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Adolf Hitler blieb bis zu seinem Tod Mitglied der katholischen Kirche. Aber glaubte er an Gott, und welche Gestalt hatte dieser Gott? Welcher Art war seine Religiosität? Wir wissen, daß Hitler die Kirchen nach dem "Endsieg" vernichten wollte. Aber was sollte an ihre Stelle treten? Inwiefern war der Nationalsozialismus eine politische Religion, die den christlichen Glauben ersetzen oder verdrängen konnte? Und inwieweit sah Hitler, vor allem nach der "Machtergreifung", sich selbst als Heilsbringer, als Erlöser des deutschen Volkes? Alle diese Fragen sind, trotz einer kaum noch überschaubaren…mehr

Produktbeschreibung
Adolf Hitler blieb bis zu seinem Tod Mitglied der katholischen Kirche. Aber glaubte er an Gott, und welche Gestalt hatte dieser Gott? Welcher Art war seine Religiosität? Wir wissen, daß Hitler die Kirchen nach dem "Endsieg" vernichten wollte. Aber was sollte an ihre Stelle treten? Inwiefern war der Nationalsozialismus eine politische Religion, die den christlichen Glauben ersetzen oder verdrängen konnte? Und inwieweit sah Hitler, vor allem nach der "Machtergreifung", sich selbst als Heilsbringer, als Erlöser des deutschen Volkes? Alle diese Fragen sind, trotz einer kaum noch überschaubaren Fülle von Büchern über die Zeit des Nationalsozialismus, bisher nicht befriedigend beantwortet worden. Rißmanns bahnbrechende Studie gibt erstmals ein umfassendes Bild von Hitlers Religiosität. Der Autor deckt die Wurzeln seiner religiösen Vorstellungswelt auf, zeigt, wie Hitler in der Zeit der Weimarer Republik den routinierten Gebrauch von christlichen Denkfiguren mit dem Kampf gegen die ch ristlichen Parteien verband, und geht der Frage nach, ob Hitler den Gott der Vorsehung nur zu Propagandazwecken anrief oder tatsächlich an die göttliche Fügung glaubte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2002

Sternwarten statt Kirchen
Hitlers nebulöses Gottesbild und sein Verhältnis zur christlichen Religion

Michael Rißmann: Hitlers Gott. Vorsehungsglaube und Sendungsbewußtsein des deutschen Diktators. Pendo Verlag, Zürich/München 2001. 314 Seiten, 24,90 Euro.

Die Deutschen - nicht alle, aber viele - glaubten an Hitler. Aber woran glaubte Hitler selbst? Seine Ideologie ist in ihren Quellen, ihrer Genese und ihren Strukturen mittlerweile sehr genau erforscht. Damit ist auch eindrucksvoll belegt worden, welch fundamentale Bedeutung Hitlers Weltanschauung für sein Handeln hatte.

Unklar blieb indessen Hitlers Gottesbild - wie überhaupt sein Verhältnis zum Religiösen. Dies ist nicht zuletzt darin begründet, daß von ihm widersprüchliche oder zumindest doch vage Äußerungen zu einer Frage überliefert sind, die im 21. Jahrhundert vielleicht nicht mehr als so brennend empfunden wird. Für die zeitgenössische Gesellschaft, die noch ungleich stärker in den christlichen Kirchen verankert war, handelte es sich aber nicht selten um ein zentrales Problem, ein religiöses und auch ein politisches. Schon deshalb suchte Hitler jede öffentliche Festlegung in dieser heiklen Frage zu vermeiden.

Aus den frühen Reden, die der Demagoge im Dunst von Bierkellern und Zirkuszelten hielt, sind freilich mehr wüste Attacken auf die Kirchen, allen voran auf die katholische, überliefert, als es Hitler eigentlich lieb sein konnte. Auch gehörten die christlichen Parteien - das Zentrum, die BVP und auch die DNVP - zu seinen bevorzugten Zielen. Mit den Wahlerfolgen am Beginn der dreißiger Jahre verschwanden diese antiklerikalen Ausfälle. Hitlers Reden wurden nun eingestimmt auf einen eigentümlich weihevollen Ton. An ihrem Ende pflegte er sich der Hilfe des Herrgottes selbst zu versichern.

Damit hatte der "Führer" zu einem Redestil gefunden, an dem er bis zum Ende seiner Herrschaft festhielt. Nur war es seit 1933 immer weniger der Herrgott, es war die Vorsehung, die seine Politik legitimieren sollte. Kaum ein Auftritt, bei dem nicht dieser mysteriöse Begriff gefallen wäre; vielen Zeitgenossen ist das guttural rollende R noch deutlich im Ohr. Daß es sich hierbei um mehr gehandelt haben muß als um bloße Propaganda, belegen Hitlers private Äußerungen. Auch hier mußte das Wirken der Vorsehung für alles und jedes herhalten; mit Hilfe dieses Schlagworts gelang es Hitler sogar, das Attentat vom 20. Juli 1944 zu einem göttlichen Fingerzeig zu stilisieren. Was verbarg sich hinter diesem unscharfen Begriff? Läßt sich Hitlers Gottesbild überhaupt ergründen? Wie ernst war es ihm damit? Und welche Folgen hatte dies für Hitlers Verhältnis zu den christlichen Kirchen?

Aufklärung im besten Sinne des Wortes bietet die knappe, aber konzentriert und flüssig verfaßte Arbeit von Michael Rißmann, der nicht nur die widersprüchliche und qualitativ ziemlich disparate Forschungsliteratur gegeneinander abwägt. Erstmals hat er hierfür alle bekannt gewordenen Zeugnisse Hitlers systematisch ausgewertet, die mittlerweile in einer ganzen Reihe von Editionen vorliegen, beginnend mit den ersten ungelenken Briefen Hitlers bis hin zu seinem politischen Testament, das er im April 1945 diktierte.

Wenn dennoch das Gottesbild des Diktators als Ganzes gesehen nebulös bleibt, so ist das kaum den sorgfältigen und klaren Ausführungen Rißmanns anzulasten. Vielmehr entsprechen Unbestimmtheit und Dürftigkeit des Hitlerschen Gottesbilds nur den Vergröberungen und Irrtümern seiner obskuren Ideologie. Und dennoch gibt es einen entscheidenden Punkt, der überrascht: Grundlage für die Welt- und Gottessicht dieses Massenmörders war kein vager Mystizismus oder gar Okkultismus, wie ihn etwa Himmler oder Rosenberg pflegten. Vielmehr war Hitler der festen Überzeugung, sein Verständnis des Transzendenten - wie überhaupt sein gesamtes Denken - sei streng rational, ja sei wissenschaftlich fundiert.

In Gott sah Hitler "das Walten der Naturgesetze im gesamten Universum". Bei anderer Gelegenheit meinte er: "Gott, das heißt die Vorsehung, das Naturgesetz." Nur "im Wege der Versenkung in die Natur oder durch Studium der Geschichte" lasse sich Gott erkennen, und so war es denn nur konsequent, daß Hitler während des Krieges plante, die christlichen Gotteshäuser einmal durch Sternwarten zu ersetzen, um so eine zeitgemäße Begegnung mit Gott zu ermöglichen: "Wenn erst einmal das Wissen um das Universum sich verbreitet, wenn der Großteil der Menschen sich klar darüber wird, daß die Sterne nicht Leuchtkörper sind, sondern Welten, vielleicht belebte Welten, wie die unsere, dann wird die Lehre des Christentums völlig ad absurdum geführt."

Einfälle wie diese lassen Hitlers Gottesbild als erstaunlich modern erscheinen. "Hitlers Gott ist vielleicht der Gott des 20. Jahrhunderts", lautet denn auch Rißmanns Ergebnis. Das Absurde und Gefährliche von Hitlers Weltanschauung hat also keine metaphysischen Wurzeln. Daß Rißmann bei dieser Gelegenheit mit vielen abstrusen Spekulationen gründlich aufräumt, ist angesichts der rechtsradikalen Spielarten der Esoterik ein erfreuliches und notwendiges Nebenprodukt seiner Studie. Denn Hitler kam aus einer ganz anderen Tradition: Seine Ideologie, seine wissenschaftlichen "Erkenntnisse" waren aufgebaut auf dem "Ideenschutt der Epoche", wie es Joachim Fest treffend formuliert hat. Hier liegt der geistesgeschichtliche Grund für diese Katastrophe.

Noch geringer waren seine Berührungspunkte zur christlichen Religion. Wenn Hitler das Christentum öffentlich als "die Lehre . . . des Kampfes" deutete und Jesus als den "größten arischen Führer", vor allem aber als Antisemiten, so ist fraglich, ob er das selbst noch ernst nahm. Ihn interessiere, so Hitler, nur "der sanitäre Gehalt fast aller Religionen". Das Gebot, "sich zu waschen, das und das nicht zu trinken, dann und wann zu fasten".

Gleichwohl scheute Hitler zunächst die finale Auseinandersetzung mit den christlichen Kirchen. Hatte er anfangs darauf gehofft, daß "das Christentum langsam verklingen", "ausglimmen" werde, so war es wieder einmal der Krieg, der sein Sendungsbewußtsein steigerte und auch seine Brutalität. Die Kirche galt ihm nun als "Krebsschaden", den man einmal gründlich "zertreten" müsse. Die Verwirklichung dieses Ziels, für Hitler die "letzte Lebensaufgabe", ist ihm nicht mehr gelungen. Doch kann - auch daran läßt Rißmanns Studie keinen Zweifel - der Nationalsozialismus immer auch als Ergebnis eines lang andauernden Säkularisierungsprozesses verstanden werden, der schon geraume Zeit vor Hitler einsetzte. Ein solcher Prozeß muß nicht zwangsläufig in der Amoralität und den monströsen Verbrechen einer Ideologie wie der nationalsozialistischen enden. Doch wird sich andererseits nicht bestreiten lassen, daß die Jahre 1933 bis 1945 auch als historisches Beispiel begriffen werden können, wo eine Gesellschaft ohne Gott, ohne den christlichen wohlgemerkt, enden kann.

Neu sind solche Überlegungen nicht. Doch schienen die Vorstellungen, die sich der Diktator über jene Welten machte, die gemeinhin als unfaßlich gelten, bislang nicht minder unfaßlich zu sein. Es ist das besondere Verdienst dieser Studie, daß sie Hitlers Gottesbild nicht nur sorgfältig und nüchtern klärt, sondern auch die große Bedeutung aufzeigt, die dieser Aspekt hatte - weit über Hitlers Person hinaus.

CHRISTIAN HARTMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Erleuchtung, Aufklärung ist dem Rezensenten aus dieser "knappen, aber konzentriert und flüssig verfassten" Arbeit erwachsen. Hitlers Gottesbild, was es mit der von diesem beschworenen "Vorsehung" auf sich hatte - mit Hilfe "aller bekannt gewordenen Zeugnisse Hitlers", erklärt Christian Hartmann, sorge der Autor für Licht. Dass es dennoch nicht recht hell werden will, liegt laut Hartmann nicht an den "sorgfältigen und nüchternen" Ausführungen Rißmanns, sondern an Hitlers unbestimmtem und dürftigem Gottesbegriff selbst. Dankbar ist der Rezensent dem Autor auch für das Aufräumen mit allerlei "abstrusen Spekulationen" über die vermeintlichen metaphysischen Wurzeln von Hitlers Weltanschauung. Tatsächlich ist dessen Ideologie aufgebaut gewesen "auf dem 'Ideenschutt der Epoche'". Und, wie Rißmann ebenfalls zeigen kann, auf einem "erstaunlich modernen" Gottesbild.

© Perlentaucher Medien GmbH