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Eindringlich und mit großer Sensibilität erzählt die Autorin die einfachste Liebesgeschichte der Welt:Ein Par sucht sich. Und findet sich auch.

Produktbeschreibung
Eindringlich und mit großer Sensibilität erzählt die Autorin die einfachste Liebesgeschichte der Welt:Ein Par sucht sich. Und findet sich auch.
Autorenporträt
Martina Hofer, geboren 1965 in Pfronten. Lebt eit 1997 in Leipzig. Erste Veröffentlichung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.2002

Auf den Hund gekommen
Rund um den Mops: Martina Hefters rätselhafte Liebesgeschichte

In Luis Buñuels "Andalusischem Hund" kommt kein einziger Vierbeiner mit Bellkompetenz vor, in Heiko Gebhardts und Gert Hauckes "Die Sache mit dem Hund" sind es über hundert. In Martina Hefters "Junge Hunde" begegnet man sieben Kläffern - in unterschiedlichen Aggregatzuständen: Der Pitbull treibt tot im Kanal, ein Bassett wird auf der Kaufhausrolltreppe auf den Arm genommen, ein Cocker wird erinnert, zwei Mopswelpen erscheinen im Traum, und zwei liegen physisch im Körbchen, als Gastgeschenk eines unbekannten Gönners bei der Wohnungseinweihungsparty von Ines und Bernd.

Hundemäßig liegt Frau Hefter damit im unteren Mittelfeld, wobei zu berücksichtigen ist, daß es sich bei Buñuels Werk um einen surrealistischen Film handelt, bei Gebhardt und Hauke um einen Hunderatgeber und bei ihr um eine Liebesgeschichte. Nein, nicht zwischen Hunden! Hunde wissen, wie Liebe geht und wo beim Metzger die Wurst hängt. Helen und Vinz aber gar nicht. Sie sind beide Ende Zwanzig und treffen sich vor dem Leipziger Hauptbahnhof. Helen ist gerade einem Zug aus Süddeutschland entstiegen und hat noch zwei Stunden Zeit bis zu einer Aufnahmeprüfung für ein Studium von Choreographie und Tanzpädagogik. Das ist ein eher unentschlossenes Projekt, schon auf dem Bahnsteig hatte sie ihrer Mutter per Handy die Mitteilung "Vielleicht komm' ich wieder heim" durchgegeben, nun adressiert sie einen Taxifahrer mit einer in deren Kreisen gern gehörten Frage: "Können Sie mich ein bißchen herumfahren?"

Wenn Vinz mit seinem abgebrochenen Physikstudium, dem Haarzopf und der schwarzen Sonnentätowierung auf dem Oberarm etwas kann, dann ist es das. Die Fahrt mit Helen ist ein Einschnitt. Beförderer und Beförderte sprechen in Stichworten über ihr Leben, es kommt fast zu so etwas wie Intimität, denn "er strich mir mit einer langen, schmalen Hand eine Strähne aus dem Gesicht", und auch Helens bald folgende wenig prosaische Bemerkung "Ich glaub', ich muß gleich kotzen" kann für ihn die Magie dieser Begegnung nicht zerstören. Über Wochen und Monate in Spätherbst und Winter setzt er jedenfalls seine Kumpane Bernard und Fruehling davon in Kenntnis, daß er diese unbekannte, aber wohl in Leipzig verbliebene Frau liebe und suche.

Helens möglicherweise vorhandenes Komplementärsehnen ist nicht so klar zu erkennen, aber Martina Hefters Handlungsdramaturgie arbeitet beharrlich darauf hin, daß da noch was passiert. Die beiden treffen bei obenerwähnter Einweihungsparty aufeinander, es kommt sogar zum Simultanmopskraulen, jeder einen Welpen. Und nur eine höhere Macht konnte wohl verhindern, daß sie nicht bald danach auch in einem gut zwei Stunden lang gleichzeitig frequentierten Hallenbad aufeinanderstießen, zumal ihre jeweiligen Begleiter, Fruehling bei Vinz und Ines bei Helen, dortselbst und um diese Zeit verabredet waren, also Grund hatten, nacheinander Ausschau zu halten und dies auch taten. Daß eine Begegnung dort nicht zustande kam, ist ähnlich rätselhaft wie die Tatsache, daß die Wasseroberfläche des Schwimmbeckens trotz eifriger Publikumsnutzung der Badegelegenheit "spiegelglatt" daherkommen konnte. Überhaupt: geheimnisvoller, um nicht zu sagen mysteriöser Osten, wo ungebeten Möpse verschenkt werden, wo die drei abgezählten Würste für die drei erwarteten Gäste eines Wintergrillens nicht bei deren tatsächlicher Ankunft auf den Rost gelegt werden, sondern zum verabredeten Beginn der Veranstaltung, die Eingeladenen wegen Verspätung dann mit kaltem Grill und ebensolchem Grillgut verwöhnt werden, wo Taxischichten mal um vier und mal um sieben am Morgen enden und man sein Mütterlein zur Weihnacht unangekündigt besucht, nur um festzustellen, daß die aber bei einer Kollegin feiert. Rätsel dieser Art sind Legion, und sie werden lästig, weil auch sonst wenig bis nichts erklärt wird.

Warum sind die Protagonisten - jüngere Menschen immerhin, von wegen junge Hunde - ermattet wie kontaktscheue Pinguine nach fünf Jahren Zwangsarbeit in einem Streichelzoo in der Lüneburger Heide? Warum tauschen die beiden Mobilfunkteilnehmer nicht einfach einmal ihre Telefonnummern aus? Warum wartet Vinz immer vor einem Gebäude auf Helen, das sie monatelang nicht aufsucht, statt vor dem Haus, vom der er weiß, daß sie darin wohnt? Und warum keuchen sie aneinander vorbei wie junge Menschen im Vor-Bravo-Alter, wo sie doch durchaus zu jeweils einem handlungsverschlingernden schnellen Geschlechtsverkehr mit Außenpersonen fähig sind?

Martina Hefter bringt die Geschichte von Helen und Vinz im regelmäßigen Perspektivenwechsel, die von Helen in der ersten Person, die von Vinz in der des auktorialen Erzählers, und es gelingen ihr dabei bisweilen durchaus stimmungsvolle Bilder in Schwarzweiß mit Anklängen an Verlorenheits- und Einsamkeitsgefühle wie etwa in Filmen von Theo Angelopoulos oder Andrej Tarkowski. Man kann die Geschichte überhaupt lesen als road movie, bei der die wichtige Person eingespart wurde, die am Filmset für continuity zu sorgen hat, also dafür, daß Leute nicht mit einem Cabrio losfahren und aus einem Jeep aussteigen und daß das Sektglas nicht nach dem Trinken voller ist als vorher.

Martina Hefter kann schreiben, zusammenhalten konnte sie diese Debüt-Geschichte nicht. Aber dafür, daß sich Vinz und Helen entgegen der Verlagsankündigung nicht etwa kriegen, sondern sich nur telefonisch und eher unverbindlich für die Zeit nach dem Dreikönigstag verabreden, dafür muß man dankbar sein. Was hätten sie denn aneinander, wo sie sich selbst so gar nicht haben? Nun aber können sie, wenn das so weitergeht, in fünfzig Jahren in einer Seniorenzeitschrift darlegen, warum es bei ihnen mit dem ersten Mal noch immer nicht geklappt hat.

BURKHARD SCHERER

Martina Hefter: "Junge Hunde". Roman. Alexander Fest Verlag, Berlin 2001. 135 S., geb., 14,90 .

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"Martina Heferts Prosa besitzt, was ein guter Text in meinen Augen haben muss: Feinheit und Reife, Eleganz und Konsequenz. Sie ist sparsam, genau und klar in ihrer Sprache, ehrlich in ihren Gedanken und Gefühlen. Kein Bluff, keine Schummelei. Das macht dieses Buch so zwingend und 'nah', so fein und erbarmungslos, so weise und naiv zugleich." (Terzia Mora)

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Ein höchst reifes Debüt stellt dieser Roman für die Rezensentin dar. Reif allerdings nicht im Sinne von Abgeklärtheit, sondern einer "Eleganz, die nicht glänzen will", einem knappen, sachlichen Tonfall, der den "vorsichtigen Bewegungen" (so eine Kapitelüberschrift und, wie Hella Kemper schreibt, das Leitmotiv der Geschichte) der jungen Protagonisten entspricht. Erzählt wird die "immer wieder wundersame boy-meets-girl- Geschichte" mit Leipzig als Kulisse, doch nicht als Wenderoman, wie Kemper beruhigt, dafür als gerade wegen seiner Kargheit ("Hefter hascht nicht nach Effekten, fischt nicht in den Untiefen der Seele") glaubwürdiges Debüt, in dem alles auf Sparflamme köchelt: Die Küsse, die Liebe, der Sex.

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