Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 1,79 €
  • Gebundenes Buch

Eingängliche Gespräche mit prominenten und unbekannten Frauen, die jede auf ihre Weise eine besondere Prägung durch den Zweiten Weltkrieg erfahren haben.
Geschichte, zumal die der Kriege, wird meist als Geschichte der Männer erzählt. Die Helden sind die Soldaten, die Väter und Brüder, die Widerstandskämpfer und Politiker. Wer aber fragt die Frauen nach ihrer Kriegs-Geschichte? Die Historikerin Rosemarie Killius hat es getan und 26 Frauen nach ihrem Erleben des Zweiten Weltkrieges befragt. Prominente wie Margarethe Mitscherlich, Gisela May, Leonie Ossowski, Swetlana Alexijewitsch, Marianne…mehr

Produktbeschreibung
Eingängliche Gespräche mit prominenten und unbekannten Frauen, die jede auf ihre Weise eine besondere Prägung durch den Zweiten Weltkrieg erfahren haben.

Geschichte, zumal die der Kriege, wird meist als Geschichte der Männer erzählt. Die Helden sind die Soldaten, die Väter und Brüder, die Widerstandskämpfer und Politiker. Wer aber fragt die Frauen nach ihrer Kriegs-Geschichte? Die Historikerin Rosemarie Killius hat es getan und 26 Frauen nach ihrem Erleben des Zweiten Weltkrieges befragt.
Prominente wie Margarethe Mitscherlich, Gisela May, Leonie Ossowski, Swetlana Alexijewitsch, Marianne Meyer-Kramer, geb. Goerdeler, Tisa von Schulenburg, aber auch Unbekannte eröffnen ungewöhnliche Einblicke. Zu Wort kommen die russische Scharfschützin, das jüdische Resistance-Mitglied, die deutsche Widerstandskämpferin u. a.
Die Frauen wurden verfolgt, gerettet, geduldet, übersehen und mißbraucht. Ihre emotionalen und ganz persönlichen Schilderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln faszinieren und erschüttern.
Die Autorin bringt sich selbst in die Gespräche ein und schließt auf diese Weise den Kreis zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.02.2001

Volksempfänger-Blues
Frauen erzählen vom Zweiten Weltkrieg vor und hinter der Front
ROSEMARIE KILLIUS: Sei still Kind. Adolf spricht. Gespräche mit Zeitzeugen, Militzke Verlag, Leipzig 2000. 253 Seiten, 38 Mark.
Vom Krieg der Frauen, von Frauen im Krieg handelt das Buch „Sei still, Kind. Adolf spricht” der Historikerin Rosemarie Killius, die darin auch ihre eigenen Erfahrungen schildert. Weil Männer, so die Autorin, viel häufiger im Mittelpunkt stünden, weil „Männer Kriege machen”, beleuchtet sie in sechsundzwanzig beeindruckenden Porträts Frauen unterschiedlicher sozialer und nationaler Herkunft. Sie alle haben den Krieg auf unterschiedlichste Weise erlebt und überlebt, haben an der Front gekämpft, Widerstand geleistet. Dabei eröffnet sich dem Leser eine spannungsreiche Dimension von „Oral History”. In die Interviews zu NS- und Nachkriegserfahrungen zeigt sich, wie die Spuren der großen Politik in den Alltag eindrangen. Die Autorin führt die Gespräche bewusst offen und mit einer Mischung von Empathie und Zurückhaltung. Damit holt sie, gleichsam wie mit einem Brennglas, zentrale Bereiche der subjektiven Verarbeitung von Geschichte ins Blickfeld: Ängste, Schuldgefühle und Traumata.
Die Autorin, vaterlos in einem hitlerbegeisterten Elternhaus aufgewachsen, hat lange gebraucht, um ihr Trauma vom „Vater-Krieg” zu überwinden. Erst nachdem sie „fast völlig schmerzfrei” war, konnte sie „wirklich auf die Reise in den Krieg gehen”, die sie bis nach Russland führte. Dort sprach sie mit Frauen, die den „Großen Vaterländischen Krieg” erlebten. Eine Scharfschützin, reich dekorierte Heldin der Sowjetunion, erzählt, dass sie manchmal tagelang bewegungslos im nassen Gras oder im Schnee lag und in zwei Jahren 98 Menschen getötet hat. Die Überlebende eines Bombeninfernos berichtet von Erleichterung, Freude und einem „schmerzhaften Durst. Ich empfinde noch heute immer Schmerzen, wenn ich etwas trinke”.
Neben den Töchtern hoher Offiziere des bis heute umstrittenen „Nationalkomitees Freies Deutschland” kommen jüdische Frauen des Widerstands in Frankreich ebenso zu Wort wie die Frauen des 20.  Juli 1944. Da ist die Tochter von Carl Goerdeler, Ursula von Schlabrendorf, die Mutter und Tochter Adolf Reichweins und vor allem Tisa von der Schulenburg, Tochter begeisterter Nazis und Schwester eines der Hauptverschwörer des 20. Juli. Thematisiert werden von ihnen auch die Probleme nach 1945. Der Widerstand wurde lange totgeschwiegen und tabuisiert; es entstand eine „Mauer des Schweigens”. So erzählt Maria Gerhardt von einem Seminar zum Widerstand in Hamburg 1949, zu dem der Widerständler Axel von dem Bussche eingeladen war: „Alle hatten ihn damals angegriffen und ihn gefragt, wie er es mit seinem Gewissen habe vereinbaren können, den Führer töten zu wollen. ”
Ein weiteres Kapitel handelt von Frauen „am Rande des Krieges, die nicht unmittelbar vom Schrecken des Krieges betroffen waren: Die Russin, die „im gesamten Russlandkrieg auf Geschäftsreise” war und die Deutsche, verpflichtet zur Wehrmacht, die ihre damalige Naivität verteidigt. Gleichwohl schämt sie sich noch heute dafür, „viel zu sehr auf der sicheren Seite” gewesen zu sein. Das Buch von Rosemarie Killius ist zweifelsohne Erinnerungsliteratur par excellence, faszinierend und bewegend zugleich. Exemplarisch überschneiden sich hier Bilder der Vergangenheit und Einstellungen der Gegenwart, die freilich erst das Amalgam von Zeitbewusstsein ergeben. Alle Frauen, die hier von ihren Gefühlen während und nach dem Krieg erzählen, betonen die Notwendigkeit, aus dem Verlauf der Geschichte zu lernen. Wichtig sind zwar nach wie vor offizielle Rituale und öffentliche Räume für das Gedenken an die Verbrechen in der NS-Zeit, doch immer zentraler wird auch eine sich stets aufs Neue befruchtende, kritische und vor allem individuelle Auseinandersetzung mit der Verführbarkeit des Menschen.
GÜNTHER FRIESS
Der Rezensent ist freier Autor
in Saarbrücken.
„Männer machen Kriege”: Unter deutschem Beschuss explodiert ein sowjetischer Lkw.
Foto: SZ-Archiv
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Erinnerungsliteratur par excellence" hat der Rezensent da gelesen. "Faszinierend und bewegend zugleich", schreibt Günther Friess, ist, was die Autorin für uns zusammengetragen hat - "eine spannungsreiche Dimension von `Oral History`" aus 26 Porträts von Frauen unterschiedlicher sozialer und nationaler Herkunft. Zentrale Bereiche subjektiver Verarbeitung von Geschichte rückten ins Blickfeld: Ängste, Schuldgefühle und Traumata. Doch damit nicht genug. Friess anerkennt den weitreichenden Blick des Buches auch auf die Probleme nach 1945 sowie auf Frauen "am Rande des Krieges": Bilder der Vergangenheit und Einstellungen der Gegenwart, so Friess, ergeben zusammen erst das Amalgam von Zeitbewusstsein.

© Perlentaucher Medien GmbH