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Was war die sexuelle Revolution, und wie sieht man sie heute? Was sind ihre Schattenseiten, was ihre Verdienste? Mariam Lau gibt darauf eine Antwort und beschreibt die Schauplätze, Aktivisten, Theorieentwürfe und mythenbildungen der Revolte wie ihrer Nachwehen: von der legendären Kommune I mit Uschi Obermeier und Rainer Langhans über das Projekt der sexuellen Aufklärung bis zur Genderdebatte, von der Wirkung eines Alfred Kinsey über Beate Uhse bis zu Lilo Wanders und "Liebe Sünde".

Produktbeschreibung
Was war die sexuelle Revolution, und wie sieht man sie heute? Was sind ihre Schattenseiten, was ihre Verdienste? Mariam Lau gibt darauf eine Antwort und beschreibt die Schauplätze, Aktivisten, Theorieentwürfe und mythenbildungen der Revolte wie ihrer Nachwehen: von der legendären Kommune I mit Uschi Obermeier und Rainer Langhans über das Projekt der sexuellen Aufklärung bis zur Genderdebatte, von der Wirkung eines Alfred Kinsey über Beate Uhse bis zu Lilo Wanders und "Liebe Sünde".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2000

Bloß keine Experimente!

Sollte sich in ferner Zukunft ein Mentalitätshistoriker unserer Epoche zuwenden, würde er beim Studium der überlieferten Fotodokumente, der Fernsehaufzeichnungen, der Bilddateienwracks auf ausrangierten Festplatten ohne Zweifel den Eindruck gewinnen müssen, daß wir in einer Zeit völliger sexueller Libertinage gelebt haben, in der nicht nur alle erdenklichen sexuellen Praktiken und alle denkbaren Konstellationen von Liebespartnern erlaubt waren, sondern auch alltäglich von jedermann und jederfrau ausgeübt wurden. Macht der gewissenhafte Forscher dann die Gegenprobe, etwa anhand der Verkaufsstatistiken von Kondomherstellern, müßte er allerdings bemerken, daß irgend etwas nicht stimmen kann. Über Sex wird heute viel geredet, aber er wird, folgt man neueren empirischen Untersuchungen, selten praktiziert: Immer größere Teile der Bevölkerung sind demnach sexuell inaktiv.

Das größte Stück vom statistischen Kuchen bekommen noch diejenigen ab, die in Zweierbeziehungen leben. Eine neue empirische Untersuchung studentischen Sexualverhaltens kommt zu dem Ergebnis, daß neunzig Prozent aller heterosexuellen Geschlechtsakte von Studentinnen und Studenten in festen Beziehungen stattfinden; temporär oder dauerhaft Alleinlebende haben schlechte Karten: "Singles produzieren mit viel Aufwand wenig Sexualität, die zudem weniger befriedigend ist". (Gunter Schmidt [HRSG.]: Kinder der sexuellen Revolution. Kontinuität und Wandel studentischer Sexualität 1966-1996. Eine empirische Untersuchung. Psychosozial-Verlag, Gießen 2000, 288 S., br., 49,80 DM.) Die auf privaten Fernsehkanälen, in Männermagazinen und Werbespots suggerierte ständige Verfügbarkeit von willigen Sexualpartnern, die nur noch per Terminkalender und mit Unterstützung von Fitneßprogrammen und Viagra zu bewältigen ist, ist demnach der größte Mythos unserer dauererregten Erlebnisgesellschaft.

Die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Fiktion und Realität verliert etwas von ihrer Rätselhaftigkeit, wenn man sie einbettet in die noch zu schreibende Chronik der sexuellen Revolution, zu der die Publizistin und frühere "taz"-Redakteurin Mariam Lau einen ersten Entwurf geliefert hat ("Die neuen Sexfronten". Vom Schicksal einer Revolution. Alexander Fest Verlag, Berlin 2000, 224 S., geb., 39,80 DM). Ihr brillanter Großessay zeichnet das Scheitern einer Bewegung nach, die nichts Geringeres beabsichtigte, als über die Befreiung des Intimlebens von Ängsten und Vorurteilen eine Erneuerung der Gesellschaft herbeizuführen, und liest sich zunächst als bemerkenswerte Erfolgsstory.

Die bekanntesten wissenschaftlichen Publikationen des zwanzigsten Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten dürften die beiden Reporte Alfred Charles Kinseys über das Sexualverhalten bei Männern (1948) und Frauen (1953) sein. Der erste Bericht verkaufte sich in den ersten beiden Monaten nach seinem Erscheinen zweihunderttausendmal. Die Wirkung des Reports, dessen Botschaft "Auch Du bist normal" von Millionen Lesern in aller Welt als Befreiung erfahren wurde, ist kaum zu unterschätzen. Es war der Trick der Kinsey-Reporte, sich als vorurteilsfreie empirische Erhebungen des amerikanischen Sexualverhaltens auszugeben und die Wirklichkeit über ihre angebliche Widerspiegelung zu verändern. Wenn siebzehn Prozent aller befragten Bauernjungen schon einmal Sex mit Tieren gehabt hatten, scheiterte die moralische Verurteilung solcher Praxis an ihrer Häufigkeit; von der schier omnipräsenten Triebbefriedigung durch Oralverkehr, Masturbation oder außerehelichem Geschlechtsverkehr ganz abgesehen. Das Sein bestimmte das Bewußtsein und wies die bis dahin gültigen moralischen Standards als wirklichkeitsfremd zurück.

Der dabei begangene philosophische Fehlschluß bekümmerte allenfalls Moraltheologen, doch gehört es zur Dialektik jeder Sexualaufklärung, daß ihre Wissensvermittlung nie neutral sein kann. Auch wenn ihr Ziel ist, sogenannte "Perversionen" mit dem Unbedenklichkeitssiegel zu versehen, wird doch zugleich eine neue Norm mit ihren eigenen Abweichungen etabliert. In Deutschland besorgten Beate Uhse, "die Gräfin Dönhoff der sexuellen Befreiung" (Lau), die materielle und der unermüdliche Oswalt Kolle die emotionale Basis für die Umbrüche der sechziger Jahre. Lau relativiert die historische Rolle der Studentenbewegung, die nur weit offene Türen eingerannt habe, und legt offen, wie verkrampft ihre Lockerung der Sexualmoral ablief. Sie rechnet gnadenlos mit der Politisierung des Privaten ab, deren absurde Konsequenzen in den Selbsthaß und die Sexfeindlichkeit des radikalen Feminismus geführt hätten.

Laus Umgang mit den Ikonen der sexuellen Revolution von Rainer Langhans bis Judith Butler ist mit dem Begriff "respektlos" noch milde belegt. Statt die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Wortführern der Bewegung zu suchen, setzt sie die Brechstange des Biographischen ein, um Schwachstellen der Theoriegebäude einzureißen: Die porträtierten Sexualwissenschaftler und Psychologen - Kinsey eingeschlossen - hatten durch die Bank einen schweren Zacken, so daß deren Kampf für Liberalisierung und Normalisierung oft nur als eine selbstbezogene Entlastungsstrategie von eigenen Triebkonflikten erscheint.

Mit Freud beharrt Lau darauf, daß das Individuum für seine Triebkonflikte nicht ausschließlich die Gesellschaft verantwortlich machen kann. Das Sexualleben ist nie frei von Spannungen und Konflikten. "Milieus, die die Geborgenheit einer Familie gewähren könnten, ohne deren Zwänge zu reproduzieren, sind die letzte erotische Utopie", schreibt sie und endet trotz allem optimistisch. Ihr Buch wird so zu einer Verteidigung der "klassischen", auf Dauer angelegten Beziehungskiste, zu der bis heute niemand eine haltbare Alternative habe zimmern können.

RICHARD KÄMMERLINGS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.01.2001

Der Beischlaf der Vernunft
„Die neuen Sexfronten”: Mariam Lau versucht sich an einer Dialektik der sexuellen Aufklärung
Der Mann war in einer etwas unangenehmen Situation. In einer Position, die viel peinlicher war als jene, über die er berichten sollte. Er wusste nicht mehr genau, was er alles schon erzählt hatte, was er alles erzählen sollte, und vor allem in welchen Worten. Es ging irgendwie um Sex, das wusste Bill Clinton natürlich, aber was das überhaupt ist, wo er anfängt und wo er aufhört, ob er mit der besagten Frau nur eine intime oder eine sexuelle Beziehung hatte – das alles war eben eine ziemlich abstrakte Frage.
Mit anderen Männern, an einem anderen Ort, hätte er vielleicht ganz gern darüber diskutiert, welche Spielart des Sex schöner ist, aber die Männer mit den Anzügen, die ihm gegenübersaßen, und die Zuschauer des Programms interessierten sich nur dafür, welche Variante die schlimmere ist. Nun sind Verhandlungen über Oralsex nicht immer so kompliziert wie im Fall Clintons; trotzdem besagt seine Hilflosigkeit bei der Befragung über die Lewinsky-Affäre eine ganze Menge zum aktuellen Diskurs über die Sexualität. Es mag ja sein, dass die sexuelle Befreiung im Volk mehr Erfolg hatte als bei seinen Repräsentanten; dass aber die Öffentlichkeit bei ihren Präsidenten die populäre Praxis des Ehebruchs so ernst nimmt – das lässt dann doch den Verdacht aufkommen, dass bei der sexuellen Revolution irgend etwas schief gelaufen ist. Und glaubt man Mariam Laus Beschreibung dieser Revolution und ihrer Folgen, so ist das eine ganze Menge.
So gut man das Unbehagen an der herrschenden Sexkultur also verstehen kann, so irritierend ist die Fassung der modernen Geschichte der Sexualität, die Lau in „Die neuen Sexfronten” präsentiert. Nicht die uneingelösten Versprechungen der sexuellen Befreiung sind es, die die Autorin aufzuspüren versucht, nicht die Gründe für die anhaltende Doppelmoral etwa oder die Folgen des Ausverkaufs des Intimen. In einer Art Dialektik der sexuellen Aufklärung will sie stattdessen zeigen, dass sich die einstigen Hoffnungen der Studenten und der Aktivisten, der 68er und der Feministinnen heute alle erfüllt haben – und zwar weitgehend ohne deren Unterstützung.
Die wahren Helden der Revolution waren nämlich ganz andere: Alfred Kinsey zum Beispiel, der mit seinen Studien über das Sexualverhalten der Amerikaner schon Anfang der fünfziger Jahre die „tiefe Kluft zwischen moralischen Standards und individueller Praxis” entlarvte, Oswald Kolle oder Beate Uhse („die Gräfin Dönhoff der sexuellen Befreiung”). Nicht Rainer Langhans und Uschi Obermaier bildeten die wahre Avantgarde, sondern die Hedonisten von nebenan: „Was dann ,sexuelle Revolution‘ hieß, musste sich beeilen. Wer froh sein konnte, zweimal mit derselben gepennt zu haben, sah sich in den Kleinanzeigen mit der Tatsache konfrontiert, dass die Spießer längst bei Silberzwiebeln und Whiskey on the Rocks ihre Swingerparties abhielten. ”
Ungenießbarer Gender-Quark
Verkrampfte Beziehungsexperimente wie die Kommune 1, die „abstrusen” Ideen von Theoretikern wie Wilhelm Reich oder Herbert Marcuse oder der „ungenießbare Quark” der Gender Studies haben dagegen die Entwicklung der sexuellen Befreiung nur unnötig verkompliziert. Das Nachdenken und besonders das Reden über Sexualität ist es daher, das heute einem munteren Sexleben am meisten im Weg steht – schließlich haben die Kommunen den Sex als Problem überhaupt erst entdeckt.
Die Politisierung des Privaten ist für Lau im Grunde das unerträglichste Erbe jener Zeit: Tatsächlich wirkte der Dauerdiskurs über die immer neu zu entdeckende Sexualität und die zwischenmenschlichen Experimente der Kommunen eher verkrampft als befreiend. Doch dass sich Menschen in neu gewonnenen sozialen Freiräumen auf eine Art austoben, die retrospektiv zur Karikatur wird, ist zum einen durchaus verständlich, und zum anderen – zumindest in diesem Fall – nicht mal besonders verhängnisvoll.
Die Politisierung des Privaten haben die Kommunarden weder erfunden, noch haben sie sie abschaffen können: Öffentliche Tabus und gesetzliche Vorschriften über intimste Angelegenheiten existierten ja offensichtlich vor der sexuellen Revolution – und sie tun es, wenn auch weniger offensichtlich, heute noch. Dass diese Politik damals offensiver und breiter diskutiert wurde und nicht länger den Institutionen überlassen wurde, die sich dafür zuständig wähnten – dafür sollte man in einer Demokratie nicht einmal den Begriff der Revolution bemühen müssen. Vielleicht hatten es ja die Studenten der sechziger Jahre mit einem ganz aktuellen Dilemma zu tun, aus dem sie sich nicht einfach befreien konnten, ohne sich lächerlich zu machen: Ihr Kampf war weniger der gegen ein paar antiquierte Paragraphen oder für ein paar neue Sexualpraktiken, sondern immer auch der für wirkliche Veränderungen. Dass der Kapitalismus schon damals erfolgreicher in der Distribution von utopischen Ideen war, die man perfekt zur Ware machen konnte, kann man seinen Gegnern wohl kaum vorwerfen.
Ein gewisses Bedauern darüber, dass auf dem Weg von der Utopie in den Versandhauskatalog entscheidende Elemente der Vorstellung von einem besseren Leben – oder auch nur von besserem Sex – verloren gehen, ist deshalb nicht unverständlich. Es waren halt euphorische Jahre. Vermutlich war es also weniger „Angst und Zähneklappern”, was die Studenten empfanden – nachdem „die Fernsehkanäle und Illustrierten bereits einen enormen Liberalisierungsschub erfahren hatten” –, sondern das unangenehme Gefühl, dass mit Pille und Softpornos noch nicht alles gewonnen war, dass es nicht nur auf Liberalisierung, sondern auch auf deren Formen ankam.
Die Ideen von Kolle und Langhans, von Uhse und Marcuse sind eben nicht die gleichen gewesen: Wahrscheinlich ging es in keinem Fall einfach um besseren Sex. Wenn Rainer Langhans heute Uschi Obermaier als „erste Protagonistin der Love Parade” bezeichnet, zeigt das zwar, dass auch die Kommune 1 – genauso wie die kommerziellen Propheten der Aufklärung – schon Politik mit den Mitteln des Pop machte. Gerade deshalb aber lag das Wesen des Revolutionären vor allem im Style: Nicht alle wünschten sich einen Musikantenstadl der Erotik.
Lau jedenfalls scheint das Misstrauen gegenüber dem Erfolg der sexuellen Revolution nicht zu teilen. Der fragwürdigen Suche nach einer authentischen Sexualität, die erst jenseits von Machtdiskursen wirklich erlebt werden kann, setzt sie das Erfolgsmodell der festen heterosexuellen Beziehung entgegen: Trotz all der zur Hemmungslosigkeit animierenden „Sexbombardements” aus den Medien zeigen sich in Umfragen verheiratete Paare zufriedener als alle Vertreter anderer sexueller Lebensentwürfe. Homosexuelle beispielsweise verstricken sich fast zwangsläufig in den unglücklichen Zwiespalt zwischen Partnerbeziehung und Antikonformismus: „Von Schwulen lernen heißt also wohl eher verlieren lernen. ” Neben derartigen Ratgeberqualitäten stört an Laus Buch vor allem die durchgängige Tendenz zur Suche nach biografischen Elementen, die Aktivisten oder Theoretiker der sexuellen Befreiung quasi durch die Bank geprägt haben sollen. Aus Foucaults Homosexualität oder aus Reichs voyeuristischer Kindheit lässt sich jedoch höchstens ein besonderes Interesse für das Thema erklären, kaum aber eine ihrer Thesen. Und Judith Butlers „verquerer Wunsch nach Bestrafung für das eigene Schwulsein” wäre vielleicht schon mit der Lektüre von Laus Buch erfüllt.
HARALD STAUN
MARIAM LAU: Die neuen Sexfronten. Vom Schicksal einer Revolution. Alexander-Fest-Verlag, Berlin 2000. 224 Seiten, 39,80 Mark.
Man darf sich die Kommune 1 nicht als Bordell oder Lustgarten denken. Dieter Kunzelmann klagte über Orgasmusprobleme, und Rainer Langhans und Uschi Obermaier (unser Bild) kifften wohl auch deshalb so viel, weil es keinen Raum gab, in den sie sich zurückziehen durften. Mariam Lau glaubt: Spießer hatten mehr Spaß.
Foto: SZ-Archiv
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Die Literaturwissenschaftlerin Susanne Lüdemann mit zwei Neuerscheinungen zum Stand des heutigen Sexualverhaltens, das zum Entsetzen der Rezensentin in "serieller Monogamie" seinen gesellschaftlichen Konsens zu finden scheine. Es handelt sich um den von Gunter Schmidt herausgegebenen Band "Kinder der sexuellen Revolution - Kontinuität und Wandel studentischer Sexualität 1966-1996" und um Mariam Laus "Die neuen Sexfronten".
1.) Gunter Schmidt (Hrsg.): "Kinder der sexuellen Revolution"
An dieser empirischen Untersuchung von Gunter Schmidt (Hrsg.) bemängelt die Autorin, statt nach Erotik und Einbildungskraft werde nach "messbaren Kruditäten" wie Koitusfrequenz und Partnermobilität gefragt. Das Ergebnis der Studie sei allgemein bekannt und verlaufe von der repressiven Sexualmoral der fünfziger Jahre über die Befreiung der sechziger Jahre bis zur heutigen "Entdramatisierung des Geschlechterverhältnisses". An den Sexualpraktiken habe sich dagegen fast nichts verändert, referiert Lüdemann, nur die Masturbation werde heute frei von Schuldgefühlen praktiziert. Die oft zitierte "neue Lustlosigkeit" sowie das freiwillige Dasein als Single könnten in dem Band dagegen nicht bestätigt werden, vielmehr wünschte sich die große Mehrheit, darunter auch die Homosexuellen, dauerhafte Beziehungen mit einem Partner. "Es ist so schön, dass man fast weinen möchte", schreibt die Rezensentin dazu. Als "Erfolgsgeschichte" wie der Herausgeber die von ihm konstatierte Entwicklung nennt, mag Lüdemann das Ergebnis der Studie nicht verbuchen.
2.) Mariam Lau: "Die neuen Sexfronten"
Auch von diesem Buch wird der Rezensentin nicht besser. Die Geschichte der sexuellen Revolution gerate der Autorin zu einem "vulgärpsychoanalytischem Entlarvungsdiskurs". Dass von Uhse bis Lacan nur agitiert worden sei, um die eigenen Triebkonflikte als Normalität zu verkaufen, wie Lau schreibe, möchte die Rezensentin nicht hinnehmen. Lüdemann stimmt lediglich Laus These zu, die revolte der 68-er Studenten sei ein "Aufstand der Geschädigten" (Lau) im Gewand einer antikapitalistischen Sexualmoral gewesen. Insgesamt scheint die Rezensentin aber die Metaphysik zu vermissen. Sie beschwört Emilia Galottis Wahl zwischen Tod und Verführung ebenso wie Bachmanns "Malina" als Roman des Begehrens. Aber verwechselt Frau Lüdemann da nicht Begehren mit Leiden? Und darf frau sich heute nicht mal ganz undramatisch freuen? Es muss ja niemand "seriell monogam" sein.

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