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Ein Vertreter der Coolen zieht aus, um die Einsamkeit kennenzulernen. Ulf Poschardts Buch ist die Einstiegsdroge für alle, die lernen wollen, glücklich einsam zu sein. Einsamkeit hat einen schlechten Ruf. Das ist kein Wunder, sagt Ulf Poschardt, Starjournalist und "Personifizierung des Supersingles" (taz), aber es ist falsch. Er will das Paradies der Einsamkeit suchen, den Ort, an dem die Chance auf Selbstfindung und Glück wohnt. Wir lesen von Lars, Tina, Sabine, Tobias und uns allen - zuerst ist man nur für einen Augenblick allein, dann sind neunzig Minuten Zeit zu füllen, es kommt das erste…mehr

Produktbeschreibung
Ein Vertreter der Coolen zieht aus, um die Einsamkeit kennenzulernen. Ulf Poschardts Buch ist die Einstiegsdroge für alle, die lernen wollen, glücklich einsam zu sein. Einsamkeit hat einen schlechten Ruf. Das ist kein Wunder, sagt Ulf Poschardt, Starjournalist und "Personifizierung des Supersingles" (taz), aber es ist falsch. Er will das Paradies der Einsamkeit suchen, den Ort, an dem die Chance auf Selbstfindung und Glück wohnt. Wir lesen von Lars, Tina, Sabine, Tobias und uns allen - zuerst ist man nur für einen Augenblick allein, dann sind neunzig Minuten Zeit zu füllen, es kommt das erste Weihnachten allein, ein Geburtstag allein, schließlich ist man ein Jahr nur mit sich...
In den Niederungen des Alltags und in philosophischer Höhe zeigt Poschardt die Spielarten der Einsamkeit: die gewollte und die nicht gewollte, die kurze und die ewige, die bewunderte und die bemitleidete, die selbstverliebte und die selbstverachtende, die unglückliche, vor allem jedoch die Entdeckung der glücklichen Einsamkeit.
Autorenporträt
Ulf Poschardt geboren 1967 in Nürnberg, ist promovierter Philosoph, stellvertretender Chefredakteur der "Welt" und der "Welt am Sonntag" und Porschefahrer. Er war Chefredakteur des "SZ-Magazins" und schrieb Autokolumnen in der Schweizer Wochenzeitung "Die Weltwoche".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.05.2006

Oh, dieses durchgelüftete Dasein
Während überall die Minima sozialer Gemeinschaft alarmiert eingefordert werden, winkt Ulf Poschardt entspannt ab und verteidigt das Fürsichsein
Einsamkeit klingt schlimm - und kann es sein. Einer gängigen Annahme zufolge darf sie uns im Lauf des Lebens zwar immer mal wieder zugemutet werden, in zwei Momenten, zwei Situationen aber keinesfalls: An den Endpunkten der Parabel. Wenn wir im Leben ankommen und wenn wir wieder weggehen. Der allein Sterbende und das allein, ohne Hilfe, ohne auffangende Hände sich aus dem Mutterleib pressende Kind sind schiere Inbilder der skandalösen Grausamkeit, die im Einsamsein steckt. Da wie dort, auf dem Sterbebett und im Kreißsaal, soll das Menschenwesen, wenn es human zugeht, von anderen Wesen beschützt, getröstet, gehütet und begleitet sein. Niemand, von ein paar radikalbuddhistischen Mönchen abgesehen, bestreitet, dass wir einander benötigen. Aber: Wer mit Sterbenden zu tun hatte, weiß, dass man sie mit Nähe, mit innigen Worten, dichten Gefühlen regelrecht belästigen kann. Nicht nur, weil sie das Loslassen aufhalten. Sondern auch, weil das Anteilnehmenwollen die Lage vernebelt. Es geht ja nur einer, kein zweiter mit.
Davon handelt Ulf Poschardts Buch „Einsamkeit. Die Entdeckung eines Lebensgefühls”. Davon? Gott bewahre. Wir befinden uns hier auf 183 Seiten nicht im Hospizmilieu. Wir betrachten die Dinge des Lebens durch die Designerbrille bequem situierter Singles, die in Hamburgberlinmünchen leben, womöglich in einer Apartmentanlage mit House-Service, eine upgedatete CD-Sammlung wie nebenbei besitzen und schlimmstenfalls das durchmachen, was Poschardt „Abende der Verzweiflung” nennt. Von Sterbebett und Kreißsaal, von Härten ökonomischer, sozialer, körperlicher Art sind die Einsamkeitsbilder dieses Essays samt seiner soziologischen Szenerien ein paar Erfahrungsmeilen weit entfernt. Umso näher dafür einer von entspannten Leutchen bevölkerten Lebenswelt, in welcher der Besuch im Feinkostladen, der Erwerb von Shrimps und Rucola den Samstagmorgen bestimmt, das Hinstrecken auf schwingende Liegen den Nachmittag. Beim Abhören des Anrufbeantworters fällt dann die Entscheidung, auf die Samstagabendeinladungen zu verzichten und stattdessen die Schönheit konzentrierten Fürsichseins bei klassischer Musik, einem Fläschchen Weißwein und zur Krönung des stummen Tages mit einem Schaumbad zu zelebrieren. Ein Lächeln umspielt den Mund, wenn Poschardts Einsame sich an den letzten Fastvorfall eines One-Night-Stands erinnern. Eine Triebtorheit, über die sie geistig-seelisch längst hinaus sind.
Abende der Verzweiflung
Gut, das ist jetzt bösartig übertrieben. Aber Poschardt macht es einem auch verdammt einfach, sein Buch zu unterschätzen. Das heißt: es für einen Versuch über den gepflegten Stil der Einsamkeit zu halten. Nicht über diese selbst. Das Thema liegt ja als Antithema in der Luft. Alle reden über den drohenden Horror einer in Einzeller zerlegten Gesellschaft, in der Scheidungsanwälte zur meist beschäftigten Berufsgruppe avancieren, die Kindergartenfrage sich irgendwann von allein erledigt und Lebensmittelunternehmen die Familienpackungen aus dem Programm nehmen. Allen stehen die Haare zu Berge angesichts einer Gesellschaft, in der die Minima verlässlicher sozialer Formen den Bach runtergehen. Einer aber streicht sich in Berlin-Dahlem den Scheitel glatt und sagt: so what? Einsamkeit ist souverän. Einsamkeit ist durchgelüftetes Dasein. Ob Einsamkeit Leere bedeutet oder Fülle, ist eine Frage der Perspektive und der Entscheidung. Und Einsamkeit ist keineswegs antisozial. Sie ist ein uneingelöstes Versprechen auf soziale Ehrlichkeit. Kann ich, fragt Poschardt, mehr für die anderen tun, als mich nicht aus Mangel, aus schierem Hunger, sondern gut durch mich selbst ernährt, mit ihnen zu verbinden? Gibt es, zugespitzt gefragt, etwas Sozialeres als das sichere Gefühl, vom Sozialgetümmel unabhängig zu sein? Nicht für immer. Aber eben so lang, wie die biografische Etappe des Alleinseins dauert.
Hier, in diesen anstrengungslosen dialektischen Bewegungen von Poschardts anstrengungslos lesbarem Buch liegen dessen Qualität und Überzeugungskraft. Seine erzählten Lebensgeschichten und Fallbeispiele entstammen zeitgemäß der versinglenden mittleren und oberen Mittelschicht. Poschardt feiert es nicht, das Leben in den Vier-Zimmerwohnungen, auf deren Klingelschild nur ein Name, auf deren Küchentischen morgens nur eine Tasse steht. Er feiert indes die Möglichkeit, in den Umständen eines solchen Lebens den Genuss der Beruhigung anstatt erbärmliche Bedrückung zu empfinden. Er erinnert daran, dass der alarmierte Selbstverdacht der Single-Gesellschaft, im Egoismus, im Autismus zu verkommen, den Horizont einschränkt.
Das längst routinierte Dauergespräch über die Single-Gesellschaft mit ihren vielen - ja tatsächlich - einsamkeitskranken Individuen hat das Gesundungspotential des Fürsichseins in Verruf gebracht. Da hat der 1967 geborene, inzwischen in Berlin lebende Publizist, Zeitschriftenmacher, Medienberater und Ferrari-Fahrer Ulf Poschardt, Shrimps hin, Schaumbäder her, ganz einfach Recht. Wenn wir kommen und wenn wir gehen, kommt und geht kein zweiter mit. Es kann nicht schaden, sich in den paar Jahrzehnten dazwischen hin und wieder in Lebenssituationen zu befinden und sie zu bejahen, die mit dieser Bedingung vertraut machen. Zwar geht es in Poschardts Gedankenwelt schon sehr viel mehr um die schönen denn um die letzten Dinge des Lebens. Aber sie geraten, wenn man sein Buch freihändig weiterdenkt, in den Blick.
Kein Zweifel: Poschardt erfindet hier nicht das Rad. Sein Essay dürfte weder die Gesellschaftskunde noch die Philosophie in baffes Staunen versetzen, texttechnisch bewegt er sich im Rahmen des persönlich gefärbten, am Beispielhaften konkretisierten, in lockerer Frequenz auf den Aphorismus zielenden Erzähltraktats. Poschardt nimmt ein bisschen mehr Reflexion für sich in Anspruch als die klassischen Exponenten der Generation Golf. Aber die Nachbarschaft ist deutlich. Eines fällt auf: Der Autor polemisiert und propagiert nicht. Er bedient sich generell nicht des Widerspruchs zu Diskursen, die seinem im Weg stehen könnten. Er umkreist konzentriert, sehr unabgelenkt den Punkt, auf den es ihm ankommt: Den Wert des Alleinseins. Vermutlich ist es vor allem diese Haltung des aggressionsfreien Selbstgesprächs, die sein Buch plausibel macht. Sie ist die unmittelbare Entsprechung des Themas - und umgekehrt.
Auf der Tiroler Alm
Diese Haltung unterscheidet Poschardts „Einsamkeit” auch von einem Buch, das inhaltlich in genau die gleiche Richtung zielt, aber schon im Titel ausdrückt, dass es einen anderen, nämlich den didaktischen Weg zum Ziel einschlägt: „Die hohe Schule der Einsamkeit” von Mariela Sartorius. Die weit gereiste, heute in München und auf einer, natürlich einsamen, Tiroler Alm lebende Autorin entfaltet ein bisschen viel, mitunter besserwisserisches Temperament auf dem Gebiet des Ratschlags und der dringenden Empfehlung. Und das ist komisch. Denn der überzeugte Einsame, der seine Lehre partout unters Volk bringen will, der Publikum braucht, um diesem die Einsamkeit als Rezept zum Nachmachen ans Herz zu legen, ist so überzeugend wie der Vegetarier mit der Bockwurst in der Hand. Poschardt hält Abstand. Er lässt uns pädagogisch in Ruhe. Kann sein, dass der Einsame nur einer ist, der keine Liebe gefunden hat. Kann sein, dass es symbiotische Ehen gibt und wimmelnde Großfamilien, die jeder anderen Lebensform an Glück überlegen sind. So what? Ulf Poschardt beschreibt nun mal eine Parallelerfahrung und bedenkt sie: Für sich. Man glaubt bei der Lektüre manchmal, eines dieser Bücher schnieker Mittelgescheitheit vor sich zu haben, deren Wirkung sofort verpufft. Aber so ist es nicht.URSULA MÄRZ
ULF POSCHARDT: Einsamkeit. Die Entdeckung eines Lebensgefühls. Piper Verlag, München 2006. 184 S., 14,90 Euro.
MARIELA SARTORIUS: Die hohe Schule der Einsamkeit. Von der Kunst des Alleinseins. Gütersloher Verlagshaus, München 2006. 206 Seiten, 17,95 Euro.
Der elegante Einsame in der Selbstgenügsamkeit
Foto: Vario-Press
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Richtig in Rage gerät Rezensentin Ursula März, wenn sie an all die wohlsituierten Singles denkt, denen Ulf Poschardt die Einsamkeit als weiteren Konsumartikel feilbiete. Zähneknirschend muß sie aber eingestehen, im Grunde habe der Autor ja recht, solange er Einsamkeit nicht als generell wünschenswerten Zustand bewirbt, sondern einsame Singles auf die positiven Seiten des Alleinseins hinweise. Als Möglichkeit, aus der Not eine Tugend zu machen, nicht als Idealzustand. Dennoch halte Poschardt, so die Rezensentin süffisant, einen gepflegten Abstand zu den wirklich existentiellen Fragen. Und genauso frei sei das locker lesbare Buch dann auch von allen philosophischen oder soziologischen Diskursen zum Thema. Aber, und hier knirschen wieder die Zähne bei Ursula März, die unaufgeregte Art des Autors, ohne jede Polemik über das gute am Alleinsein nachzudenken, mache dann doch die auch nachhaltige Qualität seiner Überlegungen aus.

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