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Ein faszinierender Einblick in das literarische Leben im Paris vor der Revolution.Mit seinem »Tableau de Paris« hat Louis-Sébastien Mercier als erster überhaupt die Großstadt als sozialen Kosmos entdeckt und mit empathischer Hingebung und scharfem Witz beschrieben. Das Werk, das in zwölf Bänden mit mehr als tausend Kapiteln ab 1781 veröffentlicht wurde, vibriert von der Unruhe der Jahre vor der Revolution, die der unermüdliche Flaneur und kritische Beobachter uns in jedem Abschnitt spüren lässt.In dieser Auswahl sind erstmals ausschließlich Passagen zusammengefasst, die von Literaten und…mehr

Produktbeschreibung
Ein faszinierender Einblick in das literarische Leben im Paris vor der Revolution.Mit seinem »Tableau de Paris« hat Louis-Sébastien Mercier als erster überhaupt die Großstadt als sozialen Kosmos entdeckt und mit empathischer Hingebung und scharfem Witz beschrieben. Das Werk, das in zwölf Bänden mit mehr als tausend Kapiteln ab 1781 veröffentlicht wurde, vibriert von der Unruhe der Jahre vor der Revolution, die der unermüdliche Flaneur und kritische Beobachter uns in jedem Abschnitt spüren lässt.In dieser Auswahl sind erstmals ausschließlich Passagen zusammengefasst, die von Literaten und Publikationen, von Theater und Zensur erzählen. So wird die Welt der »gens de lettre« wieder lebendig, in der Mercier agierte und in der die Revolution herannahte. Es entsteht ein wirbelndes Bild von Autoren, Verlegern, Journalen, Zensoren und all der kontroversen Kräfte und Spannungen unter ihnen - vieles davon ist in verwandelter Form auch im heutigen literarischen Leben zu beobachten: Mercier hält mit diesen Texten, die nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegen, nicht nur seiner Zeit, sondern gelegentlich auch uns den Spiegel vor.
Autorenporträt
Louis-Sébastien Mercier (1740-1814) war ein überaus fruchtbarer Theaterautor und Journalist, der neben seinem Mammutwerk »Tableau de Paris« (1781 ff.) mit seinem utopischen Roman »Das Jahr 2440« (1771) als einer der Begründer des Science-Fiction-Genres gilt.

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Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hannelore Schlaffer begrüßt Wulf D. von Lucius' gelungene Auswahl aus Louis-Sebastien Merciers (1740-1814) vielbändigen Werk "Tableau de Paris", mit dem der französische Aufklärer, Schriftsteller und Journalist europaweit Erfolge feiern konnte. Sie würdigt "Tableau de Paris" als aufklärerische Beschreibung des städtischen Lebens in all seinen Facetten. Die nun vorliegende Auswahl legt zu ihrer Freude den Fokus auf das literarische Leben der Stadt, das sich häufig in den zahllosen Kaffeehäusern abspielte, wo Intellektuelle, Dichter, Verleger, Müßiggänger, Zensoren, Spitzel zusammen kamen. Schlaffer attestiert Mercier einen geschärften, kritischen Blick auf die Machtverhältnisse, den Machtmissbrauch durch König, Adel und Kirche. Sie findet in den Texten auch das eigentliche Subjekt der kommenden Revolution: den Städter. Der vorliegende Band scheint ihr besonders erhellend, zum einen weil er die "Vorgeschichte des heutigen literarischen Lebens" lebendig aufzeigt, zum anderen weil er an die Macht des Wortes in der bürgerlichen Stadt erinnert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.03.2013

Hört ihr das Sturmläuten?
Am Vorabend der Revolution: Wulf D. von Lucius präsentiert eine kluge Auswahl aus Merciers „Tableau de Paris“
Vor allem die Cafés! Von ihnen gab es um 1780 in Paris sechs- bis siebenhundert. Da trafen sich die Müßiggänger und Hungerleider, die Dichter und ihre Kritiker und tranken das „schwarze Wasser“, das, so diagnostiziert der Autor und frühe Journalist Louis-Sébastien Mercier (1740-1814), für die Traurigkeit und Bissigkeit dieser Art von Menschen verantwortlich sei.
  Um diese Stimmungen und um die Menschen, die ihnen ausgesetzt waren, neben Schriftstellern sind dies Verleger, Zensoren und Bouquinisten, auch um literarische Cliquen und schreibende Damen geht es in den Lesefrüchten aus Merciers vielbändigem „Tableau de Paris“, die Wulf D. von Lucius in einem schmalen Band versammelt hat. Der französische Aufklärer ließ 1781 – 1788 seine Feuilletons – die damals noch nicht so hießen – im Buch erscheinen und hatte damit in ganz Europa einen ungewöhnlichen Erfolg.
  Die Auswahl ist nicht eine unter vielen, die es schon von Merciers „Tableau“ gibt, die, je nach politischer Richtung, einmal unterhaltsame Genreszenen des Stadtlebens, einmal mitleiderregende Gemälde der ausgebeuteten Masse vorstellen. Denn Lucius, selbst Verleger und Büchersammler, richtet sein Augenmerk auf ein Thema, das bislang in den Tausenden von Miniaturen, die Mercier zeichnete, untergegangen war: auf das literarische Leben. Damit legt Lucius Anlass und Anstoß für das Tableau selbst frei. Denn erst durch die Entstehung von Zeitungen, in denen politische Nachrichten erschienen, und durch die freundschaftliche Gruppierung von Intellektuellen, die sie an den verschiedensten Orten der Stadt diskutierten, waren Merciers Feuilletons überhaupt möglich.
  Die Auswahl führt zum Ursprung der bürgerlichen Kultur des Lesens zurück, sie zeigt den Lebenskampf, den die Schriftsteller der Aufklärung zu bestehen hatten gegen ihre Verleger, gegen die königliche Zensur und schließlich gegen die Armut, die sie auf Dachböden verbannte, wo neben den Ärmsten „der Geist, der Fleiß“ hausten. Mercier würdigt aber auch die von diesem „Geist“ verachteten Figuren wie den Lumpensammler, der das Material fürs Papier aus der Gosse fischt, oder die Drogisten und Butterverkäufer, die das bedruckte Papier als Einpackpapier gebrauchen und es, so befindet Mercier ganz im heutigen Sinne, zweckmäßig recyceln.
  Solch humoristische Wahrheiten haben zu dem außerordentlichen Erfolg des Werkes in seiner Zeit beigetragen. Dem Autor selbst waren sie nur ein Mittel, um beim Publikum sein eigentliches Ziel zu erreichen: Aufklärung über den Missbrauch der Macht, den sich Könige, Aristokraten und Kirchenherrn leisteten. Mercier beobachtet genau den Krieg zwischen den „Dichtern und Mächtigen“, der sich im Jahrzehnt vor der Revolution entzündete, und prophezeit: „die Letzteren werden die Schlacht verlieren“. Die Zensur, eines ihrer wichtigsten Mittel gegen den erwachenden Widerspruchsgeist, versteht Mercier denn auch als Symptom der Angst: „Oh, wie fürchtet man das Sturmläuten der aufmüpfigen Zeit.“
  Mercier verfügt über ein scharfes Auge für die Taktiken der Macht und des Widerstandes gegen sie. Er lässt sich auch dann nicht täuschen, wenn einmal Disputanten, die aus den Cafés hinaus auf die Straße drängten, um mit den Passanten zu diskutieren, im Lärm der Kutschen von den Spitzeln dennoch geduldet wurden, „weil das Rad alles, auch einen neuen Demosthenes, auslöscht“.
  In seinen Stadtbeschreibungen entdeckt Mercier das eigentliche Subjekt der Revolution, ohne das alle Rousseaus und Diderots ungehört geblieben wären: den Städter. Diese „Auszüge aus dem Tableau de Paris“ verzeichnen die Stadien, die die Idee auf ihrem Weg vom intellektuellen Produzenten zur lesenden Menge durchläuft, bis endlich dieses Subjekt, der Citoyen, geboren und erzogen ist.
  So gibt sich die Stadt unter dem Blick Merciers als der Ort zu erkennen, wo der Gedanke auch zu denen gelangt, die selber nicht denken. Die hier versammelten Glossen über „Bücher, Literaten und Leser“ sind daher nicht allein deshalb interessant, weil sie die Vorgeschichte des heutigen literarischen Lebens anschaulich vor Augen führen, sondern vor allem deshalb, weil sie der ermüdeten Nachwelt klarmachen, welche Macht das Wort hat und wo sein Forum lag: in der bürgerlichen Stadt.
HANNELORE SCHLAFFER
Die Auswahl zeigt das literarische
Leben, in dem Mercier agierte
Die Zensur versteht
Mercier als Symptom der Angst
Ein Ort des Schaulaufens für die Welt und Halbwelt von Paris: Das Palais Royal, seit den 1780er-Jahren Zentrum der Gastronomie und Vergnügungen.
FOTO: SV–BILDERDIENST
  
  
Louis-Sébastien Mercier: Bücher, Literaten und Leser am Vorabend der Revolution. Auszüge aus dem „Tableau de Paris“. Ausgewählt von Wulf D. von Lucius. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 237 S., 22,90 Euro.
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