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Produktdetails
  • Verlag: Philo
  • ISBN-13: 9783825703004
  • ISBN-10: 3825703002
  • Artikelnr.: 21733773
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dorothea Dieckmann bezeichnet in ihrer eingehenden Besprechung des Buches über die Frage, "wie antisemitisch" die Gruppe 47 war, die Lektüre als tiefe "Enttäuschung", doch artikuliert sich diese im Lauf der Kritik vor allem als Ärger und Empörung. Das Buch präsentiere sich als "Streitschrift", und der Autor als "Rufer in der Wüste", der der Gruppe 47 vor allem die Tabuisierung der Shoah vorwirft, so Dieckmann zusammenfassend. Sie ärgert sich vor allem über Brieglebs Mangel an "argumentativer Redlichkeit", der sich in "gönnerhaft-aggressiver Pädagogenpose" beispielsweise über die "Intrige" gegen Celan auslasse. Die Quellen, die der Autor zur Stützung seiner Antisemitismus-These vorzuweisen hat, habe er entweder selbst längst anderswo verwertet, oder fremden Forschungsarbeiten entnommen, moniert die Rezensentin. Zudem wirft sie Briegleb rhetorisch geschliffen "penetranten Urteilsjargon permanent wertender moralischer Subjektivität" vor, der einen unverstellten Blick unmöglich mache. Das findet Dieckmann umso bedauerlicher, als dass sie sich eine "potentiell wertvolle Erklärung des Nachkriegs-Antisemitismus" erhofft hatte. Briegleb hat mit dieser Polemik sein "Material verschleudert", so Dieckmann erbost, und somit die durchaus "fruchtbaren Hinweise", die in dem Buch auch enthalten sind, zugeschüttet.

© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.01.2003

Denn Opfer sind nur wir allein
Wider den Antisemitismus, aber auch wider die Literatur: Klaus Brieglebs neue Studie zur Gruppe 47
Über die Zeit nach 1945 fällt Heinz Schlaffer in seinem Buch „Die kurze Geschichte der deutschen Literatur” nicht viel Gutes ein. „Für die Sünden der Deutschen mussten die Schriftsteller Buße tun; sie taten es, indem sie selbst die Rolle des Bußpredigers übernahmen, das priesterliche Ansehen also, das sich die deutschen Dichter seit dem 18. Jahrhundert erworben hatten, moralisch befestigten.” Man kann es auch anders sehen: Klaus Briegleb erkennt in seiner Streitschrift „Missachtung und Tabu” in der Literatur nach 1945 kaum Bußfertigkeit: „Wie antisemitisch war die Gruppe 47?” ist seine Frage, der Titel nimmt die Antwort vorweg. Brieglebs These ist, „dass die Gruppe 47 am Gedeihen des besonderen deutschen Antisemitismus nach der Shoah aus der Position einer angemaßten moralischen Unbescholtenheit und Sprecherkompetenz heraus mitgewirkt hat, mitgewirkt hat auf dem Untergrund von Missachtung, Desinteresse und Verdrängung”.
Die These ist nicht neu, schon weil Briegleb selbst in einer Reihe von Publikationen das so genannte antisemitische „Angst-Tabu” der frühen Gruppe 47 untersucht hat. Über die Jahre erschienen Studien etwa zu Ingeborg Bachmanns und Paul Celans „(Nicht-) Ort in der Gruppe 47”. Eigentlich wollte Briegleb, wie er im Nachwort schreibt, das Thema ruhen lassen, aber nach zwei Walser- Affären, einer Möllemann-Affäre und einer Mahnmaldiskussion wurde es fast von selbst wieder wach. „Vergangenheitsverweigerung”, „Gedenkschwäche” ist sein Vorwurf, er nährt sich aus Äußerungen des Jahres 1952 ebenso wie aus solchen von 2002. Er richtet sich gegen Martin Walser und Günter Grass, von denen Briegleb meint, dass sie trotz mancher öffentlichen Kontroverse zusammen halten wie Pech und Schwefel, weil sie in Hans Werner Richters Gruppe 47 gelernt hätten, wie man Deutungshoheit an sich reißt und verteidigt, vor allem gegen Frauen und Juden. Auf der Anklagebank sitzen Lebende und Tote, die Gruppengründer Richter und Andersch, die Starautoren Walser und Grass, die Kritiker Kaiser, Raddatz und Jens. Sie alle haben sich, meint Briegleb, des groben Tons gegen ihre jüdischen Kollegen schuldig gemacht, und manche von ihnen haben das bis heute nicht eingesehen, oder schlimmer noch, sie arbeiten wie Walser mit jugendlichem Elan am Projekt einer „Normalisierung” oder „Umschuldung” der deutschen Vergangenheit.
Schrift im Streit mit sich selbst
Eine Streitschrift, das ist zumindest in diesem Fall eine Sorte Schrift, die auch mit sich selbst im Streit liegt. „Politische Philologie” hat Briegleb eine Sammlung früherer Aufsätze genannt, und auch dies hier ist politische Philologie in dem Sinne, dass sie den aktuellen Debattenwert höher schätzt als die Haltbarkeit ihrer Belege. Das Buch hat etwas Hektisches, Unfertiges, Fuchtelndes. Brieglebs Auseinandersetzung mit der Gruppe 47 wirkt zwar obsessiv, aber nicht sorgfältig. Kein Lektorat, so scheint es, hat diesen Text-Verhau begleitet oder gar verbessert. Hinzu kommt ein hämischer Grundton, der Brieglebs Anliegen nicht förderlich ist. So nennt er Walser konsequent einen „Trivialschriftsteller”. Sein Verfahren nennt Briegleb gern „Dekonstruktion”, aber es läuft im Grunde auf Herabsetzung hinaus.
„Schönstes Oberbayern” heißt die Überschrift über einem Kapitel, das ein frühes Treffen der Gruppe 47 ebendort behandelt: „Im Sommer 47 hatte man sich als Gruppe die ‚Leere im Gemüt‘, ‚den tönernden Hohlraum Mensch‘ freigeräumt zum Lebensgenuss in der Idylle des nun befriedeten Standorts.” Das klingt stark nach dem ideologiekritischen Kalauer-Diskurs, den Elfriede Jelinek gern als literarisches Stilmittel verwendet, während Briegleb mit ihm Argumente ersetzen will – zu seinen Lasten.
Nicht erst seit Briegleb gibt es keinen Grund, die Gruppe 47 so zu sehen, wie sie selbst sich gern sah, als „Generation, hart, desillusioniert, gewohnt, am Rande der menschlichen Existenz zu leben, ein Feind jeder Phraseologie” und mit Hoffnungen auf „ein sozialistisches Europa”. Das existentialistische Pathos der „Stunde Null” verstellt die Sicht auf die Leidensgeschichte anderer.
Nicht nur, dass die Gruppe von Anfang an über den Mord an den Juden schweigt, wie Briegleb kritisiert, es werden auch jüdische „Re-Emigranten” planmäßig von der Gruppe ferngehalten. Bei der Tagung in Niendorf 1952 liest dennoch Paul Celan die „Todesfuge”, aber sein Singsang löst verlegenes Gelächter aus, weil sich manche Teilnehmer an Goebbels erinnert fühlen. Ingeborg Bachmann, wie Celan erstmals Gast der Gruppe, glaubte gar, sich unter „alten Nazis” zu befinden. Es waren aber vorwiegend junge Sozialisten und sie hatten offenbar „Angst vor der Rückkehr jüdischer Emigranten”, weil sie ihren viel versprechenden Status als „missbrauchte Jugend” mit niemandem teilen wollten. „Die jüdische Stimme aus der Shoah war die Bedrohung und musste tabuisiert werden”, so heißt in vielen Abwandlungen Brieglebs These.
Das Tabu, es artikuliert sich ihm zufolge auch in der berühmten Weigerung der Gruppe, über „Grundsätzliches” zu sprechen. Debatten sind verboten, Kritik nur an Texten erlaubt. „Texte auf dem elektrischen Stuhl” nannte man das Verfahren in der Gruppe selbst und Briegleb deutet es psychoanalytisch als „Auswurf eines noch nicht gestillten Todestriebs” und dann wieder als „soldatisches Metzgern am Text”. Er kritisiert die frühe Gruppe 47 in ihren männerbündischen, machtbewussten und verklemmt-ambivalenten Ritualen zu recht, aber er tut es von Positionen aus, wie sie der intellektuellen Debatte erst seit 1968 zur Verfügung standen. Nach Psychoanalyse, Dekonstruktion und Feminismus ist es leichter (und billiger) geworden, über politisch-moralische Verfehlungen vergangener Tage Gericht zu halten.
Doch Brieglebs Buch handelt ja nicht nur von „Tabu und Missachtung” in historischer Perspektive, sondern von „Antisemitismus 2002!”, von „Martin Walsers Auschwitz” und Günter Grass‘ „aggressiv belehrende(r) Rechthaberei in jüdischen Angelegenheiten”. Hier ist es als Streitschrift am besten, weil es sich ganz der Polemik hingeben kann, einer Polemik allerdings, die sich durch ihren moralischen Hochmut leider oft selbst fesselt. Sie ist in weiten Teilen nicht nur eine Streitschrift gegen die Gruppe 47, gegen Grass‘ und Walsers spezielle Unbelehrbarkeiten (warum nicht?), sondern auch eine Streitschrift gegen die Literatur.
Mit Ausnahme der „wirklich schönen” „Jahrestage” von Uwe Johnson und des „wunderschönen” „Austerlitz” von W.G. Sebald ist ihm seit 1945 kaum Lesenswertes untergekommen. Dafür meldet sein Geigerzähler schon bei kleinsten Ausschlägen Antisemitismus. Wenn Walser 1962 Kritiker einmal beim Wein „Lumpenhunde” nennt, dann hat er wohl die Bedeutung von „,Hund‘ im antisemitischen Wortschatz im Rausch...übersehen”. Literatur, wie sie Briegleb vorschwebt, müsste wohl – abgesehen davon, dass sie nicht „im Rausch” reden darf – sein wie ein Mahnmal, ein Totengedenken in einem Medium, das selbst schon tot ist. Sie müsste ohne die „radikale Subjektivität und reflexive Ironie” auskommen, die er einmal sogar Walser – wenn auch nur als „Ambition” – zuspricht.
Ein Curriculum fürs „richtige” Gedenken, wie Briegleb es vorschlägt, ist jedenfalls nicht die richtige Antwort auf die Schlussstrich-Mentalität.
CHRISTOPH BARTMANN
KLAUS BRIEGLEB: Missachtung und Tabu. Eine Streitschrift zur Frage: ‚Wie antisemitisch war die Gruppe 47?‘. Philo Verlag, Berlin und Wien 2003. 324 Seiten, 24, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Dann lieber nach Paris!
Leerstelle Auschwitz? Klaus Briegleb schließt die Gruppe 47 an den Antisemitismus-Detektor an / Von Peter Demetz

In goldenen Märchenzeiten  rührte die Entdeckung, der  Kaiser (der chinesische) habe keine Kleider an, die Phantasie aller Hörer, und Klaus Brieglebs polemische Fabel vom Antisemitismus der Gruppe 47, tutti quanti, wird der Aufmerksamkeit nicht ermangeln. Allerdings versucht er vergebens, drei ältere Studien in einem einzigen Buch zusammenzufügen, und der Wortlaut der Anklage schwankt zwischen monomanischen Wiederholungen und sprachlich produktiven Zornesausbrüchen hin und her.

Im Prolog kommen die Gruppengründer noch splitternackt daher, später gönnt er ihnen fadenscheinige Hemden und schlotternde Unterhosen. Die frühe Gruppe, allesamt Landser, Hitlerjungen und Flakhelfer, mißachtet, meint Briegleb, die Juden, ritualisiert  ein Tabu, Auschwitz  als "Leerstelle"; und der schlimmste von allen ist Hans Werner Richter, der Gründer und Manager der Gruppe, "denn in seinem Herzen war Haß". Die Anklage spricht von einer "tiefen Befangenheit" der Gruppe in jüdischen Fragen, aber die "Negativität" verbirgt, in ihrer Dialektik,  eine "subjektive Leidenschaft", das "wahnhafte Bestreben" nämlich, eine "heile nationale Gefühls-Identität in der deutschen Literatur gegen Juden und Judentum zu verteidigen".

Um seine Anklage zu stützen, mobilisiert Briegleb die altfränkische Psychoanalyse des  Amateurs und die modernere Diskursinterpretation. Er legt die ganze Gruppe kurzerhand auf das analytische Sofa, erinnert an das Gruppenritual des "elektrischen Stuhles", auf dem die Lesenden bei den Zusammenkünften zu sitzen kamen, und diagnostiziert einen "nicht gestillten Todestrieb", der zu einem " erogenen Sadismus" regredierte. Ich bin eher überzeugt, wenn er, diskursanalytisch, vom "pazifistischen Säbelgerassel" der Gruppe spricht,  aber es ist eine ganz andere Frage, ob die "Härte", die er der Gruppe (wer immer das war)  ankreidet,  nicht eine durch und durch literarische Angelegenheit  oder gar rhetorische Finte war,  in der sich die Schreibenden von den Schrebergartengefühlen  ihrer Zeitgenossen unterscheiden wollten: Hemingway, nicht Wiechert, das war in jenem historischen Augenblick eine berechtigte Forderung.

Die eigentliche Methode, deren sich der zornbebende Briegleb (sonst der sachlichste Herausgeber Heines und Kenner Lessings und Friedrich Schlegels)  bedient, ist die Fahndung, die sich in das Private einbohren will, der Lauschangriff auf Gruppengespräche "hinter vorgehaltener  Hand", die "Vorbesprechungen", die "archivische Aura" der Gruppe, der "berüchtigte Gruppenalkohol". Viel Intimes, wenig Literarisches; und Brieglebs polemische Vorgängerin Ernestine Schlant, die in ihrem Buch über den Holocaust und die deutsche Literatur sehr energische Urteile fällte (F.A.Z. vom 9. Oktober 2001), hat zumindest die Tugend, über Romane und Erzählungen zu schreiben. Briegleb geht  allein auf Richters  Roman "Sie fielen aus Gottes Hand" ein und stellt  lieber die Frage, was Fritz Raddatz  an Antisemitischem "telefonisch sonst noch zu hören" bekommen haben mag (schade nur, daß die Bänder fehlen). Der literarische Vorwurf richtet sich darauf, daß Richter ein Lager für Displaced Persons besuchte (immerhin: einer der wenigen,  der das  tat), aber  keine Reportage schrieb, sondern einen pazifistischen Roman, in dem er den "realen Hiob" Shlomo, einen  jüdischen Schuster, der überlebte,  in eine Kunstfigur verwandelt. Da muß ich gestehen, daß mir Richters Phantastereien lieber sind als manche Überlegungen staatsbewußter  Zionisten  über die Displaced Persons in den Lagern, "die DPs, im allgemeinen, repräsentieren nicht das menschliche Material, das Erez Israel heute benötigt. Im Interesse des Staates  müssen wir das bessere Material wählen, junge, willige Leute, nicht diejenigen, die man zwingen muß" - so wird Nahum Goldmann in Peter Novicks Studie "The Holocaust in American Life" zitiert.

Richter war  offenbar geschickt genug, ein talentiertes  Team von jungen Nibelungen zu organisieren, die "reflexartig und hurtig in die Rüstungen sprangen", wenn es galt, das antijüdische Tabu zu verteidigen;  und es ist wahrhaftig  kein Wunder, daß Ilse Lengyel-Schneider, in deren Haus die erste Zusammenkunft stattfand, stehenden Fußes ins surrealistische Paris enteilte, wo sie bei Plon französische Gedichte  publizierte. Man wußte zwar nie genau, wer zur Gruppe zählte und wer nicht, aber Briegleb unterscheidet zwischen  einem Kern, also dem Chef und seinen Paladinen Andersch, Grass und später Walser (dessen Kritikermordroman, in einem Akt  merkwürdiger Kontinuität, noch immer die Gedankenwelt  Richters inkarniert), und dem Gewimmel im Off-Side, den "internen Außenseitern" zumeist jüdischer Herkunft, aber nicht immer, wie Uwe Johnson. Gegen ihn erhebt  Briegleb wieder den Vorwurf, nicht über die Gestapo, sondern  über die Stasi geschrieben zu haben. Ich weiß also nicht, wie es geschehen konnte, daß der Preis der Gruppe im Jahr 1952 Ilse Aichinger (deren Angehörige deportiert wurden)  zufiel, gleich nach Böll und vor Walser, denn ich weigere  mich, an eine Konspirationstheorie zu glauben, der zufolge der findige Richter durch Ilse Aichinger "eine Brücke" zu  ihrer erwünschteren  und "zerbrechlichen" Freundin Ingeborg Bachmann  schlagen wollte.  Offen bleibt nicht weniger  die Frage, ob man den Antisemitismus bemühen muß, um die Distanz zu Paul Celan zu erklären. Die Gruppe erwarb sich manche Verdienste, aber sie war physiologisch taub, auf beiden Ohren, wenn es um symbolistische und metaphyische  Poesie in der Tradition Mallarmés, Rilkes und  Mandelstams  ging, ob nun Celan seine Verse pathetisch "sang" oder nicht.

Briegleb schlittert  in einen unauflösbaren  Widerspruch, sobald er die Gruppe eine "dekultivierte Heimkehrer-Linke" nennt und den Dekultivierten zugleich vorwirft, nicht sogleich und in der ersten Stunde ihr Wort zum Holocaust gesagt zu haben.  Mir mag der ketzerische  Gedanke gestattet  sein, daß ein Moment der "tiefen Befangenheit" damals gerechtfertigt  war, als Zurückhaltung, Schweigen,  Nachdenklichkeit, Selbstprüfung, jedenfalls angemessener als ein Drauflosreden um jeden Preis. Das wäre ja gerade  in einem Augenblick der Geschichte  geschehen, in dem die einstigen Häftlinge  gegen ihr Trauma zu schreiben begannen, etwa 1947 Primo Levi und Elie Wiesel. Es war besser, daß die Siebenundvierziger  nicht, wie  es  Briegleb in einer elend pathetischen Phrase  bedauert, "in den Raum der Schoa eintraten" und sich darauf beschränkten,  in Grass' "Aus dem Tagebuch einer Schnecke" und Alfred Anderschs "Efraim" am fragilen Kanon der deutschen Nachkriegsliteratur  mitzuarbeiten, was immer man gegen ihre Bücher dreißig Jahre und mehr literaturkritisch einwenden mag. Wir haben ja Elisabeth Langgässers "Märkische Argonautenfahrt", Jean Amérys "Jenseits von Schuld und Sühne", Jurek Beckers "Jakob der Lügner",  Adlers  philosophische, soziologische und epische Arbeiten,  einschließlich der Erzählung "Eine Reise" (1962, aber viel früher geschrieben) und  sein "Panorama", Ruth Klügers Erinnerungen  und Marcel Reich-Ranickis "Mein Leben". Das alles sind, ungeachtet  aller Chronologie,  authentische Bücher der ersten  Stunde, aber man sollte wissen, wo man sie sucht.

Klaus Briegleb: "Mißachtung und Tabu. Eine Streitschrift zur Frage: Wie antisemitisch war die Gruppe 47?". Philo Verlagsgesellschaft, Berlin, Wien 2003. 323 S., br., 24,90 [Euro].

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