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Produktdetails
  • DuMonts Kriminalbibliothek Nr.1123
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Originaltitel: The Moving Toyshop
  • Seitenzahl: 256
  • Deutsch
  • Abmessung: 180mm
  • Gewicht: 217g
  • ISBN-13: 9783832183103
  • ISBN-10: 3832183108
  • Artikelnr.: 11219027
Autorenporträt
Edmund Crispin (eigentlich Bruce Montgomery) wurde 1921 geboren. Er studierte an der Merchant Taylors School und am St. Johns College Oxford moderne Sprachen und war dort zwei Jahre als Organist und Chorleiter tätig. Nach kurzer Lehrtätigkeit widmete sich Crispin ganz dem Komponieren - hauptsächlich von Filmmusik - und dem Schreiben. Einige Jahre war er Krimi-Kritiker bei der Sunday Times in London. Bis zu seinem Tod im Jahre 1978 lebte Crispin in Devon.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2003

Das Zitat war der Mörder
Abenteuer in Oxford: Edmund Crispins Krimi-Farce in Neuausgabe

Zwei Männer kämpfen auf einem außer Kontrolle geratenen Karussell. Es dreht sich immer schneller, weil der Mann, der in der Mitte des Karussells die Hebel bedient, durch einen Schuß außer Gefecht gesetzt worden ist. Schließlich kann einer den anderen herunterstoßen, und jemand, der todesmutig unter dem Karussell hindurch in die Mitte gekrochen ist, bringt gleichzeitig das Fahrgeschäft zum Stillstand. Diese Szene, dramatischer Höhepunkt von Alfred Hitchcocks Film "Der Fremde im Zug", findet sich nicht in Patricia Highsmiths Romanvorlage; und so ist man geneigt, an einen Originaleinfall des Drehbuchs zu glauben - bis man den Roman "Der wandernde Spielzeugladen" von Edmund Crispin liest: In diesem Buch, das erstmals 1946, fünf Jahre vor Hitchcocks Film, erschienen ist, ist die ganze Szene bereits enthalten, freilich in anderem Kontext.

In der Kombination von Highsmith und Crispin liegt eine hübsche Ironie, denn beide können durchaus als Antipoden innerhalb des Kriminalgenres angesehen werden. Psychologische Vertiefung, um die Highsmith stets bemüht war, war Crispin (1921 bis 1978), herzlich gleichgültig. Er stand in der Tradition des klassischen, mit Rätselstruktur erzählten britischen Detektivromans und gehörte hier zu den sogenannten Farceuren, die den Spielcharakter ihrer Romane auf geradezu frivole Weise bis zum Äußersten trieben. "Diese Komödie wird langsam zur Farce", läßt Crispin hier folgerichtig seinen Detektiv einmal den Fall kommentieren.

Dieser Fall wird ausgelöst, als der Lyriker Richard Cadogan, der sich gegen eine Schreibblockade Abenteuer verordnet und diese erstaunlicherweise in Oxford sucht, bei seinem nächtlichen Eintreffen in der Universitätsstadt zufällig in einen Spielzeugladen gerät. Dort trifft er auf die Leiche einer offenbar ermordeten Frau, wird niedergeschlagen, und als er, wieder zu sich gekommen, die Polizei zum Tatort führt, findet er statt des Spielwarengeschäfts einen Lebensmittelladen, natürlich ohne Leiche, vor. Da ihn die Polizei nun für geistig verwirrt hält, zieht Cadogan seinen Studienfreund, den Oxforder Professor für Literaturwissenschaft und exzentrischen Amateurdetektiv Gervase Fen, hinzu. Dieser kann nach einer Reihe turbulenter Verfolgungsjagden, bei denen sich auch der Spielzeugladen in einer anderen Ecke der Stadt wiederfindet, den äußerst komplexen Fall aufklären. Zwischendurch vertreiben sich Dichter und Anglist die Zeit - zum Beispiel während sie in einem Schrank gefangen sind - mit literarischen Spielen wie "Unlesbare Bücher" oder "Scheußliche Shakespeare-Zitate". Und so ist auch der ganze Roman vor allem ein Spiel, eine einzige Ansammlung von offenen und verdeckten literaturgeschichtlichen Reminiszenzen. Auch das Wandern des Spielzeugladens findet schließlich seinen tieferen Grund in einem Zitat von Alexander Pope.

Schon lange bevor in der Literaturwissenschaft "Intertextualität" in Mode kam, prägten das so bezeichnete Phänomen das Genre des Detektivromans in besonderem Maße. Wenn John Dickson Carr seinen Detektiv Dr. Gideon Fell offen verkünden läßt, man befinde sich in einem Kriminalroman, so wird er von Crispin, dessen Gervase Fen gewiß nicht zufällig Gideon Fells Initialen teilt, spielend übertroffen: Cadogan nimmt bei einer Verfolgungsjagd sogar Rücksicht auf die politische Orientierung von Crispins Verleger. An einer Kreuzung schlägt er vor, nach links zu fahren: "Immerhin erscheint dieses Buch bei Gollancz."

Auf deutsch erscheint es nun in DuMonts Kriminalbibliothek, in neuer Übersetzung, aber leider ohne den Anmerkungsapparat der früheren Haffmans-Ausgabe, der für anglistisch weniger gebildete Leser angesichts von Sätzen wie "Ich will nicht nach Amerika, ich will nach Poictesme oder Logres" doch recht hilfreich war. An ihrem neuen Erscheinungsort sind Crispins Romane jetzt vereint mit den Werken seines Vorbilds Michael Innes und Robert Robinsons Roman "Die toten Professoren", der vielleicht den Höhepunkt der Oxford-Krimis darstellt und seinerseits Crispin seine intertextuelle Reverenz erweist: Während hier eine Verfolgungsjagd im Nacktbadegebiet "Parson's Pleasure" endet, nimmt sie in der berühmtesten Szene von Robinsons Roman dort ihren Anfang.

HARDY REICH

Edmund Crispin: "Der wandernde Spielzeugladen". Herausgegeben von Volker Neuhaus. Aus dem Englischen übersetzt von Eva Sobottka. DuMont Buchverlag, Köln 2003. 256 S., br., 8,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die neu übersetze Version des 1946 erstmals veröffentlichten "Oxford-Krimis" von Edmund Crispin betrachtet Rezensent Hardy Reich mit großem Wohlwollen. In dieser klassisch englischen Detektivgeschichte geht es um einen Lyriker, der in Oxford auf Abenteuersuche geht, um seine Schreibblockade zu lösen und zufällig in einen Kriminalfall verwickelt wird. Reich sieht in Crispin den Antipoden zu Patricia Highsmith, dem psychologische Vertiefung "herzlich gleichgültig" sei. "Diese Komödie wird langsam zur Farce" zitiert Reich den Detektiv und sieht darin zugleich das Programm der Crispin'schen Krimis. Der Rezensent bemängelt allein, dass in der Neuauflage die Anmerkungen für "anglistisch weniger gebildete Leser" abgeschafft wurden, schließlich sei das Buch ein einziges rätselhaftes Spiel mit "literaturgeschichtliche Reminiszenzen".

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