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Borut setzt sich nach zweieinhalbjähriger Planung, getrieben vom Wunsch nach Freiheit und Veränderung, von seiner Familie ab. Seine Frau Monika, eine moderne Workaholikerin, bleibt mit den beiden Kindern zurück; finanziell abgesichert, aber ratlos. Als Borut die Änderung vollzieht bleibt die Welt um ihn herum die gleiche. Aber wie reagieren die Menschen an seiner Seite darauf, wie gehen seine Frau, wie gehen seine Kinder damit um?

Produktbeschreibung
Borut setzt sich nach zweieinhalbjähriger Planung, getrieben vom Wunsch nach Freiheit und Veränderung, von seiner Familie ab. Seine Frau Monika, eine moderne Workaholikerin, bleibt mit den beiden Kindern zurück; finanziell abgesichert, aber ratlos. Als Borut die Änderung vollzieht bleibt die Welt um ihn herum die gleiche.
Aber wie reagieren die Menschen an seiner Seite darauf, wie gehen seine Frau, wie gehen seine Kinder damit um?
Autorenporträt
Klaus Detlef Olof, geboren 1939, lebt in Zagreb und in Graz. Slawist und Übersetzer, u.a. von Dzevad Karahasan, Miljenko Jergovic, Zoran Feric und Igor Stiks.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2010

Privat ist, was man bezahlen kann
Weltrevolution? Kannst Du vergessen: Andrej Blatnik erzählt von der Liebe in der Konsumdiktatur

Im Jahr 1969 landete das amerikanische Duo Zagar and Evans mit dem Lied "In the Year 2525" einen Welterfolg. Die existentielle Bedrohung der Menschheit durch Konsum und technischen Fortschritt schien damals noch in weiter Ferne. Im neuen Roman des Slowenen Andrej Blatnik lauert das Grauen hinter der nächsten zeitgeschichtlichen Ecke.

Die Kriege auf dem Balkan liegen allenfalls ein paar Jahrzehnte zurück. Durch eine namenlose Stadt im alten Europa ziehen Ströme von bettelnden Migranten, Minderheiten wie "Afroserben und Muslime" werden in nach den Warenmarken der Sponsoren benannten Baracken eingepfercht, während die eingesessenen Einwohner vierzehn Stunden und mehr am Tag schuften, um ihren immer neuen Konsumdrang zu befriedigen. Künstliche Bäume sind von einem überwältigenden Grün, während die letzten natürlichen Exemplare grau vor sich hinsterben. Man ernährt sich von synthetisch erzeugten Lebensmitteln, natürliche gibt es nur noch auf dem Schwarzmarkt, und kaum einer kann sie sich leisten. In dieser Welt, in der alles gleich schmeckt und gleich aussieht, wird die Werbung zwangsläufig zum wichtigsten Industriezweig. Wie sonst sollten sich die Menschen im Urwald des Konsums zurechtfinden?

Werbung war lange das Metier von Borut, dem Helden dieser Anti-Utopie. Mit seinem Slogan "Global Player, Global Prayer, Global Payer" gelang dem promovierten Akademiker der Durchbruch. Auch privat lief alles nach Plan, seine Ehe mit Monika, die beiden Söhne, die Wohnung, angemessen möbliert nach der gesellschaftlichen Stellung. Bis Borut aus dieser gar nicht so schönen neuen Welt ausbricht, deren eigentliches Machtzentrum GD, ein Werbeguru, ist. In seinem Hochsicherheitsbüro plant dieser Diktator des einundzwanzigsten Jahrhunderts gerade eine neue, vielleicht letzte Kampagne: Krieg als All-inclusive-Paket, ein religiöser Krieg, versteht sich, in Auftrag gegeben von einer interkulturellen globalen Verbindung. Während Borut seine Midlife-Krise pflegt, sucht sich Monika mit einer kurzen Liaison zu trösten und klickt sich abends erschöpft in Übertragungen von allgegenwärtigen Kontrollkameras ein, eine Art Fernsehprogramm für Privilegierte: Es zeigt Greisinnen, die sich in Seitenstraßen Aufputschmittel spritzen, und Teenager, die in Umkleidekabinen Klamotten klauen. In dieser beklemmenden Big-Brother-Vision hängt der Schutz der Privatsphäre vom wirtschaftlichen Status ab: Privat bleibt, was man sich leisten kann.

Der 1963 geborene Andrej Blatnik gehörte einst zu den jungen Wilden der seit 1990 aufblühenden slowenischen Literaturszene. Der Bassgitarrist einer Punkband ist heute zugleich Verlagslektor und Dozent für kreatives Schreiben an der Universität von Ljubljana. Er schrieb Hörspiele, Essays, Kurzprosa. Zwei Bände mit Erzählungen liegen bereits auf Deutsch vor. "Ändere mich" ist sein zweiter Roman, den Klaus Detlef Olof in ein lakonisches, unsentimentales Deutsch übertragen hat.

Darin erzählt Blatnik, eingepackt in eine orwellsche Dystopie, Szenen einer Ehe in sechzehn Kapiteln, abwechselnd aus der Perspektive des Ehemannes und seiner Frau. Die stilistische Balance zwischen dem alltäglichen Familiendrama und der Weltenagonie kippt hin und wieder ins Triviale, ins Oberlehrerhafte oder Kitschige, Pointen verpuffen, wie die Beschwörung des "Globalischen" als sinnentleerter Weltsprache oder die bemüht wirkenden Kapitelüberschriften, die Gesellschaftstänze parodieren, wie der "lahme Quickstep" oder der "freiheitliche Tango".

Das Fazit, das der Ehekrise und das der Zukunftsvision, ist ernüchternd: Vergesst die Weltrevolution. Nur wer sich selbst ändert und sich ändern lässt, hat im Kleinen eine klitzekleine Chance. Also: Liebt euch, kocht den Kindern frische Gemüsesuppe, nehmt sie nicht mit in den Supermarkt, schaltet die Glotze ab, glaubt nicht an die Werbesprüche, nehmt die Gitarre in die Hand. "Manchmal müssen sich die Dinge ändern. Und sie ändern sich."

SABINE BERKING

Andrej Blatnik: "Ändere mich". Roman. Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof. Folio Verlag, Wien und Bozen 2009. 240 S., geb. 22,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Sabine Berking schaudert es vor Andrej Blatniks negativer Utopie einer gar nicht so fernen Zukunft, in der Konsum alles ist und Werbung die Weltherrschaft bedeuten. In diesem Setting lässt der slowenische Autor, einst den "jungen Wilden" Sloweniens zugerechnet und mittlerweile als Verlagslektor und Dozent für kreatives Schreiben etabliert, seinen Helden Borut aus der Werbewelt, für die er arbeitet, ausbrechen und eine im Grunde alltägliche Ehekrise durchleben, erklärt uns die Rezensentin. Für sie funktioniert der Spagat zwischen düsterer Zukunftsvision und Beziehungsgeschichte allerdings nicht so recht, insbesondere stilistisch rutsche der Roman öfter in triviale, belehrende oder gar kitschige Gefilde ab.

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