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Den anarchischen Gewalten von Trieb und Geld ausgesetzt, bewegen sich die Figuren um den Montmartre, wo Außen und Innen, reale und zeichenhafte Örtlichkeiten, der literarische Mythos Paris und Reminiszenzen an andere Städte ineinanderfließen. Das"Pariser Manuskript"und die dazugehörigen Traumprotokolle geben in symbolisch verdichteter Form die krisengestimmte Lage des Autors um 1950 wieder. Es ist die grotesk-surreale Geschichte einer inneren Hadeswanderung durch albtraumartige Szenerien. Ein literarisches Bukett aus Psychoanalyse, Existenzialismus und Surrealismus - ursprünglich auf…mehr

Produktbeschreibung
Den anarchischen Gewalten von Trieb und Geld ausgesetzt, bewegen sich die Figuren um den Montmartre, wo Außen und Innen, reale und zeichenhafte Örtlichkeiten, der literarische Mythos Paris und Reminiszenzen an andere Städte ineinanderfließen.
Das"Pariser Manuskript"und die dazugehörigen Traumprotokolle geben in symbolisch verdichteter Form die krisengestimmte Lage des Autors um 1950 wieder. Es ist die grotesk-surreale Geschichte einer inneren Hadeswanderung durch albtraumartige Szenerien. Ein literarisches Bukett aus Psychoanalyse, Existenzialismus und Surrealismus - ursprünglich auf Schwedisch verfasst, nun zum ersten Mal gedruckt und in deutscher Übersetzung.
Autorenporträt
Peter Weiss wurde am 8. November 1916 in Nowawes bei Berlin geboren und starb am 10. Mai 1982 in Stockholm. Zwischen 1918 und 1929 lebte er in Bremen, wo er das Gymnasium besuchte. 1929 kehrte die Familie Weiss nach Berlin zurück, musste jedoch 1934 emigrieren. Die erste Station bildete London, darauf folgte 1936 die SR. In diesen Jahren widmete sich Peter Weiss vorwiegend der Malerei 1937/1938 studierte er Malerei an der Kunstakademie in Prag. In dieser Zeit besuchte er Hermann Hesse während zweier längerer Aufenthalte in der Schweiz. Die dritte und letzte Emigrationsstation bildete 1939 Schweden, wo Peter Weiss zunächst in Alingsås, ab 1940 in Stockholm wohnte. Hier setzte er seine Tätigkeit als Maler fort. 1947 hielt er sich als Korrespondent einer schwedischen Tagesszeitung in Berlin auf. Seine Artikel versammelte er 1948 zu seiner ersten Buchpublikation. Der Band erschien posthum 1985 unter dem Titel Die Besiegten . Ab diesem Zeitraum entstanden, in schwedischer Sprache, die
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.12.2008

Was wohl diese Hexen bedeuten?
„Füreinander sind wir Chiffren”: Peter Weiss legt in seinem Pariser Manuskript sein Alter Ego auf die Couch
Der größte persönliche Erfolg des Schriftstellers Peter Weiss besteht darin, dass es ihm um 1965 gelungen ist, ins Licht der Weltöffentlichkeit und gleichzeitig in den Schatten seines Werks zu treten: „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats” zielte, am Modell der Französischen Revolution, ins sogenannte revolutionäre Bewusstsein einer Generation, die sich ganz vorne wusste. Die aus dem Frankfurter Auschwitz-Prozess (1964) herausdestillierte „Ermittlung” beleuchtete das Bewusstsein einer Generation, die sich ohne Erinnerungen am wohlsten fühlte.
Beide Stücke haben gegenüber dem meisten, was Peter Weiss bis dahin veröffentlicht hatte, dies gemeinsam, dass sie nicht über den Autor reden. Das ist bemerkenswert, weil es Peter Weiss zeitlebens schwergefallen ist, eine Identität als Künstler oder Schriftsteller zu finden. Die Umstände seiner Herkunft, frühen Kindheit und Jugend sind dafür natürlich in hohem Maße verantwortlich. Der 1916 bei Berlin geborene Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten ungarischer Herkunft, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs tschechoslowakischer Bürger, ist zwar der Verfolgung durch die Nazis entgangen und hat mit seiner Familie in England, in der Tschechoslowakei und schließlich in Schweden (1939) Zuflucht und gesicherte Lebensbedingungen gefunden, ist aber auch nach dem Krieg so etwas wie der Gefangene seines Ich geblieben. Darin wurde er durch eine Gruppe junger schwedischer Autoren bestärkt, die sich „Fyrtiotalisten”, Vierziger, nannten, und die sich programmatisch der Innenwelt des Menschen widmeten. Die viel später und kurz nacheinander erschienenen autobiographischen Bücher „Abschied von den Eltern” (1961) und „Fluchtpunkt” (1962) bezeugen virtuos-ergreifend das Rütteln an den Gitterstäben des Ich.
Ruhm und Stille
Aber die psychologische Durchdringung seiner eigenen Unzugehörigkeit war nicht sein letztes Wort. Es folgte ein zweiter Peter Weiss, dessen politisches Engagement im halben Jahrhundert des Kalten Krieges für ihn selber eine neue Unzugehörigkeit bedeutete. Dieses Engagement war der Grund für seinen kontroversen Ruhm; es ist heute, über 25 Jahre nach seinem Tod und bald 20 Jahre nach der Verdampfung der DDR, auch der Grund für die relative Stille, die sich über sein Werk gelegt hat. Beides, der Ruhm und die Stille, beruhen wohl zu einem nicht geringen Teil auf Missverständnissen. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Autor in einer Weltstimmung neuer globaler Bedrohungen erneut zu Wort kommt. Vorerst aber scheinen Werk und Leben gut aufgehoben in den fleißigen Händen einer Peter-Weiss-Philologie.
Es ist nur natürlich, dass sie in einem wichtigen Punkt gegen ihren Helden arbeitet: Wo er beständig nach vorne blickte, muss die Philologie zurückblicken. Ihr Ziel kann nicht nur der Peter Weiss sein, der er selber sein wollte und gegen Ende seines Lebens vielleicht auch geworden war, sondern der ganze Peter Weiss mit allem, was er mühsam genug hinter sich gelassen hatte.
„Füreinander sind wir Chiffren” ist der Titel eines schönen Bändchens mit der deutschen Übersetzung von zwei in schwedischer Sprache abgefassten Textfragmenten, die im Peter-Weiss-Archiv der Akademie der Künste in Berlin aufbewahrt werden: Das handschriftliche „Pariser Manuskript” vom November und Dezember 1950 (60 Druckseiten) und die vom 23.10. bis 8.11. 1950 handschriftlich notierten „Traumprotokolle” (22 Druckseiten). Beigegeben ist das deutsch geschriebene Typoskript „Dies ist also Paris. . .” vom November 1950, das später in „Fluchtpunkt” erscheint. Das Buch ist als Leseausgabe gedacht, schön gedruckt und gebunden, mit Lesebändchen. Aber ein Geleitwort, eine editorische Notiz, ein Kommentar, ein Nachwort mit einer ausführlichen biographisch-literarischen Studie und eine kurze Bibliographie nehmen zusammen genau so viel Platz ein wie der Text, also knapp 90 Seiten!
Diese philologische Verdoppelung ist durchaus berechtigt, denn die Texte selber sind Zeugnisse aus der Zeit vor Peter Weiss’ Schriftstellerkarriere, sie sind sozusagen gleichzeitig pränatal und posthum. Sie sprechen für uns eine bekannte Sprache, weil Peter Weiss hier übt, was er dann meisterhaft ausführen wird. Axel Schmolke hat den schwedischen Text übersetzt und mit viel Sorgfalt auch kleinere Übersetzungsprobleme in Anmerkungen kommentiert, er hat aber vor allem sehr behutsam diesen Entwurf als kleine Erzählung drapiert und dazu ein Personenverzeichnis entworfen, welches es uns erleichtert, in den verschiedenen Inkarnationen einer Malerfigur und einer Schriftstellerfigur die Masken des sich selber suchenden Peter Weiss zu beobachten.
Schwedische Bereicherung
Hier greifen wir eine durchgehende Eigentümlichkeit des Schreibens von Peter Weiss: Indem er von sich in experimentellen Verkleidungen und in der dritten Person spricht, versucht er natürlich, eine Distanz zum eigenen Ich herzustellen, nimmt dabei aber in Kauf, dass für den Leser ein Missklang entsteht. In den Traumprotokollen notiert er am 28. Oktober 1950 einen Traum, in dem alte Frauen mit Eisenstücken Tennis spielen, ein Metallstück trifft ihn, aber das Metall ist weich wie Schmetterlinge. Als Amateurpsychologe deutet Weiss nicht nur selber seine Träume, er experimentiert auch fiktional mit diesem Material. In dem nur etwa einen Monat später entstandenen Pariser Manuskript sagt ein erwachender Schriftsteller in Paris: „Mich interessieren . . .die alten Frauen, die ich heute nacht getroffen habe, ich frage mich, was diese Hexen bedeuten, auf die ich so oft stoße. Aber er wußte es schon, er konnte es selbst erklären: Sie sind die Mutterdrohung, warum sollten sie sonst rings umher mit zackigen Eisenstücken werfen?”
Nach Sigmund Freuds Verständnis sind durchsichtige psychologische Motive in der Kunst keine verräterischen Fehlleistungen der Künstler, sondern Elemente einer Sprache, die man zwar nicht rational, aber spontan versteht. Sie können natürlich aus dem eigenen psychischen Erleben des Autors stammen, aber als künstlerische Motive tragen sie eine Botschaft, in welcher der Autor nicht mehr thematisch ist. Peter Weiss scheint es dagegen nicht möglich gewesen zu sein, zum Beispiel die erdachte fiktionale Person „Schriftsteller” von seiner eigenen realen Person zu lösen. Man hat im Gegenteil den Eindruck, dass der anonyme Schriftsteller seines Pariser Manuskripts einen einzigen Lebenszweck besitzt, auf den Autor Peter Weiss zu zielen. Dieses intrikate Verhältnis von Fiktion und Autobiographie ist literaturwissenschaftlich hoch interessant, aber in literarischer Sicht problematisch und manchmal sogar peinlich.
Peter Weiss hat das Pariser Manuskript in dieser Form nicht veröffentlicht. Als Dokument der Selbstfindung ist es freilich erschütternd und anrührend. Wichtig bleibt, dass Peter Weiss später auf einem ganz anderen Weg zu einer Ausdrucksform gefunden hat, in der seine Zeit sich (widerwillig) erkannte.
Gunilla Palmstierna-Weiss, die ihr Leben dreißig Jahre mit dem lebenden Peter Weiss und nun schon wieder bald dreißig Jahre mit seinem Andenken geteilt hat, erinnert in einem Geleitwort mit feiner Bescheidenheit an den Schweden Peter Weiss und seine Beherrschung des Schwedischen: Haben Einwanderer wie er nicht sogar die schwedische Sprache bereichert? Ein nobler Gedanke, der von der Großzügigkeit dieser Frau und dieses Landes zeugt, die dem Autor eine kaum zu überschätzende Unterstützung gewährt haben und denen die Weltliteratur zu einem wichtigen Teil ihren Peter Weiss zu verdanken hat. HANS-HERBERT RÄKEL
PETER WEISS: „Füreinander sind wir Chiffren”. Das Pariser Manuskript, herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Axel Schmolke, mit einem Geleitwort von Gunilla Palmstierna-Weiss. Rotbuch Verlag, Berlin 2008. 192 Seiten, 19,90 Euro.
So groß sein Ruhm in den sechziger und siebziger Jahren war, so still ist es heute um ihn geworden: der Schriftsteller Peter Weiss Foto: Isolde Ohlbaum
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit gemischten Gefühlen, aber hochinteressiert hat Hans-Heribert Räkel in diesem Band geblättert, lässt sich doch das seiner Ansicht nach Prekäre, das das gesamte literarische Schaffen von Peter Weiss durchzieht, nämlich das "intrikate Verhältnis von Fiktion und Autobiografie", darin ablesen. Der vorliegende Band enthält nach Auskunft des Rezensenten das so genannte "Pariser Manuskript" - eine Künstlererzählung, in der sich verschiedene Inkarnationen des Autors selbst verbergen, wie der Übersetzer "behutsam" klar macht - und Traumprotokolle aus dem Jahr 1950, beides auf Schwedisch verfasst. Dazu kommt der auf Deutsch verfasste Text "Dies ist also Paris...". Es lassen sich hier nicht nur die Anfänge von Weiss' sprachlicher Meisterschaft entdecken, sondern eben bereits in diesen frühen Texten sein Unvermögen, sich selbst von seinen fiktiven Charakteren zu trennen, was durchaus zu mitunter peinlichen Leseerfahrungen führen kann, wie der Rezensent bekennt. Gerade deshalb aber stelle der Band ein durchaus bewegendes "Dokument der Selbstfindung" dar, und sei schon allein deshalb lohnenswerte Lektüre, betont der Rezensent.

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