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Blitze beschließen Jean Echenoz' Erzählprojekt "Drei Leben": nach dem Porträt des Künstlers Ravel und des Sportlers Emil Zátopek (in Laufen) nun der kleine Roman über den Wissenschaftler Nikola Tesla, ein Jahrhundertgenie.
Gregor erfand nahezu alles, was das 20. Jahrhundert prägen sollte, kam aber meistens zu früh. Oder ließ sich seine Entdeckungen nicht rechtzeitig patentieren. Seine illuminierten Röhren zum Beispiel waren fünfzig Jahre später als Neonröhren wieder da. Und wie nebenbei entwickelte er einen ferngelenkten Torpedo, aber das amerikanische Militär hatte im 1. Weltkrieg noch…mehr

Produktbeschreibung
Blitze beschließen Jean Echenoz' Erzählprojekt "Drei Leben": nach dem Porträt des Künstlers Ravel und des Sportlers Emil Zátopek (in Laufen) nun der kleine Roman über den Wissenschaftler Nikola Tesla, ein Jahrhundertgenie.
Gregor erfand nahezu alles, was das 20. Jahrhundert prägen sollte, kam aber meistens zu früh. Oder ließ sich seine Entdeckungen nicht rechtzeitig patentieren. Seine illuminierten Röhren zum Beispiel waren fünfzig Jahre später als Neonröhren wieder da. Und wie nebenbei entwickelte er einen ferngelenkten Torpedo, aber das amerikanische Militär hatte im 1. Weltkrieg noch keine Verwendung dafür. Den sogenannten "Stromkrieg" gegen Edison allerdings gewann er: der von ihm entwickelte Wechselstrom ließ sich über weitere Entfernungen transportieren als Edisons Gleichstrom. Und er wurde zum Star der New Yorker Society. Ließ bei öffentlichen Auftritten optische Lichterscheinungen an seinem Haar und seiner Kleidung entstehen. Lebte im Waldorf Astoria. Verkehrte mit Kipling und Twain. Gewann den Bankier J. P. Morgan als Investor. Baute mit dessen Geld am Nordufer von Long Island einen Tower, um seine lebenslange fixe Idee zu realisieren: Energie bis in die letzten Winkel der Erde zu übertragen, drahtlos und gratis. Unnötig zu sagen, dass dies nicht gerade die Unterstützung einer profitorientierten Wirtschaft fand. 1943 verstarb der 1856 geborene, serbischstämmige Erfinder und Elektroingenieur Nikola Tesla, dessen biographische Daten Jean Echenoz das Material für seinen fiktiven Protagonisten Gregor an die Hand gab. Und er schlägt höchst fiktionale Funken aus dem Leben dieses Jahrhundertgenies: Blitze ist eine melancholische Variation auf das Thema der Einsamkeit, auf das Zerbröckeln der zivilisatorischen Träum
Autorenporträt
Jean Echenoz, 1948 geboren, lebt in Paris. Er hat seit 1979 neun Romane veröffentlicht. Einer davon wurde im Herbst 1999 mit dem wichtigsten französischen Literaturpreis, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nikola Tesla war ein genialer Ingenieur, dessen Geschichte im Internet zu manchen Verschwörungstheorien Anlass gibt, weil er nicht zu angemessenem Ruhm gekommen ist. Jean Echenoz widmet ihm einen kleinen Band, mit dem er seine biografische Trilogie (Band 1 zu Maurice Ravel und Band 2 zu Emil Zapotek) abschließt. Rezensentin Kristina Maidt-Zinke spricht dem Band eine klare Empfehlung aus. Nichts in dem Buch ist fiktiv, insistiert sie - es mag nur so wirken, weil Echenoz dem Helden den Vornamen "Gregor" gibt. Aber es scheint Echenoz gerade um biografische Präzision zu gehen. Unterhaltsam zu lesen scheint der Band schon, weil das Leben Teslas und die Figur mit all ihren Marotten wie erfunden scheinen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.2012

Wie einer ist
Jean Echenoz verbeugt sich vor Nikola Tesla

Gleich zur Geburt seines Helden hat sich der französische Romancier Jean Echenoz etwas einfallen lassen. Rasend originell, das muss man zugeben, ist seine Idee zwar nicht. Aber immerhin kündigt sich in ihr sofort an, was das Leben und Sein seiner Romanfigur, des großen Erfinders Nikola Tesla, in der Folge bewegen wird: Zur Stunde seiner Geburt "irgendwo in Südosteuropa, fern von allem außer von der Adria", wütet nämlich ein fürchterliches Unwetter, Wind rüttelt an den Fenstern des Hauses und lässt die Scheiben zerbersten, Regen überflutet die Dielen, der Blitz fährt in den großen, in der Mitte des Hofes stehenden Baum, kurz: Es herrscht ein so urtümliches Chaos, dass später niemand mehr wird sagen können, ob der kleine Nikola nun kurz vor oder kurz nach Mitternacht zur Welt kam. Sein Leben beginnt mit einer Unsicherheit, weil die elementaren, den Lauf der Welt bestimmenden Kräfte sich scheinbar mit ihm anlegen wollen, von allem Anfang an.

Tesla hat, wie man weiß, diesen Fehdehandschuh gerne aufgehoben. Jean Echenoz, der dem Erfinder ein schmales, mehr einer Erzählung als einem Roman ähnelndes Buch gewidmet hat, kommt deswegen auch umgehend zur Sache. "In fünf Minuten" lässt er seinen Helden ein halbes Dutzend Sprachen lernen, in rasendem Tempo dann die Schule absolvieren und so gut wie alle naturwissenschaftlichen Fächer studieren, die er finden kann. Es vergehen keine zehn Seiten, bis der junge Mann, den Echenoz nicht Nikola, sondern Gregor nennt, 1884 den Dampfer besteigt, der ihn nach New York bringt, wo er das Leben eines mal hoch geachteten, mal milde belächelten Genies führt.

"Blitze", wie Echenoz' Werk heißt, ist das letzte von drei Büchern, in denen sich der Schriftsteller dreier historischer Personen angenommen hat, die selbst bei genauem Hinsehen nichts miteinander verbindet, außer der traurigen Tatsache, dass ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten ihnen letztlich doch kein Glück gebracht haben. In "Ravel" beschrieb Echenoz die letzten, von Krankheit gezeichneten Jahre des Komponisten Maurice Ravel; in "Laufen" begleitete er den tschechischen Langstreckenläufer Emil Zátopek durch sein von der Sowjetunion argwöhnisch beäugtes Leben; und in dem nun erschienenen dritten Buch heftet er sich an die Fersen von Nikola Tesla alias Gregor - wie den beiden anderen dichtet er ihm dabei ein Leben an, das Tesla genauso geführt haben könnte. Echenoz' Figuren haben, obwohl er seine Bücher Romane nennt, so gut wie kein literarisches Eigenleben. Hier und dort erlaubt sich der Autor zwar Auslassungen und Übertreibungen - Gregor beispielsweise pflegt eine nahezu groteske Leidenschaft für Tauben -, aber er bleibt den historischen Fakten doch meist treu. Echenoz betätigt sich hier also weder als Märchenonkel noch als Biograph, sondern als ein Erzähler, der mit Fakten und Fiktionen spielt, um einer historischen Existenz neues Leben einzuhauchen.

Gregors Leben ist nun eines, das mit den Ideen des Mannes kaum Schritt halten kann. Er ist zwar der Erste, der die Vorteile des Wechselstroms gegenüber dem Gleichstrom erkennt, aber es braucht Jahre, bis er jemanden findet, der bereit ist, in seine Idee zu investieren. Es dauert ebenfalls Jahre, bis die Grundlagen der Röntgenstrahlung und des Radars, die Gregor mit seinen Versuchen gelegt hat, von jemandem als bahnbrechend erkannt und genutzt werden - wobei, und hierin liegt die doppelte Tragik der Figur, Gregor als jemand erscheint, der seiner Zeit zugleich vorauseilt und hinterherhechelt. Es gibt niemanden, der in so rasendem Tempo so geniale Entdeckungen macht wie er. Aber es gibt fast immer andere, die über die Ausdauer verfügen, diese Entdeckungen gewinnbringend nutzbar zu machen. Dieses Dilemma übersetzt Echenoz in ein immer wieder wechselndes Erzähltempo, in Passagen, in denen sich die Ereignisse überschlagen, und andere, in denen Gregor nichts tut, als sich mit seinen Tauben zu befassen. Gregor lebt auf der Überholspur oder in der Versenkung, ein angenehmeres Maß kennt er nicht.

Dabei bietet Echenoz nicht mal ansatzweise Erklärungen für die multiplen Manien seines Helden, für seine Tierliebe, sein ewiges Junggesellendasein, auch nicht für sein Genie. Es geht hier, genauso wenig wie in den anderen beiden Büchern dieser "suite de trois vies", eben nicht zuvörderst um die Frage, warum einer wurde, wie er ist. Es geht allein darum, wie er ist. Und darum, ob wir ihn so mögen. Und das tun wir, sehr sogar.

LENA BOPP

Jean Echenoz: "Blitze". Roman.

Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Berlin Verlag, Berlin 2012. 143 S., geb., 17,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2013

NEUE TASCHENBÜCHER
Der Virtuose
des Wechselstroms
Kleine Ideen sind nichts für diesen Erfinder. Denn er ist kein Tüftler. In einer Nacht geboren, die von einem gigantischen Blitz durchzuckt wurde, ist er mit einem Geist begabt, der die Elektrizität zur Weltmacht machen wird. Sein Projekt einer erdumspannenden nächtlichen Beleuchtung durch eine einzige Lichtquelle gibt so ungefähr die Richtung an. Als Prophet des Wechselstroms bekommt er es mit dem Gleichstrom-Monopolisten Edison zu tun. Die Theater will er mit elektrischen Garderoben ausstatten, um das Lampenfieber abzuschaffen. Er selber lässt auf Bühnen funkenumsprüht Strom fließen und hat zwei Tics: Er muss alles zählen, und er hat panische Angst vor Mikroben. Jean Echenoz hat seinen Helden dem serbischstämmigen Elektroingenieur Nikola Tesla nachgebildet und Gregor genannt. Nie pinselt er biografische oder historische Details aus, dafür hat seine quecksilbrige Prosa – wie schon in den Büchern über Maurice Ravel und Emil Zatopek – keine Zeit. Ein Tipp: Achten Sie auf die Tauben! Und freuen Sie sich an einem Roman, in dem nicht nur Schauspieler Lampenfieber haben. Sondern auch die Lampen.  LOTHAR MÜLLER
       
Jean Echenoz: Blitze. Roman. Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Berlin Verlag, Berlin 2013. 144 Seiten, 8,99 Euro.
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