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Zum 80. Geburtstag des Literaturwissenschaftlers Eberhard Haufe am 7. Februar 2011 eine Auswahl seiner wissenschaftlichen und essayistischen Arbeiten.Das große literaturwissenschaftlich-essayistische Werk Eberhard Haufes war bislang vorwiegend in Begleittexten zu Editionen, in Sammelbänden, Zeitschriften und Zeitungen zugänglich. In der vorliegenden Auswahl wird es erstmals als _uvre erkennbar. Mit Schwerpunkten in der Frühen Neuzeit, in der goethezeitlichen Epoche zwischen Klopstock und Jochmann sowie in der Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deckt es nahezu die gesamte…mehr

Produktbeschreibung
Zum 80. Geburtstag des Literaturwissenschaftlers Eberhard Haufe am 7. Februar 2011 eine Auswahl seiner wissenschaftlichen und essayistischen Arbeiten.Das große literaturwissenschaftlich-essayistische Werk Eberhard Haufes war bislang vorwiegend in Begleittexten zu Editionen, in Sammelbänden, Zeitschriften und Zeitungen zugänglich. In der vorliegenden Auswahl wird es erstmals als _uvre erkennbar. Mit Schwerpunkten in der Frühen Neuzeit, in der goethezeitlichen Epoche zwischen Klopstock und Jochmann sowie in der Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deckt es nahezu die gesamte deutsche Literaturgeschichte ab. Anschaulich, exemplarisch rein und bei aller Beziehungsdichte transparent-leicht geschrieben, zeichnen sich seine Arbeiten nicht nur durch umfangreiche und genaue Kenntnisse, sondern auch durch einen Beziehungs- und Perspektivenreichtum aus, der sie zu einer gewinnbringenden Lektüre macht.
Autorenporträt
Eberhard Haufe, geb. 1931, wurde 1958 aus politischen Gründen von der Universität Leipzig verwiesen, arbeitete danach für über ein Jahrzehnt in der Redaktion der Schiller-Nationalausgabe am Weimarer Goethe- und Schiller-Archiv und widmete sich anschließend freiberuflich seinen Veröffentlichungen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. die Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung 1990, den Weimar-Preis 1993 und die Eichendorff-Medaille 1998. Er verstarb 2013.

Heinz Härtl, geb. 1940, arbeitet als Literaturwissenschaftler und ist seit 1993 Leiter der Arnim-Arbeitsstelle der Stiftung Weimarer Klassik. Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und Editionen zur Literatur der Goethe-Zeit, vor allem zur Romantik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.2011

Der unbestechliche Blick über den Tellerrand des Expertenwissens

Nüchtern, faktenreich, zugleich emphatisch und engagiert: Zum 80. Geburtstag des Literaturgelehrten Eberhard Haufe erscheint ein Sammelband seiner Schriften.

Etwas wie die innere Emigration gab es auch in der DDR. Eberhard Haufe ist das Beispiel eines Intellektuellen, der sie der Ausreise vorzog, "weil die vielen, die auch nicht weglaufen konnten, doch Menschen brauchten, die wenigstens den Versuch unternahmen, unverändert lautere geistige Arbeit zu leisten", wie er sich 1993 beim Erhalt des Weimar-Preises ausdrückte. Dass einer seiner vehementen Liebe zur Literatur wegen, die er an Studenten weitergeben will, vom akademischen Betrieb ausgeschlossen wird, mutet wie ein Kabinettstück à la Beckett an, doch genau dieses Schicksal ereilte ihn 1958. Der junge Leipziger Dozent hatte mit seinem Seminar eine Theateraufführung in West-Berlin besucht - das war der vorgeschobene Grund für die Entfernung eines unliebsamen Philologen, der keinen Hehl daraus machte, dass ästhetische Annäherung an Texte nur ideologiefrei geschehen kann. Von Leipzig aus ging er nach Weimar, wo er als Editor der gesamtdeutschen Schiller-Nationalausgabe für zwölf Jahre, bis 1971, eine Nische fand. Danach lebte er als Rezensent für die Thüringer Tageszeitung der DDR-CDU, als germanistischer Privatier und vor allem Hüter und Herausgeber der Schriften und Nachlässe Johannes Bobrowskis.

Mit Haufe tritt uns ein Germanist gegenüber, dem die gesamte deutschsprachige Literatur von der frühen Neuzeit bis zur Moderne im Blut liegt, der Querverbindungen, Bezüge, unterschwellige Zusammenhänge zwischen Epochen, Genres, Traditionen und Nationalliteraturen nicht nur herstellen, sondern auch prägnant veranschaulichen kann. Will man sich von seinen Texten ausgehend ein Bild seiner Vermittlungspraxis vor Zuhörern machen, so ist umso mehr zu bedauern, dass diesem Gelehrten der Lehrbetrieb vorenthalten blieb - doch wirkte er, wenn auch ohne Schüler, durch Aufsätze und Editionen vielleicht desto untergründiger in Ost wie West. Wie er von einem einzigen Wort in einem Kirchenlied Paul Gerhardts, dem Richtungsadverb "dahin", die Brücke zum Italien-Lied der Mignon in Goethes Wilhelm Meister schlägt, in der beiläufigen Hervorhebung eines solchen Details eine Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte von anderthalb Jahrhunderten aufzureißen vermag, das illustriert klar seine Meisterschaft.

Man sollte sich nicht abschrecken lassen vom Umfang dieses Bandes, der einem 80-Jährigen angemessen ist und der doch nicht einmal alle Früchte eines 60-jährigen Gelehrtenlebens enthält. Man mag sich beim Blättern in diesem oder jenem Aufsatz festlesen, der Weimar-Liebhaber bei der Geschichte von Goethes Nymphenepigramm im Ilmpark oder der Lyrikfreund an Bobrowskis Korrespondenz mit Huchel - der Geschmack auf alles Weitere kommt von selbst. In seiner Systematik folgt der von Gerhard R. Kaiser und Heinz Härtl herausgegebene Band nach Epochen geordneten Schwerpunkten von Haufes Forschungsinteressen, ohne dass damit schon die innere Systematik seiner Arbeiten abgebildet wäre. Die historischen Akzente werden bei ihm stets kontrastiert von Bezügen zur Gegenwart - so ist es kein Zufall, dass seine Studien zu Lied und Lyrik des 17. und 18. Jahrhunderts ihren Widerhall in der Hingabe an die aus solchen Quellen mit gespeiste Lyrik Johannes Bobrowskis findet.

Seine Prosa ist in ihrer Nüchternheit und Faktizität nie unbeteiligt von ihrem Gegenstand; wenige Sätze genügen, um ganze Werk- und Personencharakteristiken zu entwerfen. Die Physiognomie des Montaigne-Übersetzers Johann Joachim Bode liefert so schon Aufschluss über Werk und Person: "Der große Gartenfreund und Blumenzüchter, der Liebhaber und Meister fröhlich-geistvoller Geselligkeit, der anspruchsvolle Charmeur unter Damen, er konnte, wenn es um seine beiden Lebensaufgaben, um die Freimaurerei und die Verdeutschung von Weltliteratur ging, leben und arbeiten wie ein Hieronymus im Gehäus. Den großen, massigen Mann zur Erholung über das Viloncello gebeugt zu sehen . . . bewegt uns noch heute, wenn wir bedenken, dass Ähnliches von den Weimarer Großen nicht bekannt ist." Sätze wie diese können für Vertreter der germanistischen Zunft bei der üblichen Verständigungsnot über den Fachjargon hinaus stilbildend sein.

Bei aller thematischen Dichte und Geschlossenheit von Haufes gelehrten "Privatvergnügen" reicht sein Horizont weit über den Tellerrand von Expertenwissen hinaus. Besonders seine Rezensionen zeigen die Kennerschaft von Weltliteratur und -poesie. Und sie zeugen von der Fülle an namhafter Lyrik, die in der DDR - dank der Bemühungen von Lektoren wie Kirsten - hatte erscheinen können. Leider ist von diesen Kritiken nur wenig in der vorliegenden Ausgabe enthalten, es ist lediglich bibliographisch erfasst. So erfährt man hier nicht, was Haufe zu Apollinaire oder Stephan Hermlins Verdeutschungen Paul Eluards, zur Tragik des früh verstorbenen Spaniers Miguel Hernandez oder des Bulgaren Geo Milew zu sagen hatte. Was die abgedruckten Kritiken jedoch offenbaren, ist Haufes unbestechlicher Blick auch für ästhetische Schwächen, die wie etwa bei Uwe Kolbe über das Einzelwerk hinausweisen: "Manches mutet noch pubertär an, unangemessen große Gesten, Weltschmerz und extreme Selbstbespiegelung, Konzentration der Lust auf Bier, Wein und Frauenleiber, das Kokettieren mit der Hinterhofexistenz."

Welche Öffentlichkeit verdient dieser Band? Jene Leser, die noch oder wieder auf Entdeckungen im Reich der Literatur ausziehen wollen. Und Germanisten, denen hier bestätigt wird, dass erst die Liebe zur Literatur und Sensibilität für ihr Gemachtsein sinnvolle Vermittlung und Kritik der Sache ermöglicht.

JAN RÖHNERT.

Eberhard Haufe: "Schriften zur deutschen Literatur".

Hg. von Heinz Härtl und Gerhard R. Kaiser. Wallstein Verlag, Göttingen. 544 S., 12 Abb., geb., 34,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was ein innerer Emigrant in der DDR leisten konnte, erfährt Jan Röhnert am Beispiel des Germanisten Eberhard Haufe. Ebenso, was Liebe zur Literatur ist, nämlich die Voraussetzung für Vermittlung und Kritik. Dass ästhetische Urteile hier ausnahmslos frei von Ideologie gefällt werden, daran hat der Rezensent keinen Zweifel. Umso größer sein Bedauern, dass diesem Vollblut-Germanisten die Lehre vorenthalten wurde. Umso größer allerdings auch seine Freude, in diesem epochal geordneten Band Haufes Meisterschaft in Form von Aufsätzen, etwa zur Lyrik des 17. Jahrhunderts, zu Goethe oder Johannes Bobrowski, entdecken zu dürfen. Röhnert staunt über die nüchterne, von Fakten und Präzision geprägte Sprache Haufes wie über dessen Fähigkeit, Historisches und Aktuelles zusammenzudenken. Für Entdecker im Bereich der Literatur und Germanisten, die teilhaben möchten an einer, wie Röhnert findet, noch immer stilbildenden Formulierungskunst, ist dieses Buch ein Geschenk, lässt der Rezensent uns wissen.

© Perlentaucher Medien GmbH