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"Obwohl die Krippenerziehung nachweislich Risiken für die gesunde Entwicklung der Kinder in sich birgt, ist keine Rede davon, ab welchem Alter und wie viele Tage pro Woche und für wie viele Stunden pro Tag es für kleine Kinder gut ist, in der Krippe betreut zu werden. Mit der Krippenoffensive der Familienministerin wird den Familien nicht geholfen. Sie dient anderen Interessen.
Durch die Schaffung eines Überangebotes an Krippenplätzen sollen Hunderttausende von Müttern kleiner Kinder dem Arbeitsmarkt zugeführt werden, damit die Löhne nicht steigen und die Unternehmen ihre Profite weiter erhöhen können."
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Produktbeschreibung
"Obwohl die Krippenerziehung nachweislich Risiken für die gesunde Entwicklung der Kinder in sich birgt, ist keine Rede davon, ab welchem Alter und wie viele Tage pro Woche und für wie viele Stunden pro Tag es für kleine Kinder gut ist, in der Krippe betreut zu werden. Mit der Krippenoffensive der Familienministerin wird den Familien nicht geholfen. Sie dient anderen Interessen.

Durch die Schaffung eines Überangebotes an Krippenplätzen sollen Hunderttausende von Müttern kleiner Kinder dem Arbeitsmarkt zugeführt werden, damit die Löhne nicht steigen und die Unternehmen ihre Profite weiter erhöhen können."
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.02.2008

Kinder zuerst! Mütter zuerst!
Krippen-Krieg: Eine Abrechnung und eine Friedensinitiative
Es gibt Weltkriege, Bürgerkriege und Unabhängigkeitskriege. Es gibt Partisanen- und Guerillakriege. Und immer gibt es Leid und Tod. 1000 Tote pro Jahr: Das wird allgemein als Indikator dafür angesehen, dass sich ein bewaffneter Konflikt zum „Krieg” gesteigert hat. Ist es vor diesem Hintergrund berechtigt (auch wenn der Krieg seiner Wortgeschichte nach tatsächlich „Streit”, „Wettkampf” meint), nun auch noch die „Mütterkriege” auszurufen – wie das die Journalistin und Erziehungswissenschaftlerin Christine Brinck mit ihrem Buch „Mütterkriege” macht?
Wer all die lautstark ausgetragenen Debatten zum Ausbau der Krippenplätze, Kindergärten und Ganztagsschulen verfolgt; wer dem Streit um die sich nur unter Ächzen und Stöhnen wandelnden Mütter- und Väterrollen in der Gesellschaft lauscht; wer immer wieder auf ein angebliches Mütter-Utopia der Moderne namens Frankreich hingewiesen wird, in dem es Millionen von hinreißend jungen und glänzend ausgebildeten Managerinnen geben muss, von denen eine jede mindestens vier großartig fremdbetreute Kinder hat . . . wer all dies – atemlos – tagtäglich zur Kenntnis nehmen muss, während sich der Albtraum von der kinderlosen Senioren-Gesellschaft schon bereitmacht, der erkennt durchaus einen Antagonismus in der Gesellschaft.
Ein kräftezerrender Konflikt ist das, in dem Territorien verteidigt, Gelder erobert und politische Mehrheiten gebildet werden. Ein Krieg ist es nicht, wohl aber ein gewaltiger Dissens, der uns noch auf Jahre hin beschäftigen wird. Dies hat Christine Brinck im Blick, allerdings nicht, um an dieser Front „Rabenmütter” gegen „gute Mütter” in Stellung zu bringen. Es geht ihr nicht darum, Leute, die Kinderkrippen fordern, gegen solche Menschen auszuspielen, die die häusliche Erziehung bevorzugen. Es geht ihr vielmehr darum, auf die möglichen Opfer des Konflikts hinzuweisen, sozusagen auf die Kollateralschäden. Es sind womöglich diejenigen, die sich am wenigsten wehren können: Kleinkinder.
Ist es gut, sie betreuen zu lassen, damit die Väter und Mütter sich gemeinsam ums Bruttosozialprodukt verdient machen können? Wären sie daheim besser aufgehoben als in jenen Stätten, die jetzt hunderttausendfach entstehen sollen? Das sind Fragen, denen man sich eher behutsam nähern muss. Und Christine Brincks klug, hintergründig und anschaulich verfasstes Buch ist in der Tat so etwas wie eine Friedensinitiative, die geeignet ist, den Emotionen und schnellen Meinungen mit Wissen und durchdachten Haltungen entgegenzutreten.
„Was Mütter wollen, wissen wir, doch ist das auch das Beste für Babys und Kleinkinder?” Dieser Frage geht die Autorin mit Umsicht nach – und macht es dem Leser leicht, sich den Ergebnissen der Erziehungswissenschaft oder Kleinkindforschung zu nähern. Auch dann, wenn diese nicht geeignet erscheinen, die jeweilige Position zu stärken. Das Buch, das seine These „Kinder zuerst!” angenehm lakonisch und absolut widerspruchsfrei auch durch ein „Mütter zuerst!” ergänzt, überlässt es also dem Leser, sich bereichern zu lassen von Fakten, Studien, Handreichungen, Ratschlägen oder der Realität der Betroffenen, die im Buch zu Wort kommen. Christine Brinck hat also ein anregendes Buch verfasst.
Böse Reiche, böse Kinderlose
Christa Müller dagegen, „Ehefrau von Oskar Lafontaine”, wie es im Buch an prominenter Stelle heißt, hat zum gleichen Thema und mit ähnlich thetischer Zielsetzung das Gegenteil verfasst. Kein Sachbuch, sondern ein politisches Pamphlet. Und dazu auch eine Abrechnung, die sich schon im zweiten Satz des Vorworts offenbart: „Und am kinderfeindlichsten sind die deutschen Politiker, allen voran die Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ursula von der Leyen.” Es ist schade, dass sich das Buch mit dem Titel „Dein Kind will dich” als Politikum versteht. Denn so gehen einige zutreffende Beobachtungen und Überlegungen verloren im Sog einer leider nur klischeeverhafteten Wahlkampfrede, in der es hauptsächlich darum geht, die aktuelle Familienpolitik zu diskreditieren. Besser wäre es, sie zu diskutieren. Sätze wie „Mit dieser Politik wird den Familien nicht geholfen” oder „Wir brauchen in der Familienpolitik ein grundsätzliches Umdenken” durchziehen das Buch und bestimmen den propagandistischen Grundton eines jeden Kapitels.
Dieser Furor degradiert das Buch, in dem sich Lesenswertes fände, zur nervenden, weltfremden Politaktion, der es um die Einführung eines „Erziehungsgehalts” zu Lasten der Bösen in unserem Land geht: zu Lasten der „Besserverdienenden” oder gar „Kinderlosen”. Kein Wunder, dass Christa Müllers Buch im Verlag von Bischof Mixa („Gebärmaschinen”) erschienen ist. Den Kindern wird in solchem Kontext nicht geholfen. Christa Müller glaubt, dass „die Schaffung eines Überangebotes an Krippenplätzen” lediglich den Unternehmen dient, die nun dank arbeitender Mütter „ihre Profite weiter erhöhen können”. Das ist eine absurde Verschwörungstheorie im Dienste Lafontaines – aber nicht im Dienste der Kinder. GERHARD MATZIG
CHRISTINE BRINCK: Mütterkriege – Werden unsere Kinder verstaatlicht? Herder, Freiburg 2007. 224 S., 12,90 Euro.
CHRISTA MÜLLER: Dein Kind will dich. Echte Wahlfreiheit durch Erziehungsgehalt. Verlag Sankt Ulrich, Augsburg 2007. 176 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2008

Lob der Erziehung, Kontrolle der Erzieher
Christa Müller will das linke mit dem konservativen Familienbild verbinden / Von Uta Rasche

Christa Müller, die Ehefrau des Linkspartei-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, erweitert die Debatte über die Kleinkinderbetreuung um einige neue Argumente. In ihrem Buch "Dein Kind will Dich" vertritt sie entgegen der landläufigen Klage über die schrumpfende Bevölkerung die Auffassung, Deutschland brauche gar nicht mehr Kinder, sondern andere: gebildetere, besser erzogene, gewollte - eben solche mit den besten Voraussetzungen, um Leistungsträger der Gesellschaft zu werden. "Es gibt noch zu viele Kinder", heißt gar eine ihrer programmatisch-provokanten Kapitelüberschriften.

Damit meint sie die Vernachlässigten und Misshandelten - aber auch solche, die in Krippen und Ganztagsschulen betreut werden und aus ihrer Sicht daher Gefahr laufen, im späteren Leben zu scheitern. Auch die zumeist schlecht ausgebildeten Einwanderer, schreibt Frau Müller, könnten die negativen Folgen des Geburtenmangels nicht ausgleichen; sie erhöhten lediglich die Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter.

Die Verfasserin plädiert für ein sozialversicherungspflichtiges "Erziehungsgehalt" in Höhe von 1600 Euro im ersten Lebensjahr eines jeden Kindes, von 1000 Euro im zweiten und von 500 Euro bis zu seinem zwanzigsten Geburtstag. Dieses Geld ermögliche der Mutter, ganz für den Nachwuchs da zu sein und so für eine behütete Kindheit zu sorgen - als ergebe sich ganz automatisch aus dem Umstand, dass die Mutter zu Hause ist, dass die Kinder glücklicher, intelligenter und erfolgreicher geraten. Was aber, wenn die Mutter selbst ihren Kindern wenig Anregung bieten kann und diese den ganzen Tag sich selbst oder dem Fernseher überlassen sind? Um sicherzustellen, dass das "Erziehungsgehalt" nicht für zweckfremden Konsum ausgegeben werde, möchte Frau Müller staatliche "Familienberater" über die Eltern wachen lassen. Wer nicht bereit sei, sie zu regelmäßigen Kontrollbesuchen ins Haus zu lassen, oder seinen Aufgaben nicht nachkomme, bekomme Leistungen gestrichen. Denn das Ziel sei, die "Qualität" der Kinder zu steigern - vorsichtshalber stellt die Autorin den Begriff selbst in Anführungszeichen. Doch diese technische, materialistische Sichtweise auf Kinder und der Glaube an die positive Wirkung von Kontrollen lässt die Leserin schaudern.

Als Volkswirtin führt Frau Müller gerne Zahlen an. Ein im Jahr 2000 geborenes Kind, das später 30 Prozent mehr als der Durchschnitt verdiene, zahle im Laufe seines Lebens etwa 300 000 Euro mehr an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, als es den Staat koste; dagegen erhalte ein Kind, das 30 Prozent weniger als der Durchschnitt verdiene, 167 000 Euro an staatlichen Transferleistungen. "Es ist also volkswirtschaftlich nicht egal, wer Kinder bekommt, und vor allem nicht, wie sie aufgezogen werden", schreibt Frau Müller. Eine "leistungsunabhängige Familienförderung" wie das Kindergeld, das an alle Eltern unabhängig von ihrem Erziehungserfolg gezahlt werde, könne sich unsere alternde Gesellschaft nicht mehr leisten.

Diese Sätze sind starker Tobak. In der Linkspartei, deren familienpolitische Sprecherin im Landesverband Saarland Frau Müller ist, wird sie sich damit unter den Verdacht der Elitenförderung stellen; auch könnte der Vorwurf verfangen, sich herablassend und mit gelegentlich aufblitzender großbürgerlicher Attitüde über benachteiligte Familien zu äußern. Mit ihrer Forderung, die Arbeit von Hausfrauen zu entlohnen, hat sie sich in der Linkspartei bereits Feinde gemacht. Sie hat aber auch neue Freunde gewonnen: unter anderem den Augsburger Bischof Walter Mixa. Im bistumseigenen Verlag ist ihr Buch erschienen.

Die Passagen, in denen Frau Müller erfahrungsgesättigt beschreibt, wie vielfältig, anspruchsvoll, anstrengend und segensreich für die ganze Familie Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit ist, sind die besten im ganzen Buch. Das Lob der Wirkungskraft der Hausfrau, das sie ausspricht, war so lange nicht zu lesen. Es ist ihr auch darin zuzustimmen, dass die öffentliche Wertschätzung dieser Tätigkeiten zu gering ausfällt. Obendrein ist die Debatte über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geeignet, unentgeltliche Arbeit weiter abzuwerten.

Doch Frau Müllers Grundannahme, dass die Erziehung der Kinder leide, wenn beide Eltern einer Beschäftigung nachgehen, ist nicht belegt. Die Ganztagsbetreuung nennt sie eine "Gefahr", die die "Kindheit bedrohen" könne. Einseitig wird ihr Buch da, wo sie nur die negativen Urteile über Krippen und Ganztagsschulen sammelt und positive Studien verschweigt; endgültig zweifelhaft da, wo sie die Kinderbetreuung in Deutschland mit der Genitalverstümmelung in afrikanischen Ländern vergleicht.

Christa Müller, Dein Kind will Dich. Echte Wahlfreiheit durch Erziehungsgehalt. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2007, 18,90 EUR

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Gerhard Matzig ist gehörig genervt von dieser "klischeeverhafteten Wahlkampfrede", die Christa Müller, Ehefrau von Oskar Lafontaine, da verfasst hat. Zwar enthält das Buch seiner Meinung nach durchaus einige "zutreffenden Beobachtungen und Überlegungen", doch gehen die im Furor unter. Das Buch lese sich bisweilen wie eine "absurde Verschwörungstheorie". Das Thema gerate so ins Hintertreffen, das Ganze ist nach Meinung des Rezensenten letzten Endes nichts weiter als eine "nervende, weltfremde Politaktion."

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