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Die Korrespondenz von Johann Heinrich Merck, ediert und kommentiert, ist eine editorische und bibliophile Kostbarkeit aus dem »Jahrhundert des Briefes«.Bekannt ist Johann Heinrich Merck vor allem als Freund und Briefpartner Goethes und der Herzogin Anna Amalia. Aber sein Werk und sein umfangreicher Briefwechsel haben einen deutlich weiteren Horizont. Als Schriftsteller, Rezensent und Verleger griff Merck in das literarische Geschehen seiner Zeit ein. Als Kunstkenner und -vermittler förderte und beriet er Künstler und Sammler. Den Fürsten unter seinen Briefpartnern galt er als Fachmann in…mehr

Produktbeschreibung
Die Korrespondenz von Johann Heinrich Merck, ediert und kommentiert, ist eine editorische und bibliophile Kostbarkeit aus dem »Jahrhundert des Briefes«.Bekannt ist Johann Heinrich Merck vor allem als Freund und Briefpartner Goethes und der Herzogin Anna Amalia. Aber sein Werk und sein umfangreicher Briefwechsel haben einen deutlich weiteren Horizont. Als Schriftsteller, Rezensent und Verleger griff Merck in das literarische Geschehen seiner Zeit ein. Als Kunstkenner und -vermittler förderte und beriet er Künstler und Sammler. Den Fürsten unter seinen Briefpartnern galt er als Fachmann in agrarökonomischen Fragen. Nach 1780 führte ihn seine Leidenschaft für die Naturforschung auf das kaum erschlossene Feld der Paläontologie und ließ ihn intensive Kontakte mit den Fachgelehrten knüpfen.Die überlieferte Korrespondenz mit rund 150 Briefpartnern in Europa umfasst über 1000 Briefe aus 27 Jahren. Sie dokumentiert eine Fülle von Ereignissen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik,Kunst, Literatur und Alltagsleben im ausgehenden 18. Jahrhundert. Der ausführliche Kommentar beleuchtet die kulturhistorischen und sozialen Hintergründe. Die Ausgabe enthält zahlreiche Erstdrucke und viele nach den Handschriften hier erstmals vollständig gedruckte Briefe.
Autorenporträt
Johann Heinrich Merck (1741 -1791) war Kriegsrat in Darmstadt und als Kunst-, Literatur- und Wissenschaftskenner publizistisch tätig.

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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2008

Enthusiasmus und Mangel
Die Briefe Johann Heinrich Mercks in einer großen Edition
Mit eigentümlicher Konsequenz hat Goethe, wenn er in späteren Jahren auf seinen Jugendfreund Johann Heinrich Merck zu sprechen kam, als Grundzug in dessen Charakter die Begabung zum Negativen hervorgehoben. Ob in „Dichtung und Wahrheit” oder in den Gesprächen mit Eckermann, immer wieder droht der zum Produktiven unbegabte „Mephisto Merck”, wenn er einer „Werther”-Vorlesung seinen Beifall versagt oder den „Clavigo” als „Quark” bezeichnet, Faust Goethe an seinem Schaffensdrang irre werden zu lassen.
Am 27. Juni 1791 richtete Merck, die Waffe sorgfältig am Schreibtischrand arretierend, die Pistole auf das eigene Herz. Auch dieser Tod ließ sich in die Umrisse Mephistos hineinzeichnen. Fast vierzig Jahre später, im März 1831, erinnerte sich Goethe, so Eckermann, dass Merck im Gespräch gelegentlich ein „he! he!” auszustoßen pflegte: „Dieses Angewöhnen steigerte sich, wie er älter wurde, so daß es endlich dem Bellen eines Hundes glich. Er fiel zuletzt in eine tiefe Hypochondrie, als Folge seiner vielen Spekulationen, und endigte damit, sich zu erschießen.” Nicht ausdrücklich ist hier von Mephisto die Rede – aber dass dieser Hundegestalt anzunehmen pflegte, wusste jeder Faust-Leser. Aus dem Schatten des Mephistophelischen, in den Goethe ihn gebannt hat, ist Johann Heinrich Merck im Bewusstsein der Nachwelt nicht wieder herausgetreten.
Das aber könnte sich nun ändern. In einer großen, mustergültigen Edition sind alle bis dato bekannten Briefe von und an Merck – es sind etwas mehr als tausend – zusammengetragen worden. Aus den reichhaltigen Kommentaren zum Netzwerk der Briefpartner, zu den erwähnten Personen und Institutionen, zu den Büchern, Zeitschriften und den in ihnen ausgetragenen politischen, ästhetischen und wissenschaftlichen Kontroversen entsteht in fünf Bänden ein überaus lebendiges Bild der Welt, in der sich Merck bewegte. Und inmitten dieser Welt tritt dieser selbst dem Leser in der Vielfalt seiner Bezüge vor Augen: der Liebende und der Familienvater, der Kriegsrat im kleinen Fürstentum Hessen–Darmstadt, der Reisende nach Russland und in das Paris der Französischen Revolution, der Zeitschriftenredakteur und -beiträger, der Lotterieeinnehmer, der intellektuelle wie der ökonomische Projektemacher, der Freund und Fürsprecher so manchen Künstlers, der leidenschaftliche Sammler von Elefantenknochen und Liebhaber der Naturgeschichte.
Kurz, diese Briefausgabe ist bis auf weiteres der Statthalter der großen Biographie, die es bisher von Merck nicht gibt. Sie zeigt gleich in ihrem ersten Band, der die Korrespondenz der Jahre 1764 bis 1777 enthält, wie sehr Merck bis in die Nuancen seines Stils von den beiden Polen geprägt war, zwischen denen sich die Aufklärung in Deutschland insgesamt bewegte: den Aufschwüngen des Enthusiasmus und den Einschränkungen der Enge und des Mangels. Er zeigt zum einen, wie Merck mit seiner künftigen Frau Louise Charbonnier, die er 1764 auf seiner Reise in die Schweiz kennengelernt hat, auf französisch in der Sprache der Empfindsamkeit korrespondiert, und wie er auf der anderen Seite als Kriegszahlmeister in die Administration des verschuldeten Herzogtums Hessen–Darmstadt hineinwächst.
Ein regelrechter empfindsamer Roman samt verschwiegener Zofen entwickelt sich vor der Hochzeit im Juni 1766, bei dem die Liebenden so schreiben wie die Hauptfiguren in Rousseaus „Nouvelle Heloise”, aber zugleich keinen Zweifel an ihren irdischen Wünschen lassen. Dem kontrastieren die Berichte Mercks über seine Dienstreisen und die zerrütteten Finanzen des Hofes.
Als Mitglied im Darmstädter Kreis der Empfindsamen und Postillon d’amour hilft Merck Johann Gottfried Herder bei seinem Werben um Karoline Flachsland, die kritische Feder führt er gemeinsam mit Herder, Goethe und Johann Georg Schlosser, als er den berühmten Jahrgang 1772 der Frankfurter Gelehrten Anzeigen redigiert, in dem der Ton der literarischen Kritik sich unerhört verschärft und polemische Abfertigungen und Verrisse keine Seltenheit sind.
Goethe, den er durch diese Tätigkeit kennenlernt, tut sich dabei eher hervor als Merck, der oft auffällig moderat und wenig mephistohaft agiert. Etwa, als 1774 der „Werther” erscheint. Merck schätzte Goethes Roman, aber nicht das grassierende Geniewesen. Seit 1773 war er Mitarbeiter am Zentralorgan der Berliner Aufklärung, Friedrich Nicolais Allgemeiner Deutscher Bibliothek. In Briefen an Nicolai bekannte Merck sich zu Goethe, und dieser musste es sich gefallen lassen, dass Merck in einer Sammelrezension ausgerechnet in Nicolais Zeitschrift Goethes Roman lobte, aber zugleich Verständnis für Nicolais Satire „Die Freuden des jungen Werthers” (1775) äußerte.
Mercks Korrespondenz ist eine Fundgrube für die Abgründe und Paradoxien der Empfindsamkeit. Merck hat auf seine Weise an ihrem Kult des Briefeschreibens teil. Aber er ist als Briefautor von einem auffällig starken Misstrauen gegen das geschriebene Wort durchdrungen. Was Herder einmal in einem Gedicht an Merck von den Briefen sagt, sie seien „lebendiger Hauch voll Gedanken, auf ein Blatt von Lumpen vestgezaubert”, eben das traut Merck ihnen nicht zu. Alles Papier ist ihm nur Surrogat, auch wenn er selber viel schreibt. An Goethe, den Freund, heißt es einmal, würde er am liebsten nur „Frachtbriefe” schicken.
An Herder, der sich verraten glaubt, erweist sich, wie leicht empfindsame Freundschaftsschwüre sich in nicht minder enthusiastische Verachtung verkehren können. Schon 1773 bricht Herder den Kontakt ab, die Briefe Mercks hat er vernichtet. Die größte Lücke hat Goethe gerissen, als er 1797 bei dem großen Autodafé an ihn gerichteter Briefe auch diejenigen Mercks verbrannte, wenn er auch, wie ein Zeitgenosse berichtet, „wegen ihres Geistesinhaltes”, zuvor zwei Tage lang zögerte.
Nicht zuletzt wegen dieser Lücken nimmt die 142 Briefe umfassende Korrespondenz Mercks mit Christoph Martin Wieland, dessen Bekanntschaft er 1771 gemacht hat, eine so herausgehobene Position ein. Auch in ihr gibt es Lücken, aber hier wechseln die Stimmen einander ab, hier halten sich der Ton des Freundschaftsbriefs und der Frachtbriefton die Waage. Für Wielands Teutschen Merkur schreibt Merck seit 1776 in dichter Folge Rezensionen und Aufsätze, hier veröffentlicht er seine „Geschichte des Herrn Oheims”(1778), die Goethe gerne als Buch herausgegeben hätte, denn sie nur in Wielands Zeitschrift zu veröffentlichen sei, „als ob man was in eine Cloack würfe, es ist recht der Vergessenheit gewidmet und so Schnizzelweis geniest kein Mensch was”.
Aber eben dies ist für Merck charakteristisch. Er spricht von seiner literarischen Produktion immer wieder als von Papier-„Schnizzeln”, er ist ein Mann der Zeitschrift, nicht des Buches. Das spürt Wieland rasch, und immer, wenn es ihm an Artikeln mangelt, bedrängt er Merck. Und ein zweiter Stoff neben dem publizistischen Geschäft kommt hinzu: das Weimarer Leben. Es ist, nicht zuletzt wegen der Rolle, die Goethe darin spielt, das Gegenbild zur begrenzten Karriere Mercks in Darmstadt. Und Merck hat als korrespondierendes Mitglied an diesem Leben teil. Mit Herzogin Anna Amalia, der er 1778 als Cicerone die Rheingegenden zeigt, wie mit dem Herzog Karl August, dessen Reisebegleiter am Rhein er 1785 ist, unterhält er eigenständige Briefwechsel. Als Kenner der Kunst wie des Kunstmarktes berät er den Weimarer Hof bei Ankäufen. Als 1788 sein Projekt einer Baumwollspinnerei in Depression und finanziellem Fiasko endet, hilft ihm der Weimarer Herzog, und noch einmal bewährt sich an diesem Tiefpunkt auch die schwierige Freundschaft des eben aus Italien zurückgekehrten Goethe.
Seit den frühen 1780er Jahren widmet sich Merck publizistisch wie als Sammler mehr und mehr der Naturgeschichte, zumal der Osteologie, auch darin auf Augenhöhe und im Austausch mit Goethe, der ihm 1784 seine Arbeit über den Zwischenkieferknochen beim Menschen schickt. Die Fossilien und Knochen nehmen in seinen Briefen mehr und mehr Raum ein. Zu seinen Korrespondenten zählen europäische Koryphäen wie Pieter Camper. Darin, wie stark er die Spannung zwischen seinen weitgespannten Interessen und der Enge seiner Existenz als Kriegsrat empfand, lassen seine Brief keinen Zweifel. Aber vor allem in diesen Briefen lässt er sie hinter sich. Den Freitod wählte er, ein Mann von fünfzig Jahren, nach der Rückkehr von einer Reise ins revolutionäre Paris, wo er auf Vermittlung des Malers Jacques Louis David Mitglied im Jakobinerklub geworden war. LOTHAR MÜLLER
JOHANN HEINRICH MERCK: Briefwechsel. Herausgegeben von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amélie Krebs. Wallstein Verlag, Göttingen 2007. 3206 Seiten, 148 Euro.
Johann Heinrich Merck um 1781 und als junger Mann Foto: Hulton /Leuschner
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit Begeisterung taucht Lothar Müller in diesen fünfbändigen Briefwechsel Johann Heinrich Mercks ein und meint, dass der Jugendfreund Goethes mit den über tausend Briefen und Antwortschreiben zu seinem Recht kommt. Nicht nur lernte man in dieser, wie der Rezensent preist, "mustergültigen" Ausgabe den Kritiker Merck als Liebhaber, Ehemann, Familienvater und fleißigen Publizisten kennen. Zugleich biete sich hier so etwas wie der lebensnahe Spiegel seiner Welt mit all ihren Widersprüchen und Gegensätzen, so Müller weiter, der in dem Briefwechsel einen veritablen "Statthalter" für die noch nicht geschriebene Biografie Mercks würdigt. Zwar haben beispielsweise Herder und Goethe seine Briefe verbrannt, so dass große Lücken in der Korrespondenz klaffen, wie der Rezensent feststellt. Dafür nehme aber die Korrespondenz mit Wieland, für dessen "Teutschen Merkur" Merck schrieb, in ihrem Facettenreichtum einen wichtigen Platz in den Bänden ein. Besonders spürbar wird für Müller in diesen Briefen, wie stark Merck, der sich 1791 das Leben nahm, zwischen aufklärerischem "Enthusiasmus" und dem Leiden an der Enge hin und her gerissen war.

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