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Jede Station in dieser Hommage an Jörg Immendorff ist auch eine Station der deutschen Geschichte der Nachkriegszeit, ein Ringen um Zerstören und Bewahren, um Anerkennung und Deutungshoheit. Geht es dabei auch komödiantisch zu? Es geht: Spott, Ironie und das Große Lachen vor Gericht sind weitere Facetten dieser Inszenierung. "Denn nur, wenn man beim Betrachten oder Hören oder auch beim Lesen eines Werkes der Kunst nicht an Kunst denken muss, und zwar keine einzige, nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde lang, erst dann begreift man Kunst" (Jörg Immendorff). Dem renommierten Schriftsteller und…mehr

Produktbeschreibung
Jede Station in dieser Hommage an Jörg Immendorff ist auch eine Station der deutschen Geschichte der Nachkriegszeit, ein Ringen um Zerstören und Bewahren, um Anerkennung und Deutungshoheit. Geht es dabei auch komödiantisch zu? Es geht: Spott, Ironie und das Große Lachen vor Gericht sind weitere Facetten dieser Inszenierung. "Denn nur, wenn man beim Betrachten oder Hören oder auch beim Lesen eines Werkes der Kunst nicht an Kunst denken muss, und zwar keine einzige, nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde lang, erst dann begreift man Kunst" (Jörg Immendorff).
Dem renommierten Schriftsteller und langjährigen engen Freund Tilman Spengler gelingt mit diesem Roman die spielerisch-leichte Wiedererweckung eines Menschen, der weit mehr als die Kunstszene über Jahrzehnte mitgeprägt hat.

"Ein großes Vergnügen. Der Text liest sich amüsant wie wundersam sirrender Nonsense, gibt aber auch die Gewissheit, dass Immendorff und die Situationen genau getroffen sind, sozusagen mit genauer Zärtlichkeit. Ich stelle mir immer wieder Immendorff selbst vor, wie er die Texte liest und ins Kichern gerät, weil er sich völlig wahrgenommen und gleichzeitig auf die Schippe genommen fühlt." Sten Nadolny
Autorenporträt
Spengler, Tilman
Tilman Spengler, geboren 1947, promovierter Sinologe und Historiker, war mehrere Jahre am Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften tätig. Er ist Autor von Romanen, Erzählungen und Essays und Herausgeber der Zeitschrift "Kursbuch".
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Catrin Lorch hat eine böse Vermutung: Ist es möglich, dass der Autor Tilman Spengler den Maler Jörg Immendorff gar nicht so gut gekannt hat wie er behauptet? Das jedenfalls legt ihr die Lektüre des "waghalsigen" Buches nahe, in dem Spengler einen neuen Zugang zum Künstler verspricht, laut Lorch jedoch nicht viel mehr als hastig notierte Schlüsselsätze bietet und ein Bild des Malerfürsten, das für die Rezensentin genau den narzisstischen Großkünstler zeigt, den der Boulevard einst innig umarmte. Einziger Unterschied zur Bildzeitung, ätzt Lorch: längere Zitate. Nein, vom neugierigen, lustigen Immendorff kann sie bei Spengler leider nichts entdecken.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2016

Der Jupp war
auch dabei
Grabpflege: Tilman Spenglers
Jörg-Immendorff-Roman
Wenn man die Hauptfigur einmal so hoch gehängt hat, bekommt man sie nur schwer wieder runter aus den Höhen der Bedeutung. Es ist ein Staatsbegräbnis, bei dem Tilman Spenglers Roman „Waghalsiger Versuch in der Luft zu kleben“ den Künstler Jörg Immendorff auftreten lässt. Und zwar sein eigenes. „Die zahlreichen Gäste in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel sitzen dicht gedrängt. Es ist das erste Staatsbegräbnis, das die Republik für einen Künstler ausrichtet, entsprechend spürbar ist die Nachfrage“, heißt es im ersten Kapitel. Mittendrin der Künstler, als Personifikation des reichlich abgedroschenen Gedankens, wie dem Verstorbenen selbst wohl die Veranstaltung gefallen hätte. „Die Zuhörer, denkt Immendorff grimmig nach der zweiten Ansprache, müssen mir beipflichten, rhetorisch ist dieser Abschied ein absoluter Schmalhans für Gehirn oder Gemüt . . . ,Kappes!‘ ruft der Künstler und wendet sich ab.“
  Nach solch einem Einstieg ist es schwer, weiter zu erzählen. Was soll man mit einem so überlebensgroßen Charakter noch anfangen in einem Roman, der, surrealerweise, mit der Taufe des kleinen, noch babygesichtigen Jörg Immendorff enden wird. Die Lebensgeschichte des Künstlers, der den Kanzler Gerhard Schröder offiziell porträtierte und im Jahr 2007 nach langer unheilbarer Krankheit starb, ist zudem oberflächlich den meisten Deutschen aus der Bild-Zeitung vertraut – spätestens nachdem er im Jahr 2003 in einem Düsseldorfer Hotelzimmer mit Kokain und Prostituierten erwischt wurde.
  Tilman Spengler verspricht zunächst einen anderen Zugang zum Künstler. Dem Text ist eine Fotografie vorangestellt, die Spengler und Immendorff im Atelier zeigt, in vertrautem Gespräch. Im Klappentext heißt es, die beiden hätten sich gut gekannt. „Mit dem genauen Blick eines Freundes und Wegbegleiters folgt Tilman Spengler dem Maler, dem Provokateur, dem Bühnenbildner, Agitator, Kunstprofessor und Kanzlerporträtisten auf einigen Stationen seines Lebenswerks.“ Ob im Atelier, in China, im Stammlokal oder vor dem Landgericht – alle diese Stationen sind anekdotisch aufbereitet, als hätte Spengler nach jeder Begegnung mit Immendorff schnell Schlüsselsätze notiert, womöglich ein Band mitlaufen lassen.
  Und auch die Beschreibungen weichen an keiner Stelle von dem bekannten Bild des narzisstischen, um sein Image besorgten Künstlers ab. Spengler „klemmt“ ihm eine „amerikanische Filterzigarette in den linken Mundwinkel“ und konfrontiert ihn mit genau den Persönlichkeiten, die man aus den Medien kennt: seinem Galeristen Michael Werner, Exkanzler Schröder, dem Malerkonkurrenten David Hockney, seinem Lehrer Joseph Beuys, der hier als „Jupp“ auftritt – wegen der Nähe unter Künstlern. Das vernichtende Diktum, das Schöne an historischen Romanen sei, dass man so vielen berühmten Menschen begegne, hier trifft es voll zu. Am meisten auf Jörg Immendorff, der dazu verurteilt ist, als Wiedergänger seiner selbst in einem Zwischenreich herumzuirren, in dem er – so er gerade nicht in Gedanken mit Dürer, Vasari oder Monet korrespondiert – vor allem Reporterinnen eines „Gossenblatts“ Weisheiten in den Block diktiert.
  Was genau unterscheidet diese Art Roman eigentlich vom Boulevard? Dass der Autor etwas längere Zitate unterbringt? „Schlußendlich ist das, was Michelangelo da mit seinen Strichen veranstaltet, ja nichts anderes als ein wahnsinniges Spektakel, ganz große Oper, bevor es das gab, nur eben zweidimensional.“ Klingt wie aus einem gelockerten Kunstgeschichts-Kursus – vom Charme des lustigen, unsicheren, neugierigen Jörg Immendorff ist nicht viel zu spüren. Intensität, Schnelligkeit – alles weg. Im Buch wirkt er so plärrig, wie er in der Berichterstattung genau der Boulevardpresse aussah, über die sich Spengler erhebt: ausgezehrt vor Berühmtheit. Könnte es sein, dass Tilman Spengler und Jörg Immendorff sich zwar begegnet sind, gekannt aber hat der Autor den Künstler offensichtlich nicht.
CATRIN LORCH
            
Tilman Spengler: Waghalsiger Versuch, in der Luft zu kleben. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2015. 160 Seiten, 18 Euro. E-Book 13,99 Euro.
In diesem Buch ist der
Großkünstler nur ein plärriger
Wiedergänger seiner selbst
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"Luzide, witzig, einfühlsam.", Der Tagesspiegel, Peter von Becker, 20.03.2016