Kerzen benutzen, aber sich dabei keine Kerze anzünden, verstehe ich einfach nicht.” Derart gesegnet sind die Freudentage und Weihnächte auf der Titanic.
Ein paar Seiten darauf verlässt Tanja ihr häusliches Aquarium mit einer zündenden Idee im Kopf, für die Kirsten Fuchs einen Satz parat hat, der schon für sich genommen preiswürdig ist: „Am Freitag bin ich zum Sozialamt gegangen, um Sex zu beantragen, mit Kino vorher und Essen gehen vorher und beieinander übernachten nachher, alles.” Auf dem Sozialamt sitzt ein Herr Berg als Sachbearbeiter, Peter Berg, doppelt so alt wie sie, ein raunzender, kettenrauchender Zyniker und Hypochonder. Von Tanja, die ihn flugs in ihr Bett befördert und sich obendrein Hals über Kopf in ihn verliebt, wird der dröge Kerl „Petermännchen” genannt. Mit ihm zieht ein zweiter Ich-Erzähler ein, der mit dem Leben - „Always dasselbe”, stänkert er - längst abgeschlossen hat: „Ich bin ein Mann, der die Statistiken füllt”, brummelt er, „Arbeitnehmer, geschieden, zwei Kinder, Single mit Affäre, FAZ-Leser, ratzfatz ist das Leben weg.” Aber erst mal gemach.
Erzählt wird aus beider Ich-Perspektive in wechselnden inneren Monologen, die im Buch durch unterschiedliche Schrifttypen wiedergegeben sind: Dürre, steil und kantig ist die männliche, kleiner, gerundeter und praller die weibliche Type. Was, auch wenn die Körper heftig einander begehren, hingegen in den Köpfen vor sich geht, könnte konträrer gar nicht sein. Autistisch veranlagt sind beide Hauptfiguren, der Mann etwas mehr, die Frau etwas weniger. Deshalb ist ihr Beisammensein gar nicht so reibungsvoll, wie es scheinen will. Da vögeln sich zwei zwar bis „an den Abgrund” - aber doch nur der Matratze. Tanja setzt außerdem auf Liebe und hofft weiterhin auf Gegenliebe, auch wenn sie weiß und selbst praktiziert, dass Liebe und Sex nicht unbedingt dasselbe sind. Peter aber - das Wort ist hier am Platz - fickt nicht anders, als er auch sein Bier trinkt, nämlich eiskalt. Zumindest bildet er sich ein, das könnte so gehen, schäumen und fließen: „Sie Loch, ich Stöpsel”. Plopp.
So gesehen, könnte es sich bei den mit verspielter, beinahe verliebter sprachlicher Formulierungslust ausführlich geschilderten Kollisionen und Karambolagen zwischen der Titanic und ihrem Eisberg auch um Pornographie handeln - tut es aber nicht. Denn darin besteht das mit Bravour bewältigte Kunststück der Autorin: dieser Roman ist auf schamlose - also liebenswerte - Weise obszön, ohne auch nur an einer einzigen Stelle pornographisch zu sein. Die einschlägigen Trivia und Stereotypen des Genres zielen ja sonst auf unmittelbare sexuelle Reizung und blähen dazu alle Details, vor allem die „Geschlechtswerkzeuge”, gewaltig auf. Zum Obszönen hingegen gehört ein Überschuss, der auch im Drastischen auf das Bündnis mit dem Komischen und Surrealen, dem Bukolischen und dem Burlesken zielt.
Für Sätze wie diese hat der Roman im Bücherregal einen Ehrenplatz neben den Epigrammen des Martial verdient: „Ich schiebe seine Vorhaut vor und zurück. Die Vorhaut. Die Zurückhaut. Die Vorhaut.” Und nicht nur in eroticis entwickeln Sprache und Erzählweise von Kirsten Fuchs neben einem einzigartigen Rhythmus und unverwechselbaren Sound eine erstaunlich reife und doch ganz spielerisch bewältigte Kontur. Dies bewahrt ihre Schilderungen auch vor dem Abgleiten ins Karikaturhafte, während alle surrealen Momente auf der Titanic vollplastisch ausgeschöpft werden: „In einem Moment von völligem Glück sage ich es ihm: Da, nimm! Ich halte dabei seinen Kopf: Da friss! Ich liebe dich: Da, schluck! Er macht ein Trickfilmgesicht. . . Da sind ihm die Augen raus gesprungen, mit Sprungfedern hintendran, sie sind zurück geschnellt und durch den Aufprall schoss ihm die Zunge aus dem Mund, rollte sich ein wie ein roter Teppich durch mein Zimmer, an der gegenüberliegenden Wand hoch.”
Nur selten wurde auch dem Berliner Geplärre verspielter, lakonischer und unaufdringlicher gehuldigt als hier, wo ein banales Telefongespräch mit einer Freundin so geschildert ist: „Ina schreit. Ina wohnt seit Jahren in einem Haus in Mitte, auf das im Krieg sehr geschossen wurde. Um ihr Schlafzimmerfenster sind überall runde Löcher im Stein. Deshalb schreit sie in Gesprächen immer. Sie ruft etwas durch den Kugelhagel.”
Es ist nicht leicht, einen solchen Sound auf dreihundert Seiten durchzuhalten, was man dem Roman ab der Mitte auch anmerkt. Kirsten Fuchs ist - wie aus dem Klappentext zu erfahren - gelernte Tischlerin, und tatsächlich wirken ihre Sätze wie gedrechselt. Und welcher Tischler gibt sein Paradestück schon gerne freiwillig aus der Hand? Am liebsten würde er nicht aufhören, daran zu arbeiten. Kirsten Fuchs scheint es da auch nicht anders zu gehen. Aber dieses Stück ist schon so sehr gut.
Kirsten Fuchs
Die Titanic und Herr Berg
Roman. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2005. 285 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Auch wenn sie die Idee hinter der Geschichte wenig überzeugend findet, fühlt sich die Rezensentin Kirsten Riesselmann von diesem Debütroman der taz-Kolumnistin und "Open Mike"-Gewinnerin 2003 Kirsten Fuchs gut unterhalten. Fuchs mache "aus den schalen Zutaten ganz lässig und herrlich sprachmanschettenlos eine interessante Angelegenheit". Die Autorin kann sie zwar nicht überzeugen, warum sich ihre inkompatiblen Protagonisten ausgerechnet in eine Affäre verheddern müssen. Interessant sind sie für den Leser nach Riesselmanns Meinung dennoch. Auch stilistisch gefällt ihr die Geschichte. Der nüchterne, gerade Satzbau kontrastiere mit einer "verspielt" bildhaften Sprache und schaffe so ein interessantes Spannungsfeld.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2005

Sex statt Sozialhilfe
Amour fou in Zeiten von Hartz IV: Das furiose Romandebüt von Kirsten Fuchs / Von Martin Halter

Sozialämter sind nicht unbedingt Brutstätten sexueller Abenteuer. Sachbearbeiter wie Peter Berg schieben am Arbeitsplatz keine Nummern, sondern Menschen wie Zahlen hin und her. "Seid von innen glücklich", empfiehlt er seinen Klienten. "Eßt mehr Schokolade, die billige von Aldi, und fickt mehr." Herr Berg - zweiundvierzig, zweimal geschieden, zwei Kinder, Kamikazeraucher und "Panzerzwiebel" - gibt der "sozialen Kälte" ein männliches Gesicht. Wenn einer Sozialhilfe braucht, dann er: "Ich habe meine eigenen Probleme, die nicht so klein sind, daß man ihnen einen Party-Hut aufsetzen kann, und dann sehen sie niedlich aus, wie man es mit behinderten Kindern macht, Stimmung, Konfetti, Trillerpfeife ... Ich bin genau so eine Lusche wie alle anderen. Warum sollte mich ein fremder Weg zum Luschigsein interessieren?" Wenn der schwarze Peter abends vor seinem verschmutzten Aquarium onaniert, fließen fischblütiger Zynismus, Angestelltentristesse und müdes Selbstmitleid in eine trübe Brühe; obenauf schwimmen resigniert Sprachbrösel wie "muß ja", "ist okay" oder "so schauts".

Tanja Jannsen macht es sich auch gern und oft selber, am liebsten romantisch mit Kerzen und Flaschen. Halb so alt und doppelt so rollig wie ihr Sachbearbeiter, hat sie alle Höllenkreise des sozialen Abstiegs - Heim, Alkohol, Drogen, psychische Verwahrlosung - durchschritten, ohne je mit ihrem Schicksal zu hadern. Tanja ist die Musterfrau staatlicher Sozialhilfe: Quirlig, mutig und notorisch aufgekratzt, läßt sie den Kopf nie hängen und weder Herz noch Bett kalt werden. Wenn schon bedürftig und arbeitslos, dann wenigstens notgeil und sexuell hyperaktiv. Peter ist ihr Mann, "alle meine Männer zusammen", also Durchschnitt; aber bei Eisbergen liegen die besten Achtel ja auch unter Wasser. Man kann sich die permanent erregte Verdrängungskünstlerin schwer als Luxusdampfer vorstellen, aber Titanic Tanja rammt Eisberg Peter frontal. Und sinkt, weil sie trotz aller Gier und Hitze das Eis nicht schmelzen, nicht einmal für sich erwärmen kann.

Rein sexuell hat das "Petermännchen" an seiner süßen "Puddingschnecke" nichts auszusetzen: "Sie Loch, ich Stöpsel - paßt." Tanja findet das auch; für ihren Peter geht sie sogar nachts Bier holen, und wenn er ihre Puddingschnecke bespuckt und hinterher gleich wegpennt, sträubt sich ihr kein feministisches Härchen. Die beiden "sexen wie die Kaputten". Tanja zittert wie eine Wäschetrommel und heult wie eine Sirene, kommt aber nie; und Berg kommt nur bei ihr vorbei, weil er ja muß. Wo sie von Liebe und Familie träumt und schon Babysachen hortet, will er nicht mal seine Zahnbürste abstellen. Sie hat "Die Legende von Paul und Paula" und Kindermärchen im Kopf: "Du bist mir in mein Nachthemd gefallen, vom Himmel, wie ein Goldstück." Er sagt nur "Ist okay" und schreibt seinem Freund: "Außer daß sie eine Frau ist, hat sie keine Geschlechtskrankheit." Der Sach- und seine Sackbearbeiterin werden weder zusammen kommen noch zusammenkommen.

Kirsten Fuchs, die achtundzwanzigjährige Tischlerin aus Karl-Marx-Stadt, erzählt in ihrem ersten Roman keine Liebesgeschichte in Zeiten von Hartz IV und schon gar nicht ein Sozialmelodram. "Dies ist keine Leidensgeschichte", stellt Tanja gleich im ersten Satz klar. Nichts also (oder allenfalls kryptische Andeutungen) von Demütigungen und Verzweiflung, wie sie von ihrer Familie verstoßen wurde, das Kind weggenommen bekam und sich jetzt mit kleinkriminellem Jux und promiskuitiver Tollerei durchschlägt. Was sie braucht, nimmt sie sich, ohne Jammern, verschwiemelte Phrasen oder gar Scham. Was für Peter eine haut- und nervenaufreibende Affäre ist, ist für sie Rausch und Glück, grundloser Jubel und heiter ertragener Schmerz: eine uneingestandene Tragödie.

Kirsten Fuchs, die radikalste Erotikerin der jüngeren deutschen Literatur, weiß, was Tanjas brauchen: nicht weichliche Sentimentalität, sondern harte Schwänze, keine schwesterlichen Kuschelpartys oder politisch korrekten Klagelieder, sondern herzerfrischende Direktheit. "Sex schändet nicht." Unzumutbar sind nicht die Putzjobs vom Arbeitsamt, sondern nur Sozialamtsmänner, die sie nicht hart und ausdauernd genug rannehmen. "Die Titanic und Herr Berg" ist soziale Pornographie: die Geschichte einer sehr einseitigen amour fou.

Zugegeben, der Zusammenstoß zwischen einem Wrack und einem Eisberg ist an den Haaren herbeigezogen. Selbst wenn Sozialhilfeempfängerinnen sich auf ihre Sachbearbeiter stürzen sollten: Man wirft nicht ungestraft Hunderter aus dem Fenster und betrügt den einzigen mit jeder dahergelaufenenen Lusche. Was dieses Debüt so aufregend macht, ist weniger der Plot als die Sprache: ein extravagantes Gemisch aus unverblümter Drastik, trockenem Witz und rasender Zärtlichkeit. Kirsten Fuchs, ständiger Gast auf Berliner Lesebühnen und 2003 Gewinnerin des "Open Mike", weiß, wo und wie man Leser packen muß: mit mädchenhaft verspieltem Griff unter die Gürtellinie. Jeder Satz knallt und bumst und brennt, wo man es am wenigsten erwartet, und darin liegt auch das Problem.

Was live, beim Poetry-Slam-Auftritt, erheitert und verblüfft wie ein heißer Quickie im Sozialamt, wirkt auf die lange Distanz und im Berliner Winteralltag doch erkaltend. Der schräge Blick verrutscht ins Schiefe, die sexuelle Spannkraft läßt naturgemäß nach, und so entlädt sich das oralerotische Wortspielgewitter schließlich in einem Landregen von jelinekartigen Kalauern oder ganz "dollen" Nu-kiek-mal-Berlinismen. Manchmal, etwa bei Tanjas Ausflug nach Prag, gelingen Fuchs wunderbare Passagen, in denen Sprachlosigkeit und Verständigungsprobleme zu lakonischen Bildern wunschlosen Unglücks gerinnen; aber irgendwann sinkt die Titanic unter der Überlast einsamer Dialoge und zweisamer Selbstbefriedigung.

Fuchs' Bordkapelle spielt bis zum Untergang die Choräle der sexuellen Hörigkeit, mit Pauken und Trompeten und auch mit leiseren Instrumenten. Aber die anfangs so munter frivole Musik verschwimmt mehr und mehr in einem Rauschen, durch das kein Ton mehr von außen dringt. Die beiden tagebuchartig gegeneinander montierten Stimmen unterscheiden sich nur typographisch, obwohl der schlaffe Zyniker und die allzeit bereite Tagträumerin doch außer Sex nichts gemein haben. Dennoch, trotz aller Kinderkrankheiten und einer Überdosis der "legalen Droge mit warmer Haut": Dieser Roman einer asymmetrischen folie à deux ist eines der erstaunlichsten und jedenfalls gewagtesten Debüts dieses Herbstes.

Kirsten Fuchs: "Die Titanic und Herr Berg". Roman. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2005. 286 S., geb., 18,90 [Euro].

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Aus Kirsten Fuchs' Text möchte man ständig Sätze wie Münzen in der Tasche hin und her wenden: Sätze mit Gebrauchswert, die nützlich sind und dennoch schön. Frankfurter Allgemeine Zeitung