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Ein junger Mann reist zur Beerdigung seines Großvaters in eine kleine griechische Stadt und begegnet dort: seiner Mutter. Dieser atmosphärisch dichte, sprachlich fein gearbeitete Roman einer deutsch-griechischen Familie entführt den Leser in den Sommer und ans Meer - und in die Abgründe und Hoffnungen einer Liebe.

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Produktbeschreibung
Ein junger Mann reist zur Beerdigung seines Großvaters in eine kleine griechische Stadt und begegnet dort: seiner Mutter. Dieser atmosphärisch dichte, sprachlich fein gearbeitete Roman einer deutsch-griechischen Familie entführt den Leser in den Sommer und ans Meer - und in die Abgründe und Hoffnungen einer Liebe.
Autorenporträt
Geboren 1969, deutsch-griechischer Herkunft. Er wuchs in Frankfurt am Main auf und lebt heute in Berlin. "Auf dem Weg nach Messara" ist sein erster Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2002

Retusche am Familienbild
Zielflughafen Saloniki: Andreas Schäfer geht auf Griechenlandreise / Von Burkhard Scherer

So viel ist unstrittig: Panajotis' Lebensmotti waren "Milch. Und für die Haut Nivea!" sowie "Gesundheit! Durchsetzungskraft! Geduld!" Fast alles andere aber steht jetzt, wo er tot ist, zur Disposition: sein Charakter, sein Haus, der Zusammenhalt der verbliebenen Familie. Markos, der das alles erzählt, hat von dem Ableben seines Großvaters durch einen Anruf seiner Mutter Dimitra erfahren, ein Tod im eigenen Haus im gesegneten Alter von mehr als achtzig Jahren in den Armen der Tochter. Und ein Tod in fast zweitausend Kilometer Entfernung, in der Nähe von Saloniki. Panajotis' Söhne, der Kellner Jorgos und der Internist Makis, wohnen in Hamburg, wo auch ihr Vater mal gearbeitet hat, als Krankenpfleger. Der Enkel Markos wohnt in Berlin. Sie alle machen sich nun auf den Weg nach Messara, zur Beerdigung des Patriarchen, in drei verschiedenen Flugzeugen mit Zielflughafen Saloniki.

Was sie eint und trennt, ist, daß sie etwas zu verschweigen haben. Markos ist nicht mehr der vielversprechende, sondern der abgebrochene Jurastudent und nun Teilhaber eines Kurierdienstes. Makis, der erfolgreiche Internist, hat seine zwei erwachsenen Kinder so weit aus der Hand verloren, daß an deren Teilnahme bei der Beerdigung ihres Großvaters gar nicht zu denken ist. Und Jorgos hat als statusmäßiges Schlußlicht noch eine Rechnung in unbekannter Höhe mit seinen privilegierteren Geschwistern offen. Als der in Polohemd und Jogginghose in Saloniki landet, hat sein Neffe Markos gerade einen japanischen Kleinwagen für sie beide geliehen und für Onkel Makis samt Frau, die erst am nächsten Tag erwartet werden, einen Mercedes 230 C reserviert. Und er hat Angst "davor, daß nach Panajotis' Tod auch noch anderes geschehen könnte, was nicht mehr rückgängig zu machen ist".

Die Angst ist berechtigt. Eineinhalb Tage später, bei der Totenmesse für den Großvater, stellt Markos fest: "Die Verbundenheit zwischen uns existiert nicht mehr, die Ordnung hat sich aufgelöst." Dazu bedurfte es keines Eklats oder spektakulärer Szenen, sondern nur des Zusammenseins an einem Ort und den dort verbreiteten, nicht allen bekannten Informationen oder auch nur unwahr beantworteten Nachfragen, die neue Distanz schaffen zwischen dem Fragenden und dem Befragten. So kann Jorgos es nicht lassen, darauf hinzuweisen, daß der Verblichene auch zu Lebzeiten seiner mittlerweile lange verstorbenen Gattin Evdokia durchaus anderen Damen leiblich zugetan war, bisweilen in Hör- und Sichtweite seiner hier versammelten Kinder.

Und Dimitra soll Auskunft geben, wie es denn mit ihr und den Männern so laufe, wo ihr Mann, Markos' Vater, doch schon so lange tot sei wie der Junge alt: siebenundzwanzig Jahre. Auskunft darüber aber kann sie sich selbst kaum geben. Statt dessen berät sie mit ihrem Athener Büro Landsleute aus dem Kreis der Besserverdienenden bei der Gestaltung ihrer Wohnungen und Geschäftsräume, schließlich hatte sie einmal ein paar Semester Innenarchitektur in Hannover studiert. Ihre Gestaltungsvorschläge tendieren zur Moderne - daß die Klientel die Entwürfe regelmäßig durch eine unterschiedliche Anzahl dorischer Säulen zumindest teilgraecisiert sehen will, erträgt sie inzwischen fast stoisch, das schon, aber nicht neugierige Nachfragen nach "Freunden".

Die Geschichte, die Andreas Schäfer hier erzählt, ist die einer Standardsituation, ein Familientreffen mit Folgen. Wie er das macht, ist herausragend. Nichts daran wirkt forciert oder auf Effekt getrimmt, wobei der Stoff dazu reichlich Gelegenheit geboten hätte, bei den eingesprenkelten Reminiszenzen an früheres Familienleben etwa, bei Markos' Nachmittag auf der einsamen Insel mit der Jugendliebe Evi und dem von Onkel Makis entwendeten Motorboot "Evdokia II". Da rechnet bei deren Rückkehr sogar Markos' Mutter damit, daß es dort zu mehr gekommen sei als zum Tauchen oder Schwimmen. Daß sie sich darin irrt, produziert dann aber an anderer Stelle und im Präsens einen melancholischen Stich, als Evi mit dem Kind ihres jetzigen Mannes auf dem Arm bei der Beerdigung auftaucht. Das heißt, Andreas Schäfer erzählt mit großer Disziplin und Konsistenz, und wo er ins Detail geht, evozieren diese Einzelheiten - im Gegensatz zu anderen Wortartisten, wo diese mit Hölzchen und Stöckchen beliebig ein Geschichtchen auf unterste Romanlänge strecken müssen - tragfähig Bilder und Stimmungen.

"Auf dem Weg nach Messara" ist auch eine deutsch-griechische Geschichte, die lebendige Menschen in die Häuser auf den Touristenpostkarten plaziert, die sich in diesem Fall noch der Diskussion mit den mindestens ebenso lebendigen Griechen stellen müssen, ob sich nicht die Europäische Union an ihrem Land als Wiege der Demokratie orientieren solle, statt ständig den gegenteiligen Aufruf zu formulieren, und ob nicht auch sie fänden, daß man eigentlich nur hier leben könne.

Andreas Schäfer ist deutsch-griechischer Abstammung, und so mag es sein, daß sich sein Erstling nahe an seiner Erfahrung bewegt. Es wäre schade, wenn er sich mit diesem gelungenen Debüt schon leergeschrieben hätte.

Andreas Schäfer: "Auf dem Weg nach Messara". Roman. Alexander Fest Verlag, Berlin 2002. 187 S., geb., 17,90 .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.08.2002

Merkur ist jetzt Inhaber eines Kurierdienstes
Deutsch-griechischer Schwebezustand: Andreas Schäfers lebenskluger Debütroman „Auf dem Weg nach Messara”
Was wissen wir schon von der griechischen Seele und ihren Verletzungen? Die Kultur der alten Römer, so viel ist sicher, hatte bei aller Dekadenz genügend Kraft, um sich bis in den heutigen italienischen Alltag fortzupflanzen und, vermittelt über die Einwanderer einerseits und den Tourismus andererseits, auch bei uns noch lebensstilbildend zu wirken. Die Nachfahren der alten Griechen aber kämpfen mit Identitätsproblemen, weil ihre Heimat, die Wiege des Abendlandes, zwar Urlaubssehnsüchte und Antiken- Nostalgie bedient, zum gesamteuropäischen Kulturprofil der Neuzeit jedoch wenig beiträgt. Umso stärker ist ihr Bedürfnis nach Selbstvergewisserung und Solidarität. Wenn ein junger Deutschgrieche, wie der Held in Andreas Schäfers Debütroman, sich nicht umstandslos und eindeutig zur griechischen „Seite” bekennen mag, reagiert jeder Taxifahrer in Athen oder Saloniki auf die gleiche Weise: „Tödlich beleidigte Mienen, düstere Blicke in den Rückspiegel und dann, fast mit Verzweiflung in der Stimme: Aber warum denn? Hier steht doch die Akropolis. Hier hat doch alles angefangen! Wir sind doch der Ursprung!”
Der Autor, deutsch-griechischer Herkunft auch er, hat in seinem Erstling den Schwebezustand eines zweigeteilten Lebensgefühls thematisiert. Die Sprache, die er dafür gefunden hat, zeugt indessen von einer bemerkenswerten Sicherheit und Bodenhaftung. Schnörkellos, nüchtern und selbstverständlich, wie aus klarem Licht und trockener, staubfreier Luft geboren, entfaltet sich die Geschichte eines schwierigen Familientreffens in der nordgriechischen Provinz, das den aus Berlin angereisten Erzähler Marko mit Kindheitserinnerungen und ungelösten Rätseln konfrontiert.
Großvater schwört auf Nivea
Sein Großvater Panajotis ist gestorben, ein listenreicher Patriarch mit Deutschland-Erfahrung, ein lustiger Witwer mit langem außerehelichen Sündenregister. Um dem Alten die letzte Ehren zu erweisen, versammelt sich die Verwandtschaft in seinem Haus in der Kleinstadt Messara, und wie bei solchen Anlässen üblich kommt nun auch weniger Ehrenhaftes an den Tag, den Toten ebenso betreffend wie seine Kinder und Enkel oder seinen auf undurchsichtigen Wegen zu Reichtum gelangten Bruder. Gleichwohl wird nichts enthüllt oder direkt ausgesprochen; nur aus Andeutungen, verräterischen Gesten und atmosphärischen Schwankungen setzt sich das Bild zusammen, das ein Diktum des Verblichenen bekräftigt: „Die Dinge sind nicht so, sie sind anders, als die Leute behaupten.”
Humor hat er zweifellos gehabt, der ehemalige Krankenpfleger, der auf Milch und Nivea schwor und der nicht nur seiner Tochter Dimitra als „ein schöner Mann” im Gedächtnis bleiben wird. Dimitria, Markos Mutter, pendelt als Innenarchitektin zwischen den Ländern, ihr Bruder Makis lebt als Internist mit deutscher Ehefrau in Hamburg, und Jorgos, der dritte im ungleichen Geschwisterbund, schlägt sich ebendort als Kellner durch. Markos Vater, der offenbar vor der Geburt des Jungen verstorben ist, bleibt geheimnisumwittert, aber auch der Sohn hält seit längerem etwas verborgen: Er hat sein Jurastudium abgebrochen, um Teilhaber eines Kurierdienstes zu werden. „Die meisten Griechen sind selbstständig. Alles andere passt nicht zu uns”, belehrt ihn ein entfernter Verwandter, den er auf der Beerdigung kennen lernt. Von diesem einfachen Mann erfahren wir auch etwas über das Prinzip „De mortuis nil nisi bene”, das trotz lateinischer Überlieferung eine griechische Errungenschaft ist: „Wir Griechen glauben, dass Worte Einfluss auf die Taten haben. Gute Worte können schlechte Taten ausgleichen. Es ist wie auf einer Waage. Nur wenn das Gute überwiegt, kommt der Tote in den Himmel.”
Der sorgfältige Umgang mit den Worten sichert das Überleben der Literatur. In diesem Sinne hebt sich Andreas Schäfer von vielen Untoten unter seinen schreibenden Generationsgenossen wohltuend ab. Sein Erzählen, das ohne aufgesetzte Dramatik, ohne dekorative Effekte auskommt, könnte man asketisch nennen, brächte es nicht ein reiches, dichtes Gewebe aus Motiven und Anspielungen hervor, die mit Fremdheit und Verwurzelung, Bindung und Befreiung, Anziehung und Abstoßung zu tun haben. Das komplizierte Verhältnis zwischen Mutter und Sohn etwa, in dem unterschwellig Erotisches mitschwingt, gewinnt gerade dadurch an Brisanz, dass es mit äußerster Diskretion behandelt wird. Man darf gespannt sein, welchen Klang der Autor seinem fein gestimmten Instrument deutsch-griechischer Zwischentöne in Zukunft noch entlocken wird.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
ANDREAS SCHÄFER: Auf dem Weg nach Messara. Roman. Alexander Fest Verlag, Berlin 2002. 187 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Andreas Nentwich bespricht einen seiner Ansicht nach "vielversprechenden Debutroman" des in Berlin lebenden deutsch-griechischen Autors Andreas Schäfer. Der Roman, in dem es um ein Zusammentreffen einer deutsch-griechischen Familie in Griechenland anlässlich der Beerdigung des Großvaters geht, besteche besonders durch die scharf gezeichneten Charakterprofile. Der Rezensent spricht von einer "nüchternen Elegie", die ein Griechenland zeige, das jenseits aller Klischees liege, und ist gespannt auf das nächste Werk dieses Autors.

© Perlentaucher Medien GmbH