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  • Gebundenes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Molden
  • Seitenzahl: 592
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 776g
  • ISBN-13: 9783854850656
  • ISBN-10: 3854850654
  • Artikelnr.: 09892805
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Kritik von Bernd Sösemann an dem Band von Edith Dörfler und Wolfgang Pensold verheißt nichts Gutes. Und zwar gar nichts. Der Rezensent lässt an der Geschichte der österreichischen Nachrichtenagenturen, eigentlich eine der "APA", die pikanterweise auch von "APA"-Geschäftsführer Wolfgang Vyslozil herausgegeben wird, kein gutes Haar. Sie sei einseitig, unkritisch, tendenziös und stilisiert. Forschungsliteratur habe das Autorenduo nur sehr sparsam ausgewertet, stattdessen ausführlich Geschäftsberichte, Jahr- und Handbücher sowie Interviews mit Führungskräften der "APA", schimpft Sösemann. Deren Vorgeschichte sei zwar "flott" geschrieben, allerdings auch hemmungslos bestückt mit unpassenden Bildern, Metaphern und Anachronismen. Weder kann der Rezensent einen Anflug von kritischer Geschichtsschreibung entdecken, noch zugestehen, dass das Werk ein gekonntes Marketing-Stück der "APA" ist. Denn, findet Sösemann, die Laudatio der Autoren auf die Agentur und ihre Meister sei deutlich zu aufdringlich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2002

Die Meistersinger von Wien
Die Selbstverklärung der österreichischen Nachrichtenagentur APA

Edith Dörfler/Wolfgang Pensold: Die Macht der Nachricht. Die Geschichte der Nachrichtenagenturen in Österreich. Herausgegeben von Wolfgang Vyslozil. Molden Verlag, Wien 2001. 592 Seiten, 36,19 Euro.

Das Buch besteht aus zwei Teilen - einer Geschichte der "APA - Austria Presse Agentur" und einer dreimal so umfangreichen Vorgeschichte, in der die neuzeitliche Geschichte des Druckens und Publizierens bis zur APA beschrieben wird. Die Autoren stellen die Geschichte des Unternehmens auf Grund von Interviews mit einigen Führungskräften, Redakteuren und sogar einer Sekretärin der APA dar. Sie verwenden ausführlich Geschäfts- und Jahresberichte, Dienste, Handbücher, Einzelmeldungen und sonstige Verlautbarungen des Unternehmens, nutzen sparsam Forschungsliteratur und verzichten - sieht man vom Sonderfall ab - auf Archivalien, Korrespondenzen, Protokolle oder Aktenstücke.

Es verwundert deshalb nicht, daß die Darstellung der genossenschaftlich strukturierten Agentur weithin unkritisch ausfällt, aber es überrascht doch, wie unproportioniert, vordergründig und tendenziös dies geschieht. Der Auftakt zu den letzten zwanzig Jahren der APA wird zur gravierenden Zäsur stilisiert, als Ära des überragenden Managers, umsichtigen Reformers und entschlossenen Sanierers Wolfgang Vyslozil, der als langjähriger Geschäftsführer der Agentur APA und Initiator des vorliegenden Buchprojekts auch ein Vorwort beigesteuert hat. In jener Epoche konzentriert sich die Geschichte auf die Vorstellungen des Geschäftsführers, ist an seinen Planungen und Tätigkeiten ausgerichtet sowie aus dessen Perspektive gesehen und bewertet: "Knapp vierzig Jahre nach ihrer Gründung und einer ebenso langen Periode finanzieller Probleme orientiert sich die APA endgültig an den Prinzipien des freien Markts", heißt es.

Der Tenor des Textes wird einseitig: Prompt und überall reagiert Vyslozil unverzüglich, verordnet er strategisch, geht sein Kalkül auf, schlägt sich seine Unternehmensplanung nieder, vermag er sich gegenüber den kritischen Reaktionen seiner Genossenschaftler durchzusetzen und - "Tor auf!" - den "neuen Typ Informationsagentur" zu kreieren, wie die beiden Zwischenüberschriften fanfarenhaft verkünden.

Die 500jährige Vorgeschichte der APA-Erfolgsstory wird "flott-journalistisch" erzählt, ohne jegliche Hemmung vor unpassenden Bildern, Metaphern und Anachronismen. Kaum ein Klischee und eine Stereotype erschien den Autoren abgegriffen genug, als daß sie in ihrer Laudatio - übrigens in einem alles vereinheitlichenden Präsens geschrieben - darauf verzichtet hätten. Offensichtlich im Bedürfnis, wenigstens gelegentlich über die Faktenebene hinaus gelangen zu wollen, beansprucht das Autorenduo Kompetenz jenseits des lokalen Horizonts und raunt, schon zu Kolumbus' Zeiten seien "gesellschaftspolitisch relevante Diskurse auf Widerstand" gestoßen, und philosophiert: "Die weiße nordamerikanische Gesellschaft entsteht als Synthese aus europäischen Geistesströmungen aufklärerischer Provenienz und der englischen politischen Theorie, wobei das Fehlen monarchistischer Traditionen dem Individuum größere Chancen zur Selbstbestimmung und Entfaltung einräumt."

Bar jeglicher Quellenkritik übersehen die Autoren Bedeutsames und verlieren sich in Nebensächlichkeiten und Geschichten, mißverstehen Begriffe und zeitgenössische Ansichten, wenn sie beispielsweise Öffentlichkeit, Zeitung, Presse, Zensurpolitik oder Propaganda in der Frühen Neuzeit mit demselben Vorstellungshorizont interpretieren wie für spätere Jahrhunderte.

Wegen der gravierenden methodischen Schwächen und in der prallen Fülle der oftmals mit langen Zitaten umständlich mitgeteilten Kleinigkeiten fehlt trotz des großzügig bemessenen Gesamtumfangs der Platz für die Hauptereignisse des Geschäfts mit der Nachricht, scheinen sich die Ereignisse aus der historischen Situation zwangsläufig und geradlinig zu entwickeln - alles wird größer, nimmt zu, wird mehr, moderner und effizienter, ergo: "Es kommt, wie es kommen muß." Eine systematische Auswertung der Literatur geschieht nicht: Etliche ältere Arbeiten stehen neben neueren, ohne daß sich nach mühevoller Suche die Auswahlkriterien erschlössen.

Das Werk hat mit kritischer Geschichtsschreibung so gut wie nichts zu tun und enttäuscht. Sogar als reines Public-Relation-Produkt dürfte es beim Kundigen eher auf Zurückhaltung stoßen, denn allzu opulent und aufdringlich feiert es das Unternehmen und seine(n) Meister. Der geschäftstüchtige Initiator Vyslozil hätte seinen Autoren die sachlich nicht überzeugend gestalteten Herleitungen seit dem späten Mittelalter streichen und wenigstens das hypertrophe Verständnis von "Österreich" als historischem Raum korrigieren sollen.

BERND SÖSEMANN

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