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Aufgrund von bisher noch weitgehend unbekannten Quellen wird im vorliegenden Buch der Kriegsverbrecherprozeß gegen den Gauleiter von Kärnten, Chef der Zivilverwaltung in Oberkrain sowie den Obersten Kommissar des Adriatischen Küstenlandes Dr. Friedrich Rainer und andere österreichische und deutsche Nationalsozialisten vom 10. bis zum 19. Juli 1947 vor dem Militärgericht der VI. Armee in Ljubljana behandelt. Der Prozeß zählte aufgrund seiner außen- und innenpolitischen Tragweite zu den komplexesten Nachkriegsprozessen in der Volksrepublik Slowenien. Die Intentionen des Prozesses erschöpften…mehr

Produktbeschreibung
Aufgrund von bisher noch weitgehend unbekannten Quellen wird im vorliegenden Buch der Kriegsverbrecherprozeß gegen den Gauleiter von Kärnten, Chef der Zivilverwaltung in Oberkrain sowie den Obersten Kommissar des Adriatischen Küstenlandes Dr. Friedrich Rainer und andere österreichische und deutsche Nationalsozialisten vom 10. bis zum 19. Juli 1947 vor dem Militärgericht der VI. Armee in Ljubljana behandelt. Der Prozeß zählte aufgrund seiner außen- und innenpolitischen Tragweite zu den komplexesten Nachkriegsprozessen in der Volksrepublik Slowenien. Die Intentionen des Prozesses erschöpften sich vor dem Hintergrund der brisanten Frage der Grenzziehung zwischen Österreich und Jugoslawien nicht allein in einer generellen Anklage und Verurteilung der NS-Okkupationspolitik. Vielmehr sollte die Verantwortung der österreichischen NS-Nomenklatur und deren Anteil an den Verbrechen in Slowenien hervorgehoben und als außenpolitisches Druckmittel in die Waagschale der Nachkriegsdiplomatie geworfen werden. Zudem wurde der Prozeß vom kommunistischen Regime in Slowenien als innenpolitisches Instrument zur Festigung der Macht missbraucht. Die Studie visualisiert ein bislang vernachlässigtes Problemfeld der Geschichtsforschung des Alpen-Adria-Raumes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.04.2001

Gegen Österreich gerichtet
Der Schauprozeß in Laibach im Juli 1947

Alfred Elste/Michael Koschat/Hanzi Filipic: NS-Österreich auf der Anklagebank. Anatomie eines politischen Schauprozesses im kommunistischen Slowenien. Hermagoras Verlag, Klagenfurt/Ljubljana/Wien 2000. 267 Seiten, 41,- Mark.

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann in Jugoslawien die Abrechnung der siegreichen Kommunisten mit den Kollaborateuren aus der nationalsozialistischen Besatzungszeit, aber auch mit den politischen Gegnern aus dem bürgerlichen und nationalen Lager. Geschah dies noch anfänglich durch Massenhinrichtungen ohne jegliche Gerichtsverfahren, so verurteilten bald Kriegsgerichte in politischen Schauprozessen tatsächliche und angebliche Kriegsverbrecher, Mitläufer und Volksfeinde.

Ab September 1945 gab es wieder eine pseudolegale Justiz, die ganz im Sinne des sowjetischen Vorbilds funktionierte: Staatsanwälte und Richter folgten bei den Prozessen den Direktiven der Kommunistischen Partei Jugoslawiens, die die Urteile zum Teil im voraus festlegte. Ein spektakulärer Schauprozeß fand gegen Friedrich Rainer und andere führende österreichische und deutsche Vertreter der Besatzungsmacht vom 10. bis 19. Juli 1947 in Laibach statt.

Der in Kärnten geborene promovierte Jurist Rainer wurde bereits im Elternhaus national erzogen. In der Schule prägte ihn der Landeshistoriker Martin Wutte. Über den Deutschen Turnerbund, der ihn antiklerikal, antimarxistisch und antisemitisch indoktrinierte, kam er früh zum Nationalsozialismus. Während der Verbotszeit der NSDAP konnte er sich gut tarnen und trotzdem in der Hierarchie der Partei aufsteigen. Nach dem "Anschluß" Österreichs machte er schnell Karriere: Gauleiter und Landeshauptmann von Salzburg, dann ab Ende 1941 Gauleiter und Reichsstatthalter in Kärnten und dem besetzten Oberkrain (für Oberkrain gleichzeitig Chef der Zivilverwaltung) und ab 1943 Oberster Kommissar für die Operationszone "Adriatisches Küstenland".

Nachdem Rainer im Nürnberger Prozeß als Entlastungszeuge gehört worden war, lieferten ihn die Alliierten an Jugoslawien aus. Die Autoren lassen keinen Zweifel an der objektiven Schuld Rainers und den unter seiner Leitung und in seinem Auftrag begangenen Verbrechen der deutschen Besatzungsmacht. In Österreich und speziell in Kärnten brauchten die nationalsozialistischen Verbrecher nach Beendigung des Krieges kaum mit einer Verfolgung zu rechnen. Die Kärntner SPÖ bot sich vielfach als Auffangbecken für kleinere und mittlere Nationalsozialisten an. Dies diente auch dazu, um die These zu festigen, daß Österreich das "erste Opfer Hitlers" gewesen sei. Damit sollte der moralische Anspruch auf eigene Gebietsforderungen (Südtirol) begründet und die anderer Staaten abgewehrt werden.

Demgegenüber instrumentalisierte Jugoslawien den Schauprozeß gegen Rainer. Die zentrale These der Anklage und des Urteils lautete: Österreich und Deutschland versuchten bereits seit der Habsburgerzeit, die Slowenen zu vernichten. Hitler habe danach getrachtet, dies zu vollenden, und dabei besonders gern Österreicher herangezogen. Mit Hilfe dieser Behauptung sollte der Anspruch Jugoslawiens auf Teile Kärntens (unter Einschluß Klagenfurts) und der Steiermark bei den im Januar 1947 in London beginnenden Verhandlungen über den Staatsvertrag Österreichs gegenüber den Alliierten begründet werden. Zu diesem Zweck mußte schnell ein Urteil vorliegen, so daß der Prozeß schlecht vorbereitet und eher auf die zentrale These als die individuelle Schuld der Angeklagten ausgerichtet war. Daher konnte der Jurist Rainer, der keine Schuldeinsicht zeigte, immer wieder dem Gericht Verfahrensfehler nachweisen (ungenügende Übersetzung der Anklageschrift, keine Zulassung von Entlastungszeugen) und sich bei einzelnen Anklagepunkten herauswinden. So machte die Staatsanwaltschaft, deren Material von der Geheimpolizei zusammengetragen wurde, Rainer für Verbrechen verantwortlich, die sein Vorgänger Kutschera befohlen hatte. Dies hatte auf den Ausgang des Prozesses keinen Einfluß, nur die Glaubwürdigkeit litt. Wann das Todesurteil gegen Rainer vollstreckt wurde, ist unklar.

Im Zentrum des Buches steht die gegen Österreich gerichtete Intention des Prozesses - weitere Absichten, wie Diskreditierung der katholischen Kirche, Legitimierung der kommunistischen Partei und ihrer Handlungen während des Krieges, werden nur knapp erwähnt. Ob sich sowjetische Berater an der Vorbereitung der Anklage und eventuell Leitung des Prozesses beteiligten, wie dies in den übrigen Staaten des Ostblocks geschah, wird nicht untersucht. Die zum Teil sehr drastischen Bilder im Anhang liefern einen Eindruck von den deutschen Verbrechen und vom Prozeß gegen die Angeklagten.

FRANZ-JOSEF KOS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rezensent Franz-Josef Kos enthält sich weitgehend einer Kritik über die Studie der Autoren und referiert stattdessen deren zentrale Inhalte. Es geht um das Verfahren gegen den österreichischen Nationalsozialisten Friedrich Rainer, ab 1943 Oberster Kommissar für die Operationszone "Adriatisches Küstenland", dem später im kommunistischen Slowenien der Prozess gemacht wurde. Die Schuld des Angeklagten und die Verantwortung für die unter seiner Leitung begangenen Verbrechen stellen die Autoren außer Frage, berichtet der Rezensent. Doch kritisieren sie die Instrumentalisierung des Prozesses für die Macht und Legitimation eines kommunistischen Systems. Nur knapp erwähnt wird, kritisiert Kos, eine weitere Absicht des Prozesses, nämlich die Diskreditierung der katholischen Kirche. Erschütternd findet er die im Anhang beigefügten Bilder über die deutschen Verbrechen in Jugoslawien und über den Prozess gegen den Angeklagten.

© Perlentaucher Medien GmbH