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Kirchers Neugier kannte keine Grenzen: Er war Erfinder, Biologe, Ägyptologe, Mediziner, Astronom, Musikwissenschaftler, Archäologe, Geograph und Autor von über vierzig umfangreichen wissenschaftlichen Werken. Zur Überprüfung seiner Vulkanismus-Theorie ließ er sich in den Krater des Vesuv abseilen, und er war der Erste, der Krankheiten wie die Pest auf Mikroorganismen zurückführte. Sein Museum Kircherianum in Rom ist eine barocke Wunderkammer, die sprechende Statuen, einen Vorläufer des Filmprojektors, den Schwanz einer Meerjungfrau, einen Stein des Turms von Babel und ein "Perpetuum Mobile"…mehr

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Produktbeschreibung
Kirchers Neugier kannte keine Grenzen: Er war Erfinder, Biologe, Ägyptologe, Mediziner, Astronom, Musikwissenschaftler, Archäologe, Geograph und Autor von über vierzig umfangreichen wissenschaftlichen Werken. Zur Überprüfung seiner Vulkanismus-Theorie ließ er sich in den Krater des Vesuv abseilen, und er war der Erste, der Krankheiten wie die Pest auf Mikroorganismen zurückführte. Sein Museum Kircherianum in Rom ist eine barocke Wunderkammer, die sprechende Statuen, einen Vorläufer des Filmprojektors, den Schwanz einer Meerjungfrau, einen Stein des Turms von Babel und ein "Perpetuum Mobile" enthielt. In ganz Europa eine Koryphäe, verkehrte Kircher mit Päpsten und korrespondierte mit den großen Meistern des Barock. Doch mit den Vorboten der Aufklärung begann sein Stern zu sinken ...
Hochunterhaltsam erzählt John Glassie vom kühnen Leben eines fehlbaren Genies. Seine unbezähmbare Neugier und sein Streben nach Ruhm ließen Kircher zur Verkörperung des Wissensstands seiner Zeit werden und machten ihn, wie die Stanford-Professorin Paula Findlen formulierte, zum "letzten Mann, der alles wusste".
Autorenporträt
Glassie, John
John Glassie, 1961 geboren, wuchs in Washington, D.C., auf und studierte Literatur an der Johns Hopkins University in Baltimore. Er war Redakteur beim New York Times Magazine und schreibt über Literatur, Kunst und Wissenschaft für renommierte Blätter wie die New York Times und Newsday. Zudem unterrichtet er Kreatives Schreiben am New Yorker Pratt Institute. John Glassie lebt in Brooklyn, New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2014

Die Kraft des Sonnenblumenkerns

Er forschte zu Quallen und Atlantis, der Farbe der Engel und einer universalen Sprache, baute Maschinen und mathematische Orgeln und hatte auch Sinn für Tricks und Feuerwerke: John Glassie schreibt die Biographie des Athanasius Kircher, dem kein Problem zu klein oder zu groß war.

Von Manuela Lenzen

In gewisser Weise war er der Erste, der erkannte, dass die Pest von Krankheitserregern übertragen wird, in gewisser Weise der Begründer der Ägyptologie und der Sinologie, in gewisser Weise brachte er Newton auf die Idee des binären Zahlensystems. Doch die "Würmchen", die Athanasius Kircher Mitte des 17. Jahrhunderts durch sein Mikroskop sah, nahm er zugleich als Bestätigung der Urzeugung und bediente sich ansonsten bei Lukrez. Seine spektakuläre Übersetzung der Hieroglyphen auf einem alten Obelisken entpuppte sich als pure Phantasie. Und wenn Leibniz sich dem ursprünglichen Wissen der Menschheit auf der Spur glaubte, als er, inspiriert vom chinesischen I Ging, für Gott die Eins und für das Nichts die Null setzte, beruhte dies auf Kirchers gewagter Annahme, die chinesische Kultur habe ihre Wurzeln im alten Ägypten.

John Glassie mag den chaotischen Helden seiner Biographie, nennt ihn mal eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten aller Zeiten, mal eine Lachnummer. Und nach ein paar Seiten ist auch der Leser bereit, dem Mann, der versuchte, alles zu wissen, und sich den Rest eben selber ausdachte, zu verzeihen, dass er, "sich durch Fakten grundsätzlich nicht dazu verleiten ließ, eine gute Story zu ruinieren". Denn gute Storys liefert sein Leben zuhauf.

Der 1602 geborene Jesuit verließ nach abenteuerlichen und nur mit viel göttlichem Beistand überstandenen Reisen 1630 das im Dreißigjährigen Krieg gefangene Europa und erklomm in Rom die Karriereleiter bis zum Professor für Mathematik am Collegium Romanum. Er lebte in der Zeit, als der Geist Europas durchgepustet und irgendwie modern wurde, so Glassie. In Kirchers Geist scheint es besonders heftig gepustet zu haben. Einerseits hielt er fest an der Idee, es gebe eine innere Essenz der Dinge, die sich durch Anschauung enthülle. Zum anderen sah er durchaus, dass die aufkeimende Wissenschaft gerade dabei war, die Suche nach inneren Essenzen durch das Experiment zu ersetzen, und war neugierig genug, dabei kräftig mitzumischen. So hantierte er nicht nur mit Mikroskopen und Fernrohren, er ließ sich auch in den Krater des Vesuv abseilen, um Belege für seine Theorie von einem Ozean im Inneren der Erde zu suchen. Jules Verne hat ihm und seinem treuen Assistenten Caspar Schott, so vermutet Glassie, in der "Reise zum Mittelpunkt der Erde" ein Denkmal gesetzt.

Unterhaltsam und bisweilen spannend wie ein Krimi folgt Glassie den intellektuellen Wegen und Irrwegen des Universalgelehrten. Und der Leser leidet mit dem Biographen, wenn der zugeben muss, dass Kircher sich auch angesichts überwältigender Beweise nicht gern eines Besseren belehren ließ oder in seinem Eifer auch die gefälschten, sinnlosen Texte übersetzte, mit denen misstrauische Kollegen ihn auf die Probe stellen wollten.

Kircher hat mit seinen Thesen oft danebengelegen, und Glassie findet dafür immer neue, pointierte Formulierungen. Doch wer es bei dieser Feststellung bewenden lässt, das zeigt Glassie eindrucksvoll, dem entgeht der faszinierendste Aspekt dieses ungewöhnlichen Geistes. Kaum ein Gebiet, zu dem Kircher nicht sammelte, forschte, mit hunderten Gelehrten korrespondierte und Tausende von Seiten füllte, "bis die Hand nicht mehr zu gebrauchen war". In seiner "Ars magna sciendi", der Kunst, alles zu wissen, begann er nicht mit dem Zweifel am bestehenden Wissen, wie Descartes oder Bacon, sondern versuchte sich in der Tradition Ramon Llulls an einer Kombinatorik, die es gestatten sollte, die Welt aus wenigen Prinzipien zu verstehen.

Er züchtete Wein und Obstsorten, forschte über Quallen, Glühwürmchen, Atlantis und die Farbe der Engel, publizierte über Musiktheorie, Kabbala und die Ruinen Latiums, illustrierte sein Buch über das Innere der Erde mit Mondkarten und versuchte sich an der Bestimmung des Längengrads. Und er war gründlich: Sein "Oedipus Aegyptiacus" gilt als das umfangreichste Kompendium des Okkulten, das je gedruckt wurde. Er liebte optische Illusionen und Feuerwerk, wo immer er hinkam, baute er Sonnenuhren. Das Kuriositätenkabinett, das er auf Geheiß seines Ordens aufbaute, stattete er mit zahlreichen magnetischen und hydraulischen Gerätschaften aus, die ganz nach Bedarf die Wahrheit der christlichen Lehre beweisen oder die richtige Medikation bei einer Erkrankung angeben sollten. Er schuf Kompositionsmaschinen und mathematische Orgeln und arbeitete an einer universalen Sprache. Vor allem aber liebte er den Magnetismus. Damit ließen sich nicht nur spektakuläre Effekte erzielen - eine Uhr, die angeblich von einem Sonnenblumenkern angetrieben wurde, eine Jesusfigur, die übers Wasser läuft, um Petrus vor dem Ertrinken zu retten -, er erachtete den Magnetismus auch für die geheimnisvolle Kraft, die die Welt zusammenhält.

Bei seinen Oberen regte sich bisweilen der Verdacht, Kircher könne der Zauberei zu nahestehen. Diesen wusste er stets durch "wissenschaftliche" Erklärungen seiner Tricks zu entkräften. Und im Übrigen, so Glassie, hätten die Zensoren wohl auch nicht verstanden, was denn eigentlich Kirchers Position gewesen sei. Auf jeden Fall ließ sein Orden ihn nicht nur gewähren, er enthob ihn sogar der Lehrverpflichtung, damit er mehr Zeit für seine enzyklopädischen, stets aufwendig illustrierten und weit rezipierten Werke habe. Trotz aller Kritik war Kircher eine Autorität für alles geworden und hatte die Gelehrten Europas überzeugt, dass man ihn gelesen haben müsse.

Dennoch musste der umtriebige Gelehrte noch erleben, dass sein Stern sank, sein Kuriositätenkabinett von der Galerie des Collegium Romanum in einen dunklen Seitengang verbannt wurde und Kollegen nicht mit ihm reden wollten, aus Angst, in seinen Werken zitiert zu werden. Descartes schickte Kirchers Buch über den Magneten schon nach einer Woche an Huygens, von dem er es ausgeliehen hatte, zurück: "Dieser Jesuit ist eher ein Scharlatan als ein Gelehrter."

Der Mensch Kircher, hinter seinen Werken, bleibt in Glassies Biographie ein wenig blass. Ob er eher ein Spinner oder ein Genie war, lässt Glassie am Ende offen. Auf jeden Fall habe er viele Geister verwirrt und unfreiwillig amüsiert, aber auch tausende von Fragen aufgeworfen und Ideen angestoßen. Heute ist schwer zu verstehen, wie eine so große intellektuelle Neugierde mit einer solchen Leichtfertigkeit in Sachen Wahrheit zusammengehen kann. Vielleicht macht dies die Biographie so faszinierend.

John Glassie: "Der letzte Mann, der alles wusste". Das Leben des exzentrischen Genies Athanasius Kircher.

Aus dem Englischen von Bernhard Kleinschmidt. Berlin Verlag, Berlin 2014. 351 S., geb., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was für ein Spinner, dieser Mann, scheint Rezensentin Manuela Lenzen zu sagen beim Lesen dieser Biografie über den mehr als streitbaren Jesuiten und Allround-Forscher Athanasius Kircher. Dabei schwingt die gleiche Sympathie mit, die Lenzen auch in John Glassies Buch findet, Sympathie für diesen chaotischen Helden, der für eine gute Story noch jede Tatsache verhökert hat, wie es aussieht. Glassie schildert laut Lenzen vor allem den Forscher außer Rand und Band, weniger den Menschen Kircher, begleitet ihn in den Krater des Vesuv, beim Hantieren mit Mikroskopen und Fernrohren und beim Kompilieren von Theorien über die Ozeane und die Kabbala. Das ist spannend wie ein Krimi, beteuert die Rezensentin, ganz unabhängig davon, ob es sich um einen der vielen durchaus akribisch verfolgten Irrwege des Universalgelehrten handelt oder nicht. Überhaupt spielt für Lenzen (wie für den Autor, wie für Kircher) hier weniger das faktisch Nachweisbare die Hauptrolle, sondern die schiere Bandbreite der Interessen eines allemal ungebundenen faszinierenden Geistes.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Glassie erzählt vom kühnen Leben eines Genies. Seine Abenteuerlust und sein Streben nach Ruhm ließen Kirchner zur Verkörperung des Wissens seine Zeit werden und machten ihn zum letzten Mann, der alles wusste.", Der Medienbrief - unabhängiger Medienfachdienst, Martin Weskott, 01.01.2016