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Schmidt, Brandt, Augstein, Prinz Charles, Lambsdorff, Strauß, Barzel und Co.
Spiegel-Journalist Dirk Koch, der die Flick-Affäre aufdeckte, plaudert aus dem Nähkästchen und liest seinen heutigen Kollegen die Leviten.
Die Gegenseite wird frech. Die Gegenseite, die Staatsmacht, hät ihre lästigen Kontrolleure, die Journalisten, für ge schwächt. Sie meint, sie könne es sich inzwischen heraus nehmen, unter Vorwänden die Presseleute und erst recht ihre Informanten in Regierungen, Behörden und Parlamen ten mit Gefängnisstrafen einzuschüchtern. Das hat es seit der Spiegel- Affäre 1962 wegen…mehr

Produktbeschreibung
Schmidt, Brandt, Augstein, Prinz Charles, Lambsdorff, Strauß, Barzel und Co.

Spiegel-Journalist Dirk Koch, der die Flick-Affäre aufdeckte, plaudert aus dem Nähkästchen und liest seinen heutigen Kollegen die Leviten.

Die Gegenseite wird frech. Die Gegenseite, die Staatsmacht, hät ihre lästigen Kontrolleure, die Journalisten, für ge schwächt. Sie meint, sie könne es sich inzwischen heraus nehmen, unter Vorwänden die Presseleute und erst recht ihre Informanten in Regierungen, Behörden und Parlamen ten mit Gefängnisstrafen einzuschüchtern. Das hat es seit der Spiegel- Affäre 1962 wegen angeblichen Landesverrats so nicht mehr gegeben.
Es stimmt, der Stand des Journalisten ist geschwächt: Redak tionen werden verkleinert, Zeitungstitel zusammengelegt, Auflagen und Zuschauerzahlen sinken wegen des veränderten Medienkonsums insbesondere jüngerer Leute. Aber tragen nicht Journalisten Mitschuld am Niedergang des Gewerbes? Hätten sie mehr Interessantes zu bieten, wäre das vom Infor mationseinheitsbrei übersättigte Publikum nicht wieder zu locken? Es wird zu wenig und zu wenig gut recherchiert.
Autorenporträt
Dirk Koch, Jahrgang 1943, war zwischen 1973 und 1997 Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros in Bonn. Er deckte 1981 die Flick-Spendenaffäre auf, in deren Folge Otto Graf Lambsdorff zurücktreten musste. Dirk Koch begleitete ab 1969 Helmut Schmidt auf seinen Reisen nach Moskau, der dort Wege einer Entspannungspolitik erkunden wollte, und fuhr 1970 mit Willy Brandt in dessen Sonderzug Richtung Erfurt, um der DDR den ersten Kanzlerbesuch abzustatten. Dirk Koch lebt in der Nähe von Bonn und in Irland.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wie ein guter Journalist schreibt, lernt Peter Voss beim einstigen "Spiegel"-Enthüller Dirk Koch. Einmal, weil der es ihm anhand von eigenen journalistischen Großtaten erläutert, dann, weil Koch in diesem Buch zeigt, wie es geht: nüchtern, eindringlich, ohne Larmoyanz, Pathos, allzu große Bösartigkeit und Spekulation. So persönlich Kochs Geschichten aus der alten Bundesrepublik auch sind, so genau erzählt sind sie für Voss, auch wenn der Autor ihm mitunter etwas zu lahm den engagierten Journalismus propagiert und eigene Abneigungen (gegen Helmut Kohl etwa) nicht verhehlen kann. Starke Passagen überzeugen Voss von der Notwendigkeit des investigativen Journalismus und zeigen ihm, wie das geht. Dass man beim "Spiegel" in Sachen Korruption etwa Freund und Feind nicht immer voneinander scheiden konnte oder wollte, enthüllt ihm der Autor allerdings auch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2016

Engagiert!
Dirk Koch enthüllt sich

Ein Buch darf nicht langweilen. In 22 Kapiteln erfüllt Dirk Koch diese Anforderung und schildert nicht ganz frei von Selbstlob, wie er und sein (2010 gestorbener) Kollege Klaus Wirtgen, dem er das Buch widmet, als umtriebige Investigatoren und Enthüller der Zeitschrift "Spiegel" einst die Politik der alten Bundesrepublik aufmischten. Anekdotenalarm? Dagegen verwahrt sich der Autor. "Wie man Politiker wieder das Fürchten lehrt" will er vermitteln, weil das aus seiner Sicht dringend nottut: "Die Gegenseite wird frech." Die Gegenseite, das ist die Staatsmacht, hier dingfest gemacht am bald gestoppten Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts gegen einen bekannten Blog. Das habe es seit der "Spiegel"-Affäre 1962 nicht mehr gegeben. Da vertut sich Koch wohl ein wenig in der Dimension des Vorfalls wie in der schwierigen Problematik, die in Zeiten des Terrors hinter solchen Intentionen der "Staatsmacht" steht.

Die mit Pfiff und Verve, oft salopp, durchaus auch nostalgisch und anekdotisch servierten Beispiele seiner journalistischen Großtaten enthalten eine Fülle starker Passagen, die Sinn, Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen des Aufdeckens, Enthüllens und, wo nötig, Kaufens brisanten Insiderwissens ohne aufdringliche Belehrung aufzeigen. Vor allem natürlich auf dem weiten Feld der Korruption - wobei Kochs Erzählungen suggerieren, dass der "Spiegel" da Freund und Feind mit gleicher Konsequenz ins Visier nahm. Schade, dass diesen Aspekt noch niemand gründlich investigiert hat. Verständlich dabei, wenn auch begrenzt überzeugend, dass Koch selbst von alten Zu- und Abneigungen nicht lassen mag. So wird Helmut Kohl schlicht zum Machtmenschen gestempelt - als ob die bundesdeutschen Spitzenpolitiker das nicht alle (gewesen) wären, mit Ausnahme vielleicht des machtpolitisch unbedarften Ludwig Erhard und des letztlich wohl gerade am zu schwachen Machtwillen gescheiterten, grüblerisch sensiblen Willy Brandt. Dass Kohl ein "Übelnehmer" war und Franz Josef Strauß nicht, wiegt dann offenbar schwerer als etwa der Umstand, dass Kohl, trotz der Spendenaffäre, wenigstens nie im Verdacht stand, sich persönlich auch nur mit einer müden Mark bereichert zu haben. Nur Mauerfall und Wiedervereinigung, für die er sich als "Kanzler der Einheit" feiern ließ, hätten Kohl "anhaltend gerettet", befindet Koch und bemüht dafür ausgerechnet den Beinah-Königsmörder Heiner Geißler als Gewährsmann.

Eine etwas stumpfe Lanze legt Koch für den "engagierten Journalismus" ein (für Frieden, gegen Ausländerfeindlichkeit und so weiter), der natürlich mit "Argumenten und Gegenargumenten" zu betreiben sei. Damit stellt er sich gegen Hanns Joachim Friedrichs' berühmtes Diktum, ein Journalist mache sich "nicht gemein mit einer Sache, auch nicht mit einer guten". Was heißt "sich gemein machen", fragt Koch. Eine Antwort gibt er freilich selbst im Kontext einer seiner größten Leistungen, wenn er schildert, wie "Spiegel"-Herausgeber Rudolf Augstein 1981 die Geschichte über die Flick-Affäre, in die unter anderen die FDP-Minister Hans Friderichs und Otto Graf Lambsdorff verwickelt waren, zu unterdrücken versuchte. Erst als Koch drohte, mitsamt seinen Informationen zum "Stern" zu gehen, gab Augstein nach. Da hatte sich doch wohl der am Fortbestand der sozialliberalen Koalition höchst interessierte FDP-Mann Augstein längst mit einer an sich ehrenwerten Sache gemein gemacht, mit der Folge ebendieses Fehltritts. Zumeist freilich liegt die Gefahr solchen Engagiert-Seins wohl "nur" in der selektiv verengten Wahrnehmung, die jene argumentative Offenheit des Engagierten mehr oder weniger einschränkt - ein Problem, an das Koch keinen (selbst)kritischen Gedanken verschwenden mag. Kurz und arg zugespitzt: Engagiert-Sein heißt allzu oft, dass einem irgendeine Sache oder Person nolens volens wichtiger wird als die Wahrheit.

Trotzdem, nochmals: Es sind starke, genau erzählte Geschichten, die da ihre Schlaglichter auf die alte Bundesrepublik werfen. Sie zeigen Schattenseiten des Geschehens und blenden auch die des eigenen Gewerbes nicht aus. Sie gehen ins Persönliche, ohne voyeuristisch oder übermäßig bösartig zu werden. Sie setzen nebenbei dem einen und anderen Freund ein Denkmal. So jenem Andreas Speich, der auf Kochs Farm in Irland wohnte und sehr wahrscheinlich mit seiner Freundin in der Silvesternacht 1998 starb. Vorher hatte der "Spiegel" Machenschaften der irischen Farmerlobby in Brüssel aufgedeckt. Irische Blätter brachten Hasstiraden mit Hinweis auf die Farm, es gab Drohanrufe. Dann verschwanden Andreas und Freundin nahezu spurlos. Unfall, Freitod, Mord? Auch Koch weiß es nicht. Er beschreibt all das nüchtern, eindringlich, frei von Larmoyanz, Pathos, unzulässiger Spekulation. Wie ein richtig guter Journalist eben schreibt.

PETER VOSS

Dirk Koch: Der ambulante Schlachthof oder Wie man Politiker das Fürchten lehrt. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2016. 192 S., 18,- [Euro].

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"Interessante und unterhaltsame Lektüre, nicht nur für Journalisten." Michael Sontheimer, taz