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Der Ostseeraum bildet die Kulisse für Gregor Sanders neue Erzählungen. Große Geschichte(n) in kleiner Form. Meisterhaft. Diese Erzählungen spielen in Rerik, am Nord-Ostsee-Kanal, auf Gotland, in Helsinki, Klaipeda... Sie handeln von Menschen, die unterwegs sind und zugleich in ihren Schicksalen gefangen: wortkarge Seebären, desillusionierte Künstler, angebetete Frauen. So unterschiedlich die Geschichten auch sind, sie haben doch alle etwas gemeinsam. Sie erzählen von Sehnsüchten - nach geliebten Menschen, nach einem freien Leben oder nach dem einfachen Gefühl, verstanden zu werden. Und sie…mehr

Produktbeschreibung
Der Ostseeraum bildet die Kulisse für Gregor Sanders neue Erzählungen. Große Geschichte(n) in kleiner Form. Meisterhaft. Diese Erzählungen spielen in Rerik, am Nord-Ostsee-Kanal, auf Gotland, in Helsinki, Klaipeda... Sie handeln von Menschen, die unterwegs sind und zugleich in ihren Schicksalen gefangen: wortkarge Seebären, desillusionierte Künstler, angebetete Frauen. So unterschiedlich die Geschichten auch sind, sie haben doch alle etwas gemeinsam. Sie erzählen von Sehnsüchten - nach geliebten Menschen, nach einem freien Leben oder nach dem einfachen Gefühl, verstanden zu werden. Und sie ziehen den Leser immer wieder in ihren Sog: Zwei Männer, Freunde seit einem halben Leben, gehen zusammen auf einen Segeltörn, den sie zum vierzigsten Geburtstag geschenkt bekommen haben. St. Petersburg ist das Ziel. Ihre Frauen versprechen zum Abschied Abenteuer und Weiße Nächte. Der Alltag dann auf See ist nicht eben aufregend. Wie viel Welt Gregor Sander jedoch in die beengte Situation an undunter Deck holt, das ist außerordentlich. Ins Bild geraten die Lebenswege der beiden, die Möglichkeit, nach dem Ende der DDR 1990 endlich Medizin studieren zu können, das Scheitern, ein neues Leben in Berlin, Saufen, Versuche, eine Familie zu gründen, Kinder; und die kleinen und großen Geheimnisse.Sanders Erzählen wirkt karg, fast verschwiegen; wie die Leute, wie die nördliche Landschaft. Mit wenigen Strichen, so diskret wie präzis, zeichnet der Autor Schicksale, die unter die Haut gehen.Die Titelerzählung »Winterfisch« wurde 2009 in Klagenfurt mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet.Ausgezeichnet mit dem Preis der LiteraTour Nord 2012 und dem Deutschen Erzählerpreis 2013Ausgezeichnet mit dem »Deutschen Erzählerpreis 2013«www.gregorsander.com Interview mit Gregor Sander am Goethe Institut London 2015
Autorenporträt
Gregor Sander, geb. 1968 in Schwerin, studierte einige Semester Medizin, Germanistik und Geschichte. Davor schloss er Ausbildungen zum Schlosser und Krankenpfleger ab. Nach dem Besuch der Berliner Journalistenschule lebt er heute als freier Autor in Berlin. 2004 wurde er mit dem Förderpreis zum Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Homburg ausgezeichnet. Sein Romandebüt »Abwesend« wurde für den Deutschen Buchpreis nominiert. 2009 erhielt er bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt den 3sat-Preis. Der Erzählungsband »Winterfisch« wurde mit dem Preis der LiteraTour Nord (2012) und dem »Deutschen Erzählerpreis« (2013) ausgezeichnet. 2014 erschien sein zweiter Roman »Was gewesen wäre«. Mehr zu Gregor Sander auf: www.gregorsander.com
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2012

Beeckdörp hat das letzte Wort
Frank Schulz erhält den Kranichsteiner Literaturpreis

Die DDR ist noch lange nicht Vergangenheit. Die Erinnerungen an sie reichen bis in die Gegenwart, in den Alltag hinein, beeinflussen Denken und Handeln ihrer ehemaligen Bürger. Aufgewachsen in einem Land, das es heute nicht mehr gibt, verarbeiten viele deutsche Nachwuchsschriftsteller ihre Kindheitserinnerungen in Büchern, in denen die ostdeutsche Diktatur als schwierige Heimat mit mehr oder weniger kritischem Unterton, aber nie ohne eine gewisse Nostalgie wiederauflebt.

Der Blick auf die DDR verbindet auch die diesjährigen Stipendiaten des Deutschen Literaturfonds, deren Namen bei der Überreichung des Kranichsteiner Literaturpreises an Frank Schulz in Darmstadt bekanntgegeben wurden. Inka Parei, ausgezeichnet mit dem New-York-Stipendium, erzählt in ihrem Roman "Die Kältezentrale" vom Versuch eines geschiedenen Ehepaars, eine schicksalhafte Entscheidung zu rechtfertigen. Gregor Sander, der das London-Stipendium erhält, betrachtet in seinem Erzählband "Winterfisch" das Leben im ehemals zur DDR gehörenden Norden Deutschlands.

Auch Schulz' Werke sind mal düstere, mal heitere Heimat-Retrospektive. In seiner "Hagener Trilogie", die zwischen 1991 und 2006 erschien, geht es um den Versuch des Helden Bodo Morten, vor der eigenen Vergangenheit im für Schulz' Heimat Hagen stehenden Dörfchen Beeckdörp zu fliehen - im geographischen wie im Freudschen Sinne. Für sein Gesamtwerk und den jüngst erschienenen Roman "Onno Viets und der Irre vom Kiez" erhielt Schulz nun den mit 20 000 Euro dotierten Kranichsteiner Literaturpreis, den der Literaturfonds seit 1983 vergibt. Edo Reents, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, beschrieb in seiner Laudatio den "Grundkonflikt zwischen Intellektuellem und Proletarier", den Morten auszutragen habe. Doch eigentlich sei von vornherein klar: Beeckdörp habe das letzte Wort.

Der mit 5000 Euro dotierte Literaturförderpreis ging an Benjamin Maack, der sich am Vormittag beim Wettlesen auch bei der Schüler-Jury des Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasiums hatte durchsetzen können.

JULIA KERN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.09.2011

Am Meer,
neben der Spur
Gregor Sanders neuer
Erzählungsband „Winterfisch“
Wenn die Mittsommernacht naht, das Licht selbst im gefrorenen Wasser noch sichtbar ist, wird die englische Dichterin Lavinia Greenlaw zu einem „Riesen der Schlaflosigkeit“. Dann erlebt sie Stunden reinster Ekstase, die sie in leuchtende Verse verwandelt: „Licht pumpt in den Raum hinein, in mich hinein, / lässt nichts zum Füllen übrig. // Mein Herz zerspringt vor Freude, jede Zelle, / und noch immer kommt Licht.“ Der Erzähler in Gregor Sanders Geschichte „Weiße Nächte“ indes, der mit dem Schiff von Gdingen nach St. Petersburg unterwegs ist, sieht die Sache ein wenig nüchterner: „Was ist schön daran, wenn es nicht dunkel wird? Wenn es nicht dämmert und sich ein Ende ankündigt? Ich weiß es nicht. Es hat etwas Gnadenloses.“
Gregor Sander, 1968 in Schwerin geboren, hat seine neuen Erzählungen in jener Zwischensphäre angesiedelt, in der sich Nacht und Tag kaum mehr unterscheiden lassen. An den Ufern der Ostsee sucht er Orte auf, an denen Schnee und Eis die Konturen der Dinge verdecken oder das Dämmerlicht die Grenzen zwischen Festem und Flüssigem, Zivilisation und Wildnis zu verwischen scheint. Mal ist es die karge Landschaft Schwedens, dann wieder die ostdeutsche Küste mit ihren Inseln oder die Kurische Nehrung, die Sander zur Szenerie seiner Geschichten macht. In dieser Landschaft wird auch die Zeit durchlässig, immer wieder tauchen Relikte aus der NS-Zeit und aus der untergegangenen DDR am Rande der Wahrnehmung auf.
Und so wie die Landschaft von historischen Spuren durchsetzt ist, schiebt sich in das Erleben der Figuren die Vergangenheit hinein. Es sind die oft beschworenen Menschen von nebenan, die Gregor Sander durch seine Küstenwelten schickt, Werbeleute, Ärzte, Heizungsbauer, Juristen oder Studenten. Meist befinden sich seine Ich-Erzähler an einem wichtigen Punkt ihrer Lebensgeschichte, ohne dass ihnen das recht bewusst wäre. Es gibt Brüche in Beziehungen, die erst nach und nach fühlbar werden, alte Bekannte, die plötzlich wieder auftauchen, nicht selten sind es auch Orte, die in ihrer Fremdheit dafür sorgen, dass die Figuren sich plötzlich selbst fremd werden.
Die Bedeutung dieser Momente holt Sander über Rückblenden in die Vergangenheit der Figuren ein. Am stärksten ist er immer dann, wenn er mehrere Geschichten ineinander schneidet. So sehen wir gleich in der ersten Erzählung einen jungen Mann, der in der maritimen Welt um Kiel fast aufgeht. Mit allen Sinnen erlebt er die Landschaft, die Farben, den Geruch des Meeres und der Fische. Erst nach und nach wird klar, dass er von seiner Frau verlassen worden ist. Sander verknüpft dies mit einer zweiten, früheren Verlusterfahrung: Ein alter Freund, der dem Erzähler in Güstrow wie ein Vater war und kurz nach der Wende in den Westen ging, hat sich wieder gemeldet und den Erzähler nach Kiel eingeladen. Wie nebenbei verhaken sich so persönliche Geschichte und die Zeitläufte.
Doch die Figuren müssen erst einmal ein Gespür für diese Risslinien in den Lebensläufen entwickeln. „Von vorne anfangen“, wie es sich der Ich-Erzähler in „Stüwes Tochter“ wünscht – gerade das ist nicht möglich. So wie hier der Vater, der als Stasi-Major seine eigene Tochter überwachen ließ und jedes Vertrauen zerstörte, besetzt in „Der Stand der Dinge“ der auf der Flucht erschossene Sohn die Erinnerung. Geschickt lagert Sander in diesem Text die Stimmungen der Figuren in die Winterlandschaft von Rügen und Hiddensee ein, indem er den Schnee beschreibt, das gefrorene Wasser, leuchtende Tankstellen oder ein paar Schwäne, die plötzlich die Straße kreuzen.
Allerdings möchte man dem Autor manchmal auch jenen Satz zurufen, den der Kellner in „Jenseits“ fallen lässt, wenn ihm der Erzähler mit seinen Geschichten wieder einmal zu viel wird: „Ach hören Sie auf, Mönsch.“ So detailreich und sinnlich gefärbt Gregor Sander auch erzählt, es glückt ihm nicht immer, eine Atmosphäre zu schaffen, in der das Lastende, das „Gnadenlose“ der Vergangenheit, des Schnees und der fehlenden Dunkelheit auch tatsächlich spürbar würde. Dazu lässt er seine Figuren bisweilen zu sehr in einen flapsigen Ton verfallen, der neben manch hübschen Formulierungen auch Floskeln wie „es zog wie Hechtsuppe“ kennt. Zudem greift er zu oft zu unmotivierten Experimenten im Aufbau seiner Geschichten, zerzupft die Perspektiven oder die zeitlichen Schichten. Und manchmal engt er seine offen erzählten Geschichten zu stark mit pointierenden Schlusssätzen wieder ein.
Warum man Gregor Sander trotzdem gerne in seine Erinnerungswelten folgt? Vielleicht, weil es ihm ein ums andere mal gelingt, die Orte und Zeiten zu überblenden. Er führt den Leser in die Vergangenheit und wieder zurück, holt ihn in die Städte, auf die Inseln, ans Meer. Und zeigt ihm unterwegs jene Plätze, an denen das Gefüge der Wirklichkeit sich zu lockern scheint, für Momente jedenfalls: „Ich kam mir vor wie in Holland oder in England oder in Dänemark. Ich wusste es nicht genau, aber es war so, als ob sich meine Realität leicht verschoben hätte, als wäre ich neben der Spur.“
NICO BLEUTGE
GREGOR SANDER: Winterfisch. Erzählungen. Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 191 Seiten, 18 Euro.
Diese Erzählungen spielen
dort, wo Tag und Nacht
ineinander übergehen
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Martin Zingg hat sich von den Erzählungen Gregor Sanders gefangen nehmen lassen, die überwiegend im nördlichen Europa und nicht selten in sehr kalten Gefilden spielen. Seine Geschichten erzählen von der "Verlorenheit" eines Zwillingspaars, einer bedrückenden Familienfeier, in deren Zentrum der bei seiner Flucht aus der DDR erschossene Bruder steht, oder einer Reise eines Paares auf den Spuren Ingmar Bergmans, die sich zunehmend voneinander entfernen, fasst der Rezensent zusammen. Er zeigt sich von der kargen Erzählweise, die sich jedwedes "Psychologisieren" seiner Figuren verbietet und zumeist von Alltäglichkeiten ausgeht, gefesselt und sieht hier eindrucksvoll demonstriert, wie die Vergangenheit bis in die Gegenwart hinein "zur Fußfessel" werden kann.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Gregor Sander ist einer der ersten, der für eine gesamtdeutsche Literatur steht. Große Kunst auf kleinem Raum.« (Deutschlandfunk)