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Was ist an Sonnenuntergängen romantisch? Warum fasziniert uns der grüne
Blitz und wieso glauben wir, er beeinflusse unser Liebesglück? Halten wir
Delfine zu Recht für unsere Freunde?
James Hamilton-Paterson durchleuchtet das Meer in all seinen Facetten, und
er liefert erhellende und unterhaltsame Erklärungen zu zahlreichen maritimen
Phänomenen - von Tieren über Inseln und Schiffe bis hin zu Mythen und
Fabelwesen: Mondregenbogen und Narrenschiffe, Korallen und Seeungeheuer
bevölkern das Universum seiner Texte. Scharfsinnig, persönlich und immer
wieder überraschend
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Produktbeschreibung
Was ist an Sonnenuntergängen romantisch? Warum fasziniert uns der grüne

Blitz und wieso glauben wir, er beeinflusse unser Liebesglück? Halten wir

Delfine zu Recht für unsere Freunde?

James Hamilton-Paterson durchleuchtet das Meer in all seinen Facetten, und

er liefert erhellende und unterhaltsame Erklärungen zu zahlreichen maritimen

Phänomenen - von Tieren über Inseln und Schiffe bis hin zu Mythen und

Fabelwesen: Mondregenbogen und Narrenschiffe, Korallen und Seeungeheuer

bevölkern das Universum seiner Texte. Scharfsinnig, persönlich und immer

wieder überraschend schildert James Hamilton-Paterson seine vielfältigen

Begegnungen mit dem Meer, diesem unfassbaren Wesen, das er schützen

möchte wie eine Geliebte, und er staunt: "Ich selbst kann mir nicht wirklich er-

klären, warum das Meer mich dermaßen stark im Griff hat. Sein Murmeln und

sein Ernst sind so tief, dass es kaum einen Aspekt von ihm gibt,dessen Entdeckung

in meinem Geist nicht etwas in sympathetische Schwingungen versetzte,

so wie die zarten Borstenhaare einer Krabbe noch die feinste Bewegung

des Wassers registrieren."
Autorenporträt
James Hamilton-Paterson, 1941 in London geboren, ist renommierter Journalist, Lyriker, Sachbuchautor und Romancier mit einer besonderen Neigung zum Meer. Seit Jahrzehnten lebt das Mitglied der Londoner Royal Geographical Society in Österreich. Zuletzt erschien sein Roman Heilige der Trümmer (2009).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.01.2011

Ein Astronaut am Meeresgrund
Seltsam, wo die Koralle Lophelia am besten gedeiht: James Hamilton-Paterson hat ein hinreißendes Buch über die Ozeane geschrieben
Wer das Meer erfahren will, braucht Gelassenheit. James Hamilton-Paterson, der seinen Band einfach „Vom Meer“ nennt, spricht in seinem Vorwort davon, dass er seinem Naturell nach eher zur Passivität neige und sich nicht an den panischen Kampagnen zur Rettung der marinen Ökosystem beteiligen wolle. „Im Hinblick auf viele Anliegen glaube ich, dass Resignation weniger intellektuellen Schaden anrichtet als Aktivismus. Wenn es ums Meer geht, sollte man die Dinge ohnehin langfristig betrachten, denn – egal was wir ihm antun – das Meer wird uns alle mühelos überleben, wenn auch nicht, ohne sich verändert zu haben. Veränderungen sind nicht das Ende der Welt, aber vielleicht das Ende der Welt, wie wir sie gern hätten.“
Das ist ironisch und auch ein wenig melancholisch gesagt; und es bedeutet natürlich nicht, dass der Autor die Veränderungen, die sich gegenwärtig vollziehen und die doch wohl auch Verschlechterungen sind, übersähe. Aber er versucht die Dinge realistisch einzuschätzen. Die Fischereilobby ist zu mächtig, und die Verhältnisse auf hoher See, wohin die souveränen Staaten mit ihren Gesetzen nicht reichen, zu unkontrollierbar, als dass man sich Hoffnungen machen sollte, dass die Überfischung bis zur kompletten Erschöpfung der Bestände einzudämmen wäre, meint er. Hat es denn keinen Sinn, an die Vernunft zu appellieren, die doch an einer nachhaltigen Regelung interessiert sein müsste? Dazu erzählt er eine kleine Anekdote, etwas, das ihm selbst widerfahren ist.
Lange hat er in einem kleinen Küstendorf in Südostasien gelebt, wo er nach Herzenslust seiner Tauchleidenschaft frönte, oft in Gebieten, wo die einheimischen Fischer sich nicht blicken ließen. Dabei entdeckte er eines Tages ein Vorkommen von „liswit“, einer seltenen, als Leckerbissen geschätzten Art von Kegelschnecken. Er nahm einige, revanchierte sich damit für die Gastfreundschaft, die die Dorfbewohner ihm erwiesen hatten, und genoss nicht zuletzt das Ansehen, das ihm die Verfügung über eine solche Köstlichkeit verschaffte.
Immer wieder zog er hinaus, erntete ein bisschen, der Schneckenbestand schmolz immer mehr zusammen. Eines Tages fand er keine einzige Schnecke mehr vor. „Ich habe praktisch im Alleingang eine Kolonie von Kegelschnecken ausgerottet. Nie habe ich vergessen, wie der räuberische Instinkt mit Leichtigkeit meine schwachen Naturschützer-Impulse außer Kraft setzte und wie ich mir in die Tasche log mit der klassischen Rechtfertigung ,Die holt sich sowieso jemand, dann kann das genauso gut ich tun‘. Jedes Mal, wenn ich heute Wehklagen wegen Überfischung höre, fällt mir diese unrühmliche Episode ein, und dann sage ich mir, dass bei den Fischereiflotten dieser Welt der gleiche Geist wirkt.“
Zu begreifen, was eigentlich geschieht, erscheint Hamilton-Paterson jedenfalls ergiebiger als das Jammern und Moralisieren. Er beobachtet die sich ergebenden Verschiebungen genau. Quallen existieren in den Ozeanen seit 650 Millionen Jahren, das heißt, dreimal so lang wie die Dinosaurier. Doch erst in jüngster Zeit haben sie sich in großem Maß zu vermehren begonnen: Für sie hat sich in der Nahrungskette der Platz aufgetan, der bisher von größeren Raubfischen wie z.B. dem Kabeljau eingenommen worden war. Den Kabeljau aber gibt es wegen Überfischung so gut wie nicht mehr. Infolgedessen hat es die Menschheit verstärkt mit diesen ihr weit unangenehmeren Tieren zu tun, die kein Gehirn besitzen, aber giftige Tentakeln, mit denen sie eine Meeresfläche von 4000 m² abernten können, wobei der Schwimmer, der zufällig in dieses Feld hineingerät, nicht sieht, was ihm plötzlich diesen wahnsinnigen brennenden Schmerz bereitet, der tagelang anhalten kann. Was übrigens hilft? Tragen Sie Damenstrumpfhosen, speziell wenn Sie vor den Küsten Australiens schwimmen gehen!
Und so erzählt Hamilton-Paterson in seinen Reportagen oder Geschichten (man weiß gar nicht genau, wie man sie nennen soll, es ist jedenfalls eine sehr angelsächsische Textsorte), die in Zeitschriften wie Guardian, Traveller, Outside, auch Tagesspiegel oder Weltwoche erstveröffentlicht wurden, immer etwas, das nicht nur unterhält und belehrt, sondern auch dazu beiträgt, dass der Leser gewisse vorgefasste Meinungen über Bord wirft. Die Koralle Lophelia, eine ökologische Schlüsselspezies, gedeiht am besten an versenkten Ölplattformen. Delphine sind möglicherweise nicht so intelligent oder gar spirituell, wie das menschliche Erbauungsbedürfnis es ihnen andichtet, aber bestimmt sehr viel aggressiver auch Menschen gegenüber.
Sie sind die einzigen Tiere, die sich gegen den Menschen sexuell übergriffig verhalten. Mit erkennbarer humoristischer Genugtuung zitiert der Autor einen Thriller, worin ein Delphin sich für erlittene touristische Störungen an einem Mann rächt, der zufällig ins Becken fällt: „Als er zum dritten Mal unter Wasser gezogen wurde, wich seine Angst dem Gefühl tiefster Erniedrigung: Er wurde von einem verdammten Fisch zu Tode gefickt.“
Die Meere sind größer als wir; sie sind unser wahrer Weltraum. Nicht nur bedecken sie 71 Prozent der Erdoberfläche; sondern da ihr Volumen, das im Schnitt 4000 Meter tief hinabreicht, kein leeres Nichts ist wie unsere Atemluft, vielmehr ein dichter Körper, der auf jeder Tiefenstufe sein eigenes Leben entfaltet, gibt es hier so unendlich viel mehr zu entdecken als auf dem platten Land oder in den Sternzwischenräumen. Weniger Menschen, liest man bei Hamilton-Paterson, seien in Meerestiefen von mehr als fünf Kilometern vorgedrungen als Astronauten ins All. Er ist keiner von ihnen; das Tauchgerät, bei dem er mitfahren darf, hat seinen tiefsten Punkt bei 4828 Metern erreicht.
Vor ihm liegt ein Meeresgrund von mehr als kontinentalem Ausmaß; aber die schwache Lampe reicht bloß ein paar Schritt weit. Und was sieht man in deren kleinem Kegel? Eine winzige Krabbe wuselt vorbei, ein anderthalb Spannen langer Fisch schießt vorüber, unzählige kleine Sandhäufchen deuten auf Würmer im Schlick, Seewalzen und Seegurken haben überall ihre Spuren hinterlassen. Es herrscht Betrieb wie in einer Fußgängerzone – einer Zone für Blinde, denn mit der Tauchkugel kam in dieses rege Leben zum ersten Mal seit Jahrmilliarden Licht.
Hamilton-Paterson weiß dies alles so zu erzählen, dass sich durch die Ruhe des Tons das Atemverschlagende der ungeheuren Abmessungen fortpflanzt. Vergesst, scheint uns der Autor zu raten, das Land und seine kurzzügig bunten Aufregungen – das wahre Abenteuer wird uns von nirgends her als aus den Ozeanen erwachsen. Nicht übergangen sei auch das Werk des Übersetzers Thomas Bodmer, der den erforderlichen ruhigen und doch lebendigen Rhythmus für diese Texte im Deutschen gefunden hat. Man folgt ihm überall gern, auch wenn man nicht alles billigt.
In einem kurzen Satz wie „Kommerzielle Fischereien sind auf sogenannte Spitzenprädatoren aus“ stecken gleich zwei Kühnheiten. „Fischereien“ für fisheries, das geht nicht, mit diesem getreulichen Plural für die verschiedenen Einzelbranchen hat er das Deutsche überstrapaziert. Aber man überlege sich, wie man den top predator sonst angemessen wiedergeben könnte. Vielleicht mit „Beutegreifer am oberen Ende der Nahrungskette“? Das wäre sachlich korrekt, aber unpraktisch langatmig. Die beherzte Lehnübersetzung trifft es. Angemerkt sei noch, wie wunderbar dieses Buch aus dem Mare-Verlag in der Hand liegt, mit seinem festen, rauen und doch feinen Schutzumschlag und den tief karminbraunen Umschlagsklappen. Ein eins zu eins importierter angelsächsischer Genuss. BURKHARD MÜLLER
JAMES HAMILTON-PATERSON: Vom Meer. Über die Romantik von Sonnenuntergängen, die Mystik des grünen Blitzes und die dunkle Seite von Delfinen. Aus dem Englischen von Thomas Bodmer. Mare Verlag, Hamburg 2010. 285 Seiten, 19,90 Euro.
„Ich habe praktisch im Alleingang
eine Kolonie von
Kegelschnecken ausgerottet“
„Kommerzielle Fischereien
sind auf sogenannte
Spitzenprädatoren aus“
Unermesslich, ungeheuer, atemverschlagend – und doch so einladend für Abenteurer und Ruhesuchende Foto: Thomas Barwick, Getty Images
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2010

Ausschwärmen, klarstellen

James Hamilton-Paterson besieht sich die wässrige Seite der Welt und versammelt seine funkelnden Seestücke.

Von Hannes Hintermeier

Ein Wassertaxi auf der Themse. Ein acht- oder neunjähriger Junge steht an der Reling, riecht den "Kakigeruch", der sich zusammensetzt aus "Süßwasserschlamm, den säuerlichen Ausdünstungen des Watts, Öl und Bilgewasser . . . melancholisch und erfrischend zugleich". Im Londoner Hafen hat es begonnen, im Jahr 1950, und noch heute üben Häfen auf James Hamilton-Paterson eine starke Anziehungskraft aus. Damals hat er sich mit den Verheißungen der Überseeschiffe angesteckt, hat sich infiziert mit dem Virus des Fernwehs. Dieser chronischen Schwäche verdanken wir einige der schönsten und klügsten Bücher, die über das Meer geschrieben wurden.

Nun hat Hamilton-Paterson seiner Sammlung ein Buch hinzugefügt, das wie eine Art "Best-of"-Album funktioniert, für Einsteiger empfehlenswert, für Kenner dank neuer Facetten aufschlussreich. Obendrein ist "Vom Meer" eine Premiere: Es ist nicht in England erschienen, sondern entstand auf Anregung des Mareverlags, der ihm zwar eine Untertitelgirlande ("Über die Romantik von Sonnenuntergängen, die Mystik des grünen Blitzes und die dunkle Seite von Delfinen"), aber keine ordentliche Bibliographie spendiert hat. Der Nachweis, wann und wo genau diese journalistischen Brotarbeiten - Reportagen, Essays und Kolumnen - publiziert wurden, fehlt (immerhin waren es Organe wie "Lettre International", "The Guardian", "Du", "Granta" und "Die Weltwoche"). Auch lebt der Autor nicht, wie im Klappentext behauptet, seit Jahrzehnten, sondern erst seit vier Jahren in Österreich - nach langen Jahren auf den Philippinen und in Italien.

Thematisch und stilistisch ist sein Werk weit gespannt, umfasst zwei Gedichtbände, drei Kinderbücher, zehn Romane und sieben Sachbücher, zuletzt mit "Empire of The Clouds" eine Geschichte über Aufstieg und Fall des englischen Flugzeugbaus.

Sein Ruf als Biograph des Meeres verdankt sich dem legendären Essay "Seestücke", einem erzählenden Sachbuch über das Meer und seine Küsten aus dem Jahr 1997. Davor hatte er sein Leben auf einem wasserlosen philippinischen Eiland beschrieben ("Wasserspiele"), danach folgte mit "Drei Meilen tief" der Bericht einer Tauchfahrt im Atlantischen Ozean, mit der ein gesunkenes japanisches U-Boot aufgespürt werden sollte, das angeblich Gold geladen hatte. Aus dieser langjährigen Beschäftigung mit allen denkbaren Facetten maritimen Lebens speist sich auch das neue Buch.

Dem Meer nähert er sich von fünf Kapiteln, in denen von "Inseln", "Geschöpfen", "Fischfang", "Ansichten" und "Meerestiefen" erzählt wird. Schon im Vorwort verwahrt sich der Autor dagegen, als Umweltschützer missdeutet zu werden. Das Wesen des Umweltschutzes sei die Kampagne - und die liege ihm fern. Auch hier gibt sich Hamilton-Paterson wieder als stoischer Skeptiker zu erkennen, der im Zweifelsfall den Dingen ihren Lauf lässt, weil er weiß, dass die Macht der Natur so viel stärker ist als die des Menschen. Er nennt das "sardonische Resignation", eine solche Haltung richte weniger intellektuellen Schaden an als Aktivismus.

Den Praxistest macht er unter anderem bei diversen Abstechern in die Fischfang-industrie, die ganze Arten aus dem Ozean zum Verschwinden bringt, um die Menschheit zu füttern. Eine Reportage erzählt, wie die Outports von Neufundland, winzige abgelegene Fischernester, Opfer einer einseitigen kanadischen Politik wurden. Riesige Fabrikschiffe vor der Küste gruben den Fischern die Lebensgrundlage ab. Wegen völliger Überfischung der Neufundlandbank blieb der Kabeljau aus, die dörfliche Kultur und ihre "natürliche Anständigkeit" ging vor die Hunde, zurück blieb eine Robbenplage, gegen die vorzugehen wegen der Greenpeace-Aktivisten nicht angezeigt war. Das ökologische Ungleichwicht ist dahin, die Nahrungskette verändert.

Hätte man eingreifen müssen, um eine vom Menschen verursachte Katastrophe zu verhindern? Wird der Kabeljau wieder kommen? Hamilton-Paterson winkt ab. Es sind immer wieder Fischarten ausgestorben - soweit die Aufzeichnungen zurückreichen. Die Menschheit werde nicht gern daran erinnert, "dass beständiger Fluss" das Wesensmerkmal ihrer Geschichte sei. "Vielleicht befürchten wir insgeheim, unser moderner, urbaner Lebensstil könnte sich als ebenso unhaltbar erweisen wie die Ausbeutung der Fischgründe im Gebiet der Neufundlandbank (auch wenn Wissenschaftler und Politiker das Gegenteil behaupten) und auch wir könnten eines Tages gnadenlos durch etwas anderes ersetzt werden." Wie man überlebt, das zeigen dann die Geschichten über die Strategien der Klippenassel Ligia oceanica, über Quallen und anpassungsfähige Korallen.

Neben der Natur- kommt auch die Kulturgeschichte nicht zu kurz: Mit detailreichen Exkursen zeigt der Autor, wie sehr sich unsere Vorstellung vom Meer geändert hat, obwohl wir immer noch so wenig darüber wissen. Er beschreibt unsere unsterbliche Liebe zu Sonnenuntergängen, die Entdeckung der Strände, die Eroberung des Meers als Freizeitparadies und setzt das mit Sexualität aufgeladene Badevergnügen in Beziehung zu den gängigen Hollywood-Stereotypen von Sandstrand, Palmen und Bikini. Und auch bei den Zetazeen scheint die Welt längst nicht mehr heil zu sein, auch wenn das Flipper-Klischee zäh ist. Wir lesen von sexuellen Übergriffen, wie sich aggressive Delphine auf Schiffbrüchige stürzen und sich an Cornwalls Gestaden sogar englischen Schülern nähern.

Häufig genügen, wie im Artikel "Müll", nur ein paar Seiten, um ein globales Problem anzureißen - hier die Abfallberge der kontinuierlich wachsenden Flotte von Kreuzfahrtschiffen, die das Meer als eine "geräumige Senkgrube" missbrauchen. Wie wenige Autoren hat Hamilton-Paterson das Meer aber ganz anders gesehen; immer wieder nimmt er Bezug auf seine Tauchfahrt, eine Art umgedrehte Mondlandung, die ihn für wenige Stunden von der Oberfläche des Planeten tilgte. Hochwillkommen bei einem Schriftsteller, der stets die Zurückgezogenheit als Lebensform bevorzugt hat.

Die Annahme, die Ozeane seien in Gefahr, hält Hamilton-Paterson für fragwürdig. Er hat keinen Zweifel, dass das seit Milliarden Jahren aufs Überleben sich verstehende Meer die Menschheit überdauern wird. Umso drängender ist der Wunsch des Autors, endlich zu begreifen, was es mit dem Ozean auf sich hat. Schon sein aus "Seestücke" bekanntes Experiment - er tauchte in einer mondlosen Nacht mit einem Kassettenrekorder zwölf Meter tief an einem Riff, um zu testen, ob die Fische Mozart mögen - hat bei aller Exzentrik ein literarisch leuchtendes Ergebnis hervorgebracht: Prosa von großer Klarheit und Gedankentiefe.

James Hamilton-Paterson: "Vom Meer". Aus dem Englischen von Thomas Bodmer. Mareverlag, Hamburg 2010. 285 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Das Meer lockt... Das Meer bockt aber auch" subsumiert Rezensent Hans Gasser seine  Lektüreerfahrung. Die facettenreichen und pointierten Essays des britischen Reiseschriftstellers, Journalisten und ehemals maritimen Selbstversorgers Hamilton-Paterson gehen ohne moralischen Zeigefinger dem menschlichen Umgang mit dem Meer auf den Grund. Dabei fördert er keine neuen Themen zu Tage (von der Überfischung bis zum romantischen Sonnenuntergang), sondern er sucht nach sachlichen Blickwinkeln und nachhaltigen Positionen, die angesichts nicht mehr rückgängig zu machender Schäden eingenommen werden könnten. Oft genug hat Hamilton-Paterson auch die Schreibstube verlassen, um sich etwa auf einen Trawler zu begeben und die Schleppnetzfischerei vor Ort zu erleben. Besonders beeindruckend findet Gasser hier die Schilderungen der "erschreckenden Effizienz, mit der Lebewesen auf Meeresboden abgesammelt und getötet werden. Das Meer deckt solchen Frevel zu".

© Perlentaucher Medien GmbH
" Einer solchen Wortgewandtheit,
einer solchen Leidenschaft für das Meer
ist man lange nicht mehr begegnet."

New York Review of Books