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Die Aphorismen Georg Christoph Lichtenbergs sind eine Fundgrube an ironisch-skeptischen, physikalischen und privaten Momentaufnahmen, die unerschöpflich scheinen. In ihrer Kürze gleichen sie oft der vielzitierten Spitze des Eisbergs. Horst Gravenkamp hat wiederholt einzelne Gedankensplitter aufgegriffen und sich auf die Suche nach ihrer Herkunft begeben. Herausgekommen sind dabei nicht nur erstaunliche kleine Geschichten aus den zeitgenössischen Gesellschaftskreisen, sondern auch fesselnde Erkenntnisse zu Freud und zum eigentlichen Anfang der Fotografie.Seien es turbulente Dienstmädchenpossen…mehr

Produktbeschreibung
Die Aphorismen Georg Christoph Lichtenbergs sind eine Fundgrube an ironisch-skeptischen, physikalischen und privaten Momentaufnahmen, die unerschöpflich scheinen. In ihrer Kürze gleichen sie oft der vielzitierten Spitze des Eisbergs. Horst Gravenkamp hat wiederholt einzelne Gedankensplitter aufgegriffen und sich auf die Suche nach ihrer Herkunft begeben. Herausgekommen sind dabei nicht nur erstaunliche kleine Geschichten aus den zeitgenössischen Gesellschaftskreisen, sondern auch fesselnde Erkenntnisse zu Freud und zum eigentlichen Anfang der Fotografie.Seien es turbulente Dienstmädchenpossen oder philologisch-literaturwissenschaftliche Beweisführungen - in neuen und bereits verstreut veröffentlichten Aufsätzen zieht Gravenkamp das geheime Leben des buckligen Aufklärers ans Tageslicht. Es gelingt ihm, falsche Annahmen und die daraus entstandenen Deutungen höchst originell zu korrigieren. Das Vergnügen, mit dem der Autor an die Arbeit gegangen ist, macht dieses Buch nicht nur für Lichtenberg-Kenner zu einer lohnenden Lektüre.
Autorenporträt
Horst Gravenkamp (1921-2010) war Leitender Landesmedizinaldirektor und nach pathologisch-anatomischer sowie langjähriger klinischer Tätigkeit Gutachter in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.03.2012

Planetengrüße
Tiefenbohrungen in den "Sudelbüchern" Lichtenbergs

Georg Christoph Lichtenbergs Aufzeichnungen sind in mehrfacher Hinsicht ein Ausnahmephänomen der deutschen Literaturgeschichte. Über dreißig Jahre lang, von 1765 bis zu seinem Tod im Jahr 1799, trug der Göttinger Professor für Experimentalphysik in Hefte, die er "Sudelbücher" nannte, Beobachtungen, Einfälle, Überlegungen und Lesefrüchte ein. Viele dieser Eintragungen haben Literatur- und Kulturhistoriker bis heute beschäftigt, weil sie Aufschluss über den Verfasser geben, Einsichten der Technik- und Wissenschaftsgeschichte vorwegnehmen oder Rätsel enthalten, die zur Klärung herausfordern.

Die Konvolute umfassen in der 1971 erschienenen, bis heute wegweisenden Ausgabe des 2002 verstorbenen Germanisten Wolfgang Promies etwa 1500 Seiten. Lichtenberg selbst hat die Aufzeichnungen nicht zum Druck gebracht, doch sind ein Jahr nach seinem Tod Auszüge im ersten Band der "Vermischten Schriften" erschienen, die sein Bruder und ein Mitstreiter veröffentlichten. Weitere Editionen seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts haben zum anhaltenden Erfolg der "Sudelbücher" beigetragen. Die Gründe liegen vor allem in Lichtenbergs aphoristischer Schreibweise.

Mehr als die französischen Moralisten, deren Kurztexte er zum Teil kannte, und mehr als die deutschen Frühromantiker hat Lichtenberg der Gattung des Aphorismus wegweisende Konturen gegeben. Es sind Verknappung, Anschaulichkeit und Pointierung, die durch eine präzise Beobachtungsgabe und die Lust an der Provokation ergänzt werden: "Der Mensch kommt unter allen Tieren in der Welt dem Affen am nächsten."

Unter den Tausenden von Aufzeichnungen der "Sudelbücher" gibt es außerdem zahlreiche Anspielungen auf zeitgenössische Auseinandersetzungen in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Kommentatoren müssen deshalb universelle Kenntnisse, aber auch den Mut zur Lücke haben. Eingegangen ist dieses Wagnis wiederum Promies, als er 1992, zwanzig Jahre nach dem Textband, einen Kommentar zu den "Sudelbüchern" mit knapp 1500 kleingedruckten Seiten vorlegte.

Horst Gravenkamp hat sich von dieser philologischen Meisterleistung nicht abschrecken lassen, sondern weitere ungeklärte Anspielungen zu entschlüsseln versucht. Die Ergebnisse der Recherchen finden sich in einem kleinen Band, der kurz nach dem Tod des Verfassers erschienen ist. Bereits 1989 hatte dieser ein vielbeachtetes Buch über Lichtenbergs Kleinwüchsigkeit und deren Folgen unter dem Titel "Geschichte eines elenden Körpers" veröffentlicht, in dem er sein berufliches Wissen als Pathologe und leitender Landesmedizinaldirektor am historischen Beispielfall zur Anwendung brachte.

Wie hier, so geht es auch in den Beiträgen des vorliegenden Bandes in erster Linie um biographische und wissenschaftsgeschichtliche Details, nicht um literatur- oder kulturhistorische Kontexte von Lichtenbergs Werk. Das unterscheidet Gravenkamps Untersuchungen von der Forschungsliteratur, führt aber zu neuen Einsichten in Leben, Werk und Rezeption. So konnte der Verfasser hinter der Aufzeichnung "Ein Mädchen, kaum zwölf Moden alt" über einen Göttinger Grabstein ein reales Vorbild identifizieren, was keine Kleinigkeit darstellt, wenn man an Lichtenbergs Beziehungen zu jungen Frauen denkt.

Eine Aufzeichnung zu Jens Matthias Ljungberg verknüpft Gravenkamp mit der Frage nach Lichtenbergs Beitrag zu der Entdeckung fotografischer Verfahren. Andere Beiträge dürften eher für Editoren und Kommentatoren der geplanten historisch-kritischen Ausgabe von Interesse sein, da es hier um Details von Transkriptionen aus Handschriften oder Überlegungen zu den verschollenen "Sudelbüchern" geht.

Nur ein Aufsatz zu Paul Celans Gedicht "Lichtenbergs Zwölf" fällt aus der Reihe. Hier zeigt Gravenkamp, dass die Wortverbindung "ein Planetengruß" auf die Formulierung "zum Gruße der Planeten" in Goethes Gedicht "Urworte. Orphisch" anspielt. Damit macht sich Celan, so könnte man folgern, für zwei der wichtigsten Autoren des achtzehnten Jahrhunderts, die nur wenig miteinander anfangen konnten, zum Vermittler im hohen Geistergespräch.

DETLEV SCHÖTTKER

Horst Gravenkamp: "Bei näherem Hinsehen. Beobachtungen zu Georg Christoph Lichtenbergs Sudelbüchern".

Wallstein Verlag, Göttingen 2011. 120 S., 8 Abb., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Detlev Schöttker, Germanistikdozent in Dresden, erzählt uns ziemlich viel von Georg Christoph Lichtenberg, dessen Aphorismen ihn zum Interpretieren und Grübeln einladen. Über das Buch von Horst Gravenkamp möchte er uns scheinbar weniger sagen. Stattdessen erfahren wir vom Rezensenten, wer sich früher schon alles an Lichtenberg abgearbeitet hat, und dass es "universelle Kenntnisse" brauche, um dessen Werk angemessen zu begegnen. Die Betrachtungen Gravenkamps zu den Sudelbüchern verortet der Rezensent jedenfalls eher als biografisch und wissenschaftsgeschichtlich, entdeckt aber auch aus diesem Blickwinkel ein paar neue Erkenntnisse. Wie ihm das Buch gefallen hat, erfahren wir von Schöttker leider kaum.

© Perlentaucher Medien GmbH
''Bei näherem Hinsehen' ist das Werk eines literarisch dilettierenden Naturwissenschaftlers: angenehm kurz und ebenso klar, voller Liebe zum Gegenstand und Lust an detektivischer Tatsachen- und Textzergliederung. Ein Werk, das seines Gegenstands, Georg C