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Sie lebten ein wildes, ein spannendes Leben. Die Zwillinge Jutta Winkelmann undGisela Getty waren Ikonen der 68er- und der Hippie-Zeit, teilten Männer, Drogenund Freiheitsdrang. Danach schrieben sie, drehten Filme, arbeiteten als Künstlerinnen.Bis Jutta Winkelmann eines Tages an Krebs erkrankte. Und durch alle Höllengehen musste. Doch sie kämpfte, litt, wehrte sich, unterlag und kämpfte weiter.Jutta Winkelmanns Bericht und Ihre Comic-Illustrationen sind: eine Beichte, einSchrei. Sie legt auf die Waagschale ihres Jetzt, was darauf zu legen ist: die tödlicheAngst, das Verlangen nach Körper und…mehr

Produktbeschreibung
Sie lebten ein wildes, ein spannendes Leben. Die Zwillinge Jutta Winkelmann undGisela Getty waren Ikonen der 68er- und der Hippie-Zeit, teilten Männer, Drogenund Freiheitsdrang. Danach schrieben sie, drehten Filme, arbeiteten als Künstlerinnen.Bis Jutta Winkelmann eines Tages an Krebs erkrankte. Und durch alle Höllengehen musste. Doch sie kämpfte, litt, wehrte sich, unterlag und kämpfte weiter.Jutta Winkelmanns Bericht und Ihre Comic-Illustrationen sind: eine Beichte, einSchrei. Sie legt auf die Waagschale ihres Jetzt, was darauf zu legen ist: die tödlicheAngst, das Verlangen nach Körper und Nähe, zerfressende Gefühle von Eifersuchtund Nichtverstandensein sowie, in den zarten Stunden, den Anblick ihrer Wunden.Ein Gemälde in schrillen und dann wieder beruhigten Farben, ein Kunstwerk unddoch keines - weil das Leben in ihm zu stark ist, um Kunst zu sein.
Autorenporträt
Winkelmann, JuttaJutta Winkelmann, geboren 1949 in Kassel, Studium an der dortigen Kunsthochschule, Filmemacherin (Großer Filmpreis von Oberhausen, 1969), Schauspielerin (u.a. in "In Gefahr und höchste Not bringt der Mittelweg den Tod", Regie: Alexander Kluge), Schriftstellerin. Enge Zusammenarbeit mit ihrer Zwillingsschwester, Gisela Getty, mit der und Jamal Tuschik sie das Buch "Die Zwillinge oder Vom Versuch, Geist und Geld zu küssen" (weissbooks.w, 2008) schrieb. Verschiedene künstlerische Projekte, Ausstellungen, Bücher. Jutta Winkelmann lebt in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2016

12. Das Leben, das immer ein Werk sein will

Man kann nicht sprechen über Jutta Winkelmann, ohne zugleich über Gisela Getty zu sprechen, ihre Zwillingsschwester, und Rainer Langhans, den Mann, der bei den beiden (und noch ein paar anderen Frauen) anscheinend den Ton angibt - was vor allem daran liegt, dass Jutta Winkelmann nicht von Jutta Winkelmann sprechen kann, ohne die Schwester und den Mann immer wieder zu erwähnen. Sie leben, anscheinend, auf die eine oder andere Art seit vielen Jahren zusammen - was man ihre Privatsache sein lassen könnte, wenn Jutta Winkelmann, Gisela Getty, Rainer Langhans (und die anderen Frauen) nicht fest davon überzeugt wären, dass ihr Leben zugleich schon ihre Kunst sei, ihr Werk, ihre Arbeit.

Rainer Langhans sah das schon in den frühen Siebzigern so, als er in München die High-Fish-Kommune gründete; nur fiel ihm die Vermarktung dieses Lebens nie ganz leicht, weshalb er, was materielle Dinge anging, recht bescheiden lebte und Reichtümer der immateriellen Art ansammelte.

Jutta Winkelmann und Gisela Getty fiel es wesentlich leichter, das Leben zum Werk zu machen. Sie waren jung und sehr schön und konnten lange Zeit ganz gut leben davon, sich fotografieren zu lassen und mit Bob Dylan und Jack Nicholson (um nur ein paar zu nennen) befreundet zu sein.

Später kam reality tv, das Leben des "Harems" (wie sich die Gruppe um Langhans damals nannte) als Fernsehserie, was einerseits ganz interessant war. Und was, auf Dauer, doch die Frage aufwarf, ob die Forderung nach der Einheit von Leben und Werk nicht auf die Einheit von Akteuren und Publikum hinauslief. Es war, wenn die Gruppe im Fernsehen kam, vermutlich am interessantesten für die Gruppe.

Umso grausamer ist die Erkenntnis, dass aus der Einheit von Leben und Werk etwas wird, sobald das Leben in Gefahr ist, sobald die Möglichkeit des Sterbens auftaucht. Jutta Winkelmann ist an Krebs erkrankt - und hat darüber ein Buch gemacht. Es heißt "Mein Leben ohne mich", was rätselhaft klingt und doch einigermaßen gut bezeichnet, was Jutta Winkelmann da betreibt: Sie scheint sich, was sie ehrt, nicht ganz sicher zu sein, ob sie die Urheberin dieses Buchs ist oder nur das Medium, in welchem sich ein Schicksal, ein Schmerz, ein Leiden artikuliert, das sich die Autorin nicht ausgesucht hat. Das ist die Form dieses Textes: ein Protest gegen das, wovon er erzählt. Ein Krankheitsprotokoll, das die Kranke aufschreibt, um die Hoheit über das Leben zurückzugewinnen, das ihr noch bleibt.

Und wenn der Text zu Ende ist, fangen die Bilder zu sprechen an - was ganz konsequent ist, weil Jutta Winkelmann nach 130 Seiten am Ende ist mit ihrem Deutsch, das nach Begriffen gesucht hat für etwas, das die Autorin nicht begreifen mag. Also inszeniert sie einen Trip, eine Collage, eine Art von Comic-Strip, der sich ganz vom Krankenprotokoll löst, hineintaucht in die Jugend der Schwestern, wieder auftaucht in einer Gegenwart, in der Rainer Langhans kluge Dinge zu denken und zu sagen versucht, der Angst und der Verlassenheit der Kranken eine Form zu geben versucht. Und der, alles in allem, sich selbst zu beweisen versucht, dass das Leben der Kranken ein gutes Leben war. Und ist. Ein guter Comic ist es auf jeden Fall.

Claudius Seidl

Jutta Winkelmann: "Mein Leben ohne mich". Weissbooks, 368 Seiten, 24 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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12. Das Leben, das immer ein Werk sein will

Man kann nicht sprechen über Jutta Winkelmann, ohne zugleich über Gisela Getty zu sprechen, ihre Zwillingsschwester, und Rainer Langhans, den Mann, der bei den beiden (und noch ein paar anderen Frauen) anscheinend den Ton angibt - was vor allem daran liegt, dass Jutta Winkelmann nicht von Jutta Winkelmann sprechen kann, ohne die Schwester und den Mann immer wieder zu erwähnen. Sie leben, anscheinend, auf die eine oder andere Art seit vielen Jahren zusammen - was man ihre Privatsache sein lassen könnte, wenn Jutta Winkelmann, Gisela Getty, Rainer Langhans (und die anderen Frauen) nicht fest davon überzeugt wären, dass ihr Leben zugleich schon ihre Kunst sei, ihr Werk, ihre Arbeit.

Rainer Langhans sah das schon in den frühen Siebzigern so, als er in München die High-Fish-Kommune gründete; nur fiel ihm die Vermarktung dieses Lebens nie ganz leicht, weshalb er, was materielle Dinge anging, recht bescheiden lebte und Reichtümer der immateriellen Art ansammelte.

Jutta Winkelmann und Gisela Getty fiel es wesentlich leichter, das Leben zum Werk zu machen. Sie waren jung und sehr schön und konnten lange Zeit ganz gut leben davon, sich fotografieren zu lassen und mit Bob Dylan und Jack Nicholson (um nur ein paar zu nennen) befreundet zu sein.

Später kam reality tv, das Leben des "Harems" (wie sich die Gruppe um Langhans damals nannte) als Fernsehserie, was einerseits ganz interessant war. Und was, auf Dauer, doch die Frage aufwarf, ob die Forderung nach der Einheit von Leben und Werk nicht auf die Einheit von Akteuren und Publikum hinauslief. Es war, wenn die Gruppe im Fernsehen kam, vermutlich am interessantesten für die Gruppe.

Umso grausamer ist die Erkenntnis, dass aus der Einheit von Leben und Werk etwas wird, sobald das Leben in Gefahr ist, sobald die Möglichkeit des Sterbens auftaucht. Jutta Winkelmann ist an Krebs erkrankt - und hat darüber ein Buch gemacht. Es heißt "Mein Leben ohne mich", was rätselhaft klingt und doch einigermaßen gut bezeichnet, was Jutta Winkelmann da betreibt: Sie scheint sich, was sie ehrt, nicht ganz sicher zu sein, ob sie die Urheberin dieses Buchs ist oder nur das Medium, in welchem sich ein Schicksal, ein Schmerz, ein Leiden artikuliert, das sich die Autorin nicht ausgesucht hat. Das ist die Form dieses Textes: ein Protest gegen das, wovon er erzählt. Ein Krankheitsprotokoll, das die Kranke aufschreibt, um die Hoheit über das Leben zurückzugewinnen, das ihr noch bleibt.

Und wenn der Text zu Ende ist, fangen die Bilder zu sprechen an - was ganz konsequent ist, weil Jutta Winkelmann nach 130 Seiten am Ende ist mit ihrem Deutsch, das nach Begriffen gesucht hat für etwas, das die Autorin nicht begreifen mag. Also inszeniert sie einen Trip, eine Collage, eine Art von Comic-Strip, der sich ganz vom Krankenprotokoll löst, hineintaucht in die Jugend der Schwestern, wieder auftaucht in einer Gegenwart, in der Rainer Langhans kluge Dinge zu denken und zu sagen versucht, der Angst und der Verlassenheit der Kranken eine Form zu geben versucht. Und der, alles in allem, sich selbst zu beweisen versucht, dass das Leben der Kranken ein gutes Leben war. Und ist. Ein guter Comic ist es auf jeden Fall.

Claudius Seidl

Jutta Winkelmann: "Mein Leben ohne mich". Weissbooks, 368 Seiten, 24 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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