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Don Quijote gründet einen Konzern. Kaum ein Bereich der heutigen Welt wartet so sehnsüchtig darauf, von der Muse geküsst und vom Zauberstab des Dichters berührt zu werden, wie die scheinbar alles beherrschende Wirtschaft. Luis Landero kommt diesem Bedürfnis entgegen: In luxuriöser Ausführlichkeit erzählt er von dem phantastischen Abenteuer einer Unternehmensgründung durch eine Hand voll kleiner Angestellter einer obskuren Finanz- und Rechtsberatungsagentur.

Produktbeschreibung
Don Quijote gründet einen Konzern. Kaum ein Bereich der heutigen Welt wartet so sehnsüchtig darauf, von der Muse geküsst und vom Zauberstab des Dichters berührt zu werden, wie die scheinbar alles beherrschende Wirtschaft. Luis Landero kommt diesem Bedürfnis entgegen: In luxuriöser Ausführlichkeit erzählt er von dem phantastischen Abenteuer einer Unternehmensgründung durch eine Hand voll kleiner Angestellter einer obskuren Finanz- und Rechtsberatungsagentur.
Autorenporträt
Luis Landero wurde 1948 in Alburquerque in der spanischen Provinz Badajoz geboren. Mehrere Jahre arbeitete er als Gitarrist einer professionellen Flamencotruppe, auch, um sich sein Philologiestudium zu finanzieren. Sein Roman "Späte Spiele" wurde mit dem Spanischen Nationalpreis und dem Spanischen Kritikerpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2005

Fehlende Energie zur Liebe
Bloß keine Veränderung: Luis Landeros Roman der Tatenlosigkeit

Bei den Protagonisten der bisherigen Romane von Luis Landero handelt es sich um ausgesprochen mittelmäßige Menschen, deren Leben aus einer Abfolge von fast immer gleichen Ereignissen und Erfahrungen besteht, bis dann ein ungewöhnliches Ereignis dem Leben der wichtigsten Romanpersonen eine neue Richtung gibt. Befragt, warum das so sei, weiß Landero nur zu antworten: "Die Literatur ist nun einmal so. War nicht auch Don Quijote ein ganz normaler mittelmäßiger Mensch, bevor er den Verstand verlor? Alle Geschichten beginnen mit einem ganz normalen Leben, alle großen Romanfiguren - nehmen wir mal Stendhals Julien Sorel in ,Rot und Schwarz' - sind so, bis ein wundersames Ereignis sie eines Tages verändert, sie außergewöhnlich und interessant macht." Auf das außergewöhnliche Ereignis, das dem Leben des Protagonisten und der Handlung eine neue Richtung gibt, muß der Leser in "Der Zauberlehrling", dem dritten Buch von Luis Landero, ziemlich lange warten.

Im ersten Teil, "Labyrinth der Lüge" genannt, beschreibt Landero in immer neuen Wiederholungen das eintönige Leben von Matías Moro, einem Junggesellen zwischen vierzig und fünfzig. Er arbeitet in einer Madrider Anwaltskanzlei zusammen mit drei Kollegen, mit denen er allerdings kaum spricht. Die Zeit, in der er nicht arbeitet, verbringt er vor dem Fernsehgerät und, nachdem er durch Zufall eine in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie kennengelernt hat, in deren Wohnung beim Nachmittagskaffee. Er ist glücklich, daß nie etwas Unvorhergesehenes geschieht, und möchte auf keinen Fall, daß sein eintöniges Leben sich ändert. Also vermeidet er alles, was es "aus dem geruhsamen Trott zu bringen droht". Die Änderung bewirkt seine zunächst heimliche, schüchterne Liebe zu Martina, der neunzehnjährigen Tochter der von ihm häufig besuchten Familie. Dann wird Matías Moro auch noch - gegen seinen Willen - Unternehmer. Eigentlich hat er die alte Fabrikhalle, in der Verpackungen produziert werden, nur gekauft, um armen Arbeitslosen zu einer entlohnten Beschäftigung zu verhelfen. Seine Anwaltskollegen begeistern sich für das Unternehmen, machen Moro zum Präsidenten der Firma und organisieren ein Einweihungsfest, dessen satirische Beschreibung Landero meisterlich gelungen ist.

Wie Moro verlieren jedoch auch seine Kollegen ihre Ersparnisse beim Bankrott der Firma, und am Ende übernimmt der verhaßte Chef der Kanzlei, ein ausbeuterischer Kapitalist, die von ihnen so hoffnungsvoll aufgebaute Firma. Matías Moro kehrt in sein früheres eintöniges Leben zurück, betrachtet stundenlang von seiner Wohnung aus die nähere Umgebung und ist zufrieden, daß er sich wieder jeden Nachmittag "dem Vertreiben der Zeit hingeben kann". Seine Liebe zu Martina scheitert an seiner Unentschlossenheit. Als sie ihre Zuneigung zu ihm andeutet, ist er unfähig, den entscheidenden Schritt zu tun; sicher auch aus Angst vor Änderungen, die eine Liebesbeziehung für sein träges Leben bedeuten würde. Selbstmitleid begleitet sein Leiden an der eigenen Untätigkeit. Der Büroangestellte Matías Moro ähnelt dem spanischen Habsburgerkönig Philipp IV., einem großen Freund der Kunst, der aber wegen seiner totalen Unfähigkeit, politische Entscheidungen zu treffen, als ein schlechter König in die Geschichte einging. Wie der spanische Habsburger ist auch Matías Moro von einer tiefen Schwermut befallen. Landeros Protagonisten fällt es zunehmend schwer, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden: "Die Imagination und der Traum können auch zu einer Rache werden an einer von uns nicht akzeptierten Wirklichkeit. Wir erfinden uns dann ein anderes Leben, das wir vielleicht irgendwann einmal führen könnten."

Matías Moro findet sich ab mit seinem mittelmäßigen Leben, und Landero scheint ihn dafür zu bewundern: "Manche Leute sind halt so weise, sich zu sagen, ,das Leben ist nun mal, wie es ist, ich akzeptiere die Spielregeln des Lebens, ich werde sterben, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen'." Elegische Sätze wie "Eine schwebende Melancholie erfüllte das Zimmer" finden sich zuhauf in Landeros Roman. Melancholie ist ein vielgebrauchtes Wort, aber auch da, wo es nicht fällt, liegt Tristesse über den einzelnen Kapiteln - ob durch die Beschreibung der öden Vorortlandschaften im Süden Madrids, die Darstellung des Alltags von schwermütigen Leuten oder der Sinnlosigkeit menschlichen Tuns. Landero behauptet, das Schreiben habe ihn von manchen Depressionen befreit - was der Leser seiner Prosa kaum von sich wird behaupten können.

Bewundernswert an diesem Roman, der weitaus weniger einfallsreich ist als Landeros Erstling "Späte Spiele", sind jedoch die Präzision der Sprache und der Reichtum des Vokabulars. Unter den Schriftstellern seiner Generation gehört Landero zu den sprachlich Begabtesten. Als sein großes Vorbild nennt er Cervantes. In Deutschland hat er das Glück, mit Willi Zurbrüggen einen hervorragenden Übersetzer aus dem Spanischen gefunden zu haben. Einige landeskundliche Präzisionen seien dennoch vorgenommen: das spanische Galicien schreibt sich auch im Deutschen mit "c"; das Galizien mit "z" liegt in Polen. Die Leute aus der Provinz Burgos, wie die aus Aranda del Duero stammende Romanfigur, sprechen ein sehr klares Spanisch und nicht "Kastilisch". Castellano, auf die Sprache bezogen, heißt im Deutschen "Spanisch", und ein "Director General" in der spanischen Administration ist ein Ministerialdirektor. Wenn an "Späte Spiele" zu Recht der gutmütige Humor gelobt wurde, so dominiert im "Zauberlehrling" eine treffende, doch nie menschenfeindliche Ironie. Sprachliche Kabinettstücke sind die entlarvenden Parodien zeitgenössischer Phänomene aus der Welt des Marketings und der Werbung.

Luis Landero, 1948 in einem Dorf der westspanischen Region Extremadura geboren, kam als Kind in ein Madrider Arbeiterviertel, mußte nach dem frühen Tod seines Vaters für den Unterhalt der Familie arbeiten und zog einige Jahre als Gitarrist einer professionellen Flamencotruppe durch das Land. Nach dem Philologiestudium lehrte er spanische Literatur zunächst an Gymnasien und heute an der Nationalen Theaterakademie. Seinen ersten Roman veröffentlichte er mit vierzig Jahren. Auf "Späte Spiele" folgten "Glücksritter", "Der Zauberlehrling" und "Der Gitarrist" sowie der essayistische Erzählungsband "Zwischen den Zeilen - Die Erzählung oder das Leben". Landero gehört zusammen mit Llamazares, Merino und Mateo Díaz zu den aus dem ländlichen Spanien kommenden Erzählern, die außer ihrer Heimat auch das Madrid der Armenviertel zum Schauplatz ihrer Romane gemacht haben.

WALTER HAUBRICH

Luis Landero: "Der Zauberlehrling". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Willi Zurbrüggen. Berlin Verlag, Berlin 2004. 572 S., geb., 24,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Es steht zu hoffen, dass Kersten Knipp ein Freiexemplar für seine Rezension von Luis Landeros "Zauberlehrling" zur Verfügung gestellt worden ist, denn als "lohnende Investition" kann er es nicht bezeichnen. Zu statisch sei die Charakterzeichnung, zu vorhersehbar der Plot. Erzählt wird der scheiternde Versuch eines phlegmatischen Angestellten, mittels Gründung einer eigenen Firma die Aufmerksamkeit eines 19-jährigen Dummchens auf sich zu ziehen, fasst Knipp zusammen. Doch von den Problemen "heillos überforderter Kleinunternehmer" habe man andernorts schon eindringlicher gelesen. Auf der anderen Seite kann der Rezensent sich durchaus an einigen Details erfreuen, wie beispielsweise an der einleitenden, "in ihrer Kürze genialen Skizze eines geborenen Phlegmatikers", der für seine Wochenendplanung nicht mehr benötige als zwei verschiedenfarbige Stifte und ein Fernsehprogramm. Aber wie er das Werk auch dreht und wendet - letzten Endes hat sich der Rezensent über weite Strecken mit einer "zähen Lektüre" herumgeschlagen.

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