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Ein Buch über Freundschaft, die Vokabeln des Meeres und den Norden Deutschlands: zart, diskret, voller Poesie.»Bojen und Wörter«, hatte Rainer einmal gesagt, »halten einen Mann auf Kurs.« Und eines der Hobbys in ihrer gemeinsamen Unizeit in Göttingen war, klangvolle Wörter zu sammeln und in Notizbücher zu schreiben: »Glimmerschluff« und »Stromrinnen« etwa, oder »Glühwürmchen der See«, »Prickenreihe«. 30 Jahre liegt das zurück. Enge Freunde waren Reiner und Albert gewesen; sogar in den Pfarrhaushalt seiner Eltern hatte Rainer den Kommilitonen oft mitgenommen, bevor er nach dem Studium nach…mehr

Produktbeschreibung
Ein Buch über Freundschaft, die Vokabeln des Meeres und den Norden Deutschlands: zart, diskret, voller Poesie.»Bojen und Wörter«, hatte Rainer einmal gesagt, »halten einen Mann auf Kurs.« Und eines der Hobbys in ihrer gemeinsamen Unizeit in Göttingen war, klangvolle Wörter zu sammeln und in Notizbücher zu schreiben: »Glimmerschluff« und »Stromrinnen« etwa, oder »Glühwürmchen der See«, »Prickenreihe«. 30 Jahre liegt das zurück. Enge Freunde waren Reiner und Albert gewesen; sogar in den Pfarrhaushalt seiner Eltern hatte Rainer den Kommilitonen oft mitgenommen, bevor er nach dem Studium nach Holland gegangen war und mit seiner Frau ein Hotel in Domburg eröffnet hatte.Dass Albert diese Erinnerungen aufruft, liegt daran, dass Rainers Bruder plötzlich in der Tür steht und behauptet, der ehemalige Freund sei verschollen und schon seit längerem für tot erklärt. Einige Notizbücher stehen noch in Alberts Regal, vor allem eines, das sie mit »See-Vokabularium« betitelt hatten; andere hatte Rainer an sich genommen und bei Verwandten und Bekannten deponiert. Auf den Spuren des Freundes und der Bücher reist Albert mit seiner Gelegenheitsbeziehung Britta durch Norddeutschland und nicht zuletzt auch in die eigene Vergangenheit. Er trifft alte Freunde wieder, aber er lernt auch neue Menschen kennen, junge Worpsweder Künstler beispielsweise, und macht ganz unerwartete Erfahrungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.10.2010

Ewig lockt der Glimmerschluff
Ein nordisches Suchbild: "Das See-Vokabularium" von Hugo Dittberner

Worpswede, im Juni 1997. Ein Unwetter stoppt den Ich-Erzähler Albert und seine Freundin Britta auf ihrer Autofahrt. Sie finden Zuflucht bei einer Künstlerin, die sich in der Gewitternacht fürchtet. Im Gepäck Alberts befindet sich das sogenannte See-Vokabularium, ein Konvolut, das er einst mit seinem Studienfreund Rainer angefertigt hat. Es enthält ausgefallene Wörter wie "Glimmerschluff" oder "Kimm" und ist ebenso Ausdruck einer sprachmagischen Verzücktheit aus der Jugend wie eine Liebeserklärung an die Landschaft des Nordens. Gedacht ist es als Tauschobjekt, will sich Albert damit doch sein vor Jahren verliehenes Dünenbuch zurückerobern. Allerdings vergisst er es in Worpswede, wo es zur Anregung großformatiger Landschaftsbilder dient.

Hugo Dittberners konzentrierter Roman vollzieht eine mehrfache Suchbewegung. Es geht um Identität, Freundschaft, verlorengegangene Ideale und die Poesie des Nordens. Realistisch mögen einzelne Details und Orte sein, die Gesamtkonstellation ist es nicht. Immer wieder tauchen dieselben Personen auf und enthüllen Teile ihrer Vorgeschichte. Zutage tritt eine Desillusionierungsgeschichte der Achtundsechziger-Generation. Rainer bleibt der große Unbekannte, gleichsam eine Leerstelle im Buch, die sich als Projektionsfläche eignet.

Außenseitertum, Poesie und Ruhelosigkeit sind seine Markenzeichen. Er ist nur in Erinnerungen präsent, zu fassen bekommt man ihn nicht. Albert trifft auf Bewunderer Rainers, aber auch auf von ihm Verletzte. Da ist Hanako, eine Japanerin, die mit Rainer die Liebe zur Musik teilt. Sie lauscht ihm eine Reihe ihr unbekannter Wörter ab, die er ihr nicht erklären will. Eine Verzauberung der Welt durch Sprache ist das Programm, das dahintersteckt. Da ist aber auch Marlene, seine verbitterte Fast-Ehefrau, die Rainers Projekte lange Jahre mitträgt. An einem Abend, als er das Haus gegen ihren Willen verlässt, bleibt sie einfach so sitzen, wie er sie verlassen hat. Symbolischer kann man ein Beziehungsende kaum markieren. "Das See-Vokabularium" ist ein leises, poetisches Buch mit Hang zur stilistischen Überspitzung. Es erzählt auf angenehm altmodische Weise von der Magie von Wörtern und Büchern. Allerdings muss man ihm die behauptete Poesie glauben. Die Beispiele aus dem See-Vokabularium vermögen einen nicht recht von dessen magischer Kraft zu überzeugen. Ebenso wenig wird Rainer als exzeptionelle Erscheinung lebendig. Fast geht es dem Leser wie Marlene mit Rainer, der ihre Erwartungen nicht erfüllt: "Ist das ein Gesetz bei euch: dass dann nichts kommt?"

THOMAS MEISSNER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Meissner charakterisiert in seiner knappen Kritik Hugo Dittberners Roman "Das See-Vokabularium" als einnehmend "altmodische" "Desillusionierungsgeschichte der Achtundsechziger-Generation". Bei einem durchaus realistischen Setting und Figurenarsenal betont er doch die "Poesie der Gesamtkonstellation'" und lässt sich ganz gern auf die Beschwörung magischer Wörter und Bücher, die der Autor hier anstimmt, ein, wie es scheint. Andererseits aber fällt Meissner schon auf, dass diese Magie zwar immer wieder behauptet wird - das "See-Vokabularium" spielt als sprachmagische Sammlung eine exponierte Rolle -, aber dem Leser nicht wirklich glaubhaft gemacht wird, und so sieht er mit diesem Roman Erwartungen geschürt, die doch nicht recht eingelöst werden.

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